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30.2 Erhebung der Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht (§§ 70, 93, 99 bis 102 EStG1988)

BMF2023-0.871.81913.3.2024

30.2.1 Erhebungsformen

Rz 7994
Die Einkommensteuer bei beschränkter Steuerpflicht wird entweder durch Steuerabzug (§§ 70, 93 und 99 EStG 1988) oder durch Veranlagung (§ 102 EStG 1988) erhoben. Ist ein Steuerabzug vorzunehmen, ist nach Maßgabe des § 102 EStG 1988 die Einkommensteuer damit abgegolten oder eine (nachträgliche) Veranlagung von Amts wegen oder auf Antrag durchzuführen. Es besteht in allen Fällen des Steuerabzuges - in denen nicht ohnedies eine Pflichtveranlagung vorzunehmen ist - ein Recht auf Antragsveranlagung (siehe auch Rz 7996).

30.2.2 Steuerabzug

30.2.2.1 Rechtsgrundlagen

Rz 7995
Maßgeblich für den Steuerabzug von beschränkt steuerpflichtigen Einkünften (§ 98 EStG 1988) sind die §§ 30b, 30c, 70, 93 und 99 EStG 1988:

  • §§ 30b und 30c EStG 1988, welche die Erhebung der Einkommensteuer für Grundstücksveräußerungen im Wege der Immobilienertragsteuer (ImmoESt) regeln, haben auch für die beschränkte Steuerpflicht Geltung.
  • § 70 EStG 1988 normiert den Lohnsteuerabzug bei beschränkter Steuerpflicht.
  • § 93 EStG 1988, der den Steuerabzug vom Kapitalertrag regelt, hat auch für die beschränkte Steuerpflicht Geltung.
  • § 99 EStG 1988 zählt speziell für die beschränkte Steuerpflicht besondere Fälle auf, in denen die Einkommensteuer durch Steuerabzug erhoben wird (besondere Abzugsteuer, sogenannte "Ausländersteuer"); darüber hinaus kann in bestimmten Fällen ein Steuerabzug durch Verordnung vorgesehen werden (§ 99 Abs. 1a EStG 1988). Da sich beschränkt steuerpflichtige Gebietsfremde und unbeschränkt steuerpflichtige Gebietsansässige hinsichtlich der Erhebungsmethode der Steuer nicht in einer objektiv vergleichbaren Lage befinden, stellt die Steuererhebung im Abzugsweg für beschränkt Steuerpflichtige keine gemeinschaftsrechtliche Diskriminierung dar (vgl. EuGH 22.12.2008, Rs C-282/07 , Truck Center SA).
30.2.2.2 Steuerabzug mit nachfolgender Veranlagung

Rz 7996
Ein Steuerabzug von Einkünften bzw. Gewinnanteilen mit nachfolgender (Pflicht- oder Antrags-)Veranlagung (siehe Abschnitt 30.2.3) ist für folgende Fälle vorgesehen:

  • Einkünfte aus im Inland ausgeübter oder verwerteter nichtselbständiger oder selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen (§ 70 Abs. 2 Z 2 EStG 1988; § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988; Antragsveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988). Zwischen Künstler und Veranstalter tretende Unternehmen, die reine Managementaufgaben erfüllen, sind keine "Mitwirkenden an der inländischen Unterhaltungsdarbietung" und unterliegen folglich mit den vereinnahmten Beträgen nicht der beschränkten Steuerpflicht. Eine Mitwirkung liegt nur vor, wenn diese unmittelbar auf die inhaltliche Gestaltung der Unterhaltungsdarbietung Einfluss nehmen. Das ist bei einer Theater-AG, bei einer Filmproduktionsgesellschaft, die wie eine Theater-AG Unterhaltungsdarbietungen produziert, und bei der Trägervereinigung eines Orchesters der Fall, nicht aber bei einer nur Managementleistungen erbringenden Künstleragentur (vgl. VwGH 27.11.2003, 2000/15/0033 und 11.12.2003, 2000/14/0165). Siehe dazu auch den Künstler-Sportler-Erlass, BMF-010221/0684-IV/4/2005 vom 31.10.2005, AÖF Nr. 256/2005, idF BMF-010221/0907-IV/4/2008 vom 16.04.2008, AÖF Nr. 110/2008 und BMF-010221/0678-IV/4/2011 vom 10.03.2011, AÖF Nr. 85/2011.
  • Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie nicht aus einer der vorgenannten Tätigkeiten stammen (§ 70 Abs. 2 Z 1 EStG 1988; Antragsveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988).

