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Geschäftsführervergütungen bei Ferngeschäftsführung

BMF2021-0.451.6122.7.20212021

EAS 3433

Wird ein in Österreich ansässiger Alleingeschäftsführer einer GmbH mit Sitz in Deutschland überwiegend in Österreich tätig ("Ferngeschäftsführung"), so kommt Art. 16 Abs. 2 DBA-Deutschland nur dann zur Anwendung, wenn die Gesellschaft auch abkommensrechtlich in Deutschland ansässig ist.

Ist die GmbH vor dem Hintergrund der Ferngeschäftsführung sowohl in Deutschland (aufgrund des Sitzes) als auch in Österreich (aufgrund des Ortes der Geschäftsleitung) unbeschränkt steuerpflichtig und daher gemäß Art. 4 Abs. 1 DBA-Deutschland in beiden Staaten ansässig, so ist diese abkommensrechtliche Doppelansässigkeit durch Anwendung der Tie-Breaker Regelung des Art. 4 Abs. 3 DBA-Deutschland und durch Bestimmung des Ortes der tatsächlichen Geschäftsleitung zu lösen.

Der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung befindet sich dort, wo die grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen, die für die Führung der Geschäfte des Rechtsträgers bzw. der Gesellschaft als Ganzes notwendig sind, im Wesentlichen getroffen werden (Rz 24 OECD-MK zu Art. 4 OECD-MA 2014). Entscheidend ist dementsprechend der Ort, an dem diese Entscheidungen getroffen werden, und nicht etwa der Ort, an dem geschäftsleitende Anordnungen zugehen. Trifft der Alleingeschäftsführer daher alle grundlegenden Leitungs- und kaufmännischen Entscheidungen während seiner Tätigkeit in Österreich, so ist die GmbH nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 3 DBA-Deutschland in Österreich ansässig. Damit kann zugleich der Anwendungsbereich des Art. 16 Abs. 2 DBA-Deutschland nicht erfüllt sein, sodass das Recht zur Besteuerung der Einkünfte des Geschäftsführers - je nach Ausgestaltung des konkreten Sachverhalts - nach Maßgabe von Art. 7, Art. 14 oder Art. 15 DBA-Deutschland aufzuteilen ist (siehe dazu im Detail EAS 3431).

Die mit Deutschland abgeschlossene Verständigungsvereinbarung vom 1. Juni 1994 (siehe Punkt 7 des Erlasses des BMF vom 30. November 2006, BMF-010221/0187-IV/4/2006), derzufolge im Falle von Ferngeschäftsführung der Sitzstaat der Gesellschaft als deren "Wohnsitz"-Staat für DBA-Zwecke gelten solle, wenn die Weisungen der geschäftsführenden Organe dort zugehen, wurde im Rahmen von Konsultationsgesprächen mit Deutschland daher als nicht mehr erforderlich erklärt (siehe Erlass des BMF vom 17. Juni 2021, 2021-0.412.101).

Bundesministerium für Finanzen, 2. Juli 2021

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

Art. 16 Abs. 2 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 4 Abs. 1 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 4 Abs. 3 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 7 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 14 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002
Art. 15 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002

Schlagworte:

Alleingeschäftsführer, Geschäftsführer, Ferngeschäftsführung, Doppelansässigkeit, Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung, Konsultationsvereinbarung

Verweise:

BMF 30.11.2006, BMF-010221/0187-IV/4/2006
BMF 17.06.2021, 2021-0.412.101
EAS 3431

Stichworte