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20.4 Verlustausgleich

BMF2023-0.871.81913.3.2024

Rz 6231
Soweit Verluste aus Kapitalvermögen nicht bereits durch die depotführende Stelle beim KESt-Abzug berücksichtigt wurden, können diese im Rahmen der Veranlagung geltend gemacht werden. Soweit Abgeltungswirkung besteht, steht es dem Steuerpflichtigen frei, seine Verluste aus Kapitalvermögen durch Ausübung der Verlustausgleichsoption gemäß § 97 Abs. 2 EStG 1988 geltend zu machen; eine Offenlegung sämtlicher der Abgeltungswirkung unterliegender Einkünfte aus Kapitalvermögen ist dazu nicht erforderlich (siehe Abschnitt 20.5.2).

Verluste aus Kapitalvermögen können nicht vorgetragen werden, und der Verlustausgleich unterliegt gemäß § 27 Abs. 8 EStG 1988 mehreren Einschränkungen. Grundsätzlich gelten diese Einschränkungen unabhängig davon, ob die Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 ausgeübt wird (siehe Abschnitt 20.3.4).

Kommt es nachträglich zu einer Einkünfteminderung (zB ein rückgezahlter Kaufpreis), muss diese im Abflussjahr bis zum Betrag des ursprünglich erzielten Überschusses berücksichtigt werden (VwGH 16.12.2010, 2008/15/0274). Dabei sind 55% der Einkünfteminderung mit allen anderen Einkünften ausgleichsfähig (siehe auch Rz 6677). Wurde jedoch im Zuflussjahr der ursprünglichen Kapitaleinkünfte der erzielte Überschuss mit Verlusten verrechnet, ist insoweit im nachfolgenden Abflussjahr (das Jahr der Rückzahlung) ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften nicht zulässig.

Für Zwecke des Verlustausgleichs sind Veräußerungs- und Wiederbeschaffungsgeschäfte nicht als selbständige Rechtsgeschäfte anzuerkennen, wenn sie unter Einbindung der depotführenden Stelle zeitnah, miteinander verknüpft und ohne Kurs- bzw. Wiederbeschaffungsrisiko vorgenommen werden.

Rz 6231a
Werden Wertpapiere, deren Wert etwa aufgrund einer Insolvenz des Emittenten nahezu null beträgt, an die depotführende Stelle übertragen, ist zu unterscheiden:

Davon zu unterscheiden sind jene Fälle, in denen die Beteiligung des Steuerpflichtigen bei Fortbestehen der Gesellschaft ersatzlos untergeht (zB durch Erlöschen des Anteilsrechts ohne Übertragung an einen Dritten im Rahmen eines ausländischen Konkursverfahrens, entschädigungslose Enteignung). Diesfalls liegt im Zeitpunkt des Erlöschens des Anteilsrechts ein Realisationsvorgang iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 vor. Eine Ausbuchung der Wertpapiere in einem späteren Jahr ist in weiterer Folge steuerlich unbeachtlich. Die realisierten Verluste können ausschließlich im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt werden.

20.4.1 Kein Verlustausgleich gegen Sparbuchzinsen und Stiftungszuwendungen

Rz 6232
Verluste aus Wirtschaftsgütern, Derivaten und Kryptowährungen gemäß § 27 Abs. 3 bis 4a EStG 1988 können nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 und 3 EStG 1988 oder mit Zuwendungen von Stiftungen gemäß § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 ausgeglichen werden (§ 27 Abs. 8 Z 1 EStG 1988). Ein Ausgleich von Verlusten gegen praktisch risikolose Einkünfte wird damit ausgeschlossen.

Das Ausgleichsverbot umfasst aufgrund des Verweises auf § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 auch Zuwendungen ausländischer Stiftungen.

Zinsen aus von Kreditinstituten begebenen Forderungswertpapieren unterliegen nach dem Sinn der Regelung nicht dem Ausgleichsverbot. Dasselbe gilt für Ausgleichszahlungen im Rahmen von Wertpapierleihe und Pensionsgeschäft; für diese gilt das Ausgleichsverbot nur dann, wenn die weitergeleiteten Kapitalerträge vom Ausgleichsverbot umfasst wären.

