11.4.4.1 Gewinnermittlungsart bei Inanspruchnahme einer Pauschalierung
Alle vier Pauschalierungen stellen - soweit sie die Ermittlung betrieblicher Einkünfte betreffen - Gewinnermittlungen im Rahmen einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG 1988 dar. Der Wechsel von der Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften des § 4 Abs. 3 EStG 1988 oder von der gesetzlichen Basispauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 zu den Branchenpauschalierungen und umgekehrt führt daher zu keinem Übergangsgewinn oder Übergangsverlust.Ausgaben, die vor dem Wechsel zur Pauschalierung abgeflossen sind und wirtschaftlich Zeiträume innerhalb der Anwendung der Pauschalierung betreffen, und Nachzahlungen für Aufwendungen im Pauschalierungszeitraum können daher nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 abgezogen werden. Vorauszahlungen im Pauschalierungszeitraum für Veranlagungszeiträume danach und Nachzahlungen im Pauschalierungszeitraum für Veranlagungszeiträume davor sind - soweit ein Abfluss im Pauschalierungszeitraum vorliegt (§ 19 Abs. 3 EStG 1988) - "abpauschaliert" und können daher nicht gesondert abgesetzt werden.Beim Übergang von einer Pauschalierung zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988 gelten die Regelungen des § 4 Abs. 10 EStG 1988 wie bei einem Wechsel von der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG 1988 nach § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988. Gleiches gilt beim Übergang von einer Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 oder § 5 EStG 1988 zu einer Pauschalierung. Diesfalls ist ein Übergangsgewinn/verlust mit der Pauschalierung nicht abgegolten, sondern zusätzlich zum pauschalierten Gewinn (Verlust) im ersten Gewinnermittlungszeitraum, in dem die Pauschalierung Anwendung findet bzw. im Fall eines Übergangsverlustes im ersten und in den folgenden sechs Gewinnermittlungszeiträumen anzusetzen (§ 4 Abs. 10 Z 1 EStG 1988).Von der Pauschalierung werden ab der Veranlagung 2008 nur die laufenden Geschäftsfälle erfasst. Außergewöhnliche Vorgänge (zB die Veräußerung oder Entnahme von wesentlichem Betriebsvermögen wie etwa Gebäuden oder Gebäudeteilen) sind nicht von der Pauschalierung erfasst. Im Fall einer Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe während aufrechter Pauschalierung ist ein Veräußerungsgewinn neben dem pauschal ermittelten laufenden Gewinn (Verlust) anzusetzen, sodass zunächst ein Wechsel auf die Bilanzierung mit Übergangsgewinnermittlung und anschließend die Veräußerungsgewinnermittlung gemäß § 24 EStG 1988 zu erfolgen haben.Die sich aus den Pauschalierungsverordnungen ergebenden Betriebsausgabenpauschalien sind umsatzsteuerlich jeweils als "Nettogröße" anzusehen. Die Pauschalierung ist unabhängig davon möglich, ob der Steuerpflichtige die Umsatzsteuer ertragsteuerlich nach dem Bruttosystem oder nach dem Nettosystem (§ 4 Abs. 3 vorletzter Satz EStG 1988) ansetzt. Zu den Fällen des Ausschlusses des Nettosystems durch Anwendung einer Pauschalierung siehe Rz 4129 betreffend die gesetzliche Basispauschalierung, der entsprechend gilt.Für Zwecke der Liebhabereibeurteilung im Hinblick auf die Beurteilung der Totalgewinnfähigkeit siehe LRL 2012 Rz 28.11.4.4.2 Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben
Als Betriebseinnahmen im Sinne der Verordnungen betreffend Lebensmitteleinzel- oder Gemischtwarenhändler, Gastgewerbe und Drogisten sind sämtliche Umsätze (einschließlich Umsatzsteuer) im Sinne des § 125 Abs. 2 BAO zuzüglich sonstiger Betriebseinnahmen anzusetzen. Durchlaufende Posten stellen keine Umsätze im Sinne des § 125 BAO dar. Sonstige Betriebseinnahmen sind insb.- Auflösungsbeträge von Rücklagen einschließlich Zuschlägen und von steuerfreien Beträgen,
- der Zuschlag nach § 14 Abs. 7 EStG 1988 wegen des Fehlens von Wertpapieren (bei der Verordnung betreffend Drogisten),
- erhaltene Versicherungsentschädigungen und andere echte Schadenersätze,
- echte Subventionen (soweit nicht ohnehin nach § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 befreit),
- Entnahmen von Gegenständen des Unternehmens mit dem Teilwert der entnommenen Gegenstände (ausgenommen die Entnahme von wesentlichem Betriebsvermögen; siehe Rz 4277).
- Die Kapitalerträge werden als endbesteuert bei Ermittlung des pauschalierten Gewinnes ausgeschieden; in einem derartigen Fall ist die anfallende Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer nicht anzurechnen.
