6.1.9.1.3.1. Errichtung eines Gebäudes im Wohnungseigentum
Ist die Wohnungseigentümer-Errichtergemeinschaft Bauherr, so wird diese unternehmerisch tätig, indem sie das Gebäude errichtet und den einzelnen Miteigentümern das dingliche Nutzungsrecht an den einzelnen Wohnungen einräumt. Der Errichtergemeinschaft steht daher aus der Werklieferung des Gebäudes an sie der Vorsteuerabzug zu. Das dingliche Nutzungsrecht an der Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit wird dem Wohnungseigentümer umsatzsteuerrechtlich mit der Übergabe der zugesagten Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit seitens der Errichtergemeinschaft eingeräumt. Der Umsatz besteht in der Einräumung des Nutzungsrechtes, die Gegenleistung in den von den einzelnen Wohnungseigentümern zu leistenden Kosten. Die Einräumung des Nutzungsrechtes stellt eine steuerpflichtige Leistung dar, die dem Normalsteuersatz unterliegt.6.1.9.1.3.2. Errichtung eines Gebäudes durch Miteigentümer ohne Begründung von Wohnungseigentum (im Falle Punkt c auch bei Begründung von Wohnungseigentum)
a) Das Gebäude als solches wird unternehmerisch genutzt (Bauherr ist die Gemeinschaft)Wird ein Gebäude errichtet (Gemeinschaft ist Bauherr), das die Gemeinschaft selbst in der Folge unternehmerisch nutzt (zB steuerpflichtige Vermietung), hat nur die Gemeinschaft bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen den Vorsteuerabzug.
Bei schlichtem Miteigentum dienen die von den Miteigentümern aufgewendeten Beträge lediglich der Erfüllung der Gemeinschaftsaufgaben und bilden kein Entgelt für eine Leistung der Gemeinschaft an ihre Mitglieder. Die Zahlungen der Miteigentümer erfolgen somit nicht im Wege eines Leistungsaustausches.
b) Das Gebäude wird den Miteigentümern ohne ein besonderes Entgelt zur Nutzung überlassen (Bauherr ist die Gemeinschaft).Im Falle der Errichtung eines Gebäudes durch eine Miteigentümergemeinschaft, die keine Unternehmereigenschaft besitzt (zB Ehegattengemeinschaft vgl. Rz 185), sind die Miteigentümer, die diese Gemeinschaft bilden, als unmittelbare Leistungsempfänger der Gebäudeerrichtung anzusehen. Nutzt ein Miteigentümer einen Teil des Gebäudes ausschließlich für eigene unternehmerische Zwecke, steht ihm der Vorsteuerabzug für die gesamten auf den unternehmerisch genutzten Gebäudeteil entfallenden Vorsteuern zu, sofern der Abzugsbetrag nicht über seinen Miteigentumsanteil hinausgeht (vgl. EuGH 21.4.2005, Rs C-25/03 , HE). Eine an die Miteigentümergemeinschaft ausgestellte Rechnung ist für Zwecke des Vorsteuerabzuges anzuerkennen, wenn der Unternehmer dieser Rechnung eine leicht nachvollziehbare Darstellung der Ermittlung der auf den unternehmerisch genutzten Teil entfallenden Vorsteuern anschließt. Da nach dem Urteil "HE" die die Gemeinschaft bildenden Miteigentümer als unmittelbare Leistungsempfänger anzusehen sind, ist in einer an die Miteigentümergemeinschaft adressierten Rechnung die UID des unternehmerisch tätigen Miteigentümers anzuführen (vgl. Rz 1554).
Beispiel:
Ein Architekt errichtet gemeinsam mit seiner Ehegattin ein Einfamilienhaus, das er zu 30% ausschließlich für unternehmerische Zwecke nutzt (Planungsbüro). Die Errichtungskosten betragen 300.000,- Euro zuzüglich 60.000 Euro (20%) USt. Die Ehegattengemeinschaft ist als solche nicht unternehmerisch tätig (keine Vermietung an Dritte). Der Miteigentümeranteil des Architekten beträgt
a) 50%
b) 25%.
Zu a)
Da der vom Unternehmer unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes (30%) seinen Miteigentumsanteil (50%) nicht überschreitet, kann er die gesamten, auf den unternehmerisch genutzten Teil entfallenden Vorsteuern geltend machen (30% von 60.000 Euro = 18.000 Euro).