Rz 7997
Der Begriff "selbständige Tätigkeit" umfasst nicht nur Tätigkeiten im Rahmen der Erzielung von Einkünften aus selbständiger Arbeit (§ 22 EStG 1988), sondern auch gewerbliche Tätigkeiten (§ 23 EStG 1988). Die Begriffe "selbständige Tätigkeit" und "selbständige Arbeit" sind insofern nicht deckungsgleich.

Rz 7998
Gemäß § 99 Abs. 1 Z 1 letzter Halbsatz EStG 1988 ist ein Steuerabzug bei diesen Einkünften zulässig, gleichgültig an wen die Vergütung für die genannten Tätigkeiten geleistet werden. Die Bestimmung hat insbesondere die Sicherung des Steueraufkommens zum Zweck; im Zweifel hat zur Vermeidung von Haftungsfolgen ein Steuerabzug zu erfolgen (zur Entlastung mangels Besteuerungsrechts siehe Rz 8027 ff). Der für die Einbehaltung der Abzugsteuer Haftende (der inländische Haftungspflichtige) ist nach Maßgabe der Verordnung BGBl. III Nr. 92/2005 (DBA-Entlastungsverordnung) berechtigt (aber abgabenrechtlich nicht verpflichtet), allfällige Steuerentlastungsvorschriften von DBA unmittelbar anlässlich der Auszahlung der Einkünfte zu berücksichtigen, er trägt diesfalls aber die Verantwortung dafür, dass er das Vorliegen der abkommensrechtlichen Entlastungsvoraussetzungen nachzuweisen in der Lage ist. Zur Entlastung mangels Steuerpflicht nach Veranlagung siehe Rz 8030.

Rz 7999

Unter dem Begriff "ausländische Gesellschaft" ist eine ausländische Personengesellschaft zu verstehen. Die ausländische Personengesellschaft ist an der inländischen Personengesellschaft beteiligt (mehrstöckige Personengesellschaften). Zweck der Regelung ist die Sicherung der Besteuerung, wenn der Abgabenbehörde die hinter der ausländischen Gesellschaft stehenden Personen unbekannt sind. Die inländische Personengesellschaft gilt diesfalls als Schuldner der Gewinnanteile. Ein Steuerabzug unterbleibt allerdings insoweit, als die ausländische Gesellschaft der inländischen Personengesellschaft bekannt gibt oder die zuständige Abgabenbehörde auf andere Weise davon Kenntnis erlangt, welche natürlichen Personen Empfänger der Gewinnanteile sind. Die Abgabenbehörde hat die Empfänger der Gewinnanteile jedoch von Amts wegen zu ermitteln, ein Wahlrecht zwischen Steuerabzug und Veranlagung besteht nicht.

Rz 8000

Lizenzeinkünfte für die Überlassung von Software unterliegen insbesondere dann dem Steuerabzug, wenn ein Werknutzungsrecht iSd Urheberrechtsgesetzes eingeräumt ist, die Software auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu nutzen (zB Recht zur Vervielfältigung oder Modifikation). Kommt es zur Veräußerung der Rechte, dh. dem Veräußerer steht danach keine weitere Verfügungsmacht (keine weitere Veräußerungsmöglichkeit) mehr zu, unterbleibt ein Steuerabzug. Einkünfte aus der Veräußerung von Standardsoftware unterliegen daher nicht dem Steuerabzug (EAS 3408).

Beim einmaligen Download einer Software gegen Einmalzahlung sowie bei Software-Abodiensten und der Nutzung von Online-Datenbanken gegen eine regelmäßige, zB monatliche, Zahlung werden weder Rechte iSd § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 überlassen noch deren Verwertung gestattet, wenn dem User/Erwerber nur das Recht eingeräumt wird, die Software oder Inhalte unbegrenzt und bestimmungsgemäß zu benutzen und eine Verwertung oder Vervielfältigung nicht erlaubt ist. Damit im Zusammenhang stehende Einkünfte führen daher nicht zu einer beschränkten Steuerpflicht gemäß § 98 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 und unterliegen folglich auch nicht dem Steuerabzug iSd § 99 Abs. 1 Z 3 EStG 1988.

