9.5.2.4 Mitunternehmerschaften

BMF2021-0.103.7266.5.2021

Rz 3917
Bei Gesellschaften, deren Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, wird die COVID-19-Rücklage nicht im Feststellungsverfahren (§ 188 BAO) berücksichtigt. Die aus der Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft stammenden Gewinnanteile (Tangenten) werden beim jeweiligen Mitunternehmer im Gesamtbetrag seiner betrieblichen Einkünfte erfasst. Die Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage erfolgt somit nur im Rahmen der jeweiligen Veranlagung der Mitunternehmer, weshalb auch die Höhe der für die Bemessung der Sozialversicherung relevanten festzustellenden Einkünfte dadurch nicht beeinflusst wird. Die für die COVID-19-Rücklage geltenden betraglichen Beschränkungen (siehe Rz 3912) sind folglich auch bezogen auf den jeweiligen Mitunternehmer anzuwenden.

Beispiel:

A und B sind zu je 50% an der gewerblich tätigen AB-OG beteiligt. 2019 erzielt die AB-OG einen Gewinn in Höhe von 500.000, der A und B entsprechend ihrer Beteiligungsquoten als Gewinnanteil (§ 23 Z 2 EStG 1988) zugerechnet wird; die A und B jeweils zuzurechnenden betrieblichen Einkünfte wurden im Feststellungsverfahren gemäß § 188 BAO ermittelt. Darüber hinaus erzielt A 2019 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 10.000 Euro; B erzielt keine weiteren Einkünfte. Insgesamt erzielt A somit in 2019 betriebliche Einkünfte in Höhe von 260.000, B von 250.0000 Euro. 2020 erwartet die AB-OG einen Verlust, sodass auch von einem voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der jeweiligen betrieblichen Einkünfte von A und B auszugehen ist, dessen Höhe jedoch noch nicht vorhersehbar ist. Die Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bei A und B betragen Null.

A kann in seiner Veranlagung zur Einkommensteuer 2019 eine COVID-19-Rücklage in Höhe von 78.000 Euro bilden (260.000*30%); B in Höhe von 75.000 Euro (250.000*30%). Die Höhe der gemäß § 188 BAO festgestellten Einkünfte wird durch die COVID-19-Rücklage folglich nicht berührt.

Rz 3918
Für voraussichtliche Wartetastenverluste nach § 23a Abs. 1 EStG 1988 kann keine COVID-19-Rücklage gebildet werden. Diese sind nur mit Gewinnen späterer Wirtschaftsjahre zu verrechnen. Dies gilt auch insoweit diese Verluste zu ausgleichs- und vortragsfähigen Verlusten werden. Zu Wartetastenverlusten beim Verlustrücktrag siehe Rz 3933.

Rz 3919
Ein entsprechender Antrag auf Bildung einer COVID-19-Rücklage ist vom jeweiligen Mitunternehmer zu stellen. Kommt es infolge einer nachträglichen Abänderung des Feststellungsbescheides zu einer Erhöhung einer Tangente (§ 295 Abs. 1 BAO) und erhöht sich infolgedessen der positive Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2019 des jeweiligen Mitunternehmers, kann vor der Veranlagung 2020 insoweit ein (weiterer) Antrag auf zusätzliche Berücksichtigung einer COVID-19-Rücklage gestellt werden.

Vermindert sich durch eine nachträgliche Verminderung einer Tangente der positive Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2019 derart, dass die bisher berücksichtigte COVID-19-Rücklage im verminderten Höchstausmaß nicht mehr Deckung findet, ist im Rahmen der Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO auch das Ausmaß der bei der Veranlagung 2019 zu berücksichtigenden COVID-19-Rücklage zu korrigieren. Ist der Veranlagungsbescheid 2020 bereits rechtskräftig, ist die dadurch erforderliche Änderung der Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung 2020 im Wege einer Änderung gemäß § 295 Abs. 3 BAO vorzunehmen.

Beispiel:

Im Rahmen des Einkommensteuerbescheides 2019 wurde eine COVID-19-Rücklage wie folgt berücksichtigt.

Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 (Einzelunternehmen)

80.000

Beteiligungseinkünfte gemäß § 23 EStG 1988

20.000

Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte

100.000

COVID-19-Rücklage (30%, ohne Glaubhaftmachung eines höheren Verlustes)

- 30.000

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

10.000

Gesamtbetrag der Einkünfte

80.000

Nach Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide 2019 und 2020 werden die Einkünfte 2019 aus der Mitunternehmerschaft geändert und betragen statt 20.000 Euro nur 10.000 Euro. Im Rahmen der Änderung gemäß § 295 Abs. 1 BAO ist der Gesamtbetrag der Einkünfte 2019 wie folgt zu ermitteln:

Einkünfte gemäß § 23 EStG 1988 (Einzelunternehmen)

80.000

Beteiligungseinkünfte gemäß § 23 EStG 1988

10.000

Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte

90.000

COVID-19-Rücklage (30%)

- 27.000

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

10.000

Gesamtbetrag der Einkünfte

73.000

Durch die Änderung des Ausmaßes der COVID-19-Rücklage durch den gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderten Einkommensteuerbescheid 2019 ist auch der Einkommensteuerbescheid 2020 gemäß § 295 Abs. 3 BAO in Bezug auf die Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage zu ändern: Die verminderte Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage führt daher 2020 zu einer Verminderung der Hinzurechnung in Höhe von 3.000 Euro.

9.5.2.5 Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage

Rz 3920
Eine bei der Veranlagung 2019 vom Gesamtbetrag der Einkünfte in Abzug gebrachte COVID-19-Rücklage ist bei der Veranlagung 2020 dem Gesamtbetrag der Einkünfte wieder hinzuzurechnen. Die Hinzurechnung hat bei der Veranlagung 2020 zwingend in dem Ausmaß zu erfolgen, in dem die COVID-19-Rücklage bei der Veranlagung 2019 abgezogen wurde. Da der Abzug und die Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage betragsmäßig ident sind, wird der bei der Veranlagung 2019 bereits berücksichtigte Verlust aus 2020 bei der Veranlagung 2020 insoweit gekürzt. Da sowohl die Hinzurechnung als auch der Abzug der COVID-19-Rücklage lediglich den Gesamtbetrag der Einkünfte beeinflussen, bewirken diese keine Änderung der Höhe der betrieblichen Einkünfte (siehe bereits Rz 3909).

Fortsetzung Beispiel 1, Variante a in Rz 3912:

Im Jahr 2020 beträgt der tatsächliche Verlust aus Gewerbebetrieb 130.000 Euro, der Gewinn aus selbständiger Arbeit 1.600 Euro und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 5.200 Euro.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 beträgt:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

1.600

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

- 130.000

Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage

113.340

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

5.200

Gesamtbetrag der Einkünfte 2020

- 9.860

Fortsetzung Beispiel 1, Variante b in Rz 3912:

Im Jahr 2020 beträgt der tatsächliche Verlust aus Gewerbebetrieb 280.000 Euro, der Gewinn aus selbständiger Arbeit 1.600 Euro und die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 5.200 Euro.

Der Gesamtbetrag der Einkünfte 2020 beträgt:

Einkünfte aus selbständiger Arbeit

1.600

Einkünfte aus Gewerbebetrieb

- 280.000

Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage

226.680

Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

5.200

Gesamtbetrag der Einkünfte 2020

- 46.520

Ergibt sich in Folge der Hinzurechnung der COVID-19-Rücklage ein positiver Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte, wurde die COVID-19-Rücklage zu hoch gebildet und es ist eine Korrektur vorzunehmen: Im Jahr der Bildung der COVID-19-Rücklage ist diese dahingehend zu kürzen, dass sie nur den negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte umfasst. Die Korrektur ist im Wege des § 295a BAO vorzunehmen. Sollten die betraglichen Voraussetzungen bloß geringfügig sein, bestehen keine Bedenken, von der Korrektur abzusehen.

9.5.2.6 COVID-19-Rücklage bei abweichendem Wirtschaftsjahr

Rz 3921
Endet im Kalenderjahr 2020 ein abweichendes Wirtschaftsjahr, besteht - wie auch beim Verlustrücktrag - das Wahlrecht, die COVID-19-Rücklage vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2020 oder vom voraussichtlichen negativen Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 zu bemessen (§ 3 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung). Wird der voraussichtliche negative Gesamtbetrag der betrieblichen Einkünfte 2021 herangezogen, sind die Bestimmungen über die Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage (Ermittlung, Abzug, Hinzurechnung und Herabsetzung Vorauszahlungen) an Stelle der Jahre 2020 und 2019 auf die Jahre 2021 und 2020 zu beziehen.

Zum abweichenden Wirtschaftsjahr beim Verlustrücktrag siehe Rz 3934.

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