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3.3. Gewinn- oder Überschusserzielungsabsicht

BMF2021-0.103.6982.3.2021

Rz 14
Das in § 1 Abs. 1 LVO vorausgesetzte subjektive Element einer Gewinn- bzw. Überschusserzielungsabsicht ist nicht unmittelbar erkennbar. Es ist daher anhand objektiver Kriterien (§ 2 Abs. 1 LVO) darauf zu schließen, ob ein Ertragsstreben vorliegt. Das objektiv erkennbare Ertragsstreben des Steuerpflichtigen muss darauf gerichtet sein, innerhalb eines absehbaren, mehrjährigen Zeitraumes Gewinne bzw. Überschüsse in einer Höhe zu erwirtschaften, die nicht nur die angefallenen Verluste ausgleichen, sondern darüber hinaus bei einer betrieblichen Einkunftsquelle zu einer Mehrung des Betriebsvermögens (Gesamtgewinn), bei einer außerbetrieblichen Einkunftsquelle zu einem Überhang der Überschüsse über die Verluste (Gesamtüberschuss) führen.

Rz 15
Unter einem absehbaren Zeitraum zur Möglichkeit der Erzielung eines wirtschaftlichen Gesamterfolges ist eine Zeitspanne zu verstehen, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation steht.

Absehbar ist ein solcher Zeitraum, der insbesondere im Verhältnis zum eingesetzten Kapital und zur verkehrsüblichen Finanzierungsdauer für die Abdeckung des insgesamt getätigten Aufwandes bis zur Erzielung des wirtschaftlichen Gesamterfolges nach bestehender Übung in Kauf genommen wird. Maßstab ist hierbei die Übung jener Personen, bei denen das Streben nach der Erzielung von Einkünften beherrschend im Vordergrund steht und anderweitige Motive, etwa jenes nach Kapitalanlage, späterer Befriedigung eines Wohnbedürfnisses oder Steuervermeidung für ihr Handeln nicht maßgebend sind. Handeln nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip schließt längerfristige Rentabilitätsberechnungen nicht aus.

Eine Zeitspanne, die nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten des betroffenen Verkehrskreises als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird, muss noch als absehbar gelten (vgl. VwGH 3.7.1996, 93/13/0171).

Rz 16
Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen von Einkünften ist nicht ein tatsächlich erwirtschafteter Gesamterfolg (Gesamtgewinn, Gesamtüberschuss), sondern die objektive Eignung einer Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, welche als Kennzeichen des subjektiven Ertragsstrebens nach außen in Erscheinung tritt. Treten daher durch unerwartete Umstände (zB Naturkatastrophen, unvorhersehbare Investitionen, Schwierigkeiten in der Abwicklung eines eingegangenen Vertragsverhältnisses, Zahlungsunfähigkeit eines Mieters, schwere Erkrankung, Arbeitsunfähigkeit und vergleichbare Unwägbarkeiten) unvorhergesehene Aufwendungen oder Einnahmenausfälle auf, die ein Ausbleiben des Gesamterfolges bewirken, sind diese Umstände allein der Qualifizierung einer Betätigung als Einkunftsquelle nicht abträglich (VwGH 2.3.2006, 2006/15/0018; VwGH 22.3.2006, 2002/13/0158; VwGH 20.4.2006, 2004/15/0038; VwGH 3.7.1996, 93/13/0171; VwGH 3.7.1996, 92/13/0139).

Rz 17
Wird eine Betätigung vor Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet, sind folgende Fälle zu unterscheiden:

Rz 18
Ist eine Betätigung auf Grund besonderer Umstände von vornherein erkennbar aussichtslos und ist daher damit zu rechnen, dass sie vor Erzielen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) beendet wird, liegt insgesamt Liebhaberei vor. Ein Anlaufzeitraum ist ausgeschlossen (§ 2 Abs. 2 LVO).

Derartige besondere Umstände können entweder

Beispiel:

Der Steuerpflichtige pachtet vorübergehend eine Schihütte, wobei der Pachtvertrag ohne Verlängerungsmöglichkeit nach 5 Jahren endet, weil der Verpächter die Hütte anschließend selbst bewirtschaften möchte. Auf Grund hoher Investitionen, die bei Beendigung des Pachtvertrags nicht abgegolten werden, ist ein Gesamtgewinn frühestens nach 13 Jahren denkbar. Es ist daher auf Grund der zeitlichen Begrenzung der Betätigung von vornherein erkennbar, dass die Betätigung vor Erzielen eines Gesamtgewinnes beendet wird.

Rz 19
Wird die Betätigung auf Grund unvorhergesehener Betätigungsrisken oder Unwägbarkeiten (Rz 16) beendet, liegt eine Einkunftsquelle dann vor, wenn bis zum Zeitpunkt der Beendigung die Absicht, einen Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) zu erzielen, nachvollziehbar bestanden hat.

Die COVID-19-Pandemie ist als Unwägbarkeit anzusehen.

Ein vorzeitiger "Notverkauf" kann Liebhaberei ausschließen (zB VwGH 8.2.2007, 2004/15/0079, hinsichtlich Notverkauf wegen eines Straßenausbaus). Es muss sich aber nicht unbedingt um einen Notverkauf auf Grund eines de facto nicht zu beeinflussenden Ereignisses handeln (VwGH 24.6.2010, 2006/15/0343, betr. Verkauf einer durch die - vermögenslose - Mieterin in einen desolaten Zustand gebrachten Wohnung ohne Möglichkeit einer Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen).

Rz 20
Stellt sich erst nach mehreren Jahren heraus, dass die Betätigung niemals Erfolg bringend sein kann, kann sie dennoch bis zu diesem Zeitpunkt als Einkunftsquelle anzusehen sein. Erst wenn die Tätigkeit dann nicht eingestellt wird, ist sie für Zeiträume ab diesem Zeitpunkt als Liebhaberei zu qualifizieren (VwGH 11.11.2008, 2006/13/0124; VwGH 12.12.2007, 2006/15/0075; VwGH 15.2.2006, 2002/13/0095).

Beispiel:

Ein Buchhändler bemüht sich durch unterschiedliche Maßnahmen (Lesungen, Gewinnspiele, engagierte Kundenbetreuung usw.), seine Betätigung ertragsfähig zu gestalten, erwirtschaftet auf Grund des Geschäftsstandorts (schlechte Erreichbarkeit) jedoch nur Verluste. Nach mehreren Jahren eröffnet in der Nähe ein Einkaufszentrum mit Gratisparkplätzen, in dem sich auch ein großer Diskontbuchhändler befindet. Ab diesem Zeitpunkt ist zweifelsfrei erkennbar, dass die Tätigkeit niemals Erfolg bringend sein kann. Stellt der Buchhändler seine Tätigkeit nunmehr auf Grund dieser Wirtschaftlichkeitsüberlegung ein, liegt bis zu diesem Zeitpunkt eine Einkunftsquelle vor. Führt er die Betätigung trotz ihrer Aussichtslosigkeit fort, liegt ab diesem Zeitpunkt Liebhaberei vor.

Rz 21
Wird eine Betätigung vor Erzielen eines positiven Gesamtergebnisses ohne Vorliegen eines unvorhersehbaren und unabwendbaren Ereignisses beendet und wäre im absehbaren Zeitraum ein Gesamtgewinn (Gesamtüberschuss) erzielbar gewesen, hat der Steuerpflichtige den Nachweis zu führen, dass seine ursprüngliche Planung auf die Aufrechterhaltung der Tätigkeit (zumindest) bis zum Erreichen eines Gesamtgewinnes (Gesamtüberschusses) ausgerichtet war und sich der Entschluss zur vorzeitigen Einstellung erst nachträglich ergeben hat (vgl. zur Vermietung VwGH 24.6.2010, 2006/15/0343). Gelingt der Nachweis nicht, stellt die Beendigung ein Indiz dafür dar, dass die Betätigung von vornherein für die Dauer eines begrenzten Zeitraumes beabsichtigt war. Das nachträgliche Hervorkommen, dass die Planung nur auf einen begrenzten Zeitraum angelegt war, rechtfertigt eine amtswegige Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 4 BAO.

Aus einer (zB zur Vermeidung von Kündigungsbeschränkungen auf fünf Jahre) befristeten Vermietung allein kann noch nicht der Schluss gezogen werden, die Vermietung wäre nur auf diesen Zeitraum ausgerichtet (siehe aber Rz 18).

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