- Wird zur Veranlagung der Kapitalerträge optiert, sind diese zur Herstellung der Wirkung der "Bruttobesteuerung" (§ 20 Abs. 2 EStG 1988) neben dem sich aus der Pauschalierung ergebenden pauschalierten Gewinn/Überschuss anzusetzen. In diesem Fall ist die Kapitalertragsteuer auf die Einkommensteuer anzurechnen und gegebenenfalls zu erstatten.
11.4.4.3 Mitunternehmerschaften
Diese Randzahl ist nur bis zur Veranlagung 2010 anzuwenden. Zur Rechtslage ab Veranlagung 2011 siehe Rz 4286a.Die Pauschalierungsverordnungen können bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Gewinnermittlung einer Mitunternehmerschaft - auf der Ebene der Gewinnermittlung der Mitunternehmerschaft (erste Stufe der Gewinnermittlung) - angewendet werden. Auf der Ebene der Gewinnermittlung eines einzelnen Mitunternehmers kommt die Inanspruchnahme einer Pauschalierung nicht in Betracht. Die umsatzbezogenen Anwendungsvoraussetzungen müssen daher jeweils auf die (gesamte) Mitunternehmerschaft bezogen vorliegen. Der Mindestgewinn in Höhe von 10.900 Euro gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung betreffend Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe ist somit auf den Gewinn der Mitunternehmerschaft bezogen.
Diese Randzahl ist nur bis zur Veranlagung 2010 anzuwenden. Zur Rechtslage ab Veranlagung 2011 siehe Rz 4286a.Wird der Gewinn von der Mitunternehmerschaft pauschal ermittelt, ist im Fall von Leistungsvergütungen im Sinn des § 23 Z 2 EStG 1988 (Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern) folgendermaßen vorzugehen:
- Auf der ersten Stufe (Mitunternehmerschaft) ist der Gewinn nach der jeweiligen Verordnung pauschal zu ermitteln. Davon sind die genannten Vergütungen iSd § 23 Z 2 EStG 1988 nach Kürzung um allfällige Sonderbetriebsausgaben in voller Höhe abzuziehen. Das verbleibende Ergebnis ist den Gesellschaftern zuzurechnen.
- Auf der zweiten Stufe (Mitunternehmer) ist (sind) dem (den) betroffenen Mitunternehmer(n) die Vergütung(en) iSd § 23 Z 2 EStG 1988 nach Kürzung um allfällige Sonderbetriebsausgaben in voller Höhe zuzurechnen.
Beispiel:
Eine Gastwirte-Erwerbsgesellschaft (A, B und C zu je einem Drittel beteiligt) ermittelt den Gewinn nach der Verordnung BGBl. II Nr. 227/1999. Der Gewinn für das Jahr 2007 beträgt danach 24.000 Euro. A erhält als Arbeitslohn 13.000 Euro, B erhält als Miete für der Gesellschaft überlassene Räumlichkeiten 9.200 Euro, wofür eine AfA in Höhe von 700 Euro zu berücksichtigen ist. C hat die Anschaffung seines Anteiles fremdfinanziert; die Zinsen im Jahr 2007 betragen 500 Euro.
Im pauschalen Gewinn sind die Betriebsausgaben Arbeitslohn und Miete abpauschaliert. Vom pauschalen Gewinn in Höhe von 24.000 Euro sind der als Sonderbetriebseinnahme anzusetzende Arbeitslohn des A (13.000 Euro) und die als Sonderbetriebseinnahme anzusetzende Miete vermindert um die als Sonderbetriebsausgabe zu berücksichtigende AfA (8.500 Euro) abzuziehen sowie die als Sonderbetriebsausgabe des C zu berücksichtigenden Finanzierungskosten (500 Euro) hinzuzurechnen, sodass 3.000 Euro (24.000 - 13.000 - 8.500 + 500 = 3.000) verbleiben, die anteilsmäßig (je 1.000 Euro) verteilt werden. Diese werden sodann bei den Gesellschaftern um die Sonderbetriebseinnahmen erhöht bzw. um die Sonderbetriebsausgaben verringert.
Der Gewinn der Gesellschaft in Höhe von 24.000 Euro ist daher den Gesellschaftern wie folgt zuzurechnen:
A | 14.000 Euro | (1.000 | + | 13.000) |
B | 9.500 Euro | (1.000 | + | 8.500) |
C | 500 Euro | (1.000 | - | 500) |
Wird der Gewinn von der Mitunternehmerschaft pauschal ermittelt, sind auch allfällige Leistungsvergütungen im Sinne des § 23 Z 2 EStG 1988 (Vergütungen der Gesellschaft an den Gesellschafter für Tätigkeiten im Dienste der Gesellschaft, für die Hingabe von Darlehen oder für die Überlassung von Wirtschaftsgütern) von der pauschalen Gewinnermittlung erfasst. Leistungsvergütungen sind daher im Falle einer pauschalen Gewinnermittlung nicht gesondert zu berücksichtigen. Der pauschale ermittelte Gewinn ist entsprechend der gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilung auf die Gesellschafter aufzuteilen. Durch die pauschale Gewinnermittlung sind weder Vergütungen noch Sonderbetriebsausgaben auf Ebene der Gesellschafter zu berücksichtigen (vgl. VwGH 19.9.2013, 2011/15/0107).