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11.4.4 Gewinnermittlung

BMF2023-0.871.81913.3.2024

11.4.4.1 Gewinnermittlungsart bei Inanspruchnahme einer Pauschalierung

Rz 4274
Alle vier Pauschalierungen stellen - soweit sie die Ermittlung betrieblicher Einkünfte betreffen - Gewinnermittlungen im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1988 dar. Der Wechsel von der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des § 4 Abs. 3 EStG 1988 oder von der gesetzlichen Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 zu den Branchenpauschalierungen und umgekehrt führt daher zu keinem Übergangsgewinn oder Übergangsverlust.

Rz 4275
Ausgaben, die vor dem Wechsel zur Pauschalierung abgeflossen sind und wirtschaftlich Zeiträume innerhalb der Anwendung der Pauschalierung betreffen, und Nachzahlungen für Aufwendungen im Pauschalierungszeitraum können daher nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 abgezogen werden. Vorauszahlungen im Pauschalierungszeitraum für Veranlagungszeiträume danach und Nachzahlungen im Pauschalierungszeitraum für Veranlagungszeiträume davor sind - soweit ein Abfluss im Pauschalierungszeitraum vorliegt (§ 19 Abs. 3 EStG 1988) - "abpauschaliert" und können daher nicht gesondert abgesetzt werden.

Rz 4276
Beim Übergang von einer Pauschalierung zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988 gelten die Regelungen des § 4 Abs. 10 EStG 1988 wie bei einem Wechsel von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988. Gleiches gilt beim Übergang von einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988 zu einer Pauschalierung. Diesfalls ist ein Übergangsgewinn/verlust mit der Pauschalierung nicht abgegolten, sondern zusätzlich zum pauschalierten Gewinn (Verlust) im ersten Gewinnermittlungszeitraum, in dem die Pauschalierung Anwendung findet bzw. im Fall eines Übergangsverlustes im ersten und in den folgenden sechs Gewinnermittlungszeiträumen anzusetzen (§ 4 Abs. 10 Z 1 EStG 1988).

Rz 4277
Von der Pauschalierung werden ab der Veranlagung 2008 nur die laufenden Geschäftsfälle erfasst. Außergewöhnliche Vorgänge (zB die Veräußerung oder Entnahme von wesentlichem Betriebsvermögen wie etwa Gebäuden oder Gebäudeteilen) sind nicht von der Pauschalierung erfasst. Im Fall einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe während aufrechter Pauschalierung ist ein Veräußerungsgewinn neben dem pauschal ermittelten laufenden Gewinn (Verlust) anzusetzen, sodass zunächst ein Wechsel auf die Bilanzierung mit Übergangsgewinnermittlung und anschließend die Veräußerungsgewinnermittlung gemäß § 24 EStG 1988 zu erfolgen haben.

Rz 4278
Die sich aus den Pauschalierungsverordnungen ergebenden Betriebsausgabenpauschalien sind umsatzsteuerlich jeweils als "Nettogröße" anzusehen. Die Pauschalierung ist unabhängig davon möglich, ob der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer ertragsteuerlich nach dem Bruttosystem oder nach dem Nettosystem (§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz EStG 1988) ansetzt. Zu den Fällen des Ausschlusses des Nettosystems durch Anwendung einer Pauschalierung siehe Rz 4129 betreffend die gesetzliche Basispauschalierung, der entsprechend gilt.

Rz 4279
Für Zwecke der Liebhabereibeurteilung im Hinblick auf die Beurteilung der Totalgewinnfähigkeit siehe LRL 2012 Rz 28.

11.4.4.2 Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben

Rz 4280
Als Betriebseinnahmen im Sinne der Verordnungen betreffend Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler, Gastgewerbe und Drogisten sind sämtliche Umsätze (einschließlich Umsatzsteuer) im Sinne des § 125 Abs. 2 BAO zuzüglich sonstiger Betriebseinnahmen anzusetzen. Durchlaufende Posten stellen keine Umsätze im Sinne des § 125 BAO dar. Sonstige Betriebseinnahmen sind insb.

Rz 4281
Nicht als Betriebseinnahmen, sondern als Betriebsausgabenkürzungen sind Preisminderungen (Skonti, Gewährleistung) und Nutzungsentnahmen (Eigenverbrauch) wie zB der Privatanteil von Kraftfahrzeugen oder Aufwendungen für privat genutzte Gebäudeteile anzusehen. Gutschriften für Verpackungsgebinde (Kisten, Paletten) stellen aufgrund des Durchlaufcharakters ebenfalls keine Betriebseinnahmen dar.

Rz 4282
Kapitalerträge, die der Steuerabgeltung gemäß § 97 EStG 1988 unterliegen, können nach Wahl des Steuerpflichtigen folgendermaßen behandelt werden:

Rz 4283
Betriebsausgaben oder Werbungskosten, die von einer der angewendeten Pauschalierungsregelungen umfasst und "abpauschaliert" sind, können nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden (siehe aber Rz 4283a). Die Zahlung von gemäß § 12 Abs. 10 oder 11 UStG 1994 rückgerechneten Vorsteuern ist im Rahmen der Verordnung ebenfalls als einkommensteuerliche Betriebsausgabe (Werbungskosten) "abpauschaliert" und führt nicht zu einem gesonderten Abzug dieser Ausgabe.

