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27.3 Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen (§ 37 Abs. 6 EStG 1988)

BMF2023-0.871.81913.3.2024

27.3.1 Allgemeines

27.3.1.1 Allgemeine Voraussetzungen

Rz 7324
Begünstigungsfähige Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen liegen nur vor, wenn für das stehende Holz kein Bestandsvergleich vorgenommen wird und überdies außerordentliche Waldnutzungen (Überhieb) oder Waldnutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung) gegeben sind. Nichtbegünstigt sind daher die Einkunftsquellen aus Landwirtschaft, Weinbau, Fischerei und Schottergewinnung (siehe Rz 7341 f).

27.3.1.2 Erhöhte Mitwirkungspflicht und Bestätigungen der Forstbehörde

Rz 7325
Bei der Geltendmachung einer Begünstigungsvorschrift unterliegt der Steuerpflichtige einer erhöhten Mitwirkungspflicht (VwGH 31.3.1999, 98/16/0321, 98/16/0322). Diese erstreckt sich bei der Inanspruchnahme des Hälftesteuersatzes für besondere Waldnutzungen sowohl auf den Nachweis des Vorliegens einer höheren Gewalt oder eines Überhiebes sowie auf die Höhe der Einnahmen und der dafür geltend gemachten Ausgaben.

Rz 7326
Gemäß § 173 Abs. 2 lit. a Forstgesetz 1975 ist bei Schadensfällen auf Antrag des Waldbesitzers eine Bescheinigung von der Bezirksverwaltungsbehörde über Art und Ausmaß von Fällungen infolge höherer Gewalt auszustellen. Diese Bescheinigung stellt mangels Anordnung durch die Abgabenbehörde jedoch keinen Sachverständigenbeweis im Sinne der §§ 177 ff BAO dar, sondern ist verfahrensrechtlich lediglich ein der freien Beweiswürdigung unterliegender Urkundenbeweis gemäß § 168 BAO. Im Zuge der Beweiswürdigung ist zu beachten, dass diese Bescheinigung kraft gesetzlicher Anordnung (§ 173 Abs. 1 Forstgesetz 1975) ein Gutachten ist, und daher den Anforderungen eines Gutachtens zu entsprechen hat. Diese Anforderungen betreffen insbesondere die schlüssige Darlegung des Vorliegens der höheren Gewalt sowie des Ausmaßes und der Art der durch das konkrete Kalamitätsereignis notwendigen Nutzung. Bei der Beweiswürdigung ist auch zu berücksichtigen, ob aus der Befundaufnahme hervorgeht, dass die Kontrollen in einem zeitlichen Naheverhältnis zum Schadereignis erfolgt sind.

27.3.2 Außerordentliche Waldnutzungen

27.3.2.1 Allgemeines

Rz 7327
Als außerordentliche Waldnutzungen gelten ohne Unterschied der Betriebsart alle aus wirtschaftlichen Gründen gebotenen Nutzungen, die über die regelmäßigen Nutzungen hinausgehen, die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen nachhaltig jährlich zu erzielen sind. Des Verkauf eines Waldes ist keine außerordentliche Waldnutzung und fällt nicht unter die Anwendung des § 37 Abs. 6 EStG 1988 (BFG 22.5.2018, RV/5101381/2016). Als wirtschaftliche Gründe für eine außerordentliche Waldnutzung gelten volkswirtschaftliche oder staatswirtschaftliche Gründe sowie privatwirtschaftliche Gründe des Steuerpflichtigen.

§ 37 Abs. 6 EStG 1988 bestimmt ausdrücklich, dass für das Vorliegen von Einkünften aus besonderen Waldnutzungen die Betriebsart unmaßgeblich ist. Dies bedeutet, dass die Begünstigung des halben Steuersatzes für Nachhaltsbetriebe und aussetzende Betriebe gleichermaßen gilt. Daraus folgt, dass auch bei aussetzenden Betrieben nur Waldnutzungen infolge höherer Gewalt oder außerordentliche Waldnutzungen begünstigt sind. Abschnitt 97 Absatz 10 EStR 1984 ist im Geltungsbereich des EStG 1988 nicht mehr anwendbar.

