29.6.1 Gläubiger-Schuldner-Identität (§ 94 Z 1 EStG 1988)
Die Abzugsbefreiung kommt insbesondere dann zum Zuge, wenn ein Wertpapieremittent ein von ihm ausgegebenes Wertpapier im eigenen Bestand hat. Eine Abzugsbefreiung ist auch insoweit denkbar, als die Gläubiger-Schuldneridentität über einen Miteigentumsanteil an einem Kapitalanlagefonds hergestellt wird (ein Kapitalanlagefonds umfasst zB auch Wertpapiere, die von einem Anteilscheininhaber emittiert wurden).Die Identität zwischen Gläubiger und Schuldner muss in dem Zeitpunkt gegeben sein, in dem bei Nichtbestehen einer Befreiung die Steuerschuld entstehen würde. Dies ist der Zufluss der Kapitalerträge nach § 95 Abs. 3 EStG 1988.
29.6.2 Beteiligungserträge von Körperschaften (§ 94 Z 2 EStG 1988)
29.6.2.1 Beteiligungserträge von Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 KStG 1988
Von der KESt befreit sind unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften iSd § 1 Abs. 2 KStG 1988, wobei die Rechtsform der beteiligten Körperschaft keine Rolle spielt. Die Beteiligungsertragsbefreiung umfasst daher neben juristischen Personen des privaten Rechts auch Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften öffentlichen Rechts sowie nicht rechtsfähige Personenvereinigungen, Anstalten, Stiftungen und andere Zweckvermögen. Ebenso befreit sind inländische Betriebsstätten einer EU/EWR-Körperschaft (zu den Voraussetzungen siehe Rz 7755c).Die Beteiligung muss an einer Aktiengesellschaft, GesmbH oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaft bestehen, die unbeschränkt steuerpflichtig ist, dh. sie muss den Ort der Geschäftsleitung oder ihren Sitz im Inland haben.
Die Befreiung steht nur insoweit zu, als der beteiligten Körperschaft die Gewinnanteile steuerlich zuzurechnen sind. Die Beteiligung muss somit grundsätzlich vor der Beschlussfassung der Gewinnverteilung erworben worden sein (siehe Rz 6110a). Handelt es sich bei der Beteiligung hingegen um eine Gesellschaft, deren Anteile in Form von zentralverwahrten Aktien ausgegeben sind, muss an diesen das wirtschaftliche Eigentum am Ende des Record-Tages bestehen, damit die Gewinnanteile steuerlich zuzurechnen sind (§ 32 Abs. 4 Z 1 EStG 1988; siehe Rz 6912 ff).
Weitere Voraussetzung für die Befreiung ist, dass die Körperschaft mindestens zu einem Zehntel mittel- oder unmittelbar am Grund- oder Stammkapital beteiligt ist.
Die Beteiligung an der ausschüttenden Kapitalgesellschaft muss an deren Nominalkapital bestehen, eine Beteiligung in anderer Form, etwa im Wege sozietärer Genussrechte oder Partizipationskapital iSd BWG oder VAG 2016 schließt, unabhängig von der Höhe der Beteiligung, die Anwendung der Befreiung aus.
Es ist nicht erforderlich, dass eine unmittelbare Beteiligung am Nominalkapital gegeben ist, sondern es reicht eine mittelbare Beteiligung über eine zwischengeschaltete in- oder ausländische Personengesellschaft aus. Es muss jedoch für die Anwendung der Befreiung das Beteiligungsausmaß durchgerechnet mindestens 10 Prozent betragen.
Beispiel 1:
Die inländische A-AG ist als Kommanditistin an der inländischen B-KG zu 20% beteiligt. Die restlichen 80% werden von einer natürlichen Person als Komplementär gehalten. Die B-KG hält ihrerseits 50% am Stammkapital der inländischen C-GmbH; die restlichen 50% an der C-GmbH werden von einer natürlichen Person gehalten.
Das für die Anwendung der KESt-Befreiung erforderliche Beteiligungsausmaß ist gegeben, da die A-AG durchgerechnet 10% am Stammkapital der C-GmbH beteiligt ist. Die C-GmbH kann bei der Gewinnausschüttung für 10% den KESt-Abzug unterlassen, für die restlichen 90% ist KESt einzubehalten.
Das Beteiligungsausmaß von einem Zehntel am Nominalkapital muss jedenfalls im Zeitpunkt des Zufließens gemäß § 95 Abs. 3 Z 1 EStG 1988 der Beteiligungserträge vorliegen, eine bestimmte Mindestbeteiligungsdauer ist für die Steuerfreiheit des Beteiligungsertrages nicht erforderlich.
Befreit sind Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien, GmbH-Anteilen, Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften. Es fallen dementsprechend neben den offenen Ausschüttungen auch verdeckte Ausschüttungen an inländische Körperschaften und inländische Betriebsstätten von EU/EWR-Körperschaften (zu den Voraussetzungen siehe Rz 7755c), sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, unter die KESt-Befreiungsbestimmung des § 94 Z 2 EStG 1988. Erfolgt eine als verdeckte Ausschüttung qualifizierte Vorteilsgewährung an einen mittelbaren Gesellschafter oder an eine dem unmittelbaren Gesellschafter nahestehende Person, ist immer von einer verdeckten Ausschüttung an den unmittelbaren Gesellschafter auszugehen und ist in weiterer Folge auf jeder Beteiligungsebene das Vorliegen weiterer verdeckter Ausschüttungen zu prüfen. Es ist daher die Anwendbarkeit der KESt-Befreiungsbestimmung des § 94 Z 2 EStG 1988 im Verhältnis zum unmittelbaren Gesellschafter zu prüfen und die KESt gegebenenfalls jener Gesellschaft vorzuschreiben, die in diesem Verhältnis den als verdeckte Ausschüttung qualifizierten Vorteil gewährt.Beispiel 2:
Am Stammkapital der inländischen A-GmbH ist die inländische B-GmbH zu 100% beteiligt. Die Stammanteile an der B-GmbH hält zu 100% die natürliche Person C. Von der A-GmbH erfolgt zu Lasten ihres Gewinnes eine als verdeckte Ausschüttung qualifizierte Vorteilsgewährung an deren mittelbaren Gesellschafter C.
Ebene Tochtergesellschaft
Es liegt eine verdeckte Ausschüttung an die Muttergesellschaft B vor, die bei ihr gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 befreit ist und es kommt die Befreiungsbestimmung des § 94 Z 2 EStG 1988 zur Anwendung.
Ebene Muttergesellschaft
Bei der B-GmbH liegt in selber Höhe eine weitere verdeckte Ausschüttung an ihren 100%-Gesellschafter C vor, die der KESt unterliegt; die KESt für diese weitere verdeckte Ausschüttung kann der B-GmbH vorgeschrieben werden.
Von der Befreiung gemäß § 94 Z 2 EStG 1988 sind auch fingierte Ausschüttungen gemäß § 9 Abs. 6 UmgrStG umfasst, sofern die übrigen Voraussetzungen vorliegen.