vorheriges Dokument
nächstes Dokument

6.6. Sonstige Rechtsfolgen der Spaltung (§ 38 UmgrStG)

BMF2024-0.457.39220.6.2024

6.6.1. Arbeitsverhältnisse

6.6.1.1. Lohnsteuerliche Rechtsnachfolge

Rz 1777
Die übernehmende(n) Körperschaft(en) tritt (treten) als zivilrechtliche(r) Gesamtrechtsnachfolger gemäß § 19 BAO grundsätzlich in die lohnsteuerlichen Verhältnisse der spaltenden Gesellschaft ein. Auf Grund der Anordnung in § 38 Abs. 1 UmgrStG geht die Arbeitgebereigenschaft gemäß § 47 EStG 1988 im Zeitpunkt der Eintragung der Spaltung in das Firmenbuch auf die neue oder übernehmende Körperschaft über. Es bestehen allerdings keine Bedenken, wenn der Übergang der Arbeitgebereigenschaft in Abstimmung mit der Abgabenbehörde mit dem der Anmeldung zur Eintragung im Firmenbuch folgenden Lohnzahlungszeitraum angenommen wird.

Hinsichtlich der lohnsteuerlichen Rechtsnachfolge gilt die Rückwirkungsfiktion nicht. Sämtliche lohnsteuerlich relevanten Fristen laufen weiter. Die Nachfolgegesellschaft ersetzt die spaltende Gesellschaft als Arbeitgeber in den von der spaltenden Gesellschaft abgeschlossenen Dienstverhältnissen zivilrechtlich auf Grund der Gesamtrechtsnachfolge.

6.6.1.2. Wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer

Rz 1778
Gehälter und sonstige Vergütungen, die ein wesentlich Beteiligter von der Kapitalgesellschaft auf Grund eines Dienstverhältnisses im Zeitraum zwischen Spaltungsstichtag und Tag der Eintragung der Spaltung ins Firmenbuch erhält, werden nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, sondern als Einkünfte aus selbständiger Arbeit gemäß § 22 Z 2 EStG 1988 besteuert. Für die steuerliche Beurteilung einer derartigen Vergütung kommt die Rückwirkungsfiktion nicht zur Geltung.

Beispiel 1:

Die A-GmbH spaltet ihren Teilbetrieb 1 zum 31.12.01 auf die B-GmbH ab. An der A-GmbH ist C mit 50% beteiligt. Nach der nichtverhältniswahrenden Abspaltung sinkt sein Anteil an der A-GmbH auf 20% ab.

Bis zum 11.11.02 (=Tag der Eintragung der Spaltung ins Firmenbuch) erzielt C Einkünfte aus selbständiger Arbeit, danach Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Beispiel 2:

Die A-GmbH spaltet ihren Teilbetrieb 1 zum 31.12.01 auf die B-GmbH ab. Der mit 25% an der A-GmbH beteiligte C ist Arbeitnehmer dieser Gesellschaft und soll spaltungsbedingt Arbeitnehmer der B-GmbH werden. An der B-GmbH hält er 40%. Nach der Spaltung wird die Beteiligung des C an der Nachfolgegesellschaft 45% betragen. Die Eintragung der Spaltung ins Firmenbuch erfolgt am 11.11.02. Bis zur Eintragung der Spaltung ist C Arbeitnehmer der A-GmbH und bezieht als solcher Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

6.6.2. Anteilsabfindung

Rz 1779
§ 11 SpaltG sieht vor, dass den Gesellschaftern der spaltenden Körperschaft ein Barabfindungsangebot anzubieten ist, wenn eine nicht verhältniswahrende Spaltung (§ 9 SpaltG) oder eine rechtsformübergreifende Spaltung (§ 11 SpaltG) vorgenommen werden soll. Die Regelungen für Barabfindungen im Falle von grenzüberschreitenden Spaltungen nach dem EU-UmgrG richten sich nach § 57 EU-UmgrG (zur nicht verhältniswahrenden Spaltung § 57 Abs. 2 EU-UmgrG).

§ 38 Abs. 2 UmgrStG gilt die Annahme des Barabfindungsangebots als Anteilsveräußerung. Für Barabfindungen iRv grenzüberschreitenden Spaltungen nach EU-UmgrG gilt dies analog. Die Bezugnahme auf § 9 SpaltG in § 38 Abs. 2 UmgrStG inkludiert § 11 SpaltG angeboten und angenommen wurde. Die steuerliche Behandlung der Abfindung richtet sich nach den ertragsteuerlichen Regelungen der Anteilsveräußerung (§§ 4, 5 und 27 EStG 1988).

Abweichend von der steuerlichen Behandlung des Abzufindenden gilt für den Erwerber der Spaltungsstichtag als Anschaffungszeitpunkt der Anteile.

6.6.3. Äquivalenzverletzung

Rz 1780
Nach dem Äquivalenzprinzip müssen die Anteilsverhältnisse nach der Spaltung den tatsächlichen Wertverhältnissen zwischen der spaltenden Gesellschaft und der Nachfolgegesellschaft entsprechen. Auf Grund einer Spaltung soll es zu keiner Werteverschiebung kommen, allerdings schließt eine Äquivalenzverletzung die Anwendung des Art. VI UmgrStG nicht aus.

