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6.1.13. Bausparkassen- und Versicherungsvertreter

BMF2022-0.860.1245.12.2022

Rz 881
Die Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 erstreckt sich auf alle Leistungen, die in Ausübung der begünstigten Tätigkeiten erbracht werden. Unselbständige Nebenleistungen zu den Vermittlungsleistungen wie Inkasso, Kundenbetreuung und Beratung sind steuerbefreit. Die Begutachtung bzw. Bewertung von Schäden sowie Tätigkeiten zur Schadensregulierung sind keine berufstypischen Tätigkeiten von Versicherungsvertretern oder -maklern (vgl. EuGH 20.11.2003, Rs C-8/01 , Assurander-Societetet; EuGH 17.3.2016, Rs C-40/15, Aspiro SA). Eine steuerfreie unselbstständige Nebenleistung liegt diesbezüglich nur vor, wenn die Schadensbegutachtung bzw. -regulierung ohne gesondertes Entgelt im Zusammenhang mit vom Versicherungsvertreter oder -makler vermittelten Versicherungsverträgen erfolgt (siehe auch VwGH 16.12.1999, 96/15/0116).

Die von einem Versicherungsvertreter bzw. -maklerbüro den Versicherungsnehmern gesondert in Rechnung gestellten Entgelte für die An-, Ab- und Ummeldung von Kraftfahrzeugen sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit. Diese Leistungen stellen keine unselbstständigen Nebenleistungen zur Vermittlung von Versicherungsverträgen dar und werden nur gegenüber dem Versicherungsnehmer erbracht. Leistungsempfänger ist in diesem Fall nicht der Versicherer (VwGH 01.03.2007, 2004/15/0090). Zur Beratungsleistung als unselbstständige Nebenleistung einer Versicherungsvermittlung gilt Rz 753b sinngemäß.

Hilfsgeschäfte sind nicht gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 befreit, können jedoch gemäß § 6 Abs. 1 Z 26 UStG 1994 befreit sein. Wird ein Kundenstock veräußert, sind die Nachfolgeprovisionen in den Leistungsaustausch eingebunden, den der Rechtsvorgänger durch den Abschluss verschiedener Versicherungsverträge begonnen hat. Der Erwerber unterliegt mit diesen der USt, die Umsätze sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 steuerbefreit (VwGH 20.1.1992, 91/15/0067).

Die Tätigkeit der Versicherungsmakler, der Vermittler von Pensionskassenverträgen sowie die Umsätze der Untervertreter fallen ebenfalls unter die Befreiung (vgl. EuGH 3.4.2008, Rs C-124/07 , J.C.M. Beheer BV, zu den steuerfreien Leistungen eines für eine Versicherungsmaklergesellschaft tätigen Untervertreters). Die Befreiung ist weder an eine bestimmte Rechtsform gebunden, noch stellt sie darauf ab, dass die begünstigten Tätigkeiten im Rahmen der gesamten unternehmerischen Tätigkeit überwiegen. Unter die Befreiung fällt zB auch ein Kreditinstitut, das Bauspar- oder Versicherungsverträge vermittelt.

Rz 882
Voraussetzung für die Anwendung der Befreiungsvorschrift ist, dass eine Vermittlungstätigkeit vorliegt. Eine solche ist nicht gegeben, wenn sich die Tätigkeit des Unternehmens auf bloße Adressenbeschaffung und das Führen von Kontaktgesprächen beschränkt. Entscheidend für das Vorliegen einer Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder -makler bzw. als Bausparkassenvertreter ist der Inhalt der Dienstleistung, nicht die formale Eigenschaft des Dienstleistungserbringers. In diesem Rahmen ist zu prüfen, ob zwei Kriterien erfüllt sind: Erstens muss der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung stehen, wobei diese Verbindung auch nur mittelbarer Natur sein kann, wenn der Dienstleistungserbringer ein Unterauftragnehmer des Versicherungsmaklers oder -vertreters ist. Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit - wie Kunden im Hinblick auf den Abschluss von Versicherungsverträgen zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen - umfassen (vgl. EuGH 8.7.2021, Rs C-695/19 , Rádio Popular - Electrodomésticos SA, Rn 36 mit Verweis auf EuGH 25.3.2021, Rs C-907/19 , Q-GmbH, Rn 37; VwGH 24.1.2022, Ra 2021/13/0068).

Die konkrete Art der Leistungserbringung, ob im Wege der elektronischen Datenverarbeitung, automatisch oder manuell, ist für die Anwendbarkeit der Steuerbefreiung ohne Bedeutung. Auch die vollständige Leistungserbringung im Wege der elektronischen Datenverarbeitung (zB über eine Internetplattform) steht der Anwendung der Befreiung nicht entgegen, wenn die erbrachte Dienstleistung die spezifischen und wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllt (vgl. sinngemäß EuGH 17.6.2021, Rs C-58/20 und C-59/20 , K und DBKAG, Rn 53 und 55). Ein Leistungsbündel, das die Schaltung von Werbung durch den Dienstleistungserbringer für ein bestimmtes Versicherungsprodukt, die Ermöglichung der Voranmeldung der potentiellen Versicherungsnehmer auf der Internetseite des Dienstleistungserbringers und die automatische Weiterleitung nur von am Produkt interessierten Personen an den Versicherer umfasst, kann als einheitliche Vermittlungsleistung iSd § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994 angesehen werden (vgl. VwGH 24.1.2022, Ra 2021/13/0068).

Der Annahme von Dienstleistungen, die von Versicherungsmaklern oder -vertretern erbracht werden, steht es nicht entgegen, wenn der Versicherungsmakler oder -vertreter beim Zustandekommen des von ihm initiierten Versicherungsvertrages von einer Vertragspartei bevollmächtigt gewesen ist (EuGH Rs C-124/07 , J.C.M. Beheer BV

Die an einen Versicherungsnehmer gezahlten "Provisionen" stellen hingegen keine Leistungsentgelte für Versicherungsvermittlungen dar, ihnen kommt vielmehr der Charakter von Prämiennachlässen oder Prämienrückzahlungen zu (VwGH 18.11.2008, 2006/15/0143).

Hagelberater der Österreichischen Hagelversicherung, die aufgrund der Satzung der Versicherung zwar keine Versicherungsanträge unterzeichnen können, sonst aber dieselben Tätigkeiten ausüben wie ein Versicherungsvertreter (insbesondere die Anbahnung von Hagelversicherungsverträgen), gelten als Versicherungsvertreter iSd § 6 Abs. 1 Z 13 UStG 1994.

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