Beispiel:
Ein dem Aufsichtsrat einer AG angehöriger Rechtsanwalt erstellt ein Rechtsgutachten für den Aufsichtsrat und erhält dafür neben seinen Aufsichtsratsvergütungen ein gesondertes Honorar. Insgesamt erzielt der Rechtsanwalt 70% seiner gesamten Umsätze aus seiner Anwaltstätigkeit und 30% aus diversen Aufsichtsratstätigkeiten.
Das Honorar für das Rechtsgutachten erhält der Rechtanwalt nicht für die Überwachung der Geschäftsführung, sondern für eine - vom Aufsichtsrat gesondert beauftragte - gutachterliche Tätigkeit. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. b UStG 1994 sind daher diesbezüglich nicht erfüllt. Hinsichtlich des Vorsteuerabzuges muss der Rechtsanwalt eine Aufteilung nach § 12 Abs. 4 bis 6 UStG 1994 vornehmen (vgl. Rz 2013 bis Rz 2038).
Vergütungen an Stiftungsprüfer (vgl. §§ 20 und 21 Privatstiftungsgesetz, BGBl. Nr. 694/1993 idgF) sind nicht steuerfrei, weil diese keine Überwachungskompetenz gegenüber der Geschäftsführung besitzen. Ihre Tätigkeiten stellen (gutachterliche) Prüfungstätigkeiten dar, wie sie von Wirtschafts- oder Buchprüfern im Rahmen ihrer berufstypischen Tätigkeiten erbracht werden.
Randzahlen 849 bis 850: derzeit frei
6.1.9.3. Versicherungsverhältnisse
6.1.9.3.1. Versicherungsleistungen
Gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 sind die Umsätze steuerfrei, soweit dafür ein Versicherungsentgelt gemäß § 3 Versicherungssteuergesetz 1953 gezahlt wird. Versicherungsentgelt ist nach § 3 Versicherungssteuergesetz 1953 jede Leistung, die für die Begründung und zur Durchführung des Versicherungsverhältnisses an den Versicherer zu bewirken ist (zB Prämien, Beiträge, Vorbeiträge, Vor- und Nachschüsse, Umlagen, Unterjährigkeitszuschläge, Kosten für die Ausfertigung des Versicherungsscheines, Eintrittsgelder und sonstige Nebenkosten). Auch wenn eine Zahlung kein Versicherungsentgelt ist, unterliegt sie der Umsatzsteuer nur dann, wenn sie Entgelt für eine spezifische Leistung des Versicherers ist. Das trifft bei Mahnkosten nicht zu. Die Mahnkosten stellen nicht das Entgelt für einen selbständigen Leistungsaustausch dar und sind daher wie die Hauptleistung (Versicherungsschutz) befreit (VwGH 2.3.1992, 90/15/0143). Bei Mahngebühren sowie bei der Erstattung der Kosten eines gerichtlichen Mahnverfahrens handelt es sich grundsätzlich immer um einen nicht steuerbaren Schadenersatz.Ein steuerfreier Versicherungsumsatz liegt vor, wenn der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt des Versicherungsfalls die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen. Er setzt seinem Wesen nach eine Vertragsbeziehung zwischen dem Erbringer der Versicherungsdienstleistung und der Person, deren Risiken von der Versicherung gedeckt werden, dh. dem Versicherten, voraus (vgl. EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19 , Q-GmbH, Rn 32, mVa EuGH 17.3.2016, Rs C-40/15 , Aspiro, Rn 22 und 23). Die Gewährung einer Lizenz an einen Versicherer zur Verwendung eines Versicherungsprodukts kann demnach nicht als Versicherungsumsatz eingestuft werden, da der Lizenzgeber vertraglich nur an den Versicherer gebunden ist, der das fragliche Produkt gemäß dem Lizenzvertrag verwertet, und er im Regelfall auch nicht die Deckung der auf der Grundlage dieses Produkts versicherten Risiken übernimmt (EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19 , Q-GmbH, Rn 33).