Zur grundsätzlichen Frage des Äquivalenzgrundsatzes siehe Rz 305 ff. Eine Verletzung des Äquivalenzprinzips führt zu ertragsteuerlichen Rechtsfolgen (siehe KStR 2013 Rz 488), allenfalls auch zu einer gemäß § 121a BAO meldepflichtigen Schenkung. Es sind die fiktiven Beteiligungsquoten zu ermitteln, die sich bei Einhaltung des Äquivalenzgrundsatzes ergeben hätten. Diese werden den tatsächlichen Beteiligungsquoten gegenübergestellt. Die sich dabei ergebenden Differenzquoten gelten mit Beginn des auf den Spaltungsstichtag folgenden Tages als unentgeltlich zugewendet.

Die ertragsteuerlichen Rechtsfolgen bestehen darin, dass die durch die Äquivalenzverletzung begünstigten Anteilsinhaber zusätzliche Anschaffungskosten in Höhe der ihnen unentgeltlich zugewendeten Anteile erhalten. In gleicher Höhe vermindern sich die Anschaffungskosten bzw. der Buchwert der Anteile der Mitgesellschafter, die diese Vorteile unentgeltlich zuwenden.

Für das Vorliegen einer gemäß § 121a BAO meldepflichtigen Schenkung muss zusätzlich zur objektiven Unentgeltlichkeit einer der in § 3 ErbStG 1955 genannten Tatbestände (Bereicherungswille) verwirklicht werden.

6.6.4. Umsatzsteuer

Rz 1781
Auch die Spaltung nach dem SpaltG stellt keinen umsatzsteuerbaren Vorgang dar (§ 38 Abs. 3 UmgrStG), wenn sie unter Art. VI UmgrStG fällt. Durch Spaltungen kommt es auch nicht unmittelbar zu einer Vorsteuerberichtigung.

6.6.5. Kapitalverkehrsteuern

Rz 1782
Für Umgründungsvorgänge, die noch Gesellschaftsteuerpflicht auslösen können (zum Auslaufen der Gesellschaftsteuer siehe Rz 323), sind die folgenden Ausführungen zu beachten:

Gemäß § 38 Abs. 5 UmgrStG idF vor StRefG 2020 sind Spaltungen nach § 32 UmgrStG von der Gesellschaftsteuer befreit, wenn

Rz 1783
Voraussetzung für eine Befreiung nach § 38 UmgrStG ist das Vorliegen einer Spaltung im Sinne des SpaltG nach Maßgabe des § 32 UmgrStG. Die Beurteilung, ob eine Spaltung nach § 32 UmgrStG gegeben ist, erfolgt nach unternehmensrechtlichen bzw. ertragsteuerlichen Grundsätzen. Zur Beurteilung bei Zweifelsfragen siehe Rz 1657.

Im Gegensatz zur Gesellschaftsteuerbefreiung für Einbringungen nach Art. III UmgrStG ist der Ablauf der Zweijahresfrist nicht vom Tag des Abschlusses des Spaltungsplans bzw. des Spaltungs- und Übernahmsvertrages sondern vom Tag der Anmeldung der Spaltung zur Eintragung in das Firmenbuch abhängig.

Im Übrigen gelten die Ausführungen zur Zweijahresfrist bei der Einbringung sinngemäß (siehe Rz 1228 ff).

Liegt bei einer im Firmenbuch eingetragenen Spaltung die Anwendungsvoraussetzung des § 32 UmgrStG für die Anwendung des Art. VI UmgrStG nicht vor, weil auch nicht begünstigtes Vermögen auf ein und dieselbe neue oder übernehmende Körperschaft übertragen wird, ist die Gesellschaftsteuerbefreiung auch für das an sich begünstigte Vermögen verwirkt.

6.6.6. Grunderwerbsteuer

Rz 1784
Werden Erwerbsvorgänge nach § 1 GrEStG 1987 auf Grund einer Spaltung im Sinne des § 32 UmgrStG verwirklicht, ist gemäß § 38 Abs. 5 UmgrStG idF StRefG 2020 bzw. § 38 Abs. 6 UmgrStG idF vor StRefG 2020 die Grunderwerbsteuer nach § 4 iVm § 7 GrEStG 1987, somit ausschließlich nach den Vorschriften des GrEStG 1987 zu berechnen.

Die Grunderwerbsteuer ist daher bei nicht land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in Höhe von 0,5% vom Grundstückswert (§ 4 Abs. 1 iVm § 7 Abs. 1 Z 2 lit. c GrEStG 1987), bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken in Höhe von 3,5% vom einfachen Einheitswert (§ 4 Abs. 2 Z 4 iVm § 7 Abs. 1 Z 3 GrEStG 1987) zu berechnen; dies gilt unabhängig davon, ob eine Gegenleistung vorliegt oder nicht.

Diese mit dem StRefG 2015/2016 angepasste Bestimmung des UmgrStG ist erstmals auf Spaltungen mit einem Stichtag nach dem 31.12.2015 anzuwenden. Für alle Spaltungen mit einem früheren Stichtag, unabhängig davon, ob die Grundstücke zivilrechtlich erst im Jahr 2016 erworben werden, gilt nach wie vor die Rechtslage des UmgrStG idF vor dem StRefG 2015/2016. Für diese Fälle ist als Bemessungsgrundlage der zweifache Einheitswert heranzuziehen, der Steuersatz beträgt 3,5%.

Zur Beurteilung bei Zweifelsfragen siehe Rz 1657.

Stichworte