4.1.3.1. Verrechnungspreisforderungen
Gemäß § 4 Abs. 1 EStG 1988 und § 5 EStG 1988 ist der steuerpflichtige Gewinn nach den Regeln der doppelten Buchhaltung durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln. Dies bedeutet, dass jede Gewinnkorrektur - nach oben und nach unten - zwangsläufig eine Rückwirkung im (steuerlichen) Betriebsvermögen haben muss. Jede gewinnerhöhende Betriebseinnahme bewirkt damit eine Erhöhung des Betriebsvermögens; jede Betriebsausgabe zieht eine Betriebsvermögensverminderung nach sich. Wird daher bei grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen ein Verstoß gegen den Fremdvergleichsgrundsatz festgestellt, dann wird dieser als bisher nicht erfasste Betriebseinnahme oder als überhöht angesetzte Betriebsausgabe zu berücksichtigen sein und muss zwangsläufig Rückwirkungen auf das steuerliche Betriebsvermögen haben und damit zu Sekundärberichtigungen führen.Nach den OECD-VPL sollen internationale Verrechnungspreiskorrekturen, wenn möglich, durch eine Rückführung der verlagerten Gewinne umgesetzt werden. Die Gewinnverlagerung wird diesfalls gleichsam als verdecktes Darlehen (Z 4.77 OECD-VPL) gesehen und es ist daher ein Rückzahlungsanspruch als Verrechnungspreisforderung in das steuerliche Betriebsvermögen einzustellen. In diesem Fall verbleibt sonach die Vermögenserhöhung in Gestalt einer Verrechnungspreisforderung im Unternehmen.Beispiel:
Im Beispiel der Rz 499 f hat wegen einer doppelten Anlastung der Produktionsentwicklungskosten eine Gewinnverlagerung in Höhe von 300.000 an die US-Muttergesellschaft stattgefunden. Die US-Gesellschaft hat daher die Verpflichtung, diesen Betrag an die österreichische Tochtergesellschaft rückzuführen, sodass die österreichische Tochtergesellschaft eine Verrechnungspreisforderung in Höhe von 300.000 in ihrem steuerlichen Betriebsvermögen auszuweisen hat (Sekundärberichtigung).
Es ist ausreichend, wenn die ausländische Gesellschaft die Verrechnungspreisverbindlichkeit unter der Bedingung anerkennt, dass die zugrundeliegende Gewinnkorrektur auch von der ausländischen Steuerverwaltung akzeptiert wird. Anerkennt die ausländische Behörde die Verrechnungspreisverbindlichkeit nicht und sollte nach Durchführung eines Verständigungsverfahrens die Gewinnkorrektur von Österreich zurückgenommen werden, ist die österreichische Verrechnungspreisforderung steuerneutral auszubuchen, ohne dass dies zu einer verdeckten Ausschüttung umqualifiziert wird.
Wird eine Verrechnungspreisforderung zu einem späteren Zeitpunkt nicht beglichen oder erweist sie sich als nicht einbringlich, so ist zu diesem späteren Zeitpunkt zu prüfen, ob sich daraus weitere steuerliche Konsequenzen ergeben (zB das Vorliegen einer verdeckten Ausschüttung oder einer verdeckten Einlage). Die bloße Wertberichtigung einer Verrechnungspreisforderung (zB aufgrund von Uneinbringlichkeit) kann keine verdeckte Einlage oder verdeckte Ausschüttung bewirken. Dies vermag erst ein kompletter Verzicht, sofern dieser nicht aus betrieblichen, sondern aus gesellschaftsrechtlichen Gründen erfolgt (zur verdeckten Einlage BFG 7.5.2014, RV/7100052/2012).4.1.3.2. Verrechnungspreisverbindlichkeiten
Werden die grenzüberschreitenden konzerninternen Geschäftsbeziehungen im Ausland einer Primärberichtigung unterzogen und wird diese Berichtigung auf österreichischer Seite als berechtigt anerkannt, dann muss bei der österreichischen Konzerngesellschaft eine entsprechende Gegenberichtigung vorgenommen werden (Rz 502).Beispiel:
Lizenzgebühren, die die österreichische Tochtergesellschaft ihrer kanadischen Muttergesellschaft zahlt, werden von der kanadischen Steuerverwaltung im Jahr 6 für die Jahre 1 bis 4 um jährlich 100.000 €, sonach insgesamt um 400.000 €, erhöht. Die österreichische Abgabenbehörde anerkennt im Jahr 6 die Fremdüblichkeit der erhöhten Lizenzgebühr. Im wiederaufgenommenen Verfahren werden die Körperschaftsteuerbescheide der Jahre 1 bis 4 durch Gewinnherabsetzung um je 100.000 € berichtigt, wobei im steuerlichen Betriebsvermögen am Ende des Jahres 4 eine Rückzahlungsverbindlichkeit von 400.000 € gegeben ist, die - steuerneutral - im Jahr 6 in die unternehmensrechtliche Buchhaltung aufzunehmen ist.
Beispiel:
Wird im vorstehenden Beispiel die Verrechnungspreisverbindlichkeit im Jahr 8 getilgt, ist vom Überweisungsbetrag unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 2 DBA-Kanada im Jahr 8 der besondere Steuerabzug für beschränkt Steuerpflichtige nach § 99 EStG 1988 mit 10% vorzunehmen. Kanada ist gemäß Art. 23 DBA-Kanada verpflichtet, diese österreichische Abzugsteuer bei der Steuererhebung für die Jahre 1 bis 4, in denen die Lizenzgebührenerhöhung in Kanada der Besteuerung unterzogen wurde, anzurechnen.