Zu b)
Da der vom Unternehmer unternehmerisch genutzte Teil des Gebäudes (30%) seinen Miteigentumsanteil (25%) überschreitet, kann er maximal die bis zu dem seiner Miteigentumsquote entsprechenden Vorsteuern der gesamten Errichtungskosten geltend machen (25% von 60.000 Euro = 15.000 Euro).
Diese Regelung gilt auch für die laufenden Betriebskosten.
c) Errichtung des Gebäudes durch den einzelnen Miteigentümer/WohnungseigentümerBezüglich der einzelnen Gebäudeteile hat der Miteigentümer einen getrennten Werkvertrag mit dem Bauunternehmer abgeschlossen.
Leistungsempfänger kann auch der einzelne Grundstückseigentümer (Wohnungseigentümer) sein, wenn vereinbart ist, dass jeder Eigentümer bestimmte Gebäudeteile nutzt (das dingliche Nutzungsrecht erhält) und wenn jeder Miteigentümer bezüglich dieser einen getrennten Werkvertrag mit dem Bauunternehmer abgeschlossen hat.
Auch wenn der vom schlichten Miteigentümer erworbene Grundstücksanteil ("Gebäudeteil") weiterveräußert wird, handelt es sich um einen grundsätzlich steuerfreien Grundstücksumsatz, der zu einer Änderung der Verhältnisse führen kann oder für den zur Steuerpflicht optiert werden kann.
6.1.9.1.3.3. Wechsel der Miteigentümer bei Miteigentumsgemeinschaften
Der Wechsel von Miteigentümern führt bei der Gemeinschaft grundsätzlich zu keiner Änderung der Unternehmereigenschaft. Wenn ein Miteigentümer wechselt, liegt kein steuerbarer Grundstücksumsatz der Gemeinschaft vor. Es könnte allenfalls ein unecht steuerfreier Umsatz des Miteigentümers vorliegen, wenn der Miteigentümer den Miteigentumsanteil ihm Rahmen seines Unternehmens hält.6.1.9.1.3.4. Miteigentumsgemeinschaft an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude - Begründung von Wohnungseigentum
In der unentgeltlichen Einräumung von Wohnungseigentum durch die Miteigentumsgemeinschaft an den jeweiligen Wohnungseigentümer ist keine umsatzsteuerbare Lieferung zu erblicken (VwGH 25.6.1998, 94/15/0087). Ist die schlichte Miteigentumsgemeinschaft bisher mit dem im Miteigentum stehenden Gebäude unternehmerisch tätig gewesen (zB das im Miteigentum stehende Gebäude wurde von der Gemeinschaft vermietet), scheidet das Gebäude aus dem Unternehmensbereich aus und es liegt ein grundsätzlich steuerfreier Eigenverbrauch gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 vor. Die Miteigentumsgemeinschaft kann hinsichtlich des Grundstückes (Grundstücksteiles) zur Steuerpflicht optieren. Der nunmehrige Wohnungseigentümer hat die Möglichkeit, die im Falle der Option in Rechnung gestellte USt bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 - insbesondere der Unternehmereigenschaft - als Vorsteuer gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Abzug zu bringen.6.1.9.1.3.5. Alleineigentum an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude - Begründung von Miteigentum und unternehmerische Nutzung durch die Miteigentumsgemeinschaft
a) Entgeltliche BegründungVeräußert der Alleineigentümer A einer bisher von ihm vermieteten Liegenschaft einen Liegenschaftsanteil an den neuen Miteigentümer B mit nachfolgender Vermietung durch die Gemeinschaft (A und B), liegt eine entgeltliche Lieferung an den neuen Unternehmer "Miteigentumsgemeinschaft" vor.
b) Schenkung eines MiteigentumsanteilesWird vom Alleineigentümer A schenkungsweise Miteigentum eingeräumt, so ist von einer entgeltlichen Veräußerung des gesamten Objektes an den neuen Unternehmer "Miteigentumsgemeinschaft" auszugehen (Gegenleistung ist die Einräumung von Rechten an dieser Gemeinschaft).
