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2.3. Körperschaften des öffentlichen Rechts

BMF2023-0.877.67515.12.2023

2.3.1. Allgemeines

Rz 261
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art im Sinne des § 2 KStG 1988 und ihrer land- und forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder beruflich tätig.

Rz 262
Die Durchführung von in § 5 Z 12 KStG 1988 genannten Feste und geselligen und gesellschaftlichen Veranstaltungen fällt gemäß § 2 Abs. 3 UStG 1994 nicht in den Unternehmensbereich.

Rz 263
Betrieb gewerblicher Art:

Ob ein Betrieb gewerblicher Art vorliegt, ist gemäß dem in § 2 Abs. 3 UStG 1994 enthaltenen Hinweis nach § 2 KStG 1988 zu beurteilen. Die für das Gebiet der Körperschaftsteuer von der Rechtsprechung und Verwaltung entwickelten Grundsätze sind auch für den umsatzsteuerlichen Bereich maßgeblich (siehe KStR 2013 Rz 64 ff). Hinsichtlich des für das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art erforderlichen Merkmals einer Tätigkeit von wirtschaftlichem Gewicht ist auf die jährliche Einnahmengrenze von 2.900 Euro (im Sinne einer durchschnittlichen Jahresbetrachtung) abzustellen (vgl. VwGH 29.1.2014, 2010/13/0006). Zur Ermittlung der Einnahmen siehe KStR 2013 Rz 70.

Wird ein Betrieb gewerblicher Art entgeltlich überlassen (verpachtet), gilt kraft der gesetzlichen Fiktion des § 2 Abs. 2 Z 2 KStG 1988 auch diese entgeltliche Überlassung (Verpachtung) als Betrieb gewerblicher Art (KStR 2013 Rz 85). Dabei ist es unerheblich, ob ein bereits bestehender Betrieb oder ein von der Trägerkörperschaft neu errichteter und nie selbst aktiv geführter Betrieb entgeltlich zur Nutzung überlassen wird. Es muss sich aber um einen dem Grunde nach betriebsbereiten Betrieb handeln. Es ist nicht erforderlich, dass sämtliche Betriebsgrundlagen übertragen werden. So kann auch die Überlassung einer unzureichenden oder veralteten Betriebsausstattung einen Betrieb gewerblicher Art begründen (KStR 2013 Rz 86).

Die Höhe des für die Anerkennung als Pachtverhältnis erforderlichen Pachtentgeltes richtet sich nach KStR 2013 Rz 70.

Die Verpachtung eines bestehenden Betriebes gewerblicher Art führt zu keiner Betriebsaufgabe, weil ein Betrieb gewerblicher Art bestehen bleibt.

Mischbetrieb:

Bei der entgeltlichen Überlassung (Verpachtung) von Mischbetrieben ist auf die überwiegende Zweckbestimmung des gesamten Betriebes abzustellen. Dienen die Tätigkeiten des Betriebes überwiegend der Erfüllung öffentlich-rechtlicher Aufgaben, ist der Betrieb in seiner Gesamtheit als Hoheitsbetrieb zu behandeln. Überwiegen die erwerbswirtschaftlichen Aufgaben, ist insgesamt ein Betrieb gewerblicher Art (BgA) anzunehmen. Als Kriterien zur Überprüfung des mengenmäßigen Verhältnisses zwischen hoheitlicher oder privatwirtschaftlicher Tätigkeit kommen das Umsatzverhältnis, der Umfang der zeitlichen Inanspruchnahme oder andere im Einzelfall geeignete Kriterien in Betracht (KStR 2013 Rz 75).

Umsatzsteuerlich hat jedoch im Falle einer sachlichen Trennbarkeit der Tätigkeitsbereiche (zB klare zeitliche Trennung) - unabhängig vom Überwiegen - eine Aufspaltung in einen Hoheitsbereich und einen unternehmerischen Bereich zu erfolgen (vgl. Rz 268 mVa VwGH 29.1.2014, 2010/13/0006).

