2.8.5.2.1 Allgemeines
§ 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 idF des AbgÄG 2014 sieht ab der Veranlagung 2015 vor, dass angesetzte Verluste aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, spätestens im dritten Jahr nach deren Ansatz nachzuversteuern sind. Dementsprechend ist zu unterscheiden:- Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem eine umfassende Amtshilfe besteht oder
- Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht, sofern die ausländische Verlustverwertung im ersten oder zweiten Jahr nach inländischem Verlustansatz erfolgt.
Nachversteuerung infolge Verlustverwertung im Ausland bei
- Nachversteuerung infolge Zeitablaufs bei Verlustberücksichtigung aus einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht (siehe Rz 215), soweit nicht bereits im ersten oder zweiten Jahr nach inländischem Ansatz eine Nachversteuerung infolge ausländischer Verlustverwertung erfolgt ist.
Führt die Verlustverwertung im Ausland zur Nachversteuerung, sind die ältesten Verluste zuerst nachzuversteuern ("first in - first out-Verfahren", siehe Rz 202a). Nur ein allenfalls verbleibender Rest kommt für eine Nachversteuerung infolge Zeitablaufs in Betracht.
Zur Übergangsregelung für bis 2014 berücksichtigte Verluste aus Staaten, mit denen keine umfassende Amtshilfe besteht (§ 124b Z 249 EStG 1988 idF AbgÄG 2014), siehe Rz 217.
Die Nachversteuerung betrifft "angesetzte" Verluste. Es gilt:- Der Nachversteuerung unterliegen Verluste aus dem Ausland nur insoweit, als sie im Inland im Rahmen des Verlustdeckels steuerlich im Wege des Verlustausgleichs oder Verlustvortrages wirksam geworden sind. Siehe Rz 204, die entsprechend gilt.
- Unterbleibt ein "Ansatz" im Inland aufgrund der im selben Jahr erfolgenden ausländischen Verlustberücksichtigung, kommt auch eine Nachversteuerung nicht in Betracht (siehe Rz 198 und Rz 211 betreffend ausländischer Verlustzurechnung an Komplementär).
- Werden ausländische Einkünfte eines in Österreich ansässigen Abgabepflichtigen in einem ausländischen Staat nicht durch Gegenüberstellung der tatsächlich erzielten Erträge (Einnahmen) und der tatsächlich geleisteten Aufwendungen (Ausgaben), sondern in pauschalierter Form einer (Gewinn/Überschuss)Besteuerung unterzogen, bleibt für eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung kein Raum; dementsprechend kommt es zu keiner Nachversteuerung.
- Sind ausländische Einkünfte nach ausländischem Recht generell steuerbefreit (zB sogenannte "Tax Holidays"), kommt eine Verlustberücksichtigung in Österreich auf Grund der Verlustdeckelung nicht in Betracht; dementsprechend kommt es zu keiner Nachversteuerung.
Eine umfassende Amtshilfe besteht mit sämtlichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union aufgrund der Amtshilferichtlinie (RL 2011/16/EU ) sowie mit bestimmten Drittstaaten aufgrund von großen Auskunftsklauseln in Doppelbesteuerungsabkommen, aufgrund des multilateralen Amtshilfeabkommens oder aufgrund von anderen Abkommen über den Informationsaustausch (Tax Information Exchange Agreements - TIEA). Diese Staatenund Territorien werden in der BMF-Information "Umfassende Amtshilfe im Bereich Steuern vom Einkommen" in der jeweils geltenden Fassung abschließend aufgelistet. Diese Liste wird regelmäßig aktualisiert.
Als abschließende Liste jener Staaten, mit denen mit Stand 1.1.2015 eine umfassende Amtshilfe bestand, ist die Information des BMF vom 27.1.2015, BMF-010221/0844-VI/8/2014, heranzuziehen.
Die Nachversteuerung infolge Zeitablaufs hat spätestens im drittfolgenden Jahr nach Verlustansatz zu erfolgen. Eine frühere freiwillige gänzliche oder teilweise Nachversteuerung ist möglich; in einem solchen Fall wäre nur mehr der verbleibende Rest von der Nachversteuerung im drittfolgenden Jahr betroffen.Die Verpflichtung zur Nachversteuerung aufgrund einer Verlustverwertung im Ausland geht der Nachversteuerung auf Grund Zeitablaufes vor; dementsprechend hat eine solche gegebenenfalls im ersten und zweiten Jahr nach Ansatz des Verlustes entsprechend dem "first in - first out-Verfahren" zu erfolgen (siehe Rz 212).
Erfolgt im ersten oder zweiten Jahr nach Ansatz des Verlustes eine freiwillige oder verpflichtende Nachversteuerung, ist zu dokumentieren, ob bzw. in welchem Umfang der Verlust für eine erforderliche Nachversteuerung im drittfolgenden Jahr noch vorhanden ist.
Beispiele:
- 1. Im Jahr 1 wird ein ausländischer Verlust von 22 im Inland mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen und damit zur Gänze verwertet. Im Ausland geht der Verlust zur Gänze in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 2 erfolgt im Ausland eine Verwertung dieses Verlustes in Höhe von 9. Es ist in diesem Jahr ein Betrag von 9 nachzuversteuern. Die verbleibenden 13 sind spätestens im Jahr 4 nachzuversteuern.
