Bei der Sicherungsübereignung geht das zivilrechtliche Eigentum am Sicherungsgut auf den Sicherungsnehmer (Kreditgeber) über, das Sicherungsgut selbst bleibt in der Regel in der Verfügungsmacht des Sicherungsgebers (Kreditnehmers). Die Sicherungsübereignung selbst sowie eine Rückübereignung nach Wegfall des Sicherungsgrundes führen nicht zu einer Lieferung.
Beim Verfall kommt es mit der Verwertung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsnehmer im Wege der Veräußerung an einen Dritten zu einer Doppellieferung (siehe Rz 431). Für die Feststellung des Zeitpunktes der Lieferung durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer wird in der Regel auf den tatsächlichen Zeitpunkt der Veräußerung durch den Sicherungsnehmer an den Dritten abgestellt.
Nur die Lieferung des Sicherungsgutes durch den Sicherungsgeber an den Sicherungsnehmer führt zum Übergang der Steuerschuld, bei der Lieferung im Insolvenzverfahren durch einen Masseverwalter als Sicherungsgeber an einen Dritten ist kein Umsatz zwischen Sicherungsgeber und Sicherungsnehmer gegeben.
Beispiel:
Eine Bank finanziert für den Unternehmer A die Anschaffung einer Maschine, die ihr sicherungsübereignet wird. Da A das Darlehen nicht bezahlen kann, verwertet die Bank die Maschine und veräußert sie an den Unternehmer B. Es kommt zu einer Lieferung des Unternehmers A als Sicherungsgeber an die Bank als Sicherungsnehmerin und einer Lieferung der Bank an den Unternehmer B. Die Steuerschuld für die Lieferung des Unternehmers A geht auf die Bank als Leistungsempfängerin über.
Lieferung von Vorbehaltseigentum bei vorangegangener Übertragung des Eigentumsvorbehalts
Wurde die Anschaffung eines Wirtschaftsgutes durch einen Dritten (zB Kreditinstitut) finanziert und dabei vom Veräußerer des Wirtschaftsgutes der Eigentumsvorbehalt zusammen mit seiner Kaufpreisforderung an den Dritten abgetreten, kommt es bei der Lieferung des Vorbehaltskäufers (Erwerber des Wirtschaftsgutes) an den Vorbehaltseigentümer (zB Kreditinstitut) im Zuge der Verwertung zum Übergang der Steuerschuld (siehe hierzu auch Rz 2411). Macht der Veräußerer selbst einen Eigentumsvorbehalt geltend, ist von der Rückgängigmachung der Lieferung auszugehen (siehe Rz 430 und Rz 2409), so dass hier mangels Umsatz ein Übergang der Steuerschuld nicht möglich ist.
Beispiel:
Eine Bank finanziert für den Unternehmer A die Anschaffung einer Maschine. Der Veräußerer V der Maschine tritt der Bank den Eigentumsvorbehalt sowie die Kaufpreisforderung ab. Da A das Darlehen nicht bezahlen kann, macht die Bank den Eigentumsvorbehalt geltend und veräußert die von A herausgegebene Maschine an den Unternehmer B. Es kommt zu einer Lieferung des Unternehmers A als Vorbehaltskäufer an die Bank als Vorbehaltseigentümerin und einer Lieferung der Bank an den Unternehmer B. Die Steuerschuld für die Lieferung des Unternehmers A geht auf die Bank als Leistungsempfängerin über.
Lieferung von Grundstücken im Rahmen der Zwangsversteigerung
Betroffen vom Übergang der Steuerschuld sind Lieferungen von Grundstücken als Vollstreckungsobjekt im Zwangsversteigerungsverfahren.
Zum Grundstücksbegriff siehe Rz 639v und 773a.
Damit es bei der Lieferung eines Grundstücks im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens zum Übergang der Steuerschuld kommen kann, muss auf die Steuerbefreiung verzichtet werden. Ein solcher Verzicht ist nur zulässig, wenn hierüber spätestens bis vierzehn Tage nach Bekanntgabe des Schätzwertes (§ 144 EO) eine Mitteilung an das Exekutionsgericht erfolgt (siehe Rz 793).
Vor dem 1.1.2017 bezog sich die Bestimmung auf Grundstücke im zivilrechtlichen Sinn, Gebäude auf fremdem Boden und Baurechte. Anders als Grundstücke im Sinne des § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 (siehe Rz 774 ff) waren hier vom Grundstücksbegriff auch Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, erfasst. Soweit zu einem Grundstück gehörende Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, zwangsversteigert wurden, lag immer eine steuerpflichtige Lieferung vor.
Randzahlen 2604 bis 2604c: derzeit frei.
19.1.4. Übergang der Steuerschuld bei Gas-, Strom-, Wärme- und Kältelieferungen über Verteilungsnetze (§ 19 Abs. 1c UStG 1994)
Die Steuerschuld für Lieferungen- von Gas über Erdgasnetze im Allgemeinen (nicht nur über das Erdgasverteilungsnetz),
- von Elektrizität,
- von Wärme über Wärmenetze und
- von Kälte über Kältenetze
geht auf den Leistungsempfänger über, wenn
- dieser im Inland zur Mehrwertsteuer erfasst ist und
- der Lieferer im Inland nicht ansässig (Rz 2604f) ist.
Der Lieferer haftet für die Steuer.
Vom Übergang der Steuerschuld erfasst sind neben Stromlieferungen und Gaslieferungen, die über das Erdgasverteilungsnetz erfolgen, auch Erdgaslieferungen über andere Netze, die zwar an das Erdgasverteilungsnetz angeschlossen, nicht aber dessen Bestandteil sind, zB Rohrleitungen des Gas-Fernleitungsnetzes.Darüber hinaus geht die Steuerschuld für Wärmelieferungen über Wärmenetze und Kältelieferungen über Kältenetze auf den Empfänger über, sofern dieser Unternehmer ist.
Zum Übergang der Steuerschuld kommt es nur, wenn der Leistende ein Unternehmer ist, der im Inland weder sein Unternehmen betreibt noch eine an der Leistungserbringung beteiligte Betriebsstätte hatZur Betriebsstätte und deren Beteiligung an der Leistungserbringung siehe auch Rz 2601.