27.3.2.2 Volkswirtschaftlich oder staatswirtschaftlich gebotene Nutzung

Rz 7328
Eine Nutzung ist aus volkswirtschaftlichen oder staatswirtschaftlichen Gründen geboten, wenn sie durch gesetzlichen oder behördlichen Zwang veranlasst worden ist.

27.3.2.3 Privatwirtschaftliche Gründe

Rz 7329
Privatwirtschaftliche Gründe liegen nur vor, wenn die Überschlägerung wirtschaftlich unvermeidbar ist. Ein solcher Fall tritt idR ein, wenn Kapital zur Fortführung der Land- und Forstwirtschaft oder eines Sägewerkes, das mit der Land- und Forstwirtschaft in enger wirtschaftlicher Beziehung steht, notwendig ist oder Kapital vom Forstwirt aus zwingenden Gründen aufgebracht werden muss, um schwerwiegende wirtschaftliche oder persönliche Nachteile von sich oder seiner Familie abzuwenden (VwGH 27.2.1959, 0447/58; VwGH 7.2.1964, 0915/62; VwGH 14.2.1964, 1877/63; VwGH 21.5.1965, 2139/64). Eine außerordentliche Waldnutzung, die der Steuerpflichtige, dem andere Mittel als die aus dem Überhieb nicht zur Verfügung stehen, vornehmen muss, um Pflichtteilsschulden abdecken zu können, ist aus wirtschaftlichen Gründen geboten (VwGH 6.2.1990, 89/14/0025); dies gilt sinngemäß auch für Lasten auf Grund einer Scheidung. Wirtschaftliche Gründe liegen nicht vor, wenn der Mehreinschlag vorgenommen wird, weil Einschläge entgegen dem Betriebsplan in den letzten drei Jahren ganz oder zum Teil - es sei denn zum Ausgleich unmittelbar vorangegangener Überschlägerungen - unterblieben sind. Auch stellt die Abdeckung von Verbindlichkeiten aus dem Erwerb eines Gutsbetriebes keinen wirtschaftlichen Grund für einen Überhieb dar (VwGH 21.5.1965, 2139/64).

27.3.2.4 Ermittlung der Einkünfte aus der Einkunftsquelle außerordentliche Waldnutzung (Überhieb)

Rz 7330
Zur Berechnung des Überhiebes dienen die idR forstbehördlich genehmigten Wirtschaftspläne, die nach forstwirtschaftlichen Grundsätzen und vor nicht mehr als zehn Jahren erstellt oder erneuert wurden. Soweit solche Wirtschaftspläne nicht vorliegen oder Zweifel über die steuerliche Verwendbarkeit des darin ausgewiesenen Hiebsatzes bestehen - weil entweder schwer wiegende Änderungen in den Bestandsverhältnissen eingetreten sind oder zu weit gehende persönliche Wirtschaftsziele unterstellt wurden -, ist der Steuerpflichtige aufzufordern, alle für eine Hiebsatzermittlung dienlichen Unterlagen vorzulegen; vor allem ist dem Steuerpflichtigen Gelegenheit zu geben, ein Sachverständigengutachten beizubringen. Der freien Beweiswürdigung im Sinne der Rz 7326 unterliegt weiters die gutachtliche Äußerung einer Forstbehörde, danach der in einem Wirtschaftsplan ausgewiesene Hiebsatz der nachhaltigen Leistungsfähigkeit des Betriebes entspricht.

Rz 7331
Bei der Berechnung der Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen sind von den Roherlösen alle jene Kosten als Betriebsausgaben in Abzug zu bringen, die mit diesen Erlösen zusammenhängen, zB Hauerlöhne, Rückerlöhne, Entrinderlöhne einschließlich Soziallasten, Abfuhrkosten, ferner die Kosten des Verkaufes, wie zB Provisionen, Skonti, die erhöhte Abschreibung von Maschinen und Geräten, soweit diese durch die Waldnutzung beansprucht wurden usw. (VwGH 19.6.1959, 1571/58; VwGH 27.1.1961, 1511/60). Die Kulturkosten (Aufforstungskosten, Pflegekosten) und die allgemeinen Verwaltungskosten einschließlich der gewöhnlichen AfA (auch für Wirtschaftsgebäude) sind bei der Berechnung der Einkünfte aus der nachhaltigen und außerordentlichen Waldnutzung nach dem Verhältnis der Holzmengen zu berücksichtigen.

