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1.5.4. Internationale Schachtelbeteiligung

BMF2024-0.457.39220.6.2024

1.5.4.1. Entstehen bzw. Erweiterung einer internationalen Schachtelbeteiligung

Rz 290
§ 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG regelt die sich ergebenden Auswirkungen einer Auslandsverschmelzung auf Ebene der inländischen Anteilseigner hinsichtlich des Entstehens oder der Veränderung einer internationalen Schachtelbeteiligung im Sinne des § 10 Abs. 2 KStG 1988.

Zu den Rechtsfolgen einer Inlandsverschmelzung auf Ebene der zu verschmelzenden Körperschaften hinsichtlich der internationalen Schachtelbeteiligungen siehe Rz 172 ff. In Ausnahmefällen kann die Regelung des § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG jedoch auch im Falle von Inlandsverschmelzungen auf Anteilsinhaberebene zur Anwendung kommen (siehe dazu Rz 297a).

Zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer internationalen Schachtelbeteiligung siehe KStR 2013 Rz 1200 ff.

Rz 291
§ 5 Abs. 7 UmgrStG hat nur Bedeutung für die in § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 verankerte Steuerneutralität der internationalen Schachtelbeteiligung iSd § 10 Abs. 2 KStG 1988.

Rz 292
Zur Vermeidung des Effektes, dass vor der Auslandsverschmelzung nicht begünstigte Beteiligungsquoten nach der Verschmelzung im Realisierungsfall (Veräußerung, Liquidation) außer Ansatz bleiben, nimmt § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG eine zeitliche Abgrenzung in der Weise vor, dass die in der bis zur Verschmelzung steuerhängigen Beteiligungsquote enthaltenen stillen Reserven auch nach der Verschmelzung steuerhängig bleiben. Erreicht wird dies durch eine Ausnahme von der Steuerneutralität gemäß § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 dahingehend, dass der im Realisierungsfall entstehende Gewinn bis zur Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem höheren Teilwert und dem Buchwert der Beteiligung zum Verschmelzungsstichtag steuerpflichtig ist.

Rz 293
Die Steuerneutralität der Beteiligung des § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 ist nur für die nach der Verschmelzung neu entstandenen stillen Reserven anwendbar.

Rz 294
Die Anwendung des § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG setzt voraus, dass eine inländische unter § 7 Abs. 3 KStG 1988 fallende Körperschaft zumindest an der ausländischen übertragenden oder zugleich auch an der übernehmenden ausländischen Körperschaft oder im Falle einer Export-Verschmelzung an der inländischen übertragenden Körperschaft beteiligt ist.

Wird als Folge der Auslandsverschmelzung die Beteiligungsquote an der übernehmenden Körperschaft auf zumindest 10% aufgestockt, entsteht eine internationale Schachtelbeteiligung. Zum Entstehen einer internationalen Schachtelbeteiligung kann es sowohl durch die Gewährung neuer Anteile als auch durch die Übertragung von Altanteilen (Vorratsaktien) kommen.

Rz 295
Beim Unterbleiben einer Anteilsgewährung infolge identer Beteiligungsverhältnisse (zB Verschmelzungen von Schwestern-Gesellschaften) sind gemäß § 5 Abs. 5 UmgrStG die Buchwerte der Anteile an der übertragenden Körperschaft den Buchwerten an der übernehmenden Körperschaft hinzuzurechnen.

Rz 296
Da infolge der notwendigen Beteiligungsidentität die Veränderung einer internationalen Schachtelbeteiligung nur dann in Betracht kommt, wenn bereits vor der Verschmelzung eine 10-prozentige - oder höhere - Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft bestand, ist § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG nur für den Fall anwendbar, dass die ausländische übertragende Körperschaft nicht einer inländischen Kapitalgesellschaft vergleichbar ist (zB Verschmelzung einer ausländischen Genossenschaft mit einer ausländischen vergleichbaren Kapitalgesellschaft; vgl. KStR 2013 Rz 1204 f).

Rz 297
Aus der Sicht des § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG sind folgende Fälle einer Beteiligungsänderung zu unterscheiden:

Beispiel:

Die inländische A-AG ist seit 3 Jahren zu 10% an der deutschen M-GmbH (Buchwert der Beteiligung 20) und zu 5% an der deutschen T-GmbH (Buchwert der Beteiligung 4) beteiligt. Die M-GmbH ist zu 40% an der T-GmbH beteiligt. Die Verkehrswerte der M und der T betragen je 320. Die T-GmbH wird auf die M-GmbH (up-stream-merger) verschmolzen.

Bei der A-AG ist der Buchwert der Beteiligung an T dem Buchwert der Beteiligung an M steuerneutral zuzuschreiben: der Buchwert der M nach Verschmelzung beträgt 24. Darin sind stille Reserven von 24 enthalten (10% von 320 + 5% von 320 = 48 abzüglich 24), davon entfallen auf T und auf M je 12. Da die Beteiligung von der A-AG an M schon vor Verschmelzung eine steuerneutrale internationale Schachtel gewesen ist, waren bisher nur stille Reserven von 12 (auf die Beteiligung T entfallend) steuerhängig. Es ist daher in dieser Höhe eine Ausnahme von der Steuerneutralität gegeben.

Wird die Beteiligung um 50 verkauft, sind vom Veräußerungsgewinn von 26 (50 abzüglich Buchwert von 24) 12 steuerpflichtig.

Rz 297a
Vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG sind insbesondere Auslands- und Exportverschmelzungen erfasst (siehe Rz 290, 294), jedoch kann die Regelung auch bei reinen Inlandsverschmelzungen zur Anwendung gelangen: Dies ist etwa bei diagonalen Konzernverschmelzungen zweier inländischer Gesellschaften der Fall, die bei der inländischen Anteilsinhaberin - im Hinblick auf deren Beteiligung an einer ausländischen Tochtergesellschaft - mittelbar zur Entstehung bzw. Erweiterung einer internationalen Schachtelbeteiligung führt.

