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20.5 Überstundenzuschläge (§ 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988)

BMF2023-0.715.24515.12.2023

20.5.1 Überstundenzuschläge allgemein (§ 68 Abs. 1 bis 4 EStG 1988)

Rz 1145
Das Gesetz unterscheidet zwischen Überstunden, die an Wochentagen mit Ausnahme der Nachtarbeit erbracht werden (§ 68 Abs. 2 EStG 1988) und Überstunden, die an Sonntagen, Feiertagen oder während der Nacht geleistet werden (§ 68 Abs. 1 EStG 1988).

Rz 1146
Gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 sind zusätzlich zu der Begünstigung nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 Zuschläge für die ersten zehn Überstunden im Monat im Ausmaß von höchstens 50% des Grundlohnes, insgesamt höchstens 120 Euro (bis 2023: 86 Euro) monatlich, steuerfrei. In den Kalenderjahren 2024 und 2025 sind Zuschläge für Überstunden für die ersten 18 Überstunden im Monat bis zu 200 Euro steuerfrei. Als Überstundenzuschläge gelten auch Zuschläge für Mehrarbeit, die sich aufgrund der verkürzten kollektivvertraglichen Normalarbeitszeit ergibt. Dies gilt jedoch nicht für Mehrarbeitszeitzuschläge (25%) im Sinne des § 19d Abs. 3a AZG im Zusammenhang mit einer Teilzeitbeschäftigung. Diese Zuschläge sind auch dann steuerpflichtig, wenn sie für eine Mehrarbeit geleistet werden, die an einem Sonn-, Feiertag oder in der Nacht erbracht wird.

Rz 1147
Überschreiten die insgesamt für einen Monat ausbezahlten Zulagen und Zuschläge den Freibetrag von 400 Euro (bis 2023: 360 Euro) und sind die zehn (bzw. 2024 und 2025: achtzehn) Überstunden des § 68 Abs. 2 EStG 1988 noch nicht ausgeschöpft, ist für die nach § 68 Abs. 1 EStG 1988 nicht mehr begünstigten Überstundenzuschläge (bis höchstens 50% des Grundlohnes) auch die Befreiung des § 68 Abs. 2 EStG 1988 zu berücksichtigen. Der Freibetrag gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 kann bei Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Lohnzahlungszeitraumes sowie bei mehreren Dienstverhältnissen gleichzeitig von beiden Arbeitgebern stets in voller Höhe berücksichtigt werden.

Rz 1148
Das Ausmaß der steuerfreien Zuschläge ist im § 68 Abs. 2 EStG 1988 festgehalten. Der Stundenteiler für die Ermittlung des Grundlohnes wäre bei einer 40-Stunden-Woche 173. Ist in Kollektivverträgen oder Betriebsvereinbarungen ein anderer Stundenteiler vorgesehen, ist dieser maßgeblich. Werden in einem Monat zuerst Zuschläge von weniger als 50% und erst später Zuschläge von (mindestens) 50% ausgezahlt, sind die (mindestens) "50-prozentigen" Überstunden begünstigt. Sind die Zuschläge generell unter 50%, sind dennoch nur zehn (in den Kalenderjahren 2024 und 2025: achtzehn) Überstunden begünstigt (ein Zusammenrechnen ist unzulässig). Fallen Zuschläge über 50% aber pro Monat für weniger als zehn (in den Kalenderjahren 2024 und 2025: achtzehn) Überstunden an, so sind die Zuschläge dennoch nur im Ausmaß von 50% steuerfrei.

Beispiele:

Im Monat August 2023 zuerst zehn Überstunden mit 25% Zuschlag (7,50 Euro pro Stunde), dann fünfzehn Überstunden mit 50% Zuschlag (15 Euro pro Stunde); steuerfrei sind 50%-Zuschläge für zehn Überstunden (wären 150 Euro), maximal aber 86 Euro.