Beispiele:

Rz 264
Durch § 2 Abs. 3 letzter Satz und Abs. 4 UStG 1994 werden nach dem Körperschaftsteuergesetz hoheitliche Tätigkeiten in den Unternehmensbereich einbezogen. Bei den Wasserwerken ist dies unabhängig davon, ob sie der Trinkwasser- oder der Nutzwasserversorgung dienen.

Rz 265
Die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch Körperschaften des öffentlichen Rechts gilt auch als unternehmerische Tätigkeit, wenn sie nicht wirtschaftlich herausgehoben bzw. nicht von wirtschaftlichem Gewicht ist. Ob eine Vermietung und Verpachtung von Grundstücken im Sinne des § 2 Abs. 3 letzter Teilsatz UStG 1994 vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein Bestandvertrag nach § 1090 ABGB gegeben ist (vgl. VwGH 3.9.2008, 2003/13/0086; VwGH 27.11.2014, 2012/15/0145). Zivilrechtliches Hauptkriterium eines Bestandvertrages ist seine Entgeltlichkeit.

Eine Anerkennung als Bestandverhältnis setzt grundsätzlich neben der Deckung der (laufenden oder zeitlich anteiligen) Betriebskosten (§§ 21 bis 24 MRG) ein Entgelt für den Gebrauch des Grundstückes in Form einer jährlichen oder zeitlich anteiligen AfA-Komponente voraus. Als AfA-Komponente pro Jahr sind mindestens 1,5% der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten inklusive Grund und Boden einschließlich aktivierungspflichtiger Aufwendungen und Kosten von Großreparaturen anzusetzen.

Die angesprochene AfA-Komponente stellt lediglich eine Messgröße für das erforderliche Mindestentgelt eines anzuerkennenden Bestandverhältnisses dar, sodass weitere ertragsteuerliche Ableitungen zur AfA iSd §§ 7 ff EStG 1988 daraus nicht getroffen werden können. Subventionen bzw. Zuwendungen iSd § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 idgF kürzen die AfA-Bemessungsgrundlage nicht.

Sind historische Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten oder Aufwendungen für Großreparaturen nicht mehr bekannt, so ist der Wert des Grundstückes im Schätzungswege zu ermitteln, wobei als AfA-Bemessungsgrundlage der gemeine Wert iSd § 10 BewG 1955 idgF herangezogen werden kann. Soweit glaubhaft gemacht werden kann, dass Grund und Boden unentgeltlich erworben wurde, kann dieser außer Ansatz gelassen werden.

Der vermietenden Körperschaft des öffentlichen Rechts entstandene Drittkosten wie zB Anmietungskosten, Leasingkosten oder Kosten eines Baurechtes sind an den Mieter ungekürzt weiterzuverrechnen.

Diese Kriterien sind bei jenen Miet- und Pachtverhältnissen zu beachten, die ab 1. Jänner 2008 begründet werden. Bestehende Bestandverhältnisse, die bereits vor dem 1. Jänner 2008 begründet wurden und den damaligen Richtlinien entsprochen haben (= zumindest Deckung der laufenden Betriebskosten), werden aufgrund der nunmehrigen Rechtsprechung des VwGH (zB VwGH 03.09.2008, 2003/13/0086) weiterhin als unternehmerische Tätigkeit anerkannt, wenn sie ab dem 1. Jänner 2011 an die bestehenden Richtlinien angeglichen werden.

Gebrauchsüberlassungen, die nicht auf Bestandverträgen beruhen, begründen keinen (fiktiven) Betrieb gewerblicher Art.

Zur Einschränkung der Optionsmöglichkeit bei gemäß § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 steuerfreien Umsätzen aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken durch das 1. StabG 2012, BGBl. I Nr. 22/2012, siehe Rz 899a bis Rz 899c.

