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27.5. Dienstbarkeit (§ 33 TP 9 GebG)

BMFBMF-010206/0094-IV/9/201812.2.2019

27.5.1. Gegenstand der Gebühr

Rz 763
Der Begriff der Dienstbarkeit (Servitut) ist im Gebührengesetz 1957 nicht umschrieben, es muss daher auf das Zivilrecht Bezug genommen werden. Nach § 472 ABGB wird durch das "Recht der Dienstbarkeit" ein Eigentümer verbunden, zum Vorteil eines anderen, nämlich des Berechtigten, in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.

Rz 764
Von der Dienstbarkeit zu unterscheiden ist die nicht der Gebühr unterliegende Reallast. Darunter versteht man die Verpflichtung des jeweiligen Grundeigentümers zu einer positiven Leistung zu Gunsten des Berechtigten (zB ein Ausgedinge bei bäuerlichen Übergaben).

Rz 765
Man unterscheidet zwischen Grunddienstbarkeiten (zB Wegerecht, Leitungsrecht) und persönlichen Dienstbarkeiten (zB Fruchtgenussrecht, Wohnrecht).

Rz 766
Gemäß § 474 ABGB steht bei den Grunddienstbarkeiten das Nutzungsrecht dem jeweiligen Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft (des "herrschenden Grundstücks") zu.

Rz 767
Die belastete Sache ist stets ein Grundstück (das "dienende Grundstück").

Rz 768
Ein Grundstück kann zum Vorteil eines anderen Grundstückes in der Weise belastet werden, dass sein Eigentümer sich bestimmte Eingriffe des Eigentümers dieses anderen Grundstückes gefallen lassen muss oder zu dessen Gunsten nach gewissen Richtungen sein Eigentumsrecht nicht ausüben darf.

Rz 769
Unerheblich ist, ob die Urkunde über den Vertrag zur Begründung einer Grunddienstbarkeit in einverleibungsfähiger Form ausgestellt ist.

Rz 770
Persönliche Dienstbarkeiten können sowohl an unbeweglichen als auch an beweglichen Sachen begründet werden. Berechtigter ist stets eine bestimmte Person. Persönliche Dienstbarkeiten sind der Fruchtgenuss, das Gebrauchsrecht und das Wohnrecht.

Rz 771
Unter Fruchtgenuss wird das dingliche Recht verstanden, eine fremde Sache ohne jede Einschränkung, aber unter Schonung der Substanz zu gebrauchen.

Rz 772
Das Gebrauchsrecht ist das dingliche Recht auf Nutzung einer Sache wie beim Fruchtgenuss, aber bloß zum persönlichen Bedürfnis, das Wohnrecht das dingliche Recht zum Gebrauch einer Wohnung.

Rz 773
Voraussetzung der Erfüllung des Tatbestandes des § 33 TP 9 GebG ist außer dem Vorliegen einer Dienstbarkeit iSd Zivilrechtes, dass die Einräumung der Dienstbarkeit durch ein entgeltliches Rechtsgeschäft erfolgt. Ein solches entgeltliches Rechtsgeschäft liegt vor, wenn nach dem Willen der Parteien eine Leistung im Sinne einer subjektiven Äquivalenz vergolten werden soll (VwGH 16.10.2003, 2003/16/0126). Auf das Vorhandensein einer solchen Äquivalenz kann dabei auch aus dem Sachverhalt geschlossen werden.

Rz 774
Die unentgeltliche Einräumung einer Dienstbarkeit erfüllt nicht den Tatbestand (siehe Rz 773).

Rz 775
Bei teilweise unentgeltlicher Einräumung einer Dienstbarkeit bildet der Wert des Entgelts die Bemessungsgrundlage.

Rz 776
Der Gebühr unterliegt nicht erst der Erwerb einer Dienstbarkeit, also ihre grundbücherliche Einverleibung, sondern schon die rechtsgeschäftliche Einräumung des Titels zum entgeltlichen Erwerb (VwGH 5.3.1990, 89/15/0014).

Rz 777
Verträge, welche die Überlassung des Gebrauches einer Wohnung gegen Entgelt zum Gegenstand haben, sind in der Regel als Mietverträge gemäß § 33 TP 5 GebG zu werten.

Rz 778
Wird allerdings die zur Nutzung überlassene Wohnung vereinbarungsgemäß nicht zur Befriedigung eines Wohnbedürfnisses des Nutzungsberechtigten, sondern zur Erzielung von Erträgnissen verwendet, ist nicht von einem Bestandvertrag, sondern von einem Dienstbarkeitsvertrag gemäß § 33 TP 9 GebG auszugehen, weil einem Fruchtnießer das Recht auf volle Nutzung der Sache zusteht, wozu insbesondere das Recht gehört, Bestandrechte an Personen zu vergeben, die dadurch Hauptmieter werden. Ein derart eingeräumtes Recht steht mit dem Recht eines Bestandnehmers in Widerspruch, es stellt vielmehr ein Fruchtgenussrecht dar (VwGH 5.3.1990, 89/15/0014).

Rz 779
Erfolgt die Einräumung der Dienstbarkeit durch das Gericht (zB § 3 Notwegegesetz oder § 86 EheG) oder durch die Verwaltungsbehörde (zB bei Enteignungen nach § 2 Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz - EisbEG oder durch die Agrarbehörde) ist keine Gebührenpflicht gegeben.

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