11.12.1. Erhöhter Steuerausweis
Der Unternehmer schuldet für einen Umsatz grundsätzlich jenen Steuerbetrag, der sich bei Heranziehung des Entgeltes unter Anwendung des entsprechenden Steuersatzes ergibt. Hat der Unternehmer jedoch in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag ausgewiesen, so schuldet er diesen Betrag auf Grund der Rechnung. Das Gleiche gilt auch für Gutschriften, soweit der Gutschriftempfänger hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages der Gutschrift nicht widerspricht.Zu einer Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung kommt es auch bei Kleinbetrags-rechnungen (§11 Abs. 6 UStG 1994) mit unrichtiger (= überhöhter) Steuersatzangabe. Die Angabe des Bruttoentgeltes in Verbindung mit dem Steuersatz hat bei Kleinbetragsrechnungen die Wirkung eines gesondert ausgewiesenen Steuerbetrages.
Unter bestimmten Voraussetzungen wird der vom Unternehmer zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuerbetrag nicht geschuldet.Voraussetzung für den Entfall der Steuerschuld ist, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens vorliegt, weil die Leistung im betreffenden Steuerjahr ausschließlich an Endverbraucher erbracht wurde, die hinsichtlich der ihnen in Rechnung gestellten Mehrwertsteuer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind (vgl. EuGH 8.12.2022, Rs C-378/21 , P GmbH). In einem solchen Fall ist eine Berichtigung der Rechnung für den Entfall der Steuerschuld nicht erforderlich.
11.12.2. Berichtigungsmöglichkeit bei erhöhtem Steuerausweis
Der Unternehmer hat das Recht, eine Rechnung (Gutschrift) hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages zu berichtigen. Eine allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt vorgenommene Berichtigung einer Rechnung ändert jedoch nichts daran, dass der zu hoch ausgewiesene Steuerbetrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 geschuldet wird. Im Falle der Berichtigung kommt es hinsichtlich des berichtigten Betrages gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994 zu einer Gutschrift in jenem Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum), in dem die Berichtigung der Rechnung vorgenommen wurde (§ 11 Abs. 12 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994).11.12.3. Verminderter Steuerausweis
Hat ein Unternehmer in einer Rechnung einen geringeren Steuerbetrag ausgewiesen, als dem Leistungsumfang entspricht, so hat dies keinen Einfluss auf seine tatsächliche Steuerschuld. Es ist dabei ohne Bedeutung, ob der unrichtige Steuerausweis auf einen Rechenfehler zurückzuführen ist oder ob ein zu niedriger Steuersatz angewendet wurde. Das Entgelt - als Basis für die Ermittlung der Steuerschuld - leitet sich aus dem Gesamtbetrag (Bruttobetrag) ab.Beispiel:
Entgelt | 2.000 Euro |
+ 10% USt (statt richtigerweise 20%) | 200 Euro |
Gesamtrechnungsbetrag, der auch bezahlt wird | 2.200 Euro |
11.12.4. Berechtigung zur Rechnungsberichtigung
Der Rechnungsempfänger ist grundsätzlich nicht berechtigt, eine erhaltene Rechnung, die zum Nachweis des Vorsteuerabzuges dient, selbst zu berichtigen. Die Berichtigung einer hinsichtlich des Steuerbetrages unrichtig ausgestellten Rechnung kann nur der Rechnungsaussteller vornehmen. Eine einseitige Berichtigung der Angaben in einer Rechnung durch den Leistungsempfänger im Allgemeinen und hinsichtlich des ausgewiesenen Steuerbetrages im Besonderen hat nicht die Wirkung einer Berichtigung der Rechnung im Sinne des Umsatzsteuergesetzes (§ 11 Abs. 12 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 UStG 1994). Aus anderen Gründen erforderliche Rechnungskorrekturen (zB bei Rückwaren oder nicht vertragsgemäßer Lieferung) können jedoch durch den Leistungsempfänger mit einer entsprechenden Belastungsnote erfolgen. Derartige Belege können jedoch nur unter den für die Erteilung von Gutschriften vorgesehenen Bedingungen als Rechnungen (Gutschriften) anerkannt werden.11.12.5. Berichtigung einer Rechnung mit Steuerausweis im Zusammenhang mit Liebhaberei
Die Beurteilung der Frage, ob im Zusammenhang mit einer Tätigkeit auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse erzielt werden, ist oft erst nach einem mehrjährigen Beobachtungszeitraum möglich. Zunächst ist es häufig noch ungewiss, ob die Tätigkeit im Rahmen eines Unternehmens ausgeübt wird und die Einnahmen daher umsatzsteuerbar sind oder ob die Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 2 UStG 1994 als nicht unternehmerisch gilt und die Einnahmen daher nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Werden in einem solchen Fall bis zur endgültigen Klärung der Unternehmereigenschaft Rechnungen mit Steuerausweis ausgestellt, so können diese Rechnungen in sinngemäßer Anwendung des § 11 Abs. 12 UStG 1994 nachträglich berichtigt werden (VwGH 16.12.1980, 1641/79, 1805/79; 19.01.1984, 83/15/0010). Diese Berichtigung wirkt nicht zurück (siehe LRL 2012 Rz 181).Hinsichtlich der Berichtigung von Rechnungen im Allgemeinen und im Touristenexport wird auf die Rz 1533 bis Rz 1556 verwiesen.Randzahlen 1741 bis 1755: derzeit frei.