Die entgeltliche Übertragung eines Bestands von (Rück-)Versicherungsverträgen auf ein anderes Versicherungsunternehmen, durch die dieses Unternehmen alle Rechte und Pflichten aus diesen Verträgen mit Zustimmung der Versicherungsnehmer übernommen hat, ist weder gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 (kein Versicherungs- oder Rückversicherungsumsatz) noch nach § 6 Abs. 1 Z 8 UStG 1994 (kein Finanzgeschäft) steuerfrei (EuGH 22.10.2009, Rs C-242/08 , Swiss Re Germany Holding GmbH; vgl. auch Rz 991).
Umsätze, die ein Versicherungsunternehmen dadurch erzielt, dass es Unfallfahrzeugwracks aus von ihm versicherten Schadensfällen von seinen Versicherten erwirbt und anschließend an Dritte weiterveräußert, fallen nicht in den Geltungsbereich des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. c UStG 1994 und sind daher steuerpflichtig. Die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 26 UStG 1994 ist ebenfalls nicht anwendbar (EuGH 9.3.2023, Rs C-42/22 , Generali Seguros SA). Siehe auch Rz 991.
Wenn durch den Erwerb einer von vornherein für eine bestimmte Zeit angelegten Mitgliedschaft bei einem Verein das Recht erworben wird, in einem medizinisch indizierten Notfall kostenlos medizinisch versorgt und mittels Flugrettung (bzw. auf sonstigen Transportwegen) nach Österreich rücktransportiert zu werden, so liegt ein umsatzsteuerlich relevantes Gegenleistungsverhältnis vor. Allerdings trägt dieses alle Merkmale eines Versicherungsverhältnisses, sodass die Steuerbefreiung für Umsätze von Versicherungsverhältnissen zum Tragen kommt (VwGH 11.9.1987, 95/15/0022).6.1.9.3.2. Verschaffung von Versicherungsschutz
Die Verschaffung eines Versicherungsschutzes liegt vor, wenn der Unternehmer mit einem Versicherungsunternehmen einen Versicherungsvertrag zugunsten eines Dritten abschließt. Dies kann dadurch erfolgen, dass der Unternehmer den Versicherungsvertrag im eigenen Namen, aber für den Versicherungsberechtigten abschließt, oder die Rechte aus dem Vertrag, den er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung mit der Versicherungsgesellschaft abgeschlossen hat, auf den Versicherungsberechtigten überträgt (vgl. EuGH 16.7.2015, Rs C-584/13 , Mapfre asistencia und Mapfre warranty, Rn 38; zum Abschluss von Verträgen in fremdem Namen siehe Rz 881 f). Der Begriff Versicherungsschutz umfasst alle Versicherungsarten. Durch den Versicherungsvertrag muss der begünstigte Dritte - oder bei Lebensversicherungen auf den Todesfall der Bezugsberechtigte - das Recht erhalten, im Versicherungsfall die Versicherungsleistung zu fordern. Unerheblich ist es, ob dieses Recht unmittelbar gegenüber dem Versicherungsunternehmen oder mittelbar über den Unternehmer geltend gemacht werden kann. Bei der Frage, ob ein Versicherungsverhältnis vorliegt, ist von den Grundsätzen des Versicherungssteuergesetzes auszugehen. Ein Vertrag, der einem Dritten lediglich die Befugnis einräumt, einen Versicherungsvertrag zu günstigeren Konditionen abzuschließen, verschafft keinen unmittelbaren Anspruch des Dritten gegen das Versicherungsunternehmen und demnach keinen Versicherungsschutz, der unter diese Befreiungsbestimmung fällt.6.1.9.4. Glücksspielumsätze - Rechtslage aufgrund der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010, ab 2011
6.1.9.4.1. Wetten und Ausspielungen
Unter die Befreiung des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 fallen Wetten (§ 33 TP 17 Abs. 1 Z 1 GebG) und Ausspielungen (§ 2 Abs. 1 GSpG). Die Befreiung gilt auch für die mit dem Betrieb von konzessionierten Spielbanken unmittelbar verbundenen Umsätze. Die Umsätze mittels Glücksspielautomaten (§ 2 Abs. 3 GSpG) und Video-Lotterie-Terminals (VLT; § 12a Abs. 2 GSpG) sind jedoch - ungeachtet einer allfälligen Glücksspielabgabepflicht - von der Befreiung ausdrücklich ausgenommen.Ausspielungen iSd § 2 Abs. 1 GSpG sind Glücksspiele,- die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht, und
- bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und
- bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).