6.1.9.1.3.6. Alleineigentum an bestehendem, unternehmerisch genutztem Gebäude - Begründung von Wohnungseigentum
Der Alleineigentümer, der bisher das Gebäude unternehmerisch genutzt hat, tätigt einen unecht steuerfreien Grundstücksumsatz hinsichtlich des aus dem Unternehmen des bisherigen Alleineigentümers ausscheidenden Grundstücksanteiles. Hinsichtlich des verbleibenden Anteils (im Wohnungseigentum oder schlichten Miteigentum) bleibt der bisherige Alleineigentümer weiterhin unternehmerisch tätigt, sodass diesbezüglich er und nicht die Gemeinschaft Unternehmer ist. Hinsichtlich der Leistungen, die das gesamte Gebäude betreffen (zB Betriebskosten), ist die Miteigentumsgemeinschaft der Leistungsempfänger. In weiterer Folge überwälzt diese die Kosten anteilig auf den bisherigen Alleineigentümer (wenn dieser nicht Wohnungseigentümer wird) und auf den Wohnungseigentümer (die Wohnungseigentumsgemeinschaft).6.1.9.1.4. Eigenverbrauch von Grundstücken
6.1.9.1.4.1. Allgemeines
Der Eigenverbrauch ist nur dann steuerbar, wenn der Gegenstand oder seine Bestandteile zu einem vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.Beispiel:
Der Unternehmer hat im Jahre 2001 auf einem ohne Vorsteuerabzug erworbenen Grundstück ein Gebäude errichtet. Dieses wird im Jahre 2003 entnommen.
Eine Eigenverbrauchsbesteuerung erfolgt nicht hinsichtlich des nackten Grund und Bodens.
6.1.9.1.4.2. Eigenverbrauch bei Nutzung
Der Eigenverbrauch bei vorübergehender Nutzung des Grundstückes bestimmt sich nicht nach § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994.6.1.9.1.5. Option zur Steuerpflicht
6.1.9.1.5.1. Zeitpunkt und Form der Optionsausübung
Voraussetzung für die Optionsausübung ist, dass der Unternehmer einen grundsätzlich unter § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 fallenden Umsatz tätigt. Der Verzicht auf die Steuerbefreiung ist an keine besondere Form oder Frist gebunden und erfordert auch keine eigene schriftliche Erklärung an das Finanzamt. Der Verzicht (ebenso wie die Rücknahme des Verzichtes) ist bis zur Rechtskraft des Steuerbescheides möglich. Der Verzicht ist auch im wieder aufgenommenen Verfahren möglich. Maßgeblich ist nicht der offene Ausweis in einer Rechnung oder Gutschrift, sondern die Behandlung als steuerpflichtig gegenüber dem Finanzamt. Stellt der Unternehmer zwar Umsatzsteuer in Rechnung, behandelt aber den Umsatz gegenüber dem Finanzamt (Voranmeldung, Steuererklärung) steuerfrei, schuldet er den ausgewiesenen Betrag gemäß § 11 Abs. 12 UStG 1994, ausgenommen er berichtigt die Rechnung.Bei im Zwangsversteigerungsverfahren ausgeführten Umsätzen von Grundstücken (einschließlich Gebäuden auf fremdem Boden und Baurechten) ist der Verzicht auf die Steuerbefreiung gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 nur zulässig, wenn der Verpflichtete dem Gericht spätestens bis vierzehn Tage nach Bekanntgabe des Schätzwertes (§ 144 EO) ausdrücklich mitteilt, dass der Umsatz an den Ersteher gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 steuerpflichtig behandelt wird. Diese gesetzliche Frist kann nicht verlängert werden (vgl. § 110 Abs. 1 BAO). Im Falle der fristgerechten Mitteilung der steuerpflichtigen Behandlung kommt es gemäß § 19 Abs. 1b lit. c UStG 1994 zum Übergang der Steuerschuld auf den Ersteher, wobei der Verpflichtete als leistender Unternehmer für diese Steuer haftet. Der Verpflichtete muss eine Rechnung gemäß § 11 Abs. 1a UStG 1994 ausstellen. Hinsichtlich des Vorsteuerabzugsrechtes des Erstehers vgl. Rz 1875 bis Rz 1876.
6.1.9.1.5.2. Berechtigung zur Option
Optionsberechtigt sind grundsätzlich alle Unternehmer, die Umsätze gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 ausführen, ausgenommen Kleinunternehmer und pauschalierte Landwirte. Diese müssten, um optieren zu können, zusätzlich auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichten (§ 6 Abs. 3 UStG 1994) bzw. erklären, dass ihre Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften besteuert werden sollen (§ 22 Abs. 6 UStG 1994).Beispiel:
Kleinunternehmer K veräußert seine Eigentumswohnung, die er bisher vermietete. Die Vermietungsumsätze lagen unter 35.000 Euro (bis 31.12.2019: 30.000 Euro). Die Eigentumswohnung wird um 150.000 Euro zuzüglich 20% USt veräußert.
