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Information des Bundesministeriums für Finanzen zum Kommunalsteuergesetz (KommStG) 1993

BMFBMF-010222/0114-IV/7/201729.1.20182018

Beachte:
Gemäß Info des BMF vom 08.08.2018, BMF-010222/0093-IV/7/2018, kann die in Rz 79 angeführte Meinung des BMF infolge der VwGH-Entscheidung vom 19. April 2018, Ro 2018/15/0003, nicht mehr aufrecht erhalten werden.

16.2. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)

16.2.1. Bedeutung der DBA für die KommSt 1993

Rz 183

Ein DBA ist bei der Beurteilung der KommSt-Pflicht nur dann zu beachten, wenn im DBA die Gewerbesteuer (dazu zählt, auch wenn sie im Abkommen neben der Gewerbesteuer nicht angeführt ist, die Lohnsummensteuer - eine Erhebungsform der Gewerbesteuer) aufgezählt und eine automatische Anpassungsklausel enthalten ist (siehe dazu Rz 183a). Nach dieser Klausel unterliegen auch neu eingeführte Steuern dem DBA, wenn sie jenen entsprechen, die im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Abkommens erfasst sind. In diesem Sinn ist die KommSt als Gewerbesteuer, und zwar als modifizierte Lohnsummensteuer zu betrachten. Ausländische Unternehmen, die vor Inkrafttreten des KommStG 1993 hinsichtlich der auf die inländischen Unternehmenseinrichtungen entfallenden Erträge von der Gewerbesteuer und damit auch von der Verpflichtung zur Entrichtung der Lohnsummensteuer ausgenommen waren, sind es auch nach Inkrafttreten des KommStG 1993.

Der Begriff "Lohnsummensteuern" im Art. 2 Abs. 2 OECD-Musterabkommen dient nur der möglichen Erfassung von Einkommensteuern, die allenfalls von der Lohnsumme bemessen werden.

Rz 183a

Folgende DBA nennen im sachlichen Anwendungsbereich die österreichische Gewerbesteuer und können daher für die Beurteilung einer Kommunalsteuerpflicht bei internationalen Sachverhalten relevant sein:

  • Ägypten
  • Luxemburg
  • Australien
  • Malaysia
  • Belgien
  • Malta
  • Brasilien
  • Niederlande
  • China
  • Portugal
  • Deutschland
  • Schweden
  • Frankreich
  • Schweiz
  • Großbritannien
  • Slowakei
  • Indonesien
  • Thailand
  • Israel
  • Tunesien
  • Italien
  • Ungarn
  • Kanada
  • Zypern
  • Liechtenstein
 

Auch wenn im DBA-Deutschland 2002, BGBl. III Nr. 182/2002, die Gewerbesteuer bei den bestehenden österreichischen Steuern, für die das Abkommen gilt, nicht mehr angeführt wird, fällt diese aufgrund der Bestimmung des Abs. 12 lit. a des Protokolls zu Art. 24 DBA-Deutschland 2002 weiterhin in den Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens mit Deutschland. Es ist daher aufgrund der Bestimmungen des DBA-Deutschland 1954 zu prüfen, ob eine Entlastung von der österreichischen Kommunalsteuer zu gewähren ist (vgl. VwGH 15.09.2016, 2013/15/0219).

16.2.2. DBA ist maßgebend

16.2.2.1. Allgemeines

Rz 184

DBA können innerstaatliches Recht nicht begründen oder erweitern, sondern nur beschränken:

16.2.2.2. Anwendung von DBA

Rz 185

Bei der Anwendung von DBA ist folgendermaßen vorzugehen:

1. Es ist der inländische Besteuerungsanspruch nach inländischem Recht zu ermitteln.

2. Sodann ist auf der Grundlage des Abkommens zu entscheiden, ob und inwieweit der im ersten Schritt ermittelte inländische Besteuerungsanspruch aufrechterhalten werden kann.

3. Der im ersten Schritt innerstaatlich ermittelte und dann abkommenskonform adaptierte Besteuerungsanspruch ist schließlich in einem dritten Schritt nach inländischem Recht durchzusetzen (vgl. EStR 2000 Rz 33).

16.2.3. Dauerhafte feste Einrichtungen

16.2.3.1. Ausländisches Unternehmen

Rz 186

Für ein ausländisches Unternehmen fällt keine KommSt an,

Beispiele

16.2.3.2. Inländisches Unternehmen

Rz 187

Für ein inländisches Unternehmen fällt für eine im Ausland gelegene Betriebsstätte keine KommSt an,

16.2.3.3. Hilfsstützpunkte

Rz 188

Bestimmten Einrichtungen von untergeordneter Bedeutung, die wohl nach § 4 KommStG 1993 iVm BAO Betriebsstättencharakter haben, werden nach diversen DBA aus dem Betriebsstättenbegriff ausgenommen. DBA, die auf der Grundlage des Art. 5 Abs. 4 OECD-Musterabkommen abgeschlossen sind, betrachten folgende Einrichtungen nicht als Betriebsstätten (diese sind daher als Hilfsbetriebsstätten zu betrachten):

a) Einrichtungen, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung von Gütern oder Waren des Unternehmens benutzt werden;

b) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zur Lagerung, Ausstellung oder Auslieferung unterhalten werden;

c) Bestände von Gütern oder Waren des Unternehmens, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten werden, durch ein anderes Unternehmen bearbeitet oder verarbeitet zu werden;

d) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen Güter oder Waren einzukaufen oder Informationen zu beschaffen;

e) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, für das Unternehmen andere Tätigkeiten auszuüben, die vorbereitender Art sind oder eine Hilfstätigkeit darstellen;

f) eine feste Geschäftseinrichtung, die ausschließlich zu dem Zweck unterhalten wird, mehrere der unter den Buchstaben a bis e genannten Tätigkeiten auszuüben, vorausgesetzt, dass die sich daraus ergebende Gesamttätigkeit der festen Geschäftseinrichtung vorbereitender Art ist oder eine Hilfstätigkeit darstellt.

Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob eine Tätigkeit nur vorbereitender oder realisierender Natur ist bzw. Hilfstätigkeit darstellt, muss daher die Gesamttätigkeit des Unternehmens sein; danach ist zu entscheiden, ob die Tätigkeit in einer festen Geschäftseinrichtung an sