1.14.1. Allgemeines
§ 20 KStG 1988 enthält die allgemeinen ertragsteuerlichen Bestimmungen über die Behandlung von Vermögensübertragungen unbeschränkt steuerpflichtiger Körperschaften bei Verschmelzungen außerhalb des UmgrStG (siehe auch KStR 2013 Rz 1454 ff). Hinsichtlich der Vorgangsweise bei nicht unter Art. I UmgrStG fallenden Auslandsverschmelzungen siehe Rz 40.Während unter das Umgründungssteuergesetz fallende Umgründungen grundsätzlich als steuerneutrale Rechtsformänderungen behandelt werden, ordnet § 20 Abs. 1 KStG 1988 dann eine Besteuerung - und zwar im Falle von Verschmelzungen durch § 20 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 eine Liquidationsbesteuerung im Sinne des § 19 KStG 1988 - an, wenn das UmgrStG nicht zur Anwendung kommen kann, weil- die Anwendungsvoraussetzungen des UmgrStG nicht gegeben sind, oder
- ein Missbrauchstatbestand im Sinne des § 44 UmgrStG vorliegt.
- Die inländische übernehmende Körperschaft ist nur beschränkt steuerpflichtig, die übergehenden und bisher steuerhängigen stillen Reserven bleiben daher nicht steuerhängig (zB bei Verschmelzung einer unbeschränkt steuerpflichtigen auf eine steuerbefreite und steuerbefreit bleibende Körperschaft).
- Die Umgründung ist zwar eine Verschmelzung, aber - aus welchen Gründen immer - keine Verschmelzung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 bis 3 UmgrStG (wenn keine Verschmelzung im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4 vorliegt, fällt der Vorgang unter § 20 Abs. 1 KStG 1988).
- Anlässlich einer gesellschaftsrechtlich wirksamen Export-Verschmelzung wird das Besteuerungsrecht der Republik Österreich eingeschränkt; insoweit kann Art. I UmgrStG nicht zur Anwendung kommen (siehe Rz 41 ff).
1.14.2. Rechtsfolgen
1.14.2.1. Rechtsfolgen bei der Körperschaft
Auf Ebene der übertragenden Gesellschaft regelt § 20 Abs. 2 Z 1 KStG 1988 die für Umgründungszwecke im Verhältnis zu § 19 KStG 1988 adaptierte Ermittlung des Liquidationsgewinnes.An die Stelle des zur Verteilung kommenden Vermögens tritt als Abwicklungs-Endvermögen der Wert der für die Vermögensübertragung gewährten Gegenleistung. Bei einer Verschmelzung mit Anteilsgewährung (also mit Kapitalerhöhung oder ohne Kapitalerhöhung, dafür aber mit Ausgabe schon vorhandener oder verschmelzungsbedingt erworbener eigener Anteile) ist der Wert dieser Anteile als Gegenleistung mit dem Verkehrswert anzusetzen. Die Gegenleistung kann auch in Zuzahlungen nach § 224 AktG bestehen. Siehe auch KStR 2013 Rz 1464.
Soweit eine Gegenleistung in Form von Gesellschafts- oder anderen Mitgliedschaftsrechten nicht gewährt wird - etwa bei Bestehen einer (un)mittelbaren Beteiligungsidentität oder bei Besitz der Anteile an der übertragenden Gesellschaft - , ist gemäß § 20 Abs. 2 letzter Satz KStG 1988 der Teilwert der Wirtschaftsgüter einschließlich selbst geschaffener unkörperlicher Wirtschaftsgüter anzusetzen. Es ist somit der Gesamtwert des Betriebsvermögens (einschließlich selbst geschaffener und nicht aktivierter immaterieller Werte, insb. des Firmenwertes) anzusetzen, womit auch die inhaltliche Übereinstimmung zur Gegenleistung in Form von Anteilen hergestellt ist.Bei Verschmelzungen ist das zuvor definierte Abwicklungs-Endvermögen nach dem Stand zum Verschmelzungsstichtag im Sinne des UmgrStG anzusetzen (§ 20 Abs. 2 Z 1 zweiter Teilstrich KStG 1988).Abwicklungs-Anfangsvermögen ist das (steuerliche) Betriebsvermögen laut Schlussbilanz des letzten Wirtschaftsjahres (im Falle einer Umgründung auf einen Zwischenstichtag ist die Bilanz zum Zwischenstichtag maßgeblich). Durch die zur leichteren Handhabung in den § 20 Abs. 2 KStG 1988 übernommene umgründungssteuerrechtliche Rückwirkung ist der Zeitpunkt für die Ermittlung des Liquidations-Anfangsvermögens und jener für die Ermittlung des Liquidations-Endvermögens ident, es gibt in diesen Fällen somit keinen Liquidationszeitraum.Der Liquidationsgewinn ergibt sich als Differenz zwischen dem Liquidations-Anfangsvermögens (zu Buchwerten) und dem auf Grund der dargestellten Rückwirkung zum gleichen Stichtag ermittelten Liquidations-Endvermögens (zu Verkehrswerten bzw. Teilwerten). Siehe dazu KStR 2013 Rz 1439 ff.Bei Verschmelzungen, auf die Art. I UmgrStG nicht anwendbar ist, ist die Unterscheidung bedeutsam, ob sie auf gesellschaftsrechtlicher oder betrieblicher Grundlage erfolgen.- Verschmelzungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage sind steuerrechtliche Einlagen im Sinne des § 8 Abs. 1 KStG 1988, selbst wenn die Verschmelzung gemäß § 224 Abs. 2 AktG ohne Kapitalerhöhung erfolgt. Allfällige Verschmelzungsdifferenzbeträge (Buchgewinne und -verluste) sind daher steuerneutral (VwGH 21.1.1987, 86/13/0145).
