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10.12. Zeugnisse (§ 14 TP 14 GebG)

BMFBMF-010206/0094-IV/9/201812.2.2019

10.12.1. Tatbestand

Rz 358
Gemäß § 14 TP 14 Abs. 1 GebG unterliegen amtliche Zeugnisse einer festen Gebühr. Unter Zeugnissen versteht man Schriften, die von Organen der Gebietskörperschaften oder von ausländischen Behörden oder Gerichten ausgestellt werden und durch die persönliche Eigenschaften oder Fähigkeiten oder tatsächliche Umstände bekundet werden.

10.12.1.1. Bekundung

Rz 359
Als "Bekundung" und somit als "Zeugnis" ist eine Erklärung dann anzusehen, wenn aus dem Inhalt der Schrift hervorgeht, dass die Erklärung dazu bestimmt ist, dem Ausstellungswerber gegenüber einem von vornherein nicht begrenzten Kreis von Personen als Ausweis oder Beweismittel zu dienen. Ob diese "Kunde" in weiterer Folge tatsächlich einer unbestimmten Zahl von Personen zukommen wird oder nicht, ist dabei unerheblich (VwGH 13.11.1989, 88/15/0107). Auch wenn eine Schrift dem Ausstellungswerber nur zu dem Zweck übergeben wird, um von vornherein nur einer bestimmten Person gegenüber verwendet zu werden, ist die Schrift gleichwohl Zeugnis (VwGH 18.11.1991, 90/15/0013).

Rz 360
Dient ein Ausweis oder eine Bestätigung nur zur Legitimierung oder zum Beweis gegenüber dem Aussteller bzw. seinen Organen und Bevollmächtigten, liegt keine Bekundung vor.

Beispiele:

Passierschein, Einlaufstempel auf der für den Einschreiter bestimmten Kopie eines Einlaufstückes.

10.12.1.2. Gebührenfreie amtliche Mitteilung

Rz 361
Kein gebührenpflichtiges Zeugnis, sondern eine gebührenfreie amtliche Mitteilung liegt dann vor, wenn eine Erklärung (Bescheinigung, Bestätigung) über persönliche Eigenschaften oder Fähigkeiten oder tatsächliche Umstände an eine bestimmte, vom Ausstellungswerber verschiedene (physische oder juristische) Person adressiert (gerichtet) wird und sich aus der Adressierung im Zusammenhang mit dem sonstigen Inhalt der Schrift ergibt, dass es sich nur um eine, an eine bestimmte dritte Person gerichtete Mitteilung handelt. Das Gleiche gilt auch dann, wenn eine derartige Erklärung (Bescheinigung, Bestätigung) auf ein Schreiben gesetzt wird, das von vornherein an eine bestimmte Person gerichtet ist.

Ebenso liegt kein gebührenpflichtiges Zeugnis, sondern eine gebührenfreie Mitteilung vor, wenn zwar eine Adressierung fehlt, aber aus dem Inhalt der Schrift hervorgeht, dass die darin enthaltene Erklärung (Bescheinigung, Bestätigung) über persönliche Eigenschaften oder Fähigkeiten oder tatsächliche Umstände an eine bestimmte physische oder juristische Person gerichtet ist. Eine allgemeine Zweckangabe allein, schließt die Gebührenpflicht nicht aus, sofern es sich nicht um einen der in § 14 TP 14 Abs. 2 GebG angeführten begünstigten Zwecke handelt.

Ob eine Adressierung an eine bestimmte dritte Person rechtlich möglich bzw. zulässig ist, richtet sich nach den für das jeweilige Verfahren maßgeblichen Verfahrensvorschriften sowie den Anordnungen der zuständigen (Ober-)Behörde. Aus der Adressierung allein oder in Verbindung mit dem Inhalt der Schrift muss der Adressat der Mitteilung konkret ermittelbar sein.

Beispiele:

Der Vermerk "Dient zur Vorlage bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung" genügt den Erfordernissen einer gebührenfreien Mitteilung.

