Löst sich die Gruppe aufgrund eines unterjährigen Ereignisses rückwirkend zum letzten Bilanzstichtag auf und scheidet dadurch auch ein ausländisches Gruppenmitglied aus der Gruppe aus, ist der Nachversteuerungsbetrag im letzten Wirtschaftsjahr, in dem die Gruppe noch bestanden hat, zu erfassen.
Eine Verminderung der Beteiligungsquote an einem ausländischen Gruppenmitglied (teilweise Beteiligungsveräußerung) führt zur entsprechenden Nachversteuerung, weil auch die (quotale) Zurechnung der ausländischen Verluste auf das Beteiligungsausmaß abstellt. Wäre das Beteiligungsausmaß immer schon niedriger gewesen (zB 51% statt 100%), wären auch nur die niedrigeren (aliquoten) Verluste zugerechnet worden. Dieser Zustand ist bei einer Verminderung der Beteiligungsquote herzustellen. Die Verminderung der Beteiligungsquote führt als Teilausscheiden zu einer teilweisen (aliquoten) Nachversteuerung.Im Falle des Untergangs (Liquidation oder Insolvenz) des ausländischen Gruppenmitglieds ist bei tatsächlichem und endgültigem Vermögensverlust der zuzurechnende Betrag um die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen zu kürzen. Ein gezieltes Liquidieren ausländischer Gruppenmitglieder (ohne tatsächlichem und endgültigem Vermögensverlust) zur Vermeidung einer Nachversteuerung ist daher nicht möglich. Die Kürzung der Nachversteuerung bei Untergang lehnt sich an die Systematik von § 10 Abs. 3 KStG 1988 an. Bei Untergang mit tatsächlichem und endgültigem Vermögensverlust erfolgt eine Kürzung des zuzurechnenden (nachzuversteuernden) Betrages um die in der Gruppenzeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen. Die Kürzung hängt nicht davon ab, ob nach § 10 Abs. 3 Z 1 KStG 1988 in die Steuerwirksamkeit optiert worden ist oder nicht. Der bei Ausscheiden zuzurechnende Betrag kann bis auf höchstens Null gekürzt werden.Da das Liquidationsergebnis bei inländischen Gruppenmitgliedern nicht mehr innerhalb der Gruppe verrechenbar ist (VwGH 27.11.2017, Ro 2017/15/0010und dies für ausländische Gruppenmitglieder gleichermaßen gilt, ist auch das ausländische Liquidationsergebnis nicht bei der Kürzung des Nachversteuerungsbetrages zu berücksichtigen. Eine Berücksichtigung finaler Verluste kommt daher ebenso wenig in Betracht.
Das ex lege Ausscheiden ausländischer Gruppenmitglieder mit 1.1.2015 aufgrund einer fehlenden umfassenden Amtshilfe (siehe dazu Rz 1013c) ist dem Ausscheiden aufgrund Untergangs nicht gleichzusetzen. Daher führt das ex lege Ausscheiden zu derselben Nachversteuerungspflicht wie das Ausscheiden zB aufgrund des Wegfalls der ausreichenden finanziellen Verbindung; eine Kürzung des Nachversteuerungsbetrages um die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksam vorgenommenen Teilwertabschreibungen kommt daher in diesen Fällen nicht in Betracht.
Eine Kürzung des Nachversteuerungsbetrages bei Untergang eines ausländischen Gruppenmitglieds setzt einen tatsächlichen und endgültigen Vermögensverlust voraus. Im Falle einer Liquidation ist ein formeller Auflösungsbeschluss erforderlich. Ob der Vermögensverlust tatsächlich und endgültig ist, ist im Zeitpunkt des Abschlusses der Liquidation zu beurteilen. Dabei ist eine Liquidationsschlussbilanz vorzulegen, das zur Verteilung an die Gesellschafter gelangende Restvermögen ist zu berücksichtigen. Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für die Insolvenz eines ausländischen Gruppenmitglieds, sofern die ausländische Insolvenz einer österreichischen Insolvenz vergleichbar ist.Es ist davon auszugehen, dass das ausländische Gruppenmitglied bei Abschluss der Liquidation aus der Unternehmensgruppe ausscheidet. Zu diesem Zeitpunkt ist auch der Nachversteuerungsbetrag um die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen zu kürzen.
Dem tatsächlichen Ausscheiden aus der Unternehmensgruppe ist ein wirtschaftliches Ausscheiden (wirtschaftliche Aushöhlung des ausländischen Gruppenmitgliedes unter Weiterführung als "Mantelgesellschaft") gleichzuhalten. Ein ausländisches Gruppenmitglied scheidet wirtschaftlich aus der Unternehmensgruppe aus, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse keine Vergleichbarkeit im Sinne des § 4 Z 1 lit. c UmgrStG mehr gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn beim ausländischen Gruppenmitglied im Vergleich zum Jahr der Verlustentstehung eine qualifizierte Umfangsminderung der in Frage kommenden betriebswirtschaftlichen Kriterien um 75% nach dem Gesamtbild der Verhältnisse unter Beachtung der unternehmens- und branchenbezogenen Umstände vorliegt (vgl. UmgrStR 2002 Rz 222). Wurden Verluste eines ausländischen Gruppenmitglieds in der Unternehmensgruppe berücksichtigt, ist daher eine permanente Betrachtung der Veränderung dieser Kriterien im Verhältnis zum Jahr der Verlustentstehung vorzunehmen. Ist beim ausländischen Gruppenmitglied im Vergleich zum Jahr der Verlustentstehung eine qualifizierte Umfangsminderung eingetreten, scheidet das ausländische Gruppenmitglied im Hinblick auf das Jahr der Verlustentstehung und alle vorhergehenden Jahre wirtschaftlich aus der Gruppe aus. Dementsprechend hat eine Nachversteuerung der im betroffenen Jahr und allen vorhergehenden Jahren zugerechneten Verluste zu erfolgen.Beispiel:
Der Gruppenträger ist am ausländischen Gruppenmitglied I-AG zu 100% beteiligt und bekommt von diesem in den Jahren 01 bis 05 Verluste zugerechnet. Im Jahr 06 verkauft die I-AG ihren gesamten Betrieb an eine konzernzugehörige Gesellschaft, die Ausschüttung des Veräußerungsgewinnes ist gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 iVm Abs. 2 KStG 1988 beim Gruppenträger steuerfrei. Da es in Folge des Verkaufs des gesamten Betriebes im Vergleich zu den Jahren der Verlustentstehung zu einer qualifizierten Umfangsminderung (nämlich um 100%) kommt, scheidet die I-AG im Jahr 06 im Hinblick auf sämtliche Jahre 01 bis 05 aus der Unternehmensgruppe aus. Im Jahr 06 werden beim Gruppenträger daher die in den Jahren 01 bis 05 von der I-AG zugerechneten Verluste beim Gruppenträger gewinnerhöhend angesetzt.
Es bestehen keine Bedenken, für Zwecke der Gruppenbesteuerung nicht von einem wirtschaftlichen Ausscheiden auszugehen, wenn in den Jahren 2020 und 2021 ausschließlich aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend eine qualifizierte Umfangsminderung im Hinblick auf das Jahr der Verlustentstehung vorliegt.
Das wirtschaftliche Ausscheiden ergänzt das tatsächliche Ausscheiden. Liegt daher eine Fallkonstellation des tatsächlichen Ausscheidens vor, wie insbesondere bei Eintritt des ausländischen Gruppenmitglieds in die Liquidation, kommen die diesbezüglichen Besteuerungs- und Nachversteuerungsregeln zur Anwendung. Ein wirtschaftliches Ausscheiden ist daher im Liquidationszeitraum ausgeschlossen.
Da für die Nachversteuerung eine periodenbezogene Betrachtung anzustellen ist, kann es auch zu einem wirtschaftlichen Ausscheiden des ausländischen Gruppenmitglieds im Hinblick auf einzelne Jahre der Verlustentstehung kommen. Dies ändert aber nichts daran, dass das Gruppenmitglied weiterhin in der Gruppe verbleibt und künftige Verluste wieder zugerechnet werden können.Beispiel:
Der Gruppenträger ist am ausländischen Gruppenmitglied I-AG zu 100% beteiligt und bekommt von diesem in den Jahren 01 bis 05 Verluste zugerechnet. Die Verluste sowie die maßgeblichen betriebswirtschaftlichen Parameter der I-AG in den Jahren 01 bis 06 betragen:
Jahr | Verlust | Parameter | Absinken aus Sicht des Jahres | ||||
02 | 03 | 04 | 05 | 06 | |||
01 | -100 | 300 | 6,67% [= (300-280)/300] | 36,67% | 66,67% | 76% | |
02 | -200 | 280 | 32,14% | 64,29% | 74,29% | 82,14% | |
03 | -200 | 190 | 47,37% | 62,11% | 70% | ||
04 | -100 | 100 | 28% | 50% | |||
05 | -150 | 72 | 37,5% | ||||
06 | -150 | 50 |
Im Jahr 05 scheidet die I-AG im Hinblick auf die im Jahr 01 erzielten Verluste, im Jahr 06 im Hinblick auf die im Jahr 02 erzielten Verluste aus der Unternehmensgruppe aus. Daher werden beim Gruppenträger im Jahr 05 nachzuversteuernde Verluste in Höhe von 100 und im Jahr 06 in Höhe von 200 gewinnerhöhend angesetzt.
Beispiel:
Der Gruppenträger ist am ausländischen Gruppenmitglied I-AG zu 100% beteiligt, der steuerliche Buchwert der Beteiligung zum Zeitpunkt der Gruppenbildung beträgt 700. Im Jahr 01 bekommt der Gruppenträger Verluste in Höhe von 500, in den Jahren 02 bis 05 Verluste in Höhe von je 100 von der I-AG zugerechnet. Im Jahr 05 scheidet die I-AG im Hinblick auf die im Jahr 01 erzielten Verluste aus der Unternehmensgruppe aus, es kommt zur Nachversteuerung. Im Jahr 06 wird die I-AG liquidiert, das zur Verteilung kommende Restvermögen hat einen Wert von 100.
Im Jahr 06 werden die bislang noch nicht nachversteuerten Verluste der Jahre 02 bis 05 beim Gruppenträger gewinnerhöhend angesetzt (in Summe 400). Die während der Gruppenzugehörigkeit nicht steuerwirksamen Teilwertabschreibungen betragen 600 (Buchwert in Höhe von 700 - erhaltenes Restvermögen im Wert von 100). Davon sind 400 im Jahr 06 zu berücksichtigen; die verbleibenden 200 kürzen über § 295a BAO den im Jahr 05 nachzuversteuernden Betrag. Somit sind im Jahr 05 300 nachzuversteuern (nachzuversteuernde Verluste in Höhe von 500 abzüglich verbleibende, nicht steuerwirksame Teilwertabschreibungen in Höhe von 200).