Rz 4283a
Soweit Steuerberatungskosten im Rahmen einer pauschalen Gewinnermittlung nicht gesondert absetzbar sind, stellen sie Sonderausgaben iSd § 18 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 dar (vgl. zur land- und forstwirtschaftlichen Voll- oder Teilpauschalierung auch Rz 4250a, zur Basispauschalierung auch Rz 4116a, zur Gastgewerbepauschalierung Rz 4305). Soweit umsatzsteuerlich ein Vorsteuerabzug zusteht, ist nur der Nettobetrag abziehbar.

Rz 4284
Die Führung eines Anlagenverzeichnisses (§ 7 Abs. 3 EStG 1988) ist bei pauschalierter Gewinn-(Einkünfte-)Ermittlung nicht erforderlich. Zur Ermittlung des Buchwertes bei Wechsel der Gewinnermittlung siehe Rz 4137 betreffend die gesetzliche Basispauschalierung, die entsprechend gilt.

11.4.4.3 Mitunternehmerschaften

Rz 4285
Diese Randzahl ist nur bis zur Veranlagung 2010 anzuwenden. Zur Rechtslage ab Veranlagung 2011 siehe Rz 4286a.

Die Pauschalierungsverordnungen können bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung einer Mitunternehmerschaft - auf der Ebene der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft (erste Stufe der Gewinnermittlung) - angewendet werden. Auf der Ebene der Gewinnermittlung eines einzelnen Mitunternehmers kommt die Inanspruchnahme einer Pauschalierung nicht in Betracht. Die umsatzbezogenen Anwendungsvoraussetzungen müssen daher jeweils auf die (gesamte) Mitunternehmerschaft bezogen vorliegen. Der Mindestgewinn in Höhe von 10.900 Euro gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung betreffend Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe ist somit auf den Gewinn der Mitunternehmerschaft bezogen.

Rz 4286
Diese Randzahl ist nur bis zur Veranlagung 2010 anzuwenden. Zur Rechtslage ab Veranlagung 2011 siehe Rz 4286a.

Wird der Gewinn von der Mitunternehmerschaft pauschal ermittelt, ist im Fall von Leistungsvergütungen im Sinn des § 23 Z 2 EStG 1988 (Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern) folgendermaßen vorzugehen:

Beispiel:

Eine Gastwirte-Erwerbsgesellschaft (A, B und C zu je einem Drittel beteiligt) ermittelt den Gewinn nach der Verordnung BGBl. II Nr. 227/1999. Der Gewinn für das Jahr 2007 beträgt danach 24.000 Euro. A erhält als Arbeitslohn 13.000 Euro, B erhält als Miete für der Gesellschaft überlassene Räumlichkeiten 9.200 Euro, wofür eine AfA in Höhe von 700 Euro zu berücksichtigen ist. C hat die Anschaffung seines Anteiles fremdfinanziert; die Zinsen im Jahr 2007 betragen 500 Euro.

Im pauschalen Gewinn sind die Betriebsausgaben Arbeitslohn und Miete abpauschaliert. Vom pauschalen Gewinn in Höhe von 24.000 Euro sind der als Sonderbetriebseinnahme anzusetzende Arbeitslohn des A (13.000 Euro) und die als Sonderbetriebseinnahme anzusetzende Miete vermindert um die als Sonderbetriebsausgabe zu berücksichtigende AfA (8.500 Euro) abzuziehen sowie die als Sonderbetriebsausgabe des C zu berücksichtigenden Finanzierungskosten (500 Euro) hinzuzurechnen, sodass 3.000 Euro (24.000 - 13.000 - 8.500 + 500 = 3.000) verbleiben, die anteilsmäßig (je 1.000 Euro) verteilt werden. Diese werden sodann bei den Gesellschaftern um die Sonderbetriebseinnahmen erhöht bzw. um die Sonderbetriebsausgaben verringert.

Der Gewinn der Gesellschaft in Höhe von 24.000 Euro ist daher den Gesellschaftern wie folgt zuzurechnen:

A

14.000 Euro

(1.000

+

13.000)

B

9.500 Euro

(1.000

+

8.500)

C

500 Euro

(1.000

-

500)

Rz 4286a
Rechtslage ab Veranlagung 2011:

Wird der Gewinn von der Mitunternehmerschaft pauschal ermittelt, sind auch allfällige Leistungsvergütungen im Sinne des § 23 Z 2 EStG 1988 (Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern) von der pauschalen Gewinnermittlung erfasst. Leistungsvergütungen sind daher im Falle einer pauschalen Gewinnermittlung nicht gesondert zu berücksichtigen. Der pauschale ermittelte Gewinn ist entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilung auf die Gesellschafter aufzuteilen. Durch die pauschale Gewinnermittlung sind weder Vergütungen noch Sonderbetriebsausgaben auf Ebene der Gesellschafter zu berücksichtigen (vgl. VwGH 19.9.2013, 2011/15/0107).

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