- Das Trinkgeld muss ortsüblich sein (Rz 92b bis Rz 92d)
- Das Trinkgeld muss einem Arbeitnehmer anlässlich einer Arbeitsleistung von dritter Seite zugewendet werden (Rz 92e bis Rz 92g)
- Das Trinkgeld muss freiwillig und ohne dass ein Rechtsanspruch darauf besteht sowie zusätzlich zu dem Betrag gegeben werden, der für die Arbeitsleistung zu zahlen ist (Rz 92h)
- Dem Arbeitnehmer darf die direkte Annahme des Trinkgeldes nicht auf Grund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen untersagt sein (Rz 92i).
- Das Trinkgeld erfolgt zwar im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis, muss aber letztlich "außerhalb" dessen stehen. Garantiertes Trinkgeld bzw. garantierte Trinkgeldhöhen seitens des Arbeitgebers sind daher nicht unter die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 zu subsumieren (VwGH 26.01.2012, 2009/15/0173).
Wird das Trinkgeld durch den Arbeitgeber, insbesondere im Wege der ausgestellten Rechnung, in einer nicht durch den Dritten (den Kunden) festgelegten Höhe bestimmt, so mangelt es an der notwendigen Freiwilligkeit. Eine Behandlung als steuerfrei kommt in diesen Fällen nicht in Betracht.
Ein Trinkgeld ist ortsüblich,- wenn es zu den Gepflogenheiten des täglichen Lebens gehört, dem Ausführenden einer bestimmten Dienstleistung (in einer bestimmten Branche) ein Trinkgeld zuzuwenden (Branchenüblichkeit) und
- soweit das Trinkgeld am Ort der Leistung auch der Höhe nach den Gepflogenheiten des täglichen Lebens entspricht (Angemessenheit).
Derartige Pauschbeträge sind durch die Österreichische Gesundheitskasse verlautbart für
- Arbeitnehmer im Frisörgewerbe,
- Arbeitnehmer im Hotel- und Gastgewerbe (Servicepersonal, Personal im Zimmer- und Schankdienst, Rezeptionisten, Portiere, Animateure, Kinderbetreuer etc)
- Arbeitnehmer in Heilbadeanstalten, Kuranstalten, Heilquellenbetrieben und Bädern,
- Arbeitnehmer im Lohnfuhrwerkgewerbe (Taxi- und Mietwagenlenker),
- Arbeitnehmer im Gewerbe der Kosmetiker, Fußpfleger und Masseure.
Die Hingabe von Trinkgeldern ist aber auch in anderen Branchen als ortsüblich anzusehen. Dazu gehört insbesondere die anlassbezogene Hingabe in vielen Bereichen des täglichen Lebens (zB an Fahrpersonal im Ausflugsverkehr, an Monteure von Versorgungsunternehmen und andere Arbeitnehmer, die in der Wohnung des Auftraggebers tätig werden).
Bei der Überprüfung der Ortsüblichkeit von Trinkgeldern ist nicht auf die Höhe des insgesamt hingegebenen Trinkgeldes abzustellen, sondern auf die Höhe des jedem einzelnen Arbeitnehmer tatsächlich zugeflossenen Trinkgeldes.Das Trinkgeld muss einem Arbeitnehmer im Sinn des § 47 Abs. 1 EStG 1988 zugewendet werden. Arbeitnehmer ist daher nur eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Zuwendungen an Personen, die Einkünfte aus einer anderen Einkunftsart beziehen, stellen keine Trinkgelder im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 dar.Beispiel :
In einem Restaurantbetrieb sind der Unternehmer selbst und ein als Arbeitnehmer beschäftigter Kellner im Service tätig. Nur das von Kunden dem Kellner zugewendete Trinkgeld kann steuerfrei sein, nicht auch der dem Unternehmer zugewendete Betrag.
Vom Arbeitgeber entgegengenommene Trinkgelder, die von diesem nicht an Arbeitnehmer weitergeleitet werden, sind beim Arbeitgeber Betriebseinnahmen.
Beispiel:
Ein Kunde eines Restaurants, der mit dem Service durch den Kellner sehr zufrieden war, vermerkt auf dem Rechnungsbeleg ein Trinkgeld für den Kellner in bestimmter Höhe. Dieses Trinkgeld bezahlt er gemeinsam mit der Konsumation mit Kreditkarte. Der Gesamtbetrag wird auf ein Konto des Arbeitgebers des Kellners überwiesen. Dieser gibt das ausgewiesene Trinkgeld an den Kellner weiter. Da der Arbeitgeber das Trinkgeld in diesem Fall für den Kellner vereinnahmt hat, liegt bei ihm ein bloßer Durchlaufer vor. Das Trinkgeld ist bei Vorliegen aller übrigen Voraussetzungen beim Kellner steuerfrei.
Beispiel:
Ein Masseur erklärt sich dem Kunden seines Arbeitgebers gegenüber bereit, gegen ein "Trinkgeld" anstatt einer Teilmassage eine Ganzkörpermassage durchzuführen. Der Kunde übergibt dem Masseur zusätzlich zu dem in Rechnung gestellten Entgelt für die Teilmassage ein Trinkgeld. In diesem Fall kann nur der Betrag, der das für die gesamte Arbeitsleistung (Ganzkörpermassage) zu zahlende Entgelt übersteigt, als Trinkgeld im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 angesehen werden.
- die Geschenkannahme durch Beamte (§ 304 StGB)
- die Geschenkannahme durch leitende Angestellte eines öffentlichen Unternehmens (§ 305 StGB)
- die Geschenkannahme durch Sachverständige (§ 306 StGB)
- die Geschenkannahme durch Mitarbeiter und sachverständige Berater (§ 306a StGB)
Zuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht ist (Schmier- und Bestechungsgelder) stellen niemals Trinkgelder im Sinn des § 3 Abs. 1 Z 16a EStG 1988 dar. Verboten ist insbesondere
- Zahlreiche Bundes- und Landesgesetze verbieten öffentlich Bediensteten die Annahme von Geldgeschenken (zB § 59 BDG).
- Gemäß § 27 des Glücksspielgesetzes, BGBl Nr. 620/1989, ist es den Arbeitnehmern des Konzessionärs (Betreiber einer Spielbank) untersagt, von den Spielern Zuwendungen, welcher Art auch immer, entgegenzunehmen.
Die Untersagung der Annahme von Trinkgeldern oder anderen Zuwendungen durch innerbetriebliche Vereinbarungen (zB durch "Anstaltsordnungen", "Heimordnungen" usw.) oder durch einzelvertragliche Vereinbarung hindert die steuerfreie Behandlung dennoch angenommener ortsüblicher Trinkgelder grundsätzlich nicht, die Annahme stellt jedoch eine Dienstpflichtverletzung durch den Arbeitnehmer dar.