Rz 7332
Wird bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben für das stehende Holz der höhere Teilwert (§ 6 Z 2 lit. b EStG 1988) nicht angesetzt, dann sind Aufwendungen für die Pflege des stehenden Holzes und Wiederaufforstungskosten als Betriebsausgaben abzusetzen (§ 4 Abs. 8 EStG 1988). Nach den forstgesetzlichen Bestimmungen (Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440/1975) entsteht mit der Schlägerung die auf dem Eigentum lastende Verpflichtung zur Wiederaufforstung. Bei den Wiederaufforstungskosten handelt es sich daher um Aufwendungen, die wirtschaftlich die Einnahmen aus der Schlägerung treffen und daher nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung im Interesse einer richtigen Periodenabgrenzung als Vorbelastung dieser Einnahmen als Rückstellung (vgl. Rz 3303) passiviert werden können (VwGH 26.11.1974, 1840/73).

27.3.2.5 Vor-(Zwischen-) oder Endnutzung

Rz 7333
§ 37 Abs. 6 EStG 1988 unterscheidet nicht zwischen Vor-(Zwischen-) oder Endnutzung. Soweit der im maßgeblichen Wirtschaftsplan vorgesehene Ansatz überschritten wird, liegt ein Überhieb daher auch bei einer Überschlägerung in der Vor(Zwischen)nutzung vor.

27.3.3 Waldnutzungen infolge höherer Gewalt

27.3.3.1 Allgemeines

Rz 7334
Zu den Einkünften aus besonderen Waldnutzungen gehören auch Waldnutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung), soweit der Steuerpflichtige nicht von der Möglichkeit des § 12 Abs. 7 EStG 1988 Gebrauch gemacht hat. Anders als bei der außerordentlichen Waldnutzung (Rz 7327 ff) knüpft die Waldnutzung in Folge höherer Gewalt an das Vorliegen eines außergewöhnlichen Ereignisses an (VwGH 25.03.1966, 1564/65). Kalamitätsnutzungen führen zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen und finanziellen Schäden am Wirtschaftsgut Wald (stehendes Holz) zB durch Verringerung der Stabilität, Minderung des Vorrates, teilweise auch des Zuwachses, Störung der Nachhaltigkeit und des Waldbauzieles. Da diese Beeinträchtigungen und Schäden im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlungsbestimmungen nicht darstellbar sind, dient der Hälftesteuersatz gemäß § 37 Abs. 6 EStG 1988 für Gewinne aus solchen Holznutzungen sowohl der pauschalen Berücksichtigung dieser steuerlichen Nachteile wie auch im Falle von kalamitätsbedingt zusammengeballten Einkünften der Progressionsmilderung. § 37 Abs. 6 EStG 1988 kommt daher sowohl die Funktion einer Gewinnermittlungsvorschrift (Sondergewinne) als auch die Funktion einer Tarifvorschrift zu.

Die Inanspruchnahme des begünstigten Hälftesteuersatzes ist davon abhängig, ob die jeweilige Holznutzung in unmittelbarem ursächlichen Zusammenhang mit dem konkreten Schadensereignis steht.

27.3.3.2 Höhere Gewalt

Rz 7335
Der Begriff der höheren Gewalt als Voraussetzung für das Vorliegen einer Kalamitätsnutzung entspricht jenem des § 12 Abs. 5 und 7 EStG 1988 (siehe Rz 3864 ff). Es handelt sich dabei um ein von außen kommendes Ereignis, das unabwendbar, dh. durch die unter den gegebenen Umständen vom Betroffenen zu erwartenden Vorkehrungen nicht abwendbar ist und nicht der typischen Betriebsgefahr unterliegt. Aus dem Umstand, dass gegen ein über einen langen Zeitraum eingetretenes Schadensereignis (zB Schädlingsbefall, Eichensterben) keine wirksame Abwehrmaßnahme gefunden wurde, kann nicht abgeleitet werden, dass sich der Steuerpflichtige mit diesem Umstand abgefunden hat und eine Kalamitätsnutzung dadurch ausgeschlossen wird (VwGH 25.03.1966, 1564/65). Eine Anhäufung von Kalamitätsnutzungen über einen langen Zeitraum spricht nicht gegen die Anwendbarkeit des § 37 Abs. 6 EStG 1988.

