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12.3. Ausschluss vom Vorsteuerabzug

BMF2021-0.835.98330.11.2021

12.3.1. Vorsteuerausschluss für unecht befreite Umsätze und bestimmte Auslandsumsätze

Rz 1991
Für welche Umsätze Leistungen in Anspruch genommen werden, ist an Hand des wirtschaftlichen Zusammenhangs im Zeitpunkt der Leistungserbringung zu beurteilen. Hinsichtlich des Zusammenhanges mit unecht steuerbefreiten Umsätzen bzw. mit Umsätzen, die aus einem anderen Grund vom Vorsteuerabzug ausschließen (vgl. Rz 2000), ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Erbringung der Vorleistungen beachtlich und nicht jene im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausführung der Umsätze (VwGH 24.9.2003, 99/14/0232). Kommt es in den Folgejahren zu einer Änderung der Rechtslage, kann ein Anwendungsfall der Vor-steuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 bis 12 UStG 1994 vorliegen.

Rz 1992
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, besteht. Auch bei Fehlen eines derartigen Zusammenhangs wird ein Recht auf Vorsteuerabzug dann angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers gehören und - als solche - Kostenelemente der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zusammen. Wenn hingegen von einem Steuerpflichtigen bezogene Gegenstände oder Dienstleistungen mit steuerbefreiten Umsätzen zusammenhängen oder nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, kann es weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen. Ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang mit einem steuerfreien oder nicht steuerbaren Ausgangsumsatz liegt vor, wenn die bezogenen Gegenstände oder Dienstleistungen diesem Umsatz direkt zuordenbar sind (zB Vorleistungen, die der Vorbereitung oder laufenden Unterstützung der steuerfreien bzw. nicht steuerbaren Tätigkeit dienen) und für die Bewirkung dieses Umsatzes unerlässlich sind. In solchen Fällen sind Feststellungen darüber, ob und inwieweit diese auf die letztgenannten Ausgangsumsätze (zB Beteiligungsveräußerungen) entfallenden Kosten auf den Leistungsempfänger (zB Käufer der Beteiligung) überwälzt werden konnten, nach der Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich (vgl. VwGH 28.6.2017, Ro 2015/15/0014, Rn 14 und 15). Kein direkter und unmittelbarer Zusammenhang besteht in der Regel zwischen einem Ausgangsumsatz und Dienstleistungen, die der Unternehmer als Folge und nach Abwicklung dieses Umsatzes verwendet hat (vgl. RS zu VwGH 28.6.2017, Ro 2015/15/0014, mit Verweis auf EuGH 29.10.2009, Rs C-29/08 , SKF sowie EuGH 16.2.2012, Rs C-118/11 , Eon Aset Menidjmunt OOD sowie EuGH 8.6.2000, C-98/98 , Midland Bank plc).

Allgemeine Aufwendungen (auch aus Vorbereitungshandlungen), die im Falle eines direkten und unmittelbaren Zusammenhanges mit der steuerpflichtigen Gesamttätigkeit des Unternehmers nicht vom Vorsteuerabzug ausschließen, können Kosten im Zusammenhang mit

sein (vgl. EuGH 22.2.2001, Rs C-408/98 , Abbey National plc), EuGH 26.5.2005, Rs C-465/03 , Kretztechnik AG).

Bei Depotgebühren, welche im Zusammenhang mit einer unternehmerisch bedingten Wertpapierhaltung anfallen (zB mit der gesetzlich gebotenen Wertpapierdeckung nach § 14 Abs. 5 und 7 EStG 1988 für Abfertigungs- und Pensionsrückstellungen), handelt es sich um allgemeine Kosten des Unternehmers. Die für solche Depotgebühren in Rechnung gestellte Umsatzsteuer kann als Vorsteuer abgezogen werden, sofern es sich bei den Umsätzen, die der Unternehmer im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bewirkt, um steuerpflichtige Umsätze handelt.

Vorsteuern für Aufwendungen, welche im Vorfeld der Bestellung von Aufsichtsräten anfallen (zB Kosten für die Ausschreibung eines Aufsichtsratspostens oder für die Vertragsgestaltung), sind dann abzugsfähig, wenn die Gesellschaft steuerpflichtige oder echt steuerbefreite Umsätze bewirkt.

Rz 1993
Gegenstände, die der Unternehmer zur Ausführung einer Einfuhr verwendet, oder sonstige Leistungen, die er dafür in Anspruch nimmt, sind den Umsätzen zuzurechnen, für die der eingeführte Gegenstand verwendet wird. Die Einfuhr ist somit ihrer wirtschaftlichen Bedeutung entsprechend nicht als Umsatz des Unternehmers, sondern als Umsatz an den Unternehmer anzusehen. Damit werden in jenen Fällen Verzerrungen vermieden, in denen die Einfuhr umsatzsteuerrechtlich anders behandelt wird als die unter Verwendung der eingeführten Gegenstände bewirkten Umsätze.