Im Monat August 2023 sechs Überstunden mit 100% Zuschlag (30 Euro pro Stunde); steuerfrei sind Zuschläge für sechs Überstunden bis 50% (wären 90 Euro), maximal aber 86 Euro.

Rz 1149
Überstunden liegen bei Teilzeitbeschäftigung bereits dann vor, wenn bei einer zu Grunde liegenden Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden die tägliche Arbeitszeit mehr als acht Stunden beträgt. Liegt die kollektivvertragliche Normalarbeitszeit unter 40 Stunden, ist die tägliche Arbeitszeit, welche für die Überstundenberechnung maßgebend ist, entsprechend zu kürzen.

Rz 1150
Zuschläge für Samstagsarbeit können grundsätzlich nur nach Maßgabe des § 68 Abs. 2 EStG 1988 steuerfrei bleiben, es sei denn, es liegt Nachtarbeit im Sinne des § 68 Abs. 6 EStG 1988 vor bzw. der Samstag ist ein Feiertag. In beiden Fällen stellen die Zuschläge Nachtarbeits- bzw. Feiertagszuschläge gemäß § 68 Abs. 1 EStG 1988 dar.

Rz 1150a
Bei Gleitzeitvereinbarungen ist bis zur Abrechnung der Gleitzeitperiode auf Grund der arbeitsrechtlichen Bestimmungen von Normalarbeitszeit auszugehen. Dies kann auch daraus geschlossen werden, dass gemäß § 6 Abs. 1a Arbeitszeitgesetz nicht als Überstunden jedenfalls die am Ende einer Gleitzeitperiode bestehenden Zeitguthaben gelten, die nach der Gleitzeitvereinbarung in die nächste Gleitzeitperiode übertragen werden können. Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass die nicht übertragbaren Guthaben daher Überstunden darstellen.

Bei einem Gleitzeitguthaben kommt am Ende einer Gleitzeitperiode eine Aufrollung der einzelnen Zeiträume nicht in Betracht, weil das Guthaben gleichsam als Ergebnis eines "Arbeitszeitkontokorrents" das rechnerische Ergebnis von Gutstunden und Fehlstunden ist und als solches daher keinem bestimmten Zeitraum zugeordnet werden kann. Es kann daher nur jenem Zeitraum zugeordnet werden, in welchem die Abgeltung ausbezahlt wurde (vgl. VwGH vom 21.04.2004, 2001/08/0048). Die Abgeltung für ein im Rahmen einer Gleitzeitvereinbarung entstandenes Zeitguthaben ist im Auszahlungsmonat als laufender Bezug zu versteuern. Die Befreiung im Rahmen des § 68 Abs. 2 EStG 1988 kann für die abgegoltenen Überstunden nur für den Auszahlungsmonat angewendet werden, da erst im Zeitpunkt der Abrechnung das Vorliegen von Überstunden beurteilt werden kann.

Werden im Rahmen der Gleitzeitvereinbarung vom Arbeitnehmer angeordnete Überstunden (zB aufgrund einer Überstundenvereinbarung) geleistet, dann können für die monatlich tatsächlich geleisteten und bezahlten Überstunden die Begünstigungen gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 berücksichtigt werden.

Für den Fall der Beendigung des Dienstverhältnisses sieht § 19e Arbeitszeitgesetz vor, dass die im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestehenden Guthaben des Arbeitnehmers an Normalarbeitszeit abzugelten sind, wobei gemäß § 19e Abs. 2 Arbeitszeitgesetz für Guthaben an Normalarbeitszeit ein Zuschlag von 50% gebührt. Da in diesem Fall eine Abgeltung von Normalarbeitszeit (wenn auch mit 50% Zuschlag) erfolgt, steht die Steuerbegünstigung gemäß § 68 Abs. 2 EStG 1988 nicht zu.