Eine Waldnutzung infolge höherer Gewalt ist beispielsweise in folgenden Fällen gegeben:

  • Waldnutzungen insbesondere infolge von Wind-, Schnee- oder Eisbruch/wurf, Insektenfraß, Hochwasser, Brand, Lawinen, Muren oder Blitzschlag. Folgehiebe hiezu (Ausgleichshiebe, Schlagfrontbegradigungen, Entfernung überhängender Bestandsreste usw.) sind erfasst, wenn sie mit der durch das Schadensereignis unmittelbar veranlassten Nutzung in ursächlichem Zusammenhang stehen und die Nutzung bis zum Ende des darauffolgenden Wirtschaftsjahres erfolgt. Folgehiebe über diesen Zeitraum hinaus bedürfen einer schlüssigen Begründung.
  • Nutzung des Trassenholzes von Forststraßen, die unmittelbar und überwiegend für die Bringung von Kalamitätsholz erforderlich werden.
  • Nutzung von Baumgruppen oder Einzelbäumen wegen Insekten- und/oder Pilzbefall, ungeachtet des Bestandsalters und der begleitenden waldbaulichen Maßnahmen, sofern diese durch den Befall maßgeblich geschädigt sind.
  • Nutzung von immissionsgeschädigten Baumgruppen oder Einzelbäumen, ungeachtet des Bestandsalters und der begleitenden waldbaulichen Maßnahmen, wenn sie Bäume umfasst, die durch die Immission einen Nadel- oder Blattverlust von mehr als der Hälfte gesunder Bäume aufweisen.
  • Schäden, insbesondere Rotfäule, die ihre Ursache in der Sphäre des Rechtsvorgängers haben (zB als Folge von vorrangig jagdlichen Interessen des Rechtsvorgängers), wenn der Rechtsnachfolger alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, die Schädigung zu vermeiden.

Rz 7336
Eine Waldnutzung infolge höherer Gewalt ist in folgenden Fällen nicht gegeben:

  • Fällung pilzbefallener Einzelstämme, welche in die Kraft'schen Baumklassen 4 b und 5 einzuordnen sind, in hiebsunreifen Beständen.
  • Waldbauliche Entnahme von Dürrlingen, die zum natürlich ausscheidenden Bestand zählen (VwGH 25.03.1966, 1564/65).
  • Folgehiebe, die nicht geschädigte Bäume betreffen, wenn die Waldbewirtschaftung gezielt auf die Entnahme von Einzelstämmen oder Baumgruppen ausgerichtet ist (Plenterbewirtschaftung).
    • Nutzungen infolge von Schäden, die ihre Ursache in der Jagdbewirtschaftung des (auch nicht unmittelbar angrenzenden) Nachbarbesitzes haben (auch Staatsgrenzen überschreitend), wenn der Geschädigte sämtliche zumutbaren Maßnahmen zur Durchsetzung einer mit der zeitgemäßen, forstlichen Bewirtschaftung im Einklang stehenden Jagdbewirtschaftung ergriffen hat sowie
    • Schälschäden in Monokulturen, wenn die Monokultur zu einem Zeitpunkt angelegt wurde, als diese Art der Auspflanzung der zeitgemäßen forstlichen Bewirtschaftung entsprach und in der Folge entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung eingeleitet wurden.