Das Hilfsgeschäft des K (Veräußerung der Eigentumswohnung) bleibt bei der Ermittlung der Kleinunternehmergrenze von 35.000 Euro (bis 31.12.2019: 30.000 Euro) außer Ansatz. K muss, um für den Grundstücksumsatz optionsberechtigt zu sein, neben der Behandlung des Umsatzes gegenüber dem Finanzamt als steuerpflichtig zusätzlich auf die Kleinunternehmerregelung verzichten (Doppeloption). Die Inrechnungstellung der Umsatzsteuer allein würde zu einer Steuerschuld auf Grund der Rechnung führen.
Ob der leistende Unternehmer zur Besteuerung optiert, steht - aus der Sicht der Umsatzsteuer - in seinem freien Ermessen.
Der Erwerber hat umsatzsteuerlich weder Anspruch auf die Ausübung des Optionsrechtes noch muss er dieser zustimmen (vgl. VwGH 02.09.2009, 2005/15/0140).
Optionsberechtigt für die Lieferung von Grundstücken im Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter als gesetzlicher Vertreter des Schuldners. Dies gilt auch im Falle des Beitritts des Insolvenzverwalters in ein gegen den (Insolvenz)Schuldner im Zuge befindliches Zwangsvollstreckungsverfahren als betreibender Gläubiger.6.1.9.1.5.3. Umfang der Option
Die Option kann für jeden einzelnen Umsatz ausgeübt werden (zB können in einem Gebäude Wohnungen bzw. Geschäftsräume im Wohnungseigentum steuerfrei und steuerpflichtig veräußert werden).Der USt unterliegt nur der Teil des Grundstückes, der zum Unternehmen gehört. Ob Lieferungen oder sonstige Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung, Errichtung und Erhaltung von Gebäuden als für das Unternehmen ausgeführt gelten, richtet sich nach § 12 Abs. 2 Z 1 UStG 1994.
Bei der Veräußerung (Entnahme) eines Grundstückes kann die Option auf einen abgrenzbaren Teil des Grundstückes (Gebäudeteile) beschränkt werden. Eine Teiloption wird etwa bei unterschiedlichen Nutzungsarten (zB Wohnungen und Geschäftsräumlichkeiten) in Betracht kommen. Eine solche Aufteilung nach räumlichen Gesichtspunkten wird dann möglich sein, wenn an den einzelnen Grundstücksteilen grundsätzlich Wohnungseigentum begründet werden könnte.Beispiel:
Unternehmer U veräußert ein Gebäude an den Erwerber (Käufer) E. Im Gebäude befinden sich verschiedene Geschäftsräumlichkeiten und eine Arztpraxis.
Im gegenständlichen Fall kann vom U die Option auf die veräußerten Geschäftsräumlichkeiten beschränkt werden.
6.1.9.1.5.4. Eigenverbrauch
Auch bei einem gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfreien Entnahmeeigenverbrauch nach § 3 Abs. 2 UStG 1994 (vgl. Rz 790) ist eine Option zur Steuerpflicht möglich.Es besteht nicht die Möglichkeit, zu berichtigende oder nicht abzugsfähige Steuern gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Rechnung zu stellen, wohl aber im Falle der Option die für den steuerpflichtigen Eigenverbrauch geschuldete Umsatzsteuer.
Beispiel:
Unternehmer U schenkt ein vermietetes Gebäude, welches unter Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges errichtet wurde, seinem Sohn S, der das Gebäude weiterhin vermietet.
Durch die Schenkung bewirkt der Unternehmer einen Eigenverbrauch gemäß § 3 Abs. 2 UStG 1994. Für den Unternehmer U besteht die Möglichkeit, für den Eigenverbrauch zur Steuerpflicht zu optieren. Damit entfällt eine Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 UStG 1994.
