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18.3.3 Gebäudebegünstigung (§ 24 Abs. 6 EStG 1988) bei Betriebsaufgaben vor dem 1. Juli 2023

BMF2023-0.871.81913.3.2024

18.3.3.1 Allgemeines

Rz 5698
Nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 unterbleibt in bestimmten Fällen der Betriebsaufgabe auf Antrag die Erfassung der stillen Reserven des zum Betriebsvermögen gehörenden Teiles des dem Betriebsinhaber bis zur Betriebsaufgabe als Hauptwohnsitz dienenden Gebäudes. Dadurch soll verhindert werden, dass stille Reserven des Gebäudes versteuert werden müssen, die nicht realisiert werden können, ohne dass gleichzeitig der bisherige Hauptwohnsitz aufgegeben werden müsste.

Rz 5699
Ausgenommen von der Besteuerung sind die auf das gesamte Gebäude entfallenden stillen Reserven, unabhängig davon, ob die als Wohnung des Betriebsinhabers dienenden Gebäudeteile auf Grund ihres Anteils an der gesamten Nutzfläche zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen gehört haben. Von der Begünstigung sind auch stille Reserven erfasst, die auf den dem Gebäude zugehörigen Grund und Boden entfallen (vgl. VwGH 14.12.2006, 2005/14/0038; VwGH 28.10.2009, 2009/15/0168). Bei Betriebsaufgaben nach dem 31.3.2012 sind von der Begünstigung nur die stillen Reserven des Gebäudes erfasst. Grund und Boden ist bei Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen mit dem Buchwert zu bewerten (§ 24 Abs. 3 EStG 1988), wodurch es zu keiner Aufdeckung stiller Reserven kommt.

Rz 5699a
"Gebäude" im Sinn des § 24 Abs. 6 EStG 1988 ist eine bautechnische Einheit. Mehrere bautechnische Einheiten sind daher als mehrere Gebäude anzusehen. Sollte sich der Hauptwohnsitz auf mehr als ein Gebäude (bautechnische Einheit) erstrecken, ist nur jenes von der Begünstigung umfasst, das im Verhältnis zum anderen überwiegend für die Wohnbedürfnisse des Steuerpflichtigen Verwendung findet. Befinden sich in einem Gebäude jene Räume, die sich nach der Verkehrsauffassung als für das Wohnen erforderlich erweisen, ist nur dieses und nicht auch ein weiteres Gebäude von der Begünstigung erfasst (VwGH 14.12.2006, 2005/14/0038).

Rz 5700
Die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 ist steuersubjektbezogen auszulegen. Sie ist anzuwenden auf

Rz 5701
Erforderlich ist, dass jeweils derselbe Steuerpflichtige an Teilen desselben Gebäudes Eigentum innehat. Eine Eigentumswohnung ist ertragsteuerlich ein selbständiges Wirtschaftsgut, das einem Grundstück gleichgehalten wird (siehe Rz 567). Die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 kommt nur dann zum Tragen, wenn dieselbe Eigentumswohnung teilweise im Betriebsvermögen und teilweise im Privatvermögen mit Hauptwohnsitzcharakter steht. Befindet sich bspw. ein Geschäftslokal im Erdgeschoss eines Gebäudes im alleinigen Eigentum des Betriebsinhabers und die eheliche Wohnung im Obergeschoss in seinem Alleineigentum oder in jenem seiner Ehegattin, kommt § 24 Abs. 6 EStG 1988 nicht zur Anwendung.

Rz 5702
Stellt eine Mitunternehmerschaft ihre Tätigkeit iSd § 24 Abs. 3 EStG 1988 ein, so kommt § 24 Abs. 6 EStG 1988 sowohl für Gebäude(teile) im gemeinschaftlichen Eigentum der Mitunternehmer wie auch für Gebäude(teile), die im Alleineigentum des Mitunternehmers (Sonderbetriebsvermögen) stehen, in Betracht. Die Begünstigung ist gesellschafterbezogen auszulegen und kommt somit zur Anwendung, wenn die gesetzlichen Erfordernisse beim einzelnen Gesellschafter vorliegen.

Rz 5703
Keine Anwendung findet § 24 Abs. 6 EStG 1988 für Arbeitnehmerwohngebäude, die gemäß § 8 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1972 vorzeitig abgeschrieben wurden (§ 118 Abs. 1 EStG 1988).

