4.1.10.5.1 Allgemeines
Gewerbetreibende, die nach UGB rechnungslegungspflichtig sind (Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG 1988), können auch Gegenstände, die nicht notwendiges Betriebsvermögen darstellen, dem Betrieb widmen und in ihre Bilanz aufnehmen (gewillkürtes Betriebsvermögen). Zum gewillkürten Betriebsvermögen können nur Wirtschaftsgüter gehören, die weder notwendiges Privatvermögen noch notwendiges Betriebsvermögen darstellen. Bei diesen Wirtschaftsgütern steht es in der Entscheidung des Steuerpflichtigen, ob er sie in die Bücher aufnimmt und als Betriebsvermögen behandelt (VwGH 10.07.1959, 0956/57; VwGH 16.01.1973, 0629/72), wobei die Entscheidung auch schon vom Rechtsvorgänger getroffen worden sein kann (VwGH 04.05.1971, 0347/70). Gewillkürtes Betriebsvermögen ist immer zum Anlagevermögen zu zählen.Die Widmung zum Betriebsvermögen erfolgt ausschließlich durch Aufnahme in die Bücher und nicht durch eine betriebliche Nutzung (VwGH 28.2.2018, Ra 2017/15/0054; VwGH 13.6.1989, 86/14/0129; VwGH 12.12.1995, 94/14/0091), ebenso durch Belassen in den Büchern, wenn ein bisher notwendiges Betriebsvermögen nicht mehr betrieblich aber auch nicht privat genutzt wird (VwGH 25.10.1994, 94/14/0115). Die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum gewillkürten Betriebsvermögen ist weiters nur dann rechtens, wenn die dementsprechende Buchung zeitfolgerichtig als laufender Geschäftsfall erfolgt ist (VwGH 21.11.1995, 92/14/0152). Unzulässig ist jedenfalls die rückwirkende Einbuchung gewillkürten Betriebsvermögens (VwGH 14.1.1986, 84/14/0038, VfGH 12.3.1982, B 299/79).Die Ausbuchung eines Gegenstandes des gewillkürten Betriebsvermögens auf einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt bewirkt nicht die Entnahme zu diesem zurückliegenden Stichtag. Die Entnahme wird erst im Zeitpunkt des Ausbuchens bewirkt (VwGH 26.4.1994, 91/14/0030; VwGH 25.10.1994, 94/14/0115). Nimmt ein Steuerpflichter in der Annahme, ein bisher als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeltes Wirtschaftsgut sei notwendiges Privatvermögen, eine Bilanzberichtigung (Ausbuchung des Wirtschaftsgutes) vor, so kann diese Bilanzberichtigung keinesfalls als Entnahme gewertet werden. In solchen Fällen kann auch dann keine Entnahme angenommen werden, wenn sich nachträglich herausstellt, dass das betreffende Wirtschaftsgut gar nicht dem notwendigen Privatvermögen, sondern ohnedies - wie zuvor angenommen - dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzurechnen ist (VwGH 17.2.1993, 88/14/0097).Wird gewillkürtes Betriebsvermögen in die Bücher aufgenommen, dann ist dieses Betriebsvermögen nicht anders zu behandeln als notwendiges Betriebsvermögen (VwGH 13.9.1988, 88/14/0072).Wirtschaftsgüter müssen, um dem gewillkürten Betriebsvermögen zugerechnet zu werden, dem Betrieb in irgendeiner Weise - etwa durch ein betriebliches Interesse an einer fundierten Kapitalausstattung - förderlich sein können. Als gewillkürtes Betriebsvermögen kommen nur solche Wirtschaftsgüter in Betracht, die ihrer Beschaffenheit nach auch Betriebsvermögen sein können. Gegenstände, bei denen ein Zusammenhang mit dem Betrieb offensichtlich nicht bestehen kann, sind als gewillkürtes Betriebsvermögen ausgeschlossen (VwGH 20.11.1990, 90/14/0139).Von der Entscheidungsfreiheit kann kein so weitgehender Gebrauch gemacht werden, dass in der Bilanz gewillkürtes Betriebsvermögen ausschließlich deshalb aufgenommen wird, um einen steuerlichen Vorteil zu erreichen, zB um eine bevorstehende Wertminderung oder einen drohenden Verlust von der einkommensteuerlich unbeachtlichen Privatsphäre in den steuerwirksamen betrieblichen Bereich zu verlagern (VwGH 8.11.1977, 1054/75, 2175/77; VwGH 21.11.1995, 92/14/0152; VwGH 28.5.1997, 92/13/0273).Beispiele:
Kursverlust bei Wertpapieren; eine bereits wertlose Darlehensforderung; eine mit Fruchtgenuss belastete Beteiligung (VwGH 20.11.1990, 90/14/0139); Wertverfall von Silber (VwGH 21.11.1995, 92/14/0152); Film-Verwertungsrechte, die zu keiner Förderung des Betriebes geeignet sind (VwGH 13.10.1999, 93/13/0200).
