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9.5.3.3 Mitunternehmerschaften

BMF2021-0.103.7266.5.2021

Rz 3932
Bei Mitunternehmerschaften berührt der Verlustrücktrag - wie eine COVID-19-Rücklage (dazu Rz 3917) - die Feststellung der Einkünfte nach § 188 BAO nicht, sondern ist lediglich im Rahmen der Veranlagung bei dem einzelnen Mitunternehmer zu berücksichtigen. Somit kann jeder Mitunternehmer den Verlustrücktrag unabhängig von den anderen Mitunternehmern in Anspruch nehmen. Die für den Verlustrücktrag geltenden betraglichen Beschränkungen (siehe Rz 3925) sind folglich auch bezogen auf den jeweiligen Mitunternehmer anzuwenden.

Beispiel:

A ist zu 50%, B zu 30% und C zu 20% an der ABC-OG beteiligt. Die ABC-OG hat folgende steuerliche Ergebnisse erzielt:

2018:

300.000

2019:

400.000

2020:

-500.000

Zudem hatte der Gesellschafter A folgende Sonderbetriebseinnahmen und Sonderbetriebsausgaben (saldiert):

2018:

18.000

2019:

17.000

2020:

3.000

Daraus ergeben sich bei A folgende Einkünfte:

2018:

168.000

2019:

217.000

2020:

-247.000

A kann beantragen, den Verlust des Jahres 2020 auf 2019 rückzutragen und den darüber hinaus gehenden Verlust iHv 30.000 auf das Jahr 2018 rückzutragen (vorausgesetzt es bestehen keine anderen Einkünfte).

Kommt es infolge einer nachträglichen Abänderung des Feststellungsbescheides zu einer Änderung einer Tangente (§ 295 Abs. 1 BAO) und erhöht sich infolgedessen beim jeweiligen Mitunternehmer eine für die Geltendmachung des Verlustrücktrages maßgebliche Größe (Gesamtbetrag der Einkünfte 2020, 2019 bzw. 2018), kann insoweit ein (weiterer) Antrag auf zusätzliche Berücksichtigung eines Verlustrücktrages gestellt werden (siehe dazu Rz 3937).

Rz 3933
Nicht rücktragsfähig sind Wartetastenverluste nach § 23a Abs. 1 EStG 1988. Dies gilt auch, wenn die Wartetastenverluste nach § 23a Abs. 4 EStG 1988 zu vortragsfähigen Verlusten werden.

9.5.3.4 Abweichendes Wirtschaftsjahr

Rz 3934
Bei abweichendem Wirtschaftsjahr besteht die Möglichkeit, dass COVID-19-bedingte Verluste erst im abweichenden Wirtschaftsjahr 2020/2021 eintreten; sie würden damit erst in der Veranlagung 2021 berücksichtigt werden. Daher hat der Steuerpflichtige diesfalls ein Wahlrecht, den Verlust alternativ aus der Veranlagung 2020 oder aus der Veranlagung 2021 rückzutragen (§ 124b Z 355 lit. b EStG 1988). Wird der Verlust aus der Veranlagung 2021 rückgetragen, kann dieser im Rahmen der Veranlagung 2020 bzw. unter bestimmten Voraussetzungen im Rahmen der Veranlagung 2019 abgezogen werden. In diesem Fall beziehen sich die Regelungen der §§ 6 und 7 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung auf die Jahre 2021, 2020 und 2019.

Beispiel:

Das Wirtschaftsjahr eines Steuerpflichtigen beginnt mit 1.4. und endet zum Bilanzstichtag 31.3. Im Wirtschaftsjahr 1.4.2019 - 31.3.2020 hat der Steuerpflichtige noch einen Gewinn erzielt. Im folgenden Wirtschaftsjahr 1.4.2020 - 31.3.2021 hat der Steuerpflichtige bedingt durch COVID-19 allerdings einen hohen Verlust erzielt. Da in der Veranlagung 2020 nur der Gewinn des Wirtschaftsjahres mit Stichtag 31.3.2020 zu berücksichtigen ist (§ 2 Abs. 5 EStG 1988), bestünde ohne Sonderregelung keine Möglichkeit, den - erst im folgenden Wirtschaftsjahr entstehenden - Verlust rückzutragen. Der Steuerpflichtige kann daher wählen, den im Rahmen der Veranlagung 2021 zu berücksichtigenden Verlust aus dem Wirtschaftsjahr 1.4.2020 - 31.3.2021 auf das Jahr 2020 und allenfalls auf das Jahr 2019 rückzutragen.

9.5.3.5 Verlustrücktrag bei Rechtsnachfolge

Rz 3935
§ 124b Z 355 EStG 1988 enthält keine ausdrücklichen Regelungen für einen steuersubjektübergreifenden Verlustrücktrag bei Gesamtrechtsnachfolge (zB Erbfolge) sowie für Umgründungen. Anders als im Zuge der Bildung der COVID-19-Rücklage ist bei der Durchführung des tatsächlichen Verlustrücktrages ein subjektübergreifender Verlustrücktrag vorgesehen (§ 8 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung). Da der Verlustrücktrag einen "umgekehrten Verlustvortrag" darstellt, gelten die für den Verlustvortrag allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätze.

Wie der Verlustvortrag ist auch der Verlustrücktrag somit ein höchstpersönliches Recht. Persönlich rücktragsberechtigt ist nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen daher grundsätzlich jene Person, die den Verlust erlitten hat (vgl. VwGH 4.6.1986, 84/13/0251 zum Verlustabzug). Nur im Rahmen einer unentgeltlichen Übertragung von Todes wegen kommt ein Übergang des Verlustrücktrages vom Rechtsnachfolger auf den Erblasser in Betracht, dessen verlustverursachender Betrieb zu Buchwerten übertragen wurde (vgl. VwGH 25.4.2013, 2010/15/0131 zum Verlustabzug). In allen anderen Fällen der Übertragung des verlusterzeugenden Betriebes geht der Verlustrücktrag nicht über.

Beispiel:

Der Erblasser X stirbt im November 2019; er erzielt im Jahr 2019 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 500.000 Euro. Der Erbe Y erzielt im Jahr 2019 einen Gewinn aus dem übernommenen Betrieb in Höhe von 50.000 Euro sowie weitere außerbetriebliche Einkünfte in Höhe von 100.000 Euro. Im Jahr 2020 macht Y einen Verlust iHv -200.000 Euro glaubhaft (er hat keine anderen betrieblichen Einkünfte).

Y kann in seiner eigenen Veranlagung 2019 eine COVID-19-Rücklage in Höhe von 30.000 Euro (= 60% von 50.000 Euro) bilden. Die COVID-19-Rücklage ist 2020 hinzuzurechnen.

Eine darüberhinausgehende Verlustverwertung kann objektbezogen im Rahmen der Durchführung des Verlustrücktrages vorgenommen werden: 2020 beträgt der Verlust unter Berücksichtigung der Auflösung der Rücklage beim Erben -170.000 Euro. Davon können -120.000 Euro primär beim Erben berücksichtigt werden; der Überhang in Höhe von -50.000 Euro kann beim Erblasser berücksichtigt werden.

9.5.3.6 Verlustrücktrag bei Umgründungen

Rz 3936
Eine steuersubjektübergreifende Übertragung des Verlustrücktrages im Rahmen von Umgründungen ist nicht möglich, um unerwünschte Rückkoppelungen auf bereits abgeschlossene gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen im Rahmen der Umgründung zu vermeiden. Dies trägt auch dem Vereinfachungsgedanken Rechnung. Die Verlustnutzung bei den übernehmenden Rechtsträgern kann daher ausschließlich durch diese im Hinblick auf ihre jeweils eigenen Gewinne bzw. Verluste im Rahmen des Verlustvortrages und des Verlustrücktrages erfolgen.

Beispiel 1:

Es erfolgt eine Einbringung eines Betriebes durch die natürliche Person A zum 31.12.2019 in die bestehende B-GmbH. Im Jahr 2019 erzielt A einen Gewinn in Höhe von 300.000 Euro. Die B-GmbH erzielt

Der Verlust der B-GmbH kann im Zuge des Verlustrücktrages ausschließlich mit den Gewinnen der B-GmbH verrechnet werden. Verluste im Ausmaß von -100.000 Euro können mit den Gewinnen aus 2019 und Verluste im Ausmaß von -60.000 Euro mit den Gewinnen aus 2018 verrechnet werden. Der Verlustüberhang in Höhe von -40.000 Euro wird zum Verlustvortrag der GmbH. Ein Verlustrücktrag auf A ist unzulässig.

Wird im Rahmen von Umgründungen unter zivilrechtlicher Gesamtrechtsnachfolge gemäß § 19 Abs 1 BAO der Eintritt des Gesamtrechtsnachfolgers in ein bereits bestehendes Steuerschuldverhältnis des Rechtsvorgängers bewirkt, bleibt allerdings die Geltendmachung des Verlustrücktrages durch den Gesamtrechtsnachfolger für originär beim Rechtsvorgänger gemäß § 4 BAO verwirklichte Abgabenansprüche möglich (keine steuersubjektübergreifende Übertragung).

Beispiel 2:

Es erfolgt eine Verschmelzung nach Art. I UmgrStG zum 31.12.2020 von der A-GmbH auf ihre 100prozentige Muttergesellschaft, die B-GmbH (Wj=Kj). Die Eintragung der Verschmelzung im Firmenbuch erfolgt vor Einreichung der Körperschaftsteuererklärung 2020 der A-GmbH mit 30.6.2021. Die A-GmbH erzielte

Die B-GmbH hat als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH (§ 19 Abs. 1 BAO) unter Angabe deren Steuernummer eine Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2020 einzureichen. Die B-GmbH kann als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH den nach § 4 BAO originär bei der A-GmbH entstandenen Verlust im Jahr 2020 im Zuge des Verlustrücktrages mit den Gewinnen der A-GmbH aus den Jahren 2019 und 2018 verrechnen. Verluste aus 2020 im Ausmaß von 100.000 Euro können mit den Gewinnen aus 2019 und Verluste im Ausmaß von 50.000 Euro mit den Gewinnen aus 2018 verrechnet werden. Der Verlustüberhang aus 2020 in Höhe von 50.000 Euro wird zum Verlustvortrag der A-GmbH, der nach Maßgabe des § 4 UmgrStG auf die B-GmbH übergeht.

9.5.3.7 Antrag auf Verlustrücktrag

Rz 3937
Der Antrag auf Verlustrücktrag ist ein von den Steuererklärungen 2020 und 2019 (bzw. 2018) gesonderter eigener Antrag. Der Antrag kann frühestens gestellt werden, sobald der (negative) Gesamtbetrag der Einkünfte im Wege der Steuererklärung 2020 erklärt wurde. Er kann bis zum Ablauf der Beschwerdefrist in Bezug auf den vom Verlustrücktrag betroffenen Veranlagungsbescheid zurückgezogen werden. Der Antrag betrifft die Veranlagung 2019 (bzw. 2018), nicht die Veranlagung 2020. Sollte das Jahr, in das der Verlust rückgetragen werden soll (2019 bzw. 2018) im Zeitpunkt der Antragstellung bereits rechtskräftig veranlagt worden sein, begründet die Stellung eines Antrags auf Berücksichtigung eines Verlustrücktrages ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO (§ 124b Z 355 lit. a zweiter Teilstrich EStG 1988).

Wurde das Jahr 2020 bereits rechtskräftig veranlagt, bevor ein Antrag auf Berücksichtigung eines Verlustrücktrages eingebracht wurde, kann dieser dennoch (nachträglich) gestellt werden, und zwar bis zum Ablauf der Verjährungsfrist des Jahres, in das der Verlust rückgetragen werden soll. Der Bescheid für das Jahr 2020 ist diesfalls gemäß § 295a BAO zu ändern.

Bei einer nachträglichen Änderung der für den Verlustrücktrag maßgebenden Veranlagungen 2020, 2019 und 2018, die dazu führt, dass der Verlustrücktrag in einem höheren Ausmaß berücksichtigt werden kann, als es bisher möglich war, kann insoweit ein (zusätzlicher) Antrag auf Verlustrücktrag gestellt werden.

9.5.4 Nachträgliche Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2019

Rz 3938
Um für jene Fälle, in denen die Veranlagung für 2019 noch nicht durchgeführt wurde und somit die Bildung der COVID-19-Rücklage noch nicht möglich ist, eine steuerliche Entlastung herbeizuführen, ist in § 5 COVID-19-Verlustberücksichtigungsverordnung die Möglichkeit vorgesehen, die Vorauszahlungen an Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer für das Jahr 2019 auf Antrag herabzusetzen. Die Steuer ist in diesem Fall mit dem Betrag festzusetzen, der sich als voraussichtliche Steuer für das Jahr 2019 auf Grundlage einer Veranlagung unter Berücksichtigung einer COVID-19-Rücklage (siehe Rz 3906 ff) ergibt. Dadurch muss für eine Berücksichtigung der COVID-19-Rücklage nicht erst eine Veranlagung durchgeführt werden. Der Antrag ist nur bis zur Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2019 zulässig. Zudem ist eine Ermittlung des voraussichtlichen Betrages dem Antrag zwingend anzuschließen.

Randzahlen 3939 bis 4000: derzeit frei

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