Beispiel:

1. Ein Versicherungsunternehmen importiert für den unecht befreiten Versicherungsbetrieb eine EDV-Anlage. Im Rahmen dieser Einfuhr fällt (nicht abzugsfähige) EUSt und Vorsteuern aus sonstigen Leistungen, die im Zusammenhang mit dieser Einfuhr erforderlich waren, an. Diese sonstigen Leistungen sind ebenso wie die eingeführte EDV-Anlage den unecht befreiten Versicherungsumsätzen zuzurechnen, weshalb ein Vorsteuerabzug nicht in Betracht kommt. Entsprechendes gilt, wenn die EDV-Anlage innergemeinschaftlich erworben wird.

2. Eine Arzneimittelfabrik, die ausschließlich steuerpflichtige Umsätze bewirkt, führt Gegenstände EUSt-frei ein. Die mit dem Transport zusammenhängenden Vorsteuern dürfen trotz der steuerfreien Einfuhr abgezogen werden, weil sie im wirtschaftlichen Zusammenhang mit den steuerpflichtigen Umsätze stehen.

Rz 1994
Ist zunächst unklar, ob angefallene Umsatzsteuerbeträge mit echt oder unecht befreiten Umsätzen in Zusammenhang stehen, muss die wahrscheinlichste Lösung getroffen werden. Die für die Vorleistungen eines vom Leistungsempfänger nicht selbst genutzten Gebäudes in Rechnung gestellte Umsatzsteuer darf nur dann als Vorsteuer abgezogen werden, wenn mit ziemlicher Sicherheit feststeht, dass das Gebäude steuerpflichtig vermietet werden wird. Eine bloße diesbezügliche Absichtserklärung reicht hiefür nicht aus. Vielmehr muss die Absicht in bindenden Vereinbarungen ihren Niederschlag finden oder aus sonstigen, über die Absichtserklärung hinausgehenden Umständen zu erschließen sein.

Rz 1995
Ändern sich während des Veranlagungszeitraumes die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen. Tritt die Änderung in einem folgenden Veranlagungszeitraum ein, kommt § 12 Abs. 10 oder Abs. 11 UStG 1994 zur Anwendung.

Rz 1996
Hat ein Unternehmer in einem Veranlagungszeitraum keine nach § 6 Abs. 1 Z 7 bis 28 UStG 1994 steuerfreien Umsätze ausgeführt, sind aber Vorsteuern angefallen, die mit späteren Umsätzen dieser Art in Zusammenhang stehen, so hat der Vorsteuerabzug insoweit von vornherein zu unterbleiben (zB bei Vorsteuern für die Errichtung von Eigentumswohnungen, die erst im folgenden Kalenderjahr nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei geliefert werden). Umgekehrt dürfen Vorsteuern, die den zum Abzug berechtigenden Umsätzen zuzurechnen sind, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen bereits abgezogen werden, bevor die entsprechenden Umsätze ausgeführt werden (zB vor einer Geschäftseröffnung anfallende Vorsteuern). Eine unter Umständen notwendige Aufteilung der Vorsteuerbeträge ist nach den Grundsätzen des § 12 Abs. 4 UStG 1994 vorzunehmen.

Rz 1997
Die Vorleistungen müssen eine direkte und unmittelbare Verbindung mit den nicht unecht befreiten Umsätzen aufweisen. Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Gesellschaftsanteilen sind auch dann vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, wenn die Kernumsätze der Gesellschaft steuerpflichtig sind (siehe VwGH 28.6.2017, Ro 2015/15/0014, zu Beratungsleistungen im Zusammenhang mit einer Beteiligungsveräußerung sowie EuGH 6.4.1995, Rs C-4/94 , BLP Group und BFH 27.1.2011, V R 38/09).

Die im Rahmen des Factoring-Geschäftes dem Anschlusskunden verrechneten Gebühren stehen nicht mit der vom Anschlusskunden vorgenommenen Forderungsabtretung an den Factor, sondern mit der sonstigen unternehmerischen Tätigkeit des Unternehmers im Zusammenhang. Liegt beim Kauf zahlungsgestörter Forderungen keine entgeltliche Leistung an den Forderungsverkäufer vor (siehe Rz 8), ist der Forderungserwerber aus Eingangsleistungen für den Forderungserwerb und den Forderungseinzug nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (vgl. BFH 26.01.2012, V R 18/08).

12.3.2. Kein Vorsteuerausschluss bei bestimmten Bank- und Versicherungsgeschäften

Rz 1998
In den Fällen des § 12 Abs. 3 Z 3 lit. b UStG 1994 ist es ohne Bedeutung, ob eine steuerfreie Ausfuhrlieferung nach § 7 UStG 1994 vorliegt. Maßgeblich ist, dass der Gegenstand nachweislich und endgültig in das Drittland gelangt.

Beispiel:

In das Drittland ausgeführte Gegenstände (Ausfuhrlieferung oder zB Verbringen) werden gegen Transportschäden versichert; der Versicherer ist insoweit nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

Rz 1999
In den Fällen des § 12 Abs. 3 Z 3 lit. c UStG 1994 sind jene Umsätze iSd § 3a Abs. 14 Z 7 UStG 1994 betroffen, die nach § 3a Abs. 14 bzw. Abs. 6 UStG 1994

Beispiel:

Eine Bank gewährt einem Unternehmer mit Sitz in Zürich einen Kredit. Die Bank ist insoweit nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen.

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