4.1.10.5.2 Einzelfälle
Bauernhof
Die Wirtschaftsgüter eines Bauernhofes (Erbhofes nach dem Kärntner Höfegesetz) können gewillkürtes Betriebsvermögen einer OHG sein, die Holzhandel und Sägewerke betreibt; auch wenn der Gesellschafter den Hof nur als Vorerbe in gemäß § 613 ABGB beschränktem Eigentum hat (VwGH 13.9.1988, 88/14/0072).Beteiligung
Ein Stammanteil an einer branchengleichen GmbH kann sowohl im privaten als auch im betrieblichen Bereich gehalten werden. Es bleibt daher dem Steuerpflichtigen überlassen, in welchem Bereich er den Stammanteil führen will (VwGH 8.11.1977, 1054/75). Haben die Gesellschafter einer Personengesellschaft von ihnen erworbene Anteile an einer auf einem völlig anderen Wirtschaftsgebiet tätigen Kapitalgesellschaft, nachdem diese große Verluste ausgewiesen hatte, zum Nominalwert in das Betriebsvermögen eingebracht, ist der Schluss zu ziehen, dass die Übertragung und die Aufnahme ins Betriebsvermögen nur in der überwiegenden Identität der Gesellschafter ihre Erklärung finden kann und die Anteile nicht als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln sind (VwGH 16.1.1973, 0629/72).Für die Eigenschaft der Beteiligung als gewillkürtes Betriebsvermögen spricht das Beitragen ihrer Gewinne zum Betriebserfolg (VwGH 5.10.1993, 90/14/0121).
Grundstück, Gebäude
Liegenschaften können grundsätzlich gewillkürtes Betriebsvermögen darstellen (VwGH 17.1.1995, 94/14/0077; VwGH 12.12.1995, 94/14/0091; VwGH 28.5.1997, 92/13/0273; VwGH 25.11.1997, 93/14/0180).Der Vollkaufmann kann ein Grundstück, das ursprünglich infolge seiner betrieblichen Nutzung zum notwendigen Betriebsvermögen gehörte, nachdem es nicht mehr betrieblich genutzt wird, als gewillkürtes Betriebsvermögen behandeln. Hat der Vollkaufmann ein solches Grundstück auch nach Aufhören der betrieblichen Nutzung in seinen Büchern als zum Betriebsvermögen gehörig weiter geführt, hat er zu erkennen gegeben, dass er es als gewillkürtes Betriebsvermögen ansieht (VwGH 8.5.1964, 2103/63). Erscheint ein Wirtschaftsgut (unbebautes Grundstück) als Aktivpost in der Bilanz auf und werden die damit zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge auf Verlust- und Gewinnkonto gebucht, so geht der Wille des Kaufmannes erkennbar dahin, das Wirtschaftsgut als Teil des Betriebsvermögens zu behandeln (VwGH 4.5.1971, 0347/70).
Ein unbebautes Grundstück, das an ein vom Unternehmen betrieblich genutztes Gebäude angrenzt und für eine Betriebserweiterung besonders geeignet ist und vom Betriebsinhaber, dessen Firma im Firmenbuch eingetragen ist, in die Bilanzen aufgenommen wurde, stellt gewillkürtes Betriebsvermögen dar (VwGH 23.12.1975, 1367/74).
Entscheidet sich der Eigentümer eines bebauten Grundstückes, einen bestimmten Teil des Gebäudes als gewillkürtes Betriebsvermögen aufzunehmen, führt dies zwingend dazu, dass auch die entsprechenden ideellen Anteile des Bodens gewillkürtes Betriebsvermögen werden (VwGH 18.12.2001, 98/15/0019).