Im Gegensatz dazu ist die Textierung "Dient zur Vorlage bei der Gewerbebehörde" ohne dass aus dem Inhalt der Schrift hervorgeht, für welche konkrete Gewerbebehörde die Schrift bestimmt ist, nicht ausreichend.

Auch eine allgemeine Zweckangabe allein zB "Zum Zwecke der Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches wird bestätigt...." schließt die Gebührenpflicht nicht aus.

10.12.1.3. Gebührenfreie amtliche Bescheinigungen und Bescheide

Rz 362
Urkunden über Rechtsgeschäfte dienen hauptsächlich zum Beweis über Abschluss und Inhalt eines Rechtsgeschäftes zwischen den Vertragspartnern. Eine "Bekundung" an einen unbestimmten Personenkreis steht nicht im Vordergrund. Daher sind diese grundsätzlich nicht als Zeugnisse anzusehen und unterliegen allenfalls einer Gebühr für Rechtsgeschäfte, wenn sie unter eine Tarifpost des § 33 GebG einzuordnen sind (siehe Rz 623 ff). Amtliche Bescheinigungen, in welchen die Begründung, Abwicklung oder Aufhebung eines schuldrechtlichen Rechtsverhältnisses beurkundet wird, stellen ebenfalls keine gebührenpflichtigen Zeugnisse dar (VwGH 24.10.1968, 0628/68).

Beispiele für gebührenfreie Bestätigungen:

Empfangsbestätigungen; Löschungsquittungen; Bescheinigung über eine erfolgte Geburt und die Todesbescheinigung, die nach dem Personenstandsgesetz den Standesämtern vorzulegen sind.

Rz 363
Bescheide, durch die in rechtsfeststellender oder rechtsgestaltender und in einer der Rechtskraft fähigen Weise über Rechtsverhältnisse abgesprochen wird, unterliegen als Willenserklärungen einer Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht der Zeugnisgebühr. Beurkundet der Bescheid nebenbei auch persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten oder tatsächliche Umstände, macht ihn dies noch nicht zu einem gebührenpflichtigen Zeugnis. Dient allerdings der Hauptzweck der Schrift einem "Bekunden", kann von einem Zeugnis die Rede sein (VwGH 24.10.1968, 0628/68).

10.12.1.4. Amtliche Befunde und Gutachten

Rz 364
Amtliche Befunde (Feststellen von tatsächlichen Umständen) sind gebührenpflichtige Zeugnisse, amtliche Gutachten unterliegen nicht der Zeugnisgebühr. Von den hier genannten amtlichen Befunden ist die Befundaufnahme über die Nichtentrichtung von Gebühren gemäß § 34 GebG zu unterscheiden (siehe Rz 918 ff).

Zur Abgrenzung zwischen einem gebührenpflichtigen Befund und einem gebührenfreien Gutachten ist davon auszugehen, dass ein der Gebühr unterliegendes Zeugnis dann vorliegt, wenn tatsächliche Umstände, zB bestimmte Eigenschaften einer Ware oder der Gehalt an einer bestimmten Substanz, zu einem grundsätzlich allgemeinen Beweiszweck bekundet werden. Von einer solchen, meist nur als "Befund" bezeichneten Schrift muss das "Gutachten im engeren Sinn" unterschieden werden. Enthält eine Schrift neben der Befundaufnahme auch noch vom Sachverständigen auf Grund seiner Fachkenntnisse und Erfahrungen aus dem Befund abgeleitete Schlussfolgerungen, liegt kein gebührenpflichtiges Zeugnis, sondern ein gebührenfreies Gutachten vor. In diesem Fall ist die Tatsachenfeststellung (Befundaufnahme) nicht dazu bestimmt, dem Ausstellungswerber einem von vornherein nicht begrenzten Kreis von Personen gegenüber zum Ausweis zu dienen oder einen Beweis zu erbringen, sondern bildet lediglich die Grundlage für die gutachterlichen Schlussfolgerungen des Sachverständigen.

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