Ob Gewinne oder Verluste aus der Umrechnung von Fremdwährungen vom Ausgleichsverbot umfasst sind, hängt von den Kapitalerträgen ab, mit denen sie in Verbindung stehen. Bei Umrechnung von Zinszahlungen aus einer Fremdwährung liegt ein enger Zusammenhang mit den Zinsen vor, sodass die dabei entstehenden Fremdwährungsgewinne ebenfalls vom Ausgleichsverbot umfasst sind.

20.4.2 Verluste aus stiller Gesellschaft auf Wartetaste

Rz 6233
Verlustanteile aus einer echten stillen Gesellschaft können - wie schon vor dem BBG 2011 - nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, sondern liegen auf "Wartetaste" (näher dazu Abschnitt 20.2.1.8; § 27 Abs. 8 Z 2 EStG 1988).

20.4.3 Kein Ausgleich gegen tarifbesteuerte Kapitaleinkünfte

Rz 6234
Einkünfte, auf die die besonderen Steuersätze gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar sind, können nicht mit Einkünften ausgeglichen werden, für die diese aufgrund des § 27a Abs. 2 EStG 1988 nicht gelten (§ 27 Abs. 8 Z 3 EStG 1988). Daraus folgt, dass

Dies gilt auch, wenn die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird. Wird für unverbriefte Derivate gemäß § 27a Abs. 2 Z 7 EStG 1988 eine der Kapitalertragsteuer entsprechende Steuer einbehalten, liegen keine tarifbesteuerten Kapitaleinkünfte vor (siehe Rz 6225a und 7752a).

20.4.4 Kein Ausgleich von Verlusten gegen andere Einkunftsarten

Rz 6235
Verbleibt innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach einem horizontalen Verlustausgleich noch ein Verlustüberhang, ist dieser nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichsfähig (§ 27 Abs. 8 Z 4 EStG 1988). Verluste aus § 27 EStG 1988 können somit auch nicht mit Gewinnen aus betrieblich gehaltenen Kapitalanlagen ausgeglichen werden.

Dagegen ist ein Ausgleich von Verlusten aus anderen Einkunftsarten mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen möglich; bei den besonderen Steuersätzen unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen ist hierfür die Ausübung der Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 notwendig.

Beispiel:

Der Steuerpflichtige bezieht Zinsen aus Sparguthaben in Höhe von 1.000 Euro und Dividenden in Höhe von 2.000 Euro. Zusätzlich erleidet er einen Verlust in Höhe von 900 Euro durch die Veräußerung von Aktien. Weiters erleidet der Steuerpflichtige einen Verlust in Höhe von 10.000 Euro aus Gewerbebetrieb und bezieht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8.000 Euro.

Der Verlust aus der Aktienveräußerung kann im Wege der Verlustausgleichsoption gegen die Dividenden ausgeglichen werden (ein Ausgleich mit Zinsen aus Sparguthaben ist hingegen nicht zulässig); die Einkünfte aus Kapitalvermögen betragen somit 2.100 Euro.

Der Verlust aus Gewerbebetrieb kann gegen den Gewinn aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden.

Übt der Steuerpflichtige die Regelbesteuerungsoption aus, kann der verbleibende Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000 Euro gegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; dann verbleibt ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 100 Euro.

Übt der Steuerpflichtige die Regelbesteuerungsoption nicht aus, geht der verbleibende Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000 Euro in den Verlustvortrag ein, die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.100 unterliegen in der Veranlagung den besonderen Steuersätzen von 25% und 27,5% und die KESt auf die Aktien und Sparbuchzinsen (800 Euro) wird angerechnet (552,50 Euro) bzw. gutgeschrieben (247,50 Euro).

20.4.5 Übergangsfragen

Rz 6236
Grundsätzlich stehen nur Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bereits § 27 EStG 1988 ab der Fassung BBG 2011 unterliegen, für den Verlustausgleich zur Verfügung. Aus den Inkrafttretensvorschriften des BBG 2011 bzw. AbgÄG 2011 ergibt sich daher Folgendes:

Zur Behandlung von Verlusten aus Kapitalvermögen im betrieblichen Bereich siehe Abschnitt 4.8.

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