Beispiel:

Die inländische A-GmbH hält 100% an ihrer inländischen Tochtergesellschaft T1-GmbH sowie 100% an der in den USA ansässigen Tochtergesellschaft T2 (steuerneutrale internationale Schachtelbeteiligung). Die T2 ist ihrerseits wiederum zu 100% an der inländischen E-GmbH beteiligt.

Zum 31.12.X1 wird die inländische T1-GmbH auf die inländische E-GmbH gemäß Art. I UmgrStG verschmolzen, wobei von einer Kapitalerhöhung zu Gunsten der A-GmbH abgesehen wird.

Verschmelzungsbedingt wird bei einer Körperschaft als Anteilsinhaberin, hier der A-GmbH, eine internationale Schachtelbeteiligung (mittelbar) erweitert, weshalb § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG anzuwenden ist. Hinsichtlich der bisher nicht steuerbegünstigten Beteiligungsquoten (= stille Reserven in der Beteiligung der A-GmbH an der übertragenden T1-GmbH) ist auf den Unterschiedsbetrag zwischen den Buchwerten und den höheren Teilwerten § 10 Abs. 3 erster Satz KStG 1988 im Falle der späteren Veräußerung der T2 durch die A-GmbH nicht anzuwenden.

Die Verschmelzung ist im Übrigen auch vom Anwendungsbereich des § 5 Abs. 1 Z 6 UmgrStG erfasst und führt im Falle der Veräußerung durch den ausländischen Anteilsinhaber der übernehmenden Körperschaft (T2) in weiterer Folge zur Besteuerung der stillen Reserven im Anteil an der T1.

Zum Verhältnis von § 5 Abs. 7 Z 1 UmgrStG zur Entstrickungsbesteuerung auf Anteilsinhaberebene gemäß § 5 Abs. 1 Z 6 UmgrStG bei derartigen Verschmelzungen mit Stichtagen nach dem 30.6.2023 siehe Rz 265e.

1.5.4.2. Untergang einer internationalen Schachtelbeteiligung

Rz 298
Eine bestehende internationale Schachtelbeteiligung kann auf Grund einer Auslandsverschmelzung wegfallen, wenn die Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft nach der Verschmelzung weniger als 10% beträgt. Auch durch eine grenzüberschreitende Verschmelzung auf eine inländische übernehmende Körperschaft (siehe Rz 41 ff) kann eine internationale Schachtelbeteiligung auf Ebene der Anteilsinhaber der übertragenden Körperschaft untergehen.

Ohne Sonderregelung des § 5 Abs. 7 Z 2 UmgrStG wäre in diesem Fall der gesamte Substanzgewinn bei einer Beteiligungsveräußerung oder Liquidation der ausländischen oder inländischen übernehmenden Körperschaft nach der Verschmelzung steuerpflichtig. Damit die bis zur Verschmelzung gebildeten stillen Reserven nicht steuerhängig werden, ist in diesen Fällen der höhere Teilwert zum Verschmelzungsstichtag der bisherigen internationalen Schachtelbeteiligung - abweichend vom Prinzip der Buchwertfortführung - anzusetzen, sofern für die internationale Schachtelbeteiligung nicht in die Steuerwirksamkeit optiert worden ist.

Beispiel:

Die inländische A-GmbH ist seit Jahren an der deutschen B-GmbH mit 30% beteiligt. Der Buchwert der Beteiligung beträgt 25.000, die stillen Reserven 10.000. Die B-GmbH wird auf die deutsche C-GmbH verschmolzen. Nach Verschmelzung beträgt die Beteiligung der A-GmbH an der C-GmbH nur noch 8%. Diese Beteiligung ist steuerlich mit dem höheren Teilwert von 35.000 anzusetzen.

Beispiel 2:

Die inländische M-GmbH ist sowohl an der deutschen T1-GmbH als auch an der inländischen T2-GmbH zu je 100% beteiligt. Die T1-GmbH wird nach dem EU-UmgrG (bzw. vormals EU-Verschmelzungsgesetz) auf die T2-GmbH importverschmolzen (Schwesterverschmelzung). Auf eine Anteilsgewährung an die M-GmbH wird verzichtet. Durch die Verschmelzung geht die internationale Schachtel der M-GmbH an der T1-GmbH unter. Der Buchwert der Anteile an der T2-GmbH ist um den Teilwert der Anteile an der T1-GmbH zu erhöhen (siehe Rz 284).

Rz 299
Ein weiterer Anwendungsfall ist die verschmelzungsbedingte Aufnahme durch eine nicht unter § 10 Abs. 2 KStG 1988 fallende ausländische Körperschaft.

Rz 300
Der höhere Teilwert ist nach § 5 Abs. 7 Z 2 UmgrStG um bis zum Verschmelzungsstichtag umgründungsbedingt entstandene, von der Steuerneutralität ausgenommene Beträge (Rz 292) zu kürzen. Der sich ergebende Betrag ist als steuerlich maßgebender Buchwert der Beteiligung für die weitere steuerliche Behandlung maßgebend und in Evidenz zu nehmen.

Rz 301
Wenn auf Grund der Missbrauchsbestimmung des § 10 Abs. 4 KStG 1988 in der Fassung vor JStG 2018 oder § 10a KStG 1988 die Wirkungen der Steuerbefreiungen der internationalen Schachtelbeteiligung nicht gegeben sind, kann es auch zu keiner Aufwertung auf den höheren Teilwert kommen.

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