18.3.3.2 Anwendungsfälle

Rz 5704
Die Besteuerung der stillen Reserven unterbleibt nur dann, wenn eine Betriebsaufgabe erfolgt und einer der folgenden Fälle vorliegt:

Rz 5705
Begünstigt ist nur die Aufgabe des gesamten Betriebes. Bei einer Teilbetriebsaufgabe oder einer Betriebsveräußerung kommt die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 nicht zur Anwendung (vgl. VwGH 24.06.2003, 2000/14/0178). Ebenso ist die Begünstigung bei einer Einbringung nach Art. III UmgrStG auf die Entnahme des Gebäudes aus dem Sonderbetriebsvermögen in das Privatvermögen nicht anzuwenden.

Rz 5706
Wird das Gebäude anlässlich eines unentgeltlichen Betriebsüberganges ins Privatvermögen übernommen, liegt eine Entnahme zum Teilwert vor, die nicht nach § 24 Abs. 6 EStG 1988 begünstigt ist (VwGH 29.6.1995, 93/15/0134).

18.3.3.3 Voraussetzungen

18.3.3.3.1 Gebäude, Hauptwohnsitz

Rz 5707
Die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 erstreckt sich nur auf Gebäude, die bis zur Aufgabe des Betriebes Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen sind.

Der Begriff des Gebäudes (siehe auch Rz 3139 ff) iSd § 24 Abs. 6 EStG 1988 wird nicht durch Gesichtspunkte wirtschaftlicher Zusammengehörigkeit bestimmt, sondern durch bautechnische Kriterien. Die Steuerfreiheit der stillen Reserven für das Wohngebäude kann bei Aufgabe eines Betriebes daher nicht für ein Betriebsgebäude beansprucht werden, das bautechnisch (wenn auch nur wenige Meter) vom Wohngebäude getrennt ist (VwGH 19.2.1991, 91/14/0031).

Rz 5708
Der Begriff des Wohnsitzes richtet sich nach § 26 Abs. 1 BAO. Liegt nur ein Wohnsitz vor, ist dieser in der Regel der Hauptwohnsitz. Bei mehreren Wohnsitzen gilt als Hauptwohnsitz derjenige, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen (Mittelpunkt der Lebensinteressen; siehe auch Rz 6638).

Rz 5709
Die nur kurzfristige Begründung des Hauptwohnsitzes in einem zum Betriebsvermögen gehörenden Gebäudeteil ist bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze nicht ausreichend. Von einer kurzfristigen Begründung ist jedenfalls auszugehen, wenn die Wohnung nur wenige Monate als Hauptwohnsitz gedient hat. Für Betriebsaufgaben ab der Veranlagung 2005 muss das Gebäude in Anlehnung an § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 in den beiden vor der Erfassung des Aufgabegewinnes liegenden Kalenderjahren durchgehend der Hauptwohnsitz des Steuerpflichtigen gewesen sein.

18.3.3.3.2 Verfügungsbeschränkungen

Rz 5710
Das Gebäude (der Gebäudeteil) darf innerhalb von fünf Jahren (60 Monaten) nach Aufgabe des Betriebes weder vom Steuerpflichtigen selbst noch von einem unentgeltlichen Rechtsnachfolger veräußert werden.

Rz 5710a
Für Betriebsaufgaben ab der Veranlagung 2005 ist die Vermietung des Gebäudes oder von Gebäudeteilen zu Betriebszwecken ebenso unschädlich wie die (gänzliche) Vermietung zu Wohnzwecken oder die unentgeltliche Übertragung. Auch eine mit der Betriebsaufgabe verbundene endgültige Betriebsverpachtung (siehe dazu Rz 5647 ff) berührt die Begünstigung nicht.

Rz 5711
Für Betriebsaufgaben ab der Veranlagung 2005 ist sowohl die entgeltliche als auch die unentgeltliche Überlassung des Gebäudes für betriebliche Zwecke unschädlich.

Rz 5712
Für Betriebsaufgaben ab der Veranlagung 2005 ist auch die komplette Vermietung des Gebäudes für Wohnzwecke unschädlich.

18.3.3.3.3 Übertragung stiller Reserven

Rz 5713
Die Begünstigung des § 24 Abs. 6 EStG 1988 kommt nicht zur Anwendung, wenn auf das Gebäude stille Reserven übertragen worden sind (siehe auch Rz 5698 ff). Eine zeitliche Befristung für eine solche Übertragung sieht das Gesetz nicht vor.

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