- Die übernehmende Körperschaft gibt verschmelzungsbedingt die bestehende Beteiligung an der übertragenden Körperschaft auf (§ 224 Abs. 1 Z 1 AktG);
- die übernehmende Körperschaft gibt eine verschmelzungsbedingt erworbene Beteiligung an der übertragenden Körperschaft auf (§ 224 Abs. 1 Z 2 AktG);
- die übernehmende Körperschaft verwendet vorhandene eigene Anteile zur Abfindung der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft;
- die übernehmende Körperschaft verwendet verschmelzungsbedingt erworbene eigene Anteile zur Abfindung der Gesellschafter der übertragenden Körperschaft;
- die übernehmende Gesellschaft leistet bare Zuzahlungen (§ 224 Abs. 5 AktG).
Von einer Verschmelzung auf betrieblicher Grundlage ist dann auszugehen, wenn die übernehmende Körperschaft anlässlich der Verschmelzung Wirtschaftsgüter aus ihrem Bestand als Gegenleistung für das übernommene Vermögen abgibt. Folgende Fälle kommen dafür in Betracht:
1.14.2.2. Rechtsfolgen bei den Anteilsinhabern
Auf Ebene der Anteilsinhaber der übertragenden (untergehenden) Gesellschaft liegt ein sämtliche Anteilsinhaber treffender Fall der Liquidationsbesteuerung vor, der zusätzlich mit einem Tausch der untergehenden Anteile gegen solche der übernehmenden Körperschaft verbunden ist. Es tritt daher sowohl bei im Betriebsvermögen gehaltenen Anteilen als auch bei außerbetrieblich gehaltenen Anteilen volle Gewinnrealisierung ein bzw. kommt der Steuertatbestand des § 27 Abs. 3 EStG 1988 zum Tragen. Die tauschbedingte Steuerpflicht tritt bei betrieblich gehaltenen Anteilen an der übertragenden Körperschaft mit dem Entstehen des Anspruches auf neue Anteile und bei außerbetrieblich gehaltenen Anteilen mit dem tatsächlichen Umtausch ein.Die Anteilsinhaber der übertragenden Körperschaft setzen die auf Grund der Liquidationsbesteuerung gewonnenen Werte als Anschaffungskosten der übernommenen Anteile an der übernehmenden Körperschaft fort. Für außerbetrieblich erworbene Anteile liegt zum Tauschzeitpunkt eine Anschaffung vor.Im Fall der Teilliquidationsbesteuerung auf Grund des anteiligen Wegfalles des Besteuerungsrechtes der Republik Österreich ist zu unterscheiden. Im Falle einer gesellschaftsrechtlich abgeschlossenen Export-Verschmelzung auf eine wo immer ansässige übernehmende Körperschaft- unterbleibt die Besteuerung für in einem Staat der EU oder des EWR ansässige Anteilsinhaber (siehe Rz 158 und Rz 264) bzw.
- kommt es für in anderen Staaten ansässige Anteilsinhaber zur anteiligen Steuerpflicht. Es wird dabei auf das Verhältnis des Verkehrswertes des zu Buchwerten und des zu Liquidationswerten übertragenen Vermögens abzustellen sein.