Verluste aus Kapitalvermögen können nicht vorgetragen werden, und der Verlustausgleich unterliegt gemäß § 27 Abs. 8 EStG 1988 mehreren Einschränkungen. Grundsätzlich gelten diese Einschränkungen unabhängig davon, ob die Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 ausgeübt wird (siehe Abschnitt 20.3.4).
Kommt es nachträglich zu einer Einkünfteminderung (zB ein rückgezahlter Kaufpreis), muss diese im Abflussjahr bis zum Betrag des ursprünglich erzielten Überschusses berücksichtigt werden (VwGH 16.12.2010, 2008/15/0274). Dabei sind 55% der Einkünfteminderung mit allen anderen Einkünften ausgleichsfähig (siehe auch Rz 6677). Wurde jedoch im Zuflussjahr der ursprünglichen Kapitaleinkünfte der erzielte Überschuss mit Verlusten verrechnet, ist insoweit im nachfolgenden Abflussjahr (das Jahr der Rückzahlung) ein Verlustausgleich mit anderen Einkünften nicht zulässig.
Für Zwecke des Verlustausgleichs sind Veräußerungs- und Wiederbeschaffungsgeschäfte nicht als selbständige Rechtsgeschäfte anzuerkennen, wenn sie unter Einbindung der depotführenden Stelle zeitnah, miteinander verknüpft und ohne Kurs- bzw. Wiederbeschaffungsrisiko vorgenommen werden.
Werden Wertpapiere, deren Wert etwa aufgrund einer Insolvenz des Emittenten nahezu null beträgt, an die depotführende Stelle übertragen, ist zu unterscheiden:- Wird für die Übertragung keine Gegenleistung gewährt, liegt kein Realisationsvorgang vor. Da der wirtschaftlich eingetretene Verlust daher steuerlich nicht realisiert wird, kommt auch kein Verlustausgleich in Betracht.
- Wird hingegen für die Übertragung ein angemessenes Entgelt geleistet, liegt ein Veräußerungsvorgang vor, der zur Realisierung der eingetretenen Verluste führt. Die Verluste können im Rahmen des automatischen Verlustausgleich
Davon zu unterscheiden sind jene Fälle, in denen die Beteiligung des Steuerpflichtigen bei Fortbestehen der Gesellschaft ersatzlos untergeht (zB durch Erlöschen des Anteilsrechts ohne Übertragung an einen Dritten im Rahmen eines ausländischen Konkursverfahrens, entschädigungslose Enteignung). Diesfalls liegt im Zeitpunkt des Erlöschens des Anteilsrechts ein Realisationsvorgang iSd § 27 Abs. 3 EStG 1988 vor. Eine Ausbuchung der Wertpapiere in einem späteren Jahr ist in weiterer Folge steuerlich unbeachtlich. Die realisierten Verluste können ausschließlich im Rahmen der Veranlagung berücksichtigt werden.
20.4.1 Kein Verlustausgleich gegen Sparbuchzinsen und Stiftungszuwendungen
Verluste aus Wirtschaftsgütern, Derivaten und Kryptowährungen gemäß § 27 Abs. 3 bis 4a EStG 1988 können nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen bei Kreditinstituten gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 und 3 EStG 1988 oder mit Zuwendungen von Stiftungen gemäß § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 ausgeglichen werden (§ 27 Abs. 8 Z 1 EStG 1988). Ein Ausgleich von Verlusten gegen praktisch risikolose Einkünfte wird damit ausgeschlossen.Das Ausgleichsverbot umfasst aufgrund des Verweises auf § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 auch Zuwendungen ausländischer Stiftungen.
Zinsen aus von Kreditinstituten begebenen Forderungswertpapieren unterliegen nach dem Sinn der Regelung nicht dem Ausgleichsverbot. Dasselbe gilt für Ausgleichszahlungen im Rahmen von Wertpapierleihe und Pensionsgeschäft; für diese gilt das Ausgleichsverbot nur dann, wenn die weitergeleiteten Kapitalerträge vom Ausgleichsverbot umfasst wären.