Rz 8001

Rz 8002
Nicht in einem inländischen Betrieb erzielte bzw. außerbetriebliche Einkünfte aus der Überlassung von Rechten auf bestimmte oder unbestimmte Zeit oder aus der Gestattung der Verwertung von Rechten, soweit sie nicht mit einer Tätigkeit iSd § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 zusammenhängen (§ 99 Abs. 1 Z 3 EStG 1988). Ein Steuerabzug unterbleibt, wenn die Voraussetzungen des § 99a EStG 1988 vorliegen (konzerninterne Lizenzgebühren an EU-Gesellschaften). Dies gilt auf Grund des Artikels 15 (mit Wirkung ab 2017 auf Grund des Artikels 9) des "Zinssteuerabkommens" der EU mit der Schweiz (ABl. Nr. L 385 vom 29.12.2004 S. 30; mit Wirkung ab 2017 ABl. Nr. L 333 vom 19.12.2015 S. 10) weitgehend sinngemäß auch gegenüber diesem Staat. Nach Maßgabe der DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005, können die Bestimmungen von Doppelbesteuerungsabkommen unmittelbar im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens berücksichtigt werden.

Rz 8002a
Rz 8003
Rz 8003a
  • Einkünfte aus im Inland ausgeübter kaufmännischer oder technischer Beratung, die nicht einer inländischen Betriebsstätte des Einkünfteempfängers zuzurechnen sind (§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988; Antragsveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988). Nach Maßgabe der DBA-Entlastungsverordnung, BGBl. III Nr. 92/2005, können die Bestimmungen von Doppelbesteuerungsabkommen unmittelbar im Rahmen des Steuerabzugsverfahrens berücksichtigt werden.
Rz 8004
Rz 8004a
  • Einkünfte aus der Gestellung von Arbeitskräften, die nicht einer inländischen Betriebsstätte des Einkünfteempfängers zuzurechnen sind (§ 99 Abs. 1 Z 5 EStG 1988; Antragsveranlagung gemäß § 102 Abs. 1 Z 3 EStG 1988). Eine DBA-Entlastung ist bei diesen Einkünften nur dann zulässig, wenn die Besteuerung der gestellten Arbeitskräfte sichergestellt ist (Rz 7940a) und die Voraussetzungen der Arbeitskräftegestellungsverordnung (BGBl. II Nr. 318/2022) erfüllt sind.
  • Daher wird auch in einem vom ausländischen Arbeitskräftegesteller beantragten Veranlagungsverfahren diesen Umständen besonderes Augenmerk zuzuwenden sein. Da im Fall einer im Rahmen der Veranlagung erfolgenden Gewinnbesteuerung die gesetzlich angeordnete Nichterfassung der Arbeitnehmer (§ 98 Abs. 1 Z 4 letzter Satz EStG 1988) für die überlassenen ausländischen Dienstnehmer erlischt, wird ein Abzug der Lohnaufwendungen nur im Fall ihrer steuerlichen Erfassung vorzunehmen sein. In derartigen Fällen wird auch zu untersuchen sein, ob das als Arbeitskräftegesteller auftretende ausländische Unternehmen nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise bloß als Arbeitskräftevermittler wirkt.
Rz 8004b
  • Betriebliche und außerbetriebliche (steuerabzugspflichtige) Kapitaleinkünfte iSd § 27 Abs. 2 bis 4 EStG 1988 (zur Anrechnung bzw. Erstattung der Kapitalertragsteuer siehe Rz 6227, 6238).

Rz 8005
Ab dem 1.4.2012:

Einkünfte aus privaten und betrieblichen Grundstücksveräußerungen iSd § 30 EStG 1988, soweit es sich um inländische Grundstücke handelt (§ 98 Abs. 1 Z 7 EStG 1988; § 98 Abs. 1 Z 1 bis 3 EStG 1988), unterliegen grundsätzlich der Immobilienertragsteuer:

30.2.2.3 entfällt

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