Beispiele für Ausspielungen:
Roulette, Beobachtungsroulette, Poker, Black Jack, Two Aces, Bingo, Keno, Baccarat und Baccarat chemin de fer und deren Spielvarianten, Lotto, Toto, Zusatzsatzspiel, Sofortlotterien, Klassenlotterie, Zahlenlotto, Nummernlotterien, elektronische Lotterien.
Die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. aa UStG 1994 knüpft an den Tatbestand der Ausspielung an und nicht an die Glückspielabgabepflicht (§§ 57 bis 59 GSpG) oder an die Anwendbarkeit des Glücksspielmonopols des Bundes (§ 4 GSpG). Demnach sind auch befreit
- Umsätze aus Glückshäfen, Juxausspielungen und Tombolaspiele iSd § 4 Abs. 5 GSpG zu anderen als Erwerbszwecken (zB bei einem steuerpflichtigen Vereinsfest eines gemeinnützigen Vereines) sowie
- Ausspielungen mit Kartenspielen in Turnierform zum bloßen Zeitvertreib durch Gastwirte (§ 4 Abs. 6 GSpG).
- Umsätze aus Glücksspielautomaten und VLT (mit oder ohne Bewilligung bzw. Konzession; legal oder illegal);
- Umsätze aus der Vermittlung von Wett- und Glücksspielumsätzen;
- Call-Center-Leistungen zugunsten eines Organisators für Telefonwetten (EuGH 13.07.2006, Rs C-89/05 , United Utilities plc);
- Umsätze aus der Duldung der Aufstellung eines Glücksspielautomaten oder VLT;
- Veranstaltung von Geschicklichkeitsspielen durch einen Unternehmer (weder Ausspielung noch Wette; zB Kegel- oder Schachturniere, Videospielturniere);
- Umsätze aus der Initiierung, Organisation und Verwaltung von Lottospielgemeinschaften (VwGH 29.07.2010, 2008/15/0272).
Nicht befreit sind auch Warenausspielungen mit Glücksspielautomaten iSd § 4 Abs. 3 GSpG, bei denen die vermögenswerte Leistung den Gegenwert von 1 Euro nicht übersteigt und bei denen es sich um Schaustellergeschäfte des "Fadenziehens", "Stoppelziehens", "Glücksrades", "Blinkers", "Fische- oder Entenangelns", "Plattenangelns", "Fische- oder Entenangelns mit Magneten", "Plattenangelns mit Magneten", "Zahlenkesselspiels", "Zetteltopfspiels" sowie um diesen ähnliche Spiele handelt.