Ob Gewinne oder Verluste aus der Umrechnung von Fremdwährungen vom Ausgleichsverbot umfasst sind, hängt von den Kapitalerträgen ab, mit denen sie in Verbindung stehen. Bei Umrechnung von Zinszahlungen aus einer Fremdwährung liegt ein enger Zusammenhang mit den Zinsen vor, sodass die dabei entstehenden Fremdwährungsgewinne ebenfalls vom Ausgleichsverbot umfasst sind.
20.4.2 Verluste aus stiller Gesellschaft auf Wartetaste
Verlustanteile aus einer echten stillen Gesellschaft können - wie schon vor dem BBG 2011 - nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden, sondern liegen auf "Wartetaste" (näher dazu Abschnitt 20.2.1.8; § 27 Abs. 8 Z 2 EStG 1988).20.4.3 Kein Ausgleich gegen tarifbesteuerte Kapitaleinkünfte
Einkünfte, auf die die besonderen Steuersätze gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 anwendbar sind, können nicht mit Einkünften ausgeglichen werden, für die diese aufgrund des § 27a Abs. 2 EStG 1988 nicht gelten (§ 27 Abs. 8 Z 3 EStG 1988). Daraus folgt, dass- Verluste aus Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG 1988 nur mit Überschüssen aus Kapitalanlagen iSd § 27a Abs. 2 EStG 1988 ausgeglichen werden können und
- Gewinne und Verlusten innerhalb der mit dem Tarif besteuerten Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden können (mit Ausnahme der stillen Gesellschaft).
Dies gilt auch, wenn die Regelbesteuerungsoption ausgeübt wird. Wird für unverbriefte Derivate gemäß § 27a Abs. 2 Z 7 EStG 1988 eine der Kapitalertragsteuer entsprechende Steuer einbehalten, liegen keine tarifbesteuerten Kapitaleinkünfte vor (siehe Rz 6225a und 7752a).
20.4.4 Kein Ausgleich von Verlusten gegen andere Einkunftsarten
Verbleibt innerhalb der Einkünfte aus Kapitalvermögen nach einem horizontalen Verlustausgleich noch ein Verlustüberhang, ist dieser nicht mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgleichsfähig (§ 27 Abs. 8 Z 4 EStG 1988). Verluste aus § 27 EStG 1988 können somit auch nicht mit Gewinnen aus betrieblich gehaltenen Kapitalanlagen ausgeglichen werden.Dagegen ist ein Ausgleich von Verlusten aus anderen Einkunftsarten mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen möglich; bei den besonderen Steuersätzen unterliegenden Einkünften aus Kapitalvermögen ist hierfür die Ausübung der Regelbesteuerungsoption gemäß § 27a Abs. 5 EStG 1988 notwendig.
Beispiel:
Der Steuerpflichtige bezieht Zinsen aus Sparguthaben in Höhe von 1.000 Euro und Dividenden in Höhe von 2.000 Euro. Zusätzlich erleidet er einen Verlust in Höhe von 900 Euro durch die Veräußerung von Aktien. Weiters erleidet der Steuerpflichtige einen Verlust in Höhe von 10.000 Euro aus Gewerbebetrieb und bezieht Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8.000 Euro.
Der Verlust aus der Aktienveräußerung kann im Wege der Verlustausgleichsoption gegen die Dividenden ausgeglichen werden (ein Ausgleich mit Zinsen aus Sparguthaben ist hingegen nicht zulässig); die Einkünfte aus Kapitalvermögen betragen somit 2.100 Euro.
Der Verlust aus Gewerbebetrieb kann gegen den Gewinn aus Vermietung und Verpachtung ausgeglichen werden.
Übt der Steuerpflichtige die Regelbesteuerungsoption aus, kann der verbleibende Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000 Euro gegen die Einkünfte aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden; dann verbleibt ein Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 100 Euro.