    Schäden, die durch eine Waldbewirtschaftung, bei der die jagdlichen Interessen gegenüber den forstwirtschaftlichen Interessen im Vordergrund waren, entstanden sind. Zur Waldnutzung infolge höherer Gewalt zählen jedoch

  • Bewirtschaftungsschäden, zB Fällungs-, Rücke-, Wegebau- und Steinschlagschäden, soweit sie durch eine nicht zeitgemäße, forstliche Bewirtschaftung entstanden sind (vgl. VwGH 14.09.1956, 0059/54).
    • Ausfälle aufgrund der natürlichen Selektion ("Dürrlinge") und der Überalterung von Waldbeständen (VwGH 25.03.1966, 1564/65),
    • Hochwasserschäden in Überschwemmungsgebieten,
    • Schäden am stehenden Holz in Wild- und Jagdgattern,
    • Rotfäule als Folge von Schneitelung und Beweidung,
    • Rotfäule, soweit sie in Erstaufforstungsbeständen auftritt,
    • Rotfäule in späteren Aufforstungen, wenn die Schädigungen nicht über das Normalausmaß hinausgehen. Dies ist anzunehmen, wenn die Schädigung weniger als 30% des Nutzungsbestandes beträgt. Der Wert von 30% stellt eine Freigrenze dar, bei deren Unterschreitung die genutzten rotfaulen Bäume des Bestandes nicht zur Waldnutzung in Folge höherer Gewalt zählen. Bei Überschreitung der Freigrenze gelten jedoch alle genutzten Bäume des Bestandes als Waldnutzung in Folge höherer Gewalt. Der Prozentwert ist auf die Nutzungsmenge des jeweiligen Nutzungsbestandes zu beziehen.
    • Unabhängig vom Ausmaß der Rotfäule im Baum ist stets der gesamte Baum als Kalamitätsnutzung zu werten. Nicht von der Rotfäule befallene Bäume im Rahmen der Nutzung des jeweiligen Bestandes stellen keine Kalamitätsnutzung dar. In der Bescheinigung der Bezirksverwaltungsbehörde (siehe Rz 7326) ist das Ausmaß aller genutzten rotfaulen Bäume an der Gesamtnutzung des jeweiligen Bestandes anzugeben, wenn in den jeweiligen Beständen das Schadensausmaß von 30% überschritten wird,
    • Kronenverlichtungen, sofern diese nicht durch waldschädigende Luftschadstoffe (Immissionen) verursacht werden.

    Ereignisse, die einer typischen Betriebsgefahr entspringen. Bei der Beurteilung, ob Schädigungen der typischen Betriebsgefahr zuzurechnen sind, ist auf die besondere Wirtschaftsweise im Forst bedingt durch die jeweilige Umtriebszeit Bedacht zu nehmen. Eine typische Betriebsgefahr ist in folgenden Fällen gegeben:

Rz 7337
Auch Nutzungen auf Grund eines behördlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines solchen nachweisbar unmittelbar drohenden Eingriffes erfolgen ohne oder gegen den Willen des Forstwirtes. Hinsichtlich der Einkünfte aus den dabei aufgedeckten stillen Reserven hat auf Antrag des Steuerpflichtigen an Stelle der Anwendung des Halbsatzes eine Verteilung auf fünf Jahre nach § 37 Abs. 3 EStG 1988 zu erfolgen. Unter einem unmittelbar drohenden behördlichen Eingriff sind jedoch nicht automatisch Verpflichtungen auf Grund des Forstgesetzes zu verstehen, da vielfach darin Anordnungen enthalten sind, die ein verantwortungsbewusster Forstwirt auch ohne diesen gesetzlichen Auftrag vornehmen würde.

27.3.3.3 Ermittlung der Einkünfte aus der Einkunftsquelle infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung)

Rz 7338
Als "Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt" unterliegt der positive Saldo zwischen den Einnahmen aus der Kalamitätsnutzung und den damit zusammenhängenden Aufwendungen dem Hälftesteuersatz.

Bei Kalamitätsnutzungen ab dem Veranlagungszeitraum 2016 sind die Einnahmen aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt auf Grundlage von Festmeter-Durchschnittserlösen aus der Jahresgesamtnutzung nach den Sortimentsgruppen Blochholz/Industrieholz/Brennholz zu ermitteln; diese Sortimentsdifferenzierung ist aus den Aufzeichnungen des Forstbetriebes herzuleiten. Zu den Einnahmen aus Kalamitätsnutzungen gehören Entschädigungen nur insoweit, als sie mit der Kalamität unmittelbar zusammenhängen.