Video-Lotterie-Terminals sind zentralseitig vernetzte Terminals an ortsfesten, öffentlich zugänglichen Betriebsstätten, durch welche dem Spieler der Zugang zu elektronischen Lotterien ermöglicht wird. Unter elektronischen Lotterien versteht man Ausspielungen, bei denen die Spielteilnahme unmittelbar durch den Spieler über elektronische Medien erfolgt und die Entscheidung über das Spielergebnis zentralseitig herbeigeführt sowie über elektronische Medien zur Verfügung gestellt wird (vgl. § 12a Abs. 1 und 2 GSpG idgF).Die Umsatzsteuer schuldet der Unternehmer, der gegenüber dem Spielteilnehmer als Anbieter des Glücksspiels auftritt. Maßgeblich ist, mit wem der Spielteilnehmer den Glücksvertrag (konkludent) abschließt. Das wird idR derjenige Unternehmer sein, auf dessen Risiko Glücksspielautomaten und VLTs betrieben werden. Von einem Unternehmerrisiko ist dann auszugehen, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit hat, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst zu gestalten. Die Beurteilung, wer das Risiko tatsächlich trägt, hat in wirtschaftlicher Betrachtungsweise (§ 21 BAO) unter Berücksichtigung der maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen zu erfolgen.Automatenaufsteller betreiben ihre Geräte entweder auf eigenes Risiko oder überlassen sie einem anderen Betreiber (zB Gastwirt). Liegt das Unternehmerrisiko beim Geräteaufsteller, sind diesem die Glücksspielumsätze zuzurechnen und der Lokalinhaber hat lediglich seine Provision für die Duldung der Automatenaufstellung und die Gestattung der Nutzung dieser Automaten in seinen Geschäftsräumlichkeiten zu versteuern. Liegt das Unternehmerrisiko beim Lokalinhaber, tätigt dieser die steuerpflichtigen Glücksspielumsätze und die Leistung des Geräteaufstellers beschränkt sich auf die ebenfalls steuerpflichtige Nutzungsüberlassung der Automaten an den Lokalinhaber.
Sowohl bei Umsätzen aus Glücksspielautomaten als auch aus Video-Lotterie-Terminals sind als Bemessungsgrundlage die Jahresbruttospieleinnahmen, d.s. die Einsätze abzüglich der ausgezahlten Gewinne eines Kalenderjahres heranzuziehen (§ 4 Abs. 5 zweiter Unterabsatz UStG 1994 idFd GSpG-Novelle 2008, BGBl. I Nr. 54/2010).Für die Berechnung der Umsatzsteuer und der Glücksspielabgabe gelten die Jahresbruttospieleinnahmen abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuer als gemeinsame Bemessungsgrundlage.
Beispiel:
Jahreseinsätze | 220.000 € | |
Ausgezahlte Gewinne | - 160.000 € | |
Jahresbruttospieleinnahmen | 60.000 € | |
abzgl. enthaltene USt (20%) | - 10.000 € | = 60.000 : 120 x 20 |
Bemessungsgrundlage für USt und GSpAbg | 50.000 € | = 60.000 : 120 x 100 |
Für die Voranmeldung, Vorauszahlung, Fälligkeit und Veranlagung der Umsatzsteuer gelten die allgemeinen Vorschriften des § 21 UStG 1994.
6.1.9.4.2. Mitwirkungsvergütungen
Provisionen, die vom Konzessionär nach § 14 GSpG unmittelbar an seine Vertriebspartner (wie Geschäftsstellen der Klassenlotterien, Lottokollekturen, Trafikanten) im Vertrieb von umsatzsteuerfreien Lotterieprodukten gezahlt werden, sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. d sublit. bb UStG 1994 steuerfrei.Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind Vergütungen aufgrund von Ausspielungen mittels Video-Lotterie-Terminals. Nicht steuerfrei sind Vergütungen, die von Unternehmern ohne Konzession (zB illegale Glücksspielveranstalter) für die Mitwirkung an von ihnen abgehaltenen Glücksspielen gezahlt werden sowie Abgeltungen, die nicht direkt vom Konzessionär gezahlt werden.
6.1.9.4.3. Zuwendungen im Sinne des § 27 Abs. 3 GSpG
Steuerfrei sind Zuwendungen, die die Spielkunden für die Gesamtheit der Arbeitnehmer des Konzessionärs in besonderen, für diesen Zweck in den Spielsälen vorgesehenen Behältern hinterlegen.Randzahlen 863 bis 870: derzeit frei.