6.1.9.1.5.5. Bemessungsgrundlage im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer
Bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Grundstücksumsätze wäre für den Fall, dass nach den vertraglichen Vereinbarungen die Grunderwerbsteuer vom Erwerber allein zu tragen ist, die Hälfte der Grunderwerbsteuer zum Nettoentgelt hinzuzurechnen . Aus Vereinfachungsgründen wird vom Erfordernis der Hinzurechnung der Hälfte der Grunderwerbsteuer abgesehen.6.1.9.1.5.6. Vorsteuerabzug im Hinblick auf eine zukünftige Option
Will der Unternehmer im Hinblick auf eine künftige Optionsausübung bereits vor der Ausführung des Umsatzes den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen, ist dies nur möglich, wenn er zweifelsfrei darlegen kann (zB durch entsprechende Vorvereinbarungen mit künftigen Käufern oder anhand anderer - über eine bloße Absichtserklärung hinausgehender - Umstände), dass bei Würdigung des vorliegenden Sachverhaltes am Maßstab des allgemeinen menschlichen Erfahrungsgutes und der Denkgesetze im Zeitpunkt des Bezuges der Vorleistung die Wahrscheinlichkeit einer bevorstehenden steuerpflichtigen Veräußerung mit größerer Sicherheit anzunehmen war als der Fall einer steuerbefreiten Veräußerung oder der Fall des Unterbleibens einer Veräußerung.§ 6 Abs. 2 vorletzter Unterabsatz UStG 1994 regelt nur den Zeitpunkt der tatsächlichen Ausübung der Option und die steuerliche Behandlung einer "bis dahin" mangels entsprechender Optionsabsicht vom Vorsteuerabzug nach § 12 Abs. 3 UStG 1994 ausgeschlossenen oder nach § 12 Abs. 10 bis 12 UStG 1994 zu berichtigenden Vorsteuer (VwGH 20.10.2009, 2006/13/0193). Bei Absichtsänderungen ist Rz 901 sinngemäß anzuwenden.
Steht im Zeitpunkt der Vereinnahmung einer Anzahlung zweifelsfrei fest, dass der spätere Grundstücksumsatz steuerpflichtig behandelt werden wird, sind im Zusammenhang mit der späteren Grundstückslieferung vereinnahmte Anzahlungen gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a und b UStG 1994 steuerpflichtig (Normalsteuersatz) und berechtigen den Erwerber unter den Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug, wenn der Verkäufer in der Anzahlungsrechnung (vgl. Rz 1524) auf die spätere steuerpflichtige Behandlung des Grundstücksumsatzes hinweist.
Beispiel:
Eine Immobilien-Gesellschaft, die die Errichtung und Veräußerung von Gebäuden zum Unternehmensgegenstand hat, errichtet im Jahr 01 Vorsorge-Wohnungen und beabsichtigt diese nach Fertigstellung (voraussichtlich im Jahr 02) entsprechend ihrem Vorsorge-Wohnungs-Konzept an Anleger zu verkaufen, die die Wohnungen in der Folge an fremde Dritte für Wohnzwecke weitervermieten wollen. Die umsatzsteuerpflichtige Wohnungsvermietung und der damit verbundene Vorsteuerabzug für den Anleger sind zentraler Bestandteil der Konzeption. Noch im Jahr des Baubeginnes liegen verbindliche Kaufanbote von Anlegern vor, in denen festgelegt wird, dass der Miteigentumsanteil mit Umsatzsteuer verrechnet wird. In allen Werbeprospekten und -inseraten wird dies hervorgehoben. Auch bei vergleichbaren früheren Projekten ist die Gesellschaft nachweislich so vorgegangen. Als Voraussetzung für die Annahme des verbindlichen Kaufanbotes wird die Leistung von Anzahlungen vereinbart.
Im Hinblick auf den - durch die nach außen hin erkennbaren und verbindlichen Vereinbarungen bzw. die sonstigen Umstände - mit größter Wahrscheinlichkeit anzunehmenden Zusammenhang mit künftigen steuerpflichtigen Grundstücksveräußerungen an ihrerseits - durch Vermietung für Wohnzwecke - unternehmerisch tätige Anleger steht dem Unternehmer der Vorsteuerabzug für im Jahr 01 angefallene Errichtungs- und Planungskosten bereits im Voranmeldungs- bzw. Veranlagungszeitraum 01 zu. Gleichzeitig muss der Unternehmer im Jahr 01 (und später) vereinnahmte Anzahlungen nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a und b UStG 1994 versteuern. Bei Vorliegen einer ordnungsgemäßen Anzahlungsrechnung, die einen ausdrücklichen Hinweis auf die spätere steuerpflichtige Behandlung der Veräußerung enthält, kann der künftige Erwerber - unter den weiteren Voraussetzungen des § 12 UStG 1994 - die darin ausgewiesene Steuer abziehen.