Die Einnahmen sind um die damit zusammenhängenden Betriebsausgaben einschließlich der im gleichen Gewinnermittlungszeitraum angefallenen direkt zurechenbaren Aufforstungskosten zu kürzen. Als mit den Einnahmen aus der Kalamitätsnutzung im Zusammenhang stehende Aufwendungen gelten:

  • Materialkosten für Schlägerung,
  • Löhne und Gehälter für Forstpersonal einschließlich Lohnnebenkosten für Holzernte und Vermarktung,
  • Gemeinkosten der Holzernte und Vermarktung in Höhe von 5% der der Holzernte und Vermarktung zurechenbaren Lohn- und Gehaltskosten (niedrigere Gemeinkosten können vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werden; ab Veranlagungszeitraum 2015),
  • Fremdarbeiten für Holzernte und Vermarktung,
  • Maschinenkosten, soweit der Holzernte zurechenbar,
  • AfA der Forststraßen, soweit diese der Holzernte zurechenbar ist. Bei Forstwegen mit Bitumen-, Asphalt- oder Betondecke kann die Nutzungsdauer mit 15 Jahren, bei einem festen Unterbau mit 10 Jahren und ohne festen Unterbau (Trassenherstellung) mit 5 Jahren angenommen werden.
  • Kosten der Instandhaltung von Forststraßen, soweit diese der Holzernte zurechenbar und durch die Kalamitätsnutzung verursacht ist (ab Veranlagungszeitraum 2015),
  • AfA der Fahrzeuge, soweit der Holzernte zurechenbar.

Die Aufteilung der Kosten ist entsprechend den eingeschlagenen Festmetern anteilig im Verhältnis der Kalamitätsnutzung zur Gesamtnutzung vorzunehmen. Weitere Aufwendungen sind - mit Ausnahme von Aufforstungskosten - nicht abzuziehen.

Die Einnahmen aus Kalamitätsnutzungen sind weiters um die der Kalamitätsnutzung direkt zurechenbaren Aufforstungskosten (Kosten der Pflanzen und Personalkosten der Auspflanzung) zu kürzen. Davon sind ab 2016 auch Aufforstungskosten betroffen, die nach Ablauf des Gewinnermittlungszeitraumes anfallen. Bei Gewinnermittlung durch Bilanzierung ist dafür eine Rückstellung für vorbelastete Einnahmen zu bilden, die im Jahr des Kostenanfalles aufzulösen ist.

Rz 7338a
Zahlungen aus dem Katastrophenfonds sind zwar steuerfrei (VwGH 10.09.1998, 96/15/0272), führen jedoch zu einer entsprechenden Betriebsausgabenkürzung (vgl. Rz 4855), die sich sowohl auf die Höhe der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft als auch auf die Höhe der Einkünfte aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt gleichermaßen auswirkt und zu einer Ausgabenkürzung bei den Einkünften aus Waldnutzungen infolge höherer Gewalt führen. Soweit Zahlungen aus dem Katastrophenfonds nur Ertragsausfälle abgelten, kommt eine Aufwandskürzung nicht in Betracht. Keine Betriebsausgabenkürzung hat bei teilpauschalierten Forstbetrieben, welche die Betriebsausgaben nach § 3 Abs. 2 LuF-PauschVO 2015 pauschal ermitteln, zu erfolgen.

Im Fall der Teilpauschalierung eines Forstbetriebes ist zur Ermittlung der Einkünfte aus außerordentlichen Waldnutzungen oder Waldnutzungen infolge höherer Gewalt jenes Betriebsausgabenpauschale heranzuziehen, das der Art der Kalamitätsnutzung entspricht. Wird das Holz aus der Kalamitätsnutzung selbst geschlägert, sind die Betriebsausgabenprozentsätze des § 3 Abs. 2 Z 1 LuF-PauschVO 2015 anzuwenden. Wird das Holz aus der Kalamitätsnutzung am Stock verkauft, sind die Betriebsausgabenprozentsätze des § 3 Abs. 2 Z 2 LuF-PauschVO 2015 anzuwenden. Die Anwendung eines Mischsatzes ist unzulässig, da die LuF-PauschVO 2015 einen Mischsatz nicht vorsieht. Ebenso ist im Falle der Teilpauschalierung die Ermittlung der Kalamitätseinkünfte auf Basis der tatsächlichen Betriebsausgaben unzulässig, da nach § 1 Abs. 1 LuF-PauschVO 2015 die Pauschalierungsverordnung nur zur Gänze anwendbar ist. Entsprechendes gilt im Anwendungsbereich der LuF-PauschVO 2011.