11.13. Nachträgliche Entgeltsminderung - Wechseldiskontierung
Der in einer Rechnung ausgewiesene Steuerbetrag wird auf Grund der Rechnung nicht geschuldet, wenn das Entgelt sich wegen Zahlungsabzügen jeder Art vermindert hat (zB Skonto, Rabatte, Nachlässe). Nach § 11 Abs. 13 UStG 1994 ist die Berichtigung einer Rechnung wegen einer Entgeltsminderung zur Vermeidung einer Steuerschuld auf Grund der Rechnung nach § 11 Abs. 12 UStG 1994 nur erforderlich, wenn sich das Entgelt wegen des Abzuges von Wechselvorzinsen (Diskontzinsen) vermindert hat. Die Berichtigung der Steuer aus diesem Grunde setzt voraus, dass der Unternehmer seinem Abnehmer eine berichtigte Rechnung erteilt. Ohne Rechnungsberichtigung darf der Unternehmer seine Steuerschuld im Zusammenhang mit einer Wechseldiskontierung nicht mindern. Es kann jedoch im Falle der Wechseldiskontierung von der Berichtigung der Rechnung absichtlich Abstand genommen werden, um dem Abnehmer nicht die näheren Umstände der Rechnungsberichtigung mitteilen zu müssen. Eine Berichtigung der Steuerschuld darf dabei nicht erfolgen; demgemäß ist dann auch eine Kürzung des Vorsteuerabzuges beim Abnehmer nicht erforderlich.Randzahlen 1757 bis 1770: derzeit frei.
11.14. Unberechtigter Steuerausweis
Die Steuerschuld nach § 11 Abs. 14 UStG 1994 hat zur Voraussetzung, dass eine solche Rechnung erstellt wird, die formal die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 erfüllt (siehe Rz 1505 ff). Der Zweck der Regelung liegt darin, einem unberechtigten Vorsteuerabzug - eine Rechnung ist Voraussetzung für den Vorsteuerabzug - vorzubeugen (VwGH 26.6.2001, 2001/14/0023).Eine zu Unrecht in Rechnung gestellte Mehrwertsteuer kann berichtigt werden, wenn der Aussteller der Rechnung die Gefährdung des Steueraufkommens rechtzeitig und vollständig beseitigt hat, ohne dass eine solche Berichtigung vom guten Glauben des Ausstellers der betreffenden Rechnung abhängig gemacht werden darf (EuGH 19.9.2000, Rs C-454/98 , Schmeink & Cofreth und Strobel, oder EuGH 8.5.2019, Rs C-712/17 , EN.SA. Srl).
Ist eine Anzahlung für eine in weiterer Folge nicht ausgeführte Leistung entrichtet worden und hat der Unternehmer darüber eine (Anzahlungs-) Rechnung mit Ausweis der Umsatzsteuer ausgestellt, schuldet er den ausgewiesenen Betrag gemäß § 11 Abs. 14 UStG 1994, solange er die Rechnung nicht berichtigt. Das gilt zB auch dann, wenn die Anzahlung als Stornogebühr verfällt.Beispiel:
Ein Hotelier erhält eine Anzahlung über 100 Euro für eine insgesamt 150 Euro teure Nächtigung und stellt eine Rechnung mit 13% ausgewiesener Umsatzsteuer aus. Der Gast storniert und der Hotelier behält die Anzahlung ein.
Bei dem einbehaltenen Betrag handelt es sich zwar um nicht steuerbaren echten Schadenersatz, der Hotelier schuldet den ausgewiesenen Steuerbetrag jedoch aufgrund der Rechnung. Berichtigt er die Rechnung gegenüber dem Gast, kann er die erfolgte Besteuerung der Anzahlung rückgängig machen.
Zur Vermeidung der Steuerschuld aufgrund der Rechnungslegung in anderen Fällen von Abrechnungen über Anzahlungen siehe Rz 1524.
Randzahlen 1773 bis 1800: Derzeit frei.