Der Begriff "Steuerabgeltung" bedeutet im Anwendungsbereich des BBG 2011 lediglich, dass die davon erfassten, dem Kapitalertragsteuerabzug unterliegenden Einkünfte - von der Regelbesteuerungsoption nach
§ 27a Abs. 5 EStG 1988 und der Verlustausgleichsoption nach
§ 97 Abs. 2 EStG 1988 abgesehen - grundsätzlich nicht in der Steuererklärung zu deklarieren sind. Dass die den besonderen Steuersätzen unterliegenden Einkünfte bei der Berechnung der Einkommensteuer weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen zu berücksichtigen sind, ergibt sich bereits aus
§ 27a Abs. 1 EStG 1988.
Die Steuerabgeltungswirkung umfasst dabei grundsätzlich neben den Einkünften aus der Überlassung von Kapital auch die Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen, die Einkünfte aus Derivaten sowie die Einkünfte aus Kryptowährungen. Die Steuerabgeltung erstreckt sich weiters auf ausschüttungsgleiche Erträge aus Investmentfonds im Sinne des Investmentfondsgesetzes 2011 (einschließlich pauschal ermittelte ausschüttungsgleiche Erträge aus Nichtmeldefonds) sowie auf jene aus
§ 40 oder
§ 42 des Immobilien-Investmentfondsgesetzes unterliegenden Gebilden.
Aufgrund der Anknüpfung von
§ 97 Abs. 1 EStG 1988 an den Kapitalertragsteuerabzug, und dem in
§ 93 Abs. 1 EStG 1988 enthaltenen Ausschluss von Einkünften, auf die der besondere Steuersatz gemäß
§ 27a Abs. 2 EStG 1988 nicht anwendbar ist, entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug sowohl bei natürlichen Personen als auch bei Körperschaften grundsätzlich Abgeltungswirkung. Dabei gelten folgende Ausnahmen:
- Bei Körperschaften, die dem § 7 Abs. 3 KStG 1988 unterliegen, entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug niemals Abgeltungswirkung.
- Soweit Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (§ 27 Abs. 3 EStG 1988), aus Derivaten (§ 27 Abs. 4 EStG 1988) und aus Kryptowährungen (§ 27 Abs. 4a EStG 1988) im Rahmen der Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 EStG 1988 (insbesondere betriebliche Einkunftsarten) erzielt werden, besteht keine Abgeltungswirkung. Es bleibt zwar der 27,5-prozentige (bis 31.12.2015 25-prozentige) Steuersatz nach § 27a Abs. 1 EStG 1988 erhalten, eine Veranlagung ist aber allein aufgrund der weiterhin bestehenden Möglichkeit, Teilwertabschreibungen vorzunehmen, notwendig. Weiters ist eine Veranlagung zur Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten geboten, weil der Kapitalertragsteuerabzug stets auf Basis der für Privatvermögen geltenden Regelungen erfolgt (siehe Abschnitt 29.5.2.1; zur generellen Berücksichtigung von Anschaffungsnebenkosten bei Kryptowährungen siehe Rz 6105a).
- Kapitalvermögen, dessen Anschaffungskosten pauschal nach § 93 Abs. 4 EStG 1988 oder § 93 Abs. 4a Z 2 EStG 1988 angesetzt wurden, ist von der Abgeltungswirkung ausgeschlossen (siehe Abschnitt 29.5.1.1.4). Es hat daher stets eine Veranlagung zum besonderen Steuersatz zu erfolgen. Dagegen ist Kapitalvermögen, dessen Anschaffungskosten im Übergangszeitraum gemäß § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 iVm der Wertpapier-Anschaffungskosten-VO vom gemeinen Wert abgeleitet wurden, grundsätzlich von der Abgeltungswirkung umfasst.
- Soweit eine der in § 93 Abs. 5 EStG 1988 enthaltenen, ausschließlich für den Kapitalertragsteuerabzug maßgeblichen Fiktionen (siehe Abschnitt 29.5.2) angewendet wurde, und diese nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug keine Abgeltungswirkung.
- Soweit beim Verlustausgleich durch einen Abzugsverpflichteten nicht den taSteuerpflichtigen im Sinne des § 93 Abs. 6 Z 4 lit. a und b EStG 1988 (betreffend treuhändig bzw. für betriebliche Zwecke gehaltene Depots) berücksichtigt wurden, entfaltet der Kapitalertragsteuerabzug keine Abgeltungswirkung.
- Soweit dem Kapitalertragsteuerabzug bei Einkünften aus Kryptowährungen nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechende Angaben des Steuerpflichtigen gemäß § 93 Abs. 4a Z 1 EStG 1988 zu Grunde liegen.