Übt der Steuerpflichtige die Regelbesteuerungsoption nicht aus, geht der verbleibende Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 2.000 Euro in den Verlustvortrag ein, die Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.100 unterliegen in der Veranlagung den besonderen Steuersätzen von 25% und 27,5% und die KESt auf die Aktien und Sparbuchzinsen (800 Euro) wird angerechnet (552,50 Euro) bzw. gutgeschrieben (247,50 Euro).
20.4.5 Übergangsfragen
Grundsätzlich stehen nur Einkünfte aus Kapitalvermögen, die bereits § 27 EStG 1988 ab der Fassung BBG 2011 unterliegen, für den Verlustausgleich zur Verfügung. Aus den Inkrafttretensvorschriften des BBG 2011 bzw. AbgÄG 2011 ergibt sich daher Folgendes:- Da § 27 Abs. 2 EStG 1988 grundsätzlich für Alt- und Neuvermögen ab 1. April 2012 gilt (siehe Abschnitt 20.2.1.13), sind ab 1. April 2012 zugeflossene Einkünfte aus der Überlassung von Kapital - unabhängig davon, ob Alt- oder Neuvermögen iSd § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 vorliegt - in den Verlustausgleich einzubeziehen. Davor zugeflossene Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen noch § 27 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 und sind nicht einzubeziehen.
- Kommen auf Grund von § 124b Z 185 lit. c EStG 1988 auf vor dem 1. April 2012 erworbene Forderungswertpapiere noch §§ 27, 37 Abs. 8 sowie 93 bis 97 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 weiter zur Anwendung, so können diese Einkünfte ebenfalls nicht in den Verlustausgleich nach § 27 Abs. 8 EStG 1988 einbezogen werden.
- Für Altvermögen, soweit es sich nicht um Beteiligungen im Sinne des § 31 EStG 1988 handelt, gilt § 30 EStG 1988 vor dem BBG 2011 gemäß § 124b Z 184 EStG 1988 weiter. Kommt es daher zu einem Veräußerungsverlust, ist auch weiterhin die Verlustausgleichsbeschränkung des § 30 Abs. 4 letzter Satz EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 anzuwenden, ein Einbezug in den Verlustausgleich nach § 27 Abs. 8 EStG 1988 ist nicht möglich. Daran vermag auch die Anwendung des besonderen Steuersatzes ab 1. April 2012 (seit 1.1.2016 existieren zwei besondere Steuersätze von 25% bzw. 27,5%, siehe Rz 6103g und 6223) nichts zu ändern. Im Rahmen des § 30 EStG 1988 ist auch ein Ausgleich gegen Einkünfte möglich, die nicht den besonderen Steuersätzen unterliegen.
Fließen Einnahmen aus einer vor dem 1.4.2012 veräußerten Beteiligung im Sinne des § 31 EStG 1988 erst nach dem 31.3.2012 zu, hat die Besteuerung nicht mit dem besonderen Steuersatz von 27,5% (vor 1.1.2016 von 25%), sondern gemäß § 37 Abs. 1 iVm § 37 Abs. 4 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 mit dem Hälftesteuersatz zu erfolgen. Es können daher auch Verluste aus Kapitalanlagen gemäß § 27 Abs. 3 und Abs. 4 EStG 1988, die gemäß § 27a Abs. 1 EStG 1988 den besonderen Steuersätzen unterliegen, nicht mit solchen Einkünften ausgeglichen werden. - Beteiligungen iSd § 31 EStG 1988 werden gemäß § 124b Z 185 lit. a erster TS EStG 1988 in § 27 EStG 1988 überführt. Veräußerungen nach dem 1. April 2012 sind daher in den Verlustausgleich einzubeziehen, für Veräußerungen davor gilt die Verlustausgleichsbeschränkung des § 31 Abs. 5 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011.
Zur Behandlung von Verlusten aus Kapitalvermögen im betrieblichen Bereich siehe Abschnitt 4.8.