6.1.9.1.5.7. Vorsteuerabzug für vor der Option empfangene Leistungen
Optiert der Unternehmer erst bei Lieferung des Grundstückes gemäß § 6 Abs. 2 UStG 1994 zur Steuerpflicht und war die diesbezügliche Absicht bisher zweifelhaft bzw. ändert er nachweislich bereits vorher nach außen erkennbar und zweifelsfrei seine ursprüngliche Absicht zur steuerfreien Veräußerung in Richtung steuerpflichtige Behandlung, so können - wie bei der Vermietung (vgl. Rz 901) - die bis dahin im Hinblick auf die Steuerfreiheit der Umsätze gemäß § 12 Abs. 3 UStG 1994 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenen Vorsteuern frühestens für den Voranmeldungs-(Veranlagungs-)zeitraum geltend gemacht werden, in dem der Unternehmer seine Absicht zur steuerpflichtigen Behandlung zweifelsfrei geändert (siehe Rz 799) bzw. in dem er den Umsatz tatsächlich gegenüber dem Finanzamt steuerpflichtig behandelt hat.6.1.9.1.6. Einzelfälle
Ausscheiden des vorletzten Miteigentümers: Ist beim Ausscheiden eines Miteigentümers aus einer zweipersonalen unternehmerischen Miteigentumsgemeinschaft vertraglich "Anwachsen" vereinbart, liegt eine nichtsteuerbare Anteilsvereinigung vor.Bauherrnmodell - Lieferung des Grundstückes und des Gebäudes durch verschiedene Unternehmer: Nach der ständigen Judikatur des VwGH ist der Begriff des "Bauherrn" für die Grunderwerbsteuer und die Umsatzsteuer einheitlich auszulegen. Das bedeutet jedoch umsatzsteuerrechtlich nicht, dass Leistungen des Grundstücksveräußerers und Leistungen Dritter zu einem einheitlichen Grundstückserwerb zusammengefasst werden können. Nur die Grundstückslieferung ist daher gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit (vgl. auch EuGH 27.11.2008, C-156/08 , "Vollkommer", wonach beim Erwerb eines noch unbebauten Grundstückes künftige, umsatzsteuerpflichtige Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung von Verkehrsteuern wie die "Grunderwerbsteuer" einbezogen werden können, sofern diese nicht den Charakter einer Umsatzsteuer besitzen).
Baurecht, Bauzins: Es ist zwischen der Einräumung (Übertragung) eines Baurechtes und der Vermietung und Verpachtung von Baurechten zu unterscheiden. Die Einräumung eines Baurechtes fällt unter § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994, wobei es gleichgültig ist, ob der vom Bauberechtigten entrichtete Bauzins als Einmalzahlung oder in wiederkehrenden Beträgen entrichtet wird; auch bei der Übertragung eines Baurechtes handelt es sich um ein Entgelt für die Lieferung eines Grundstücks.
Die Vermietung und Verpachtung von Baurechten (zB die Vermietung von Wohnungen in einem Gebäude, das Zugehör des Baurechts ist) ist als Vermietung und Verpachtung von Grundstücken zu beurteilen. Diesfalls kommt § 6 Abs. 1 Z 16 UStG 1994 bzw. § 10 Abs. 2 Z 3 lit. a UStG 1994 (bis 31.12.2015: § 10 Abs. 2 Z 4 UStG 1994) zur Anwendung.
Teilzeiteigentum
Die Veräußerung von Miteigentumsanteilen mit der Nebenabrede, dass dem jeweiligen Miteigentümer das ausschließliche, auf einen bestimmten Zeitraum eines jeden Jahres beschränkte Recht auf Benutzung eines bestimmten Appartements eingeräumt wird (so genanntes "Teilzeiteigentum"), stellt eine Lieferung von Grundstücken dar und ist daher gemäß § 6 Abs. 1 Z 9 lit. a UStG 1994 steuerfrei. Das Nutzungsrecht der Käufer stellt sich als Ausfluss der übertragenen ideellen Miteigentumsanteile und als zwischen den Miteigentümern getroffene "Benutzungsregelung" im Sinne des § 828 Abs. 2 ABGB auch dann dar, wenn die Nutzungsvereinbarung schon im Kaufvertrag betreffend die Übertragung der Miteigentumsanteile erfolgt ist (vgl. VwGH 20.10.2004, 2000/14/0185). Zur Einräumung eines Teilzeitnutzungsrechtes ohne gleichzeitige Miteigentumsübertragung (Time-Sharing) siehe Rz 1374 bis Rz 1377.
Randzahlen 802 bis 845: Derzeit frei.