Rz 7339
Kosten für den Neubau von Forstwegen sind aktivierungspflichtiger Herstellungsaufwand. Die Nutzungsdauer kann bei Forstwegen mit Bitumen-, Asphalt- oder Betondecke mit 15 Jahren, mit festem Unterbau mit 10 Jahren und ohne festen Unterbau (Trassenherstellung) mit 5 Jahren der Herstellungskosten angenommen werden.

27.3.3.4 Kalamitätsnutzung und Hiebsatz

Rz 7340
Die Waldnutzung infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzung) unterscheidet sich von den übrigen Waldnutzungen nur durch die Umstände, die die Waldnutzung bewirken. Eine Kalamitätsnutzung liegt auch dann vor, wenn die gesamte Waldnutzung einschließlich der Kalamitätsnutzung den Hiebsatz nicht überschreitet. Übersteigt die gesamte Waldnutzung den Hiebsatz, so ist eine Kalamitätsnutzung für die Entscheidung der Frage, ob ein Überhieb vorliegt, nur so weit auf den Hiebsatz anzurechnen, als der Hiebsatz im Zeitpunkt des Eintrittes des die Kalamitätsnutzung verursachenden Ereignisses noch nicht durch normale Waldnutzungen erreicht worden ist.

Beispiel 1:

Hiebsatz laut Forstwirtschaftsplan 5.000 Festmeter (fm). Im ersten Halbjahr wurden Schlägerungen im Ausmaß von 5.000 fm entsprechend dem Forstwirtschaftsplan vorgenommen. Im zweiten Halbjahr erfolgte eine Waldnutzung infolge Windbruches im Ausmaß von 3.000 fm.

Die im Rahmen des Forstwirtschaftsplanes geschlägerten 5.000 fm überschreiten nicht den Hiebsatz und fallen daher nicht unter § 37 EStG 1988, weil die spätere Kalamitätsnutzung nicht mehr auf den Hiebsatz angerechnet werden kann, da dieser bereits durch den vorher erfolgten normalen Einschlag erreicht wurde. Die Einkünfte aus der Kalamitätsnutzung zählen zu den besonderen Einkünften iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988.

Beispiel 2:

Hiebsatz laut Forstwirtschaftsplan 5.000 fm. Im ersten Halbjahr wurde eine Waldnutzung infolge Schneebruches im Ausmaß von 3.000 fm vorgenommen. Im zweiten Halbjahr wurden aus wirtschaftlichen Gründen gebotene Waldnutzungen im Ausmaß von 5.000 fm durchgeführt.

Die Kalamitätsnutzung, die zu den besonderen Nutzungen iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 zählt, ist voll auf den Hiebsatz anzurechnen, da vor der Kalamitätsnutzung keine Nutzungen erfolgten. Von der wirtschaftlich gebotenen Waldnutzung des zweiten Halbjahres stellen daher noch 2.000 fm eine normale nichtbegünstigte Waldnutzung dar. Der über den Hiebsatz hinausgehende Teil dieser Schlägerung im Ausmaß von 3.000 fm ist als begünstigter Überhieb anzusehen.

Beispiel 3:

Hiebsatz laut Forstwirtschaftsplan 5.000 fm. Im ersten Halbjahr wurden Schlägerungen im Ausmaß von 4.000 fm durchgeführt. Im zweiten Halbjahr erfolgte eine Waldnutzung wegen Windbruches im Ausmaß von 3.000 fm und danach eine aus wirtschaftlichen Gründen gebotene Waldnutzung im Ausmaß von 1.000 fm.