Rz 1151
Werden Überstunden für das laufende Jahr bzw. bis zum 15. Februar des Folgejahres nachgezahlt, dann bleibt bei Vorliegen der Voraussetzungen die Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 1 und 2 EStG 1988 im Zeitpunkt der Leistung der Überstunden auch bei einer späteren Auszahlung der Überstundenentgelte (innerhalb desselben Kalenderjahres) erhalten. Nach Ablauf des Kalenderjahres ausgezahlte Überstundenentlohnungen sind gemäß § 67 Abs. 8 lit. c EStG 1988 im Kalendermonat der Zahlung gemäß § 67 Abs. 10 EStG 1988 zu versteuern (VwGH 30.01.1991, 90/13/0121). Kommt es zu einem teilweisen Zeitausgleich geleisteter Überstunden und wird der restliche Teil der Überstundenentgelte ausgezahlt, bestehen keine Bedenken, davon auszugehen, dass vorrangig die steuerlich nicht begünstigten über die zehn (2024 und 2025: achtzehn) Überstunden hinausgehenden Überstunden in Form von Freizeit ausgeglichen werden, die Überstundenentgelte für die steuerfreien Zuschläge für die ersten zehn (2024 und 2025: achtzehn) Überstunden samt dem Überstundenentgelt aber ausgezahlt werden (bei Vorliegen einer Gleitzeitvereinbarung siehe Rz 1150a). Wird die Überstunde durch Zeitausgleich abgegolten, der Überstundenzuschlag hingegen ausgezahlt, dann ist eine Steuerfreiheit gemäß § 68 EStG 1988 nicht gegeben, weil die Voraussetzung für die Steuerfreiheit der im § 68 EStG 1988 geregelten Zulagen und Zuschläge nur dann vorliegt, wenn derartige Zulagen und Zuschläge neben dem Grundlohn gezahlt werden.

Für die Abrechnung der geleisteten Überstunden ist nicht der Auszahlungszeitpunkt, sondern der Lohnzahlungszeitraum ausschlaggebend, in dem die Überstunden tatsächlich geleistet wurden. Bei einer Aufrollung ist dabei die jeweilige Rechtslage zu beachten.

Beispiel:

Im Dezember 2023 leistet Arbeitnehmer 17 Überstunden, im Jänner 2024 ebenso. Die Abrechnung der Überstunden des Vormonats erfolgt durch den Arbeitgeber erst im Jänner 2024. Da im Jahr 2023 eine andere Rechtslage mit anderen Freibeträgen gegolten hat, sind für Dezember 2023 nur die ersten zehn Überstunden mit maximal 86 Euro steuerfrei, die restlichen Überstunden sind steuerpflichtig; für die geleisteten Überstunden im Jänner 2024 gilt hingegen ein Freibetrag in Höhe von maximal 200 Euro.

Siehe auch Beispiele Rz 11151.

Rz 1151a
Werden im Rahmen von Altersteilzeitvereinbarungen (§ 27 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977) Überstunden iSd § 68 Abs. 4 EStG 1988 geleistet, und werden diese jeweils anteilig in der Phase der vollen Arbeitsleistung und der Phase der "Nichtbeschäftigung" ausbezahlt, bleiben sie im Rahmen der Höchstbeträge (bezogen auf die Leistungsmonate) steuerfrei. Die Rz 1132a ist sinngemäß anzuwenden.

Dies wird vorwiegend im Rahmen der Blockzeitvariante zutreffend sein, da bei Vereinbarung der kontinuierlichen Altersteilzeit meist Mehrarbeit und keine Überstunden (ausgenommen bei Überschreitung der täglichen Normalarbeitszeit iSd Rz 1149) geleistet werden.

Voraussetzung für eine Steuerfreiheit der Überstundenzuschläge im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung ist somit die tatsächliche Leistung.

Wird hingegen ein Überstundenpauschale (anteilsmäßig) weiterbezahlt, ohne dass derartige Überstunden auch tatsächlich geleistet werden, oder wird Mehrarbeit geleistet, steht die Steuerbefreiung für Überstundenzuschläge gemäß § 68 EStG 1988 nicht zu.

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