Rz 266
Die Überlassung einer Dienst- oder Naturalwohnung an einen Beamten oder Vertragsbediensteten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts stellt nur dann einen in den Unternehmensbereich fallenden und somit umsatzsteuerpflichtigen Vorgang dar, wenn die Wohnung einem Dienstnehmer zugewiesen wird, der in einem Betrieb gewerblicher Art oder einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Körperschaft des öffentlichen Rechts tätig ist.

2.3.2. Betriebe gewerblicher Art, die nur Eigenverbrauchszwecken dienen

Rz 267
Wenn Erzeugnisse eines Betriebes gewerblicher Art zur Gänze von der Körperschaft im Hoheitsbereich verwendet werden, weicht die umsatzsteuerliche Beurteilung von der des Körperschaftsteuerrechtes ab. Ein solcher ausschließlich für Eigenverbrauchszwecke arbeitender Betrieb ist zwar körperschaftsteuerpflichtig, nicht aber umsatzsteuerpflichtig.

2.3.3. Hoheitsbetriebe - Betriebe gewerblicher Art; Trennung

Rz 268
Die Vereinigung von Hoheitsbetrieben mit Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts ist grundsätzlich nicht mit steuerlicher Wirkung anzuerkennen. Vielmehr sind bei Bestehen einer sachlichen Trennungsmöglichkeit die hoheitlichen Tätigkeiten aus dem Unternehmensbereich der Körperschaft des öffentlichen Rechts auszuscheiden. Sind solche sachlichen Trennungskriterien gegeben (zB Vorliegen einer klaren zeitlichen Trennung), stehen einer Trennung des Hoheitsbetriebes vom unternehmerischen Bereich der Körperschaften des öffentlichen Rechts auch gemeinsame Faktoren (zB gemischt-genutztes Grundstück) nicht entgegen (vgl. VwGH 29.1.2014, 2010/13/0006, zur unternehmerischen Nachmittagsbetreuung der Volksschulkinder in den "Räumlichkeiten der Gemeindevolksschule"). Eine Trennung der Tätigkeiten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ist auch dann vorzunehmen, wenn die Tätigkeiten zugleich der Ausführung steuerpflichtiger Umsätze und der Erfüllung nichtunternehmerischer (satzungsmäßiger) Zwecke der Körperschaft des öffentlichen Rechts (Werbung und Öffentlichkeitsarbeit für die beruflichen Interessen ihrer Mitglieder) dienen (VwGH 30.6.2015, 2011/15/0163, zur Veranstaltung von Bällen, Modeschauen und Misswahlen usw. einer KöR sowie VwGH 27.2.2019, Ra 2017/15/0074, zur Verpachtung eines Gastronomiebetriebes samt einem öffentlich zugänglichen Abenteuerspielplatz durch eine Gemeinde).

2.3.4. Definition der Körperschaft des öffentlichen Rechts

Rz 269
Mangels einer bestehenden Legaldefinition der Körperschaft des öffentlichen Rechts muss anhand der die Verhältnisse eines Gebildes regelnden gesetzlichen Vorschriften im Einzelnen geprüft werden, ob eine Körperschaft des öffentlichen Rechts vorliegt. Sofern nicht ein Bundes- oder Landesgesetz bereits ausdrücklich darauf hinweist, ist diese Frage nach der Rechtsprechung und Lehre zum Verwaltungs- und Verfassungsrecht zu beurteilen. Eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist eine solche Körperschaft, Stiftung oder Anstalt, die entweder durch ein Gesetz oder durch eine gesetzesgleiche Rechtsnorm (zB einen Staatsvertrag) ausdrückliche als Rechtsperson des öffentlichen Rechts geschaffen oder anerkannt wird, oder eine solche, die kraft staatlichen Auftrages Aufgaben der öffentlichen staatlichen Verwaltung erfüllt (VwGH 2.5.1960, 1023/57).

Rz 270
Als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind insbesondere anzusehen:

Rz 271
Keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind

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