- 2. Im Jahr 1 geht ein ausländischer Verlust iHv 20 mangels anderer ausgleichsfähiger Einkünfte zur Gänze in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 2 erfolgt im Ausland eine Verwertung dieses Verlustes iHv 8. Es ist in diesem Jahr ein Betrag von 8 nachzuversteuern. Der Ansatz des Nachversteuerungsbetrages ermöglicht einen Verlustabzug in derselben Höhe. Die verbleibenden 12 sind spätestens im Jahr 4 nachzuversteuern.
- 3. Im Jahr 1 wird ein ausländischer Verlust iHv 20 im Umfang von 5 mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen; der Rest (15) geht in den Verlustvortrag ein. Im Jahr 3 entscheidet sich der Steuerpflichtige zur freiwilligen gänzlichen Nachversteuerung des Verlustes aus dem Jahr 1 in Höhe von 20. Im Jahr 2 wurde kein Verlustabzug im Inland berücksichtigt, daher kann mit dem Nachversteuerungsbetrag ein Verlustvortrag iHv 15 verrechnet werden. Infolge der freiwilligen gänzlichen Nachversteuerung ist im Jahr 4 nichts mehr nachzuversteuern.
2.8.5.2.2 Übergangsbestimmung für die Kalenderjahre 2016 bis 2018
Nach der Übergangsbestimmung § 124b Z 249 lit. b EStG 1988 ist § 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 erstmalig ab der Veranlagung 2015 anzuwenden. Sämtliche bis dahin noch nicht nachversteuerte Verluste aus Staaten, mit denen mit Stand 1.1.2015 keine umfassende Amtshilfe besteht (siehe dazu Rz 215), erhöhen in den Jahren 2016 bis 2018 zu mindestens einem Drittel den Gesamtbetrag der Einkünfte, soweit sie nicht bei der Veranlagung 2016 auf Grund der Verlustverwertung im Ausland nachzuversteuern sind; eine frühere freiwillige gänzliche oder teilweise Nachversteuerung ist möglich. Für die Nachversteuerung in den Jahren 2017 und 2018 ist die tatsächliche Verlustverwertung sodann unbeachtlich.Die berücksichtigten Verluste sind dann nicht nachzuversteuern, wenn die Verluste
- in Wirtschaftsjahren entstanden sind, die vor dem 1. 3. 2014 enden,
- nicht mehr im Ausland verwertet werden können und
- aus ausländischen Betrieben/Betriebsstätten stammen, die vor dem 1.1.2017 aufgegeben oder veräußert werden.
Beispiel:
Ein österreichisches Unternehmen (Bilanzstichtag 31.12.) unterhält seit Jahren eine Betriebsstätte in einem Staat, mit dem keine umfassende Amtshilfe besteht; bis zum 31.12.2013 wurden dem Unternehmen über die Jahre aus der Betriebsstätte Verluste von insgesamt 15 Mio. (€) zugerechnet, von denen bisher nur 6 Mio. nachversteuert worden sind; 9 Mio. sind daher noch nachversteuerungshängig. Im Jahr 2014 erleidet die Betriebsstätte wiederum einen Verlust von 3 Mio., im Jahr 2015 von 1 Mio.
Nach der Übergangsbestimmung wären die noch nicht nachversteuerten Verluste bis inklusive 2014 von insgesamt 12 Mio. über die Kalenderjahre 2016 bis 2018 nachzuversteuern. Sollte im Jahr 2016 eine Nachversteuerung aufgrund einer Verlustverwertung im Ausland stattfinden, würde nur der Restbetrag der verteilten Nachversteuerung unterliegen.
Für die bis zum Jahr 2013 angelaufenen Verluste iHv 9 Mio. kann der Unternehmer aber die Nachversteuerung dadurch vermeiden, dass er die ausländische Betriebsstätte bis zum 31.12.2016 aufgibt oder veräußert, sofern dadurch die Verluste im Ausland in der Folge nicht mehr verwertet werden können. Ein allfälliger Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn löst allerdings insoweit eine Nachversteuerung aus. Sollten allerdings bei Weiterbestand der Betriebsstätte noch offene Verlustvorträge nach ausländischem Recht auf den Erwerber übergehen, stünde dies der Vermeidung der Nachversteuerung entgegen.
Für die im Jahr 2014 zugerechneten Verluste von 3 Mio. gilt die Ausnahme von der Nachversteuerung nicht; selbst wenn im Jahre 2016 die Betriebsstätte aufgegeben würde, wären daher die Verluste aus dem Jahr 2014 sowie aus dem Jahr 2015 zwingend nachzuversteuern. Für die Verluste aus dem Jahre 2014 greift grundsätzlich die verteilte Nachversteuerung über die Jahre 2016 bis 2018, die Verluste aus dem Jahr 2015 unterliegen bereits generell § 2 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 und sind spätestens 2018 nachzuversteuern. Eine freiwillige frühere Nachversteuerung bleibt sowohl hinsichtlich des Verlustes aus 2014 als auch hinsichtlich des Verlustes aus 2015 möglich.
Randzahlen 218 bis 299: derzeit frei