Die im Rahmen des Forstwirtschaftsplanes im ersten Halbjahr geschlägerten 4.000 fm überschreiten nicht den Hiebsatz und sind daher nicht begünstigt. Die Einkünfte aus der Kalamitätsnutzung im Ausmaß von 3.000 fm zählen zu den besonderen Einkünften des § 37 Abs. 6 EStG 1988. Da der Hiebsatz durch die planmäßige Waldnutzung von 4.000 fm und die Kalamitätsnutzung bereits überschritten ist, stellt die spätere, aus wirtschaftlichen Gründen gebotene Waldnutzung von 1.000 fm zur Gänze einen begünstigten Überhieb dar.

Beispiel 4:

Hiebsatz laut Forstwirtschaftsplan 5.000 fm. Im Jänner entstand ein Schneebruch im Ausmaß von 3.000 fm, der jedoch infolge der Höhenlage erst ab Mai aufgearbeitet werden kann. Ab März wird eine Schlägerung von 4.000 fm durchgeführt.

Die Kalamitätsnutzung, die zu den besonderen Einkünften des § 37 Abs. 6 EStG 1988 zählt, ist voll auf den Hiebsatz anzurechnen, da die Kalamität vor der anderen Nutzung eingetreten ist. Von der Schlägerung ab März von 4.000 fm stellen daher 2.000 fm eine normale nichtbegünstigte Nutzung dar. Der über den Hiebsatz hinausgehende Teil dieser Schlägerung im Ausmaß von 2.000 fm ist als Überhieb iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988 anzusehen, wenn diese Schlägerung als eine aus wirtschaftlichen Gründen gebotene Nutzung anzusehen ist.

27.3.3.5 Progressionsermäßigung

Rz 7341
Der Verlustausgleich (Rz 7367 f) gilt auch für die Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen iSd § 37 Abs. 6 EStG 1988. Dabei ist der Verlustausgleich so vorzunehmen, dass tatsächlich nur die begünstigte besondere Waldnutzung und nicht durch zufällige Saldierungen andere Einkünfte (zB Landwirtschaft, Weinbau, Fischerei, Schottergewinnung usw.) unter den Hälftesteuersatz fallen. Es sind daher Einkünfte aus besonderer Waldnutzung zuerst mit Verlusten aus laufenden Holznutzungen desselben forstwirtschaftlichen Betriebszweigs auszugleichen. Erst danach ist eine Verrechnung mit anderen Einkünften des forstwirtschaftlichen Betriebszweiges vorzunehmen, in dem die Kalamitätsnutzung angefallen ist (§ 37 Abs. 1 zweiter Teilstrich EStG 1988). Nach diesem "inneren Ausgleich" ist mit Verlusten aus dem übrigen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu verrechnen.

Rz 7342
Darüber hinaus sind - anders als bei Verteilung von Einkünften gemäß § 37 Abs. 2 EStG 1988 und stillen Reserven gemäß § 37 Abs. 3 EStG 1988 (siehe Rz 7369 ff) - die außerordentlichen Einkünfte bzw. Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen mit einem etwaigen Verlustüberschuss, der sich bei der rechnerischen Zusammenfassung der Einkünfte und der Verluste aus den anderen Einkunftsarten ergibt, auszugleichen (VwGH 21.3.1995, 95/14/0011; VwGH 22.2.1993, 93/15/0020); die verbleibenden außerordentlichen Einkünfte bzw. Einkünfte aus besonderen Waldnutzungen sind gemäß § 37 EStG 1988 zu versteuern.

Beispiel:

Einkünfte aus besonderer Waldnutzung (begünstigt)

500.000

Einkünfte aus anderen Holznutzungen

-300.000

weitere Einkünfte aus dem forstwirtschftl. Betriebszweig

100.000

Einkünfte aus Weinbau

200.000

Der Gewinn des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes beträgt 500.000. Die begünstigten Einkünfte aus besonderer Waldnutzung sind zunächst gegen die negativen Einkünfte aus anderen Holznutzungen zu verrechnen, sodass letztlich begünstigte Einkünfte von 200.000 erhalten bleiben. Ein Ausgleich der positiven Einkünfte aus Weinbau mit den restlichen Verlusten aus anderen Holznutzungen und somit eine Versteuerung des gesamten Gewinnes mit dem begünstigten Hälftesteuersatz käme einer unzulässigen Übertragung der Begünstigung auf den Weinbau gleich und ist nicht zulässig.

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