- Übertragungen auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen,
- unentgeltliche Übertragungen auf das Depot eines anderen Steuerpflichtigen, und
- Depotübertragungen im Rahmen von Umgründungen.
Außerhalb dieser Fallgruppen sieht § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 keine Befreiung vor und es erfolgt somit aus Sicht der depotführenden Stelle zwingend eine - gegebenenfalls im Rahmen der Veranlagung zu korrigierende - Realisierung.
20.2.2.5.3.1 Übertragungen auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen
Übertragungen auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen sollen systematisch dann ausgenommen sein, wenn auch zukünftig eine durchgehende Besteuerung im Abzugsweg gewährleistet ist (vgl. auch VwGH 10.9.2020, Ro 2020/15/0016). Die Ausnahmetatbestände sind daher auch so konzipiert, dass bei grundsätzlicher Verfügbarkeit der Daten für eine zukünftige Besteuerung die Steuerbarkeit nicht gegeben ist.Erfasst sind alle Übertragungen auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen:
- Auf ein anderes Depot bei derselben depotführenden Stelle (1. TS);
- Von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot bei einer inländischen depotführenden Stelle (2. TS 1. Fall);
- Von einer inländischen depotführenden Stelle auf ein Depot bei einer inländischen depotführenden Stelle (2. TS 2. Fall);
- Von einer inländischen depotführenden Stelle auf ein Depot bei einer ausländischen depotführenden Stelle (3. TS);
- Von einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein Depot bei einer anderen ausländischen depotführenden Stelle (4. TS).
Eine Ausnahme von der fingierten Realisierung liegt nur dann vor, wenn die Besteuerungsmöglichkeit hinsichtlich der sich in dem Depot befindlichen Wertpapiere nach der Depotübertragung weiterhin gesichert ist. Bei der Übertragung von Wertpapieren von einem steuerpflichtigen Depot auf ein steuerbefreites Depot ist allerdings die weitere Besteuerungsmöglichkeit nicht mehr gesichert. Das Gesetz enthält für diesen Fall keinen ausdrücklichen Besteuerungstatbestand für die nachfolgende Veräußerung von Wertpapieren. Die Übertragung von einem Depot, für das Steuerpflicht besteht, auf ein befreites Depot (bspw. iSd § 21 Abs. 2 Z 3 vierter Teilstrich KStG 1988) ist daher unter keine der Ausnahmen des § 27 Abs. 6 Z 2 EStG 1988 zu subsumieren und somit wie eine Veräußerung nach § 27 Abs. 3 EStG 1988 zu behandeln (VwGH 10.9.2020, Ro 2020/15/0016).
20.2.2.5.3.1.1 Depotübertrag (erster Teilstrich)
Der erste Ausnahmetatbestand erfasst die Übertragung auf ein anderes Depot "bei derselben depotführenden Stelle" (§ 27 Abs. 6 Z 2 erster Teilstrich EStG 1988). Darunter fallen jene Fälle, in denen es weder zu einer Änderung der depotführenden Stelle noch zu einer Änderung des Depotinhabers kommt und somit lediglich eine Übertragung von einem bestehenden auf ein zweites - ebenfalls bestehendes oder neu eröffnetes - Depot vorliegt (Depotübertrag).Die Beibehaltung der depotführenden Stelle beim Depotübertrag ändert daher nichts an der Verfügbarkeit der für den Kapitalertragsteuerabzug relevanten Daten und der haftungsbewährten Verpflichtung, den Abzug und die Abfuhr der Kapitalertragsteuer korrekt durchzuführen.
Diese Ausnahme bei Depotüberträgen gilt grundsätzlich sowohl für in- als auch für ausländische Sachverhalte. Eine Übertragung von einem Depot bei einer ausländischen depotführenden Stelle auf ein anderes Depot bei derselben ausländischen depotführenden Stelle desselben Steuerpflichtigen ist damit ebenfalls vom Ausnahmetatbestand erfasst. Dies gilt jedoch nur dann, wenn sichergestellt wird, dass die ausländische depotführende Stelle die Anschaffungskosten anlässlich der Übertragung beibehält und fortführt oder der Steuerpflichtige eine Meldung an das zuständige Finanzamt vornimmt (siehe Abschnitt 20.2.2.5.3.1.4). Bei einer Übertragung auf ein Depot desselben Steuerpflichtigen bei einer ausländischen Zweigstelle der übertragenden inländischen depotführenden Stelle ist nicht § 27 Abs. 6 Z 2 erster TS EStG 1988, sondern § 27 Abs. 6 Z 2 dritter TS EStG 1988 anzuwenden.20.2.2.5.3.1.2 Depotübertragung im bzw. ins Inland (zweiter Teilstrich)
Der zweite angeführte Ausnahmetatbestand erfasst die Übertragung auf ein Depot "bei einer inländischen depotführenden Stelle" (§ 27 Abs. 6 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988). Dies gilt gemäß Art. 29 des Steuerabkommens mit der Schweiz (Abkommen mit der Schweiz über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt) sowie gemäß Art. 31 des Steuerabkommens mit Liechtenstein (Abkommen mit dem Fürstentum Liechtenstein über die Zusammenarbeit im Bereich der Steuern) auch für Übertragungen auf ein Depot bei einer schweizerischen oder liechtensteinischen depotführenden Stelle, wenn diese Übertragungen vor dem 1.1.2017 stattgefunden haben. Darunter fallen jene Fälle, in denen der Steuerpflichtige seine Depotpositionen auf eine andere depotführende Stelle überträgt.Da - anders als beim Depotübertrag - bei einem Wechsel der depotführenden Stelle die Besteuerungskontinuität nicht automatisch gewährleistet ist, kommt die Ausnahme nur dann zum Tragen, wenn der Steuerpflichtige die übertragende depotführende Stelle beauftragt, der übernehmenden depotführenden Stelle die Anschaffungskosten mitzuteilen. Die Beauftragung der depotführenden Stelle durch einen Treuhänder (zB durch eine Mitarbeiterbeteiligungsstiftung im Sinne des § 4d Abs. 4 EStG 1988) ist zulässig, sofern die Bevollmächtigung auch die Beauftragung der depotführenden Stelle zur Mitteilung an das Finanzamt mitumfasst. Die Weitergabe der für den Kapitalertragsteuerabzug relevanten Daten ermöglicht der übernehmenden depotführenden Stelle, zukünftig den Kapitalertragsteuerabzug korrekt durchzuführen.
Die Beauftragung der übertragenden depotführenden Stelle stellt zugleich eine Entbindung vom Bankgeheimnis im Sinne des § 38 Abs. 2 Z 5 BWG dar und muss schriftlich erfolgen.
Darüber hinaus ist es auch notwendig, dass die übertragende depotführende Stelle auftragsgemäß die Daten auch tatsächlich mitteilt und dass die mitgeteilten Daten inhaltlich richtig sind. Bei auftragswidriger Unterlassung der Datenweitergabe oder bei Mitteilung falscher Daten sind die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 27 Abs. 6 Z 2 zweiter TS EStG 1988 nicht erfüllt, womit die Depotübertragung einen steuerpflichtigen Vorgang darstellt. Die übertragende depotführende Stelle ist gemäß § 95 Abs. 1 EStG 1988 zur Haftung heranzuziehen.Hat die übertragende depotführende Stelle die für den Kapitalertragsteuerabzug relevanten Daten nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 oder nach § 124b Z 185 lit. a letzter Absatz EStG 1988 pauschal angesetzt, erfüllt die Weitergabe dieser Daten die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung. Wurden die Daten nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 pauschal angesetzt, ist dies der übernehmenden depotführenden Stelle mitzuteilen.Die Ausnahmebestimmung kommt auch zur Anwendung, wenn keine pauschalen Anschaffungskosten vorhanden sind, weil der gemeine Wert im Zeitpunkt der Depoteinlage oder zum 1.4.2012 nicht bekannt war und daher die Anschaffungskosten erst im Zeitpunkt einer späteren Realisierung rückwirkend pauschal angesetzt werden (§ 93 Abs. 4 dritter Satz EStG 1988). Die übernehmende depotführende Stelle hat in diesem Fall Null als Anschaffungskosten anzusetzen und zu vermerken, dass es sich um nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 pauschal ermittelte Anschaffungskosten handelt.
Eine Mitteilung der Daten durch den Depotinhaber selbst erfüllt nicht die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung, da eine korrekte Abwicklung nur aufgrund der haftungsbewehrten Einbindung des Abzugsverpflichteten in den Vorgang der Datenweitergabe sichergestellt wird.Von der Ausnahmebestimmung werden sowohl Übertragungen im Inland als auch Übertragungen von ausländischen auf inländische depotführende Stellen erfasst. Wie bei rein inländischen Übertragungen, greift die Ausnahme allerdings nur dann, wenn die ausländische Bank vom Steuerpflichtigen mit der Datenweitergabe an die inländische depotführende Stelle beauftragt wird und diese Weitergabe auch tatsächlich erfolgt.Die tatsächliche Übernahme und Verwendung der mitgeteilten Daten durch die übernehmende depotführende Stelle ist keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung. Die Ablehnung der Übernahme der durch die übertragende depotführende Stelle mitgeteilten steuerlich relevanten Daten durch die übernehmende depotführende Stelle führt nicht zum Entfall der Ausnahmebestimmung. Eine solche Ablehnung ist allerdings bei der Übertragung von einer inländischen depotführenden Stelle nur dann zulässig, wenn begründete Zweifel an der Richtigkeit der mitgeteilten Daten bestehen. Wird von einer ausländischen depotführenden Stelle übertragen und werden von dieser Daten mitgeteilt, darf sich die übernehmende depotführende Stelle auf die Richtigkeit dieser mitgeteilten Daten verlassen, wenn diese hinsichtlich Umfang und Qualität den österreichischen Standards entsprechen und der übernehmenden depotführenden Stelle im Vorhinein keine Informationen vorliegen, die zu begründeten Zweifeln an den mitgeteilten Daten führen. Werden die Daten nicht übernommen, führt dies zwingend zum pauschalen Ansatz der Anschaffungskosten gemäß § 93 Abs. 4 EStG 1988, sofern der Depotinhaber die Anschaffungskosten nicht nachweisen kann. Dies gilt auch bei Depotübertragungen ins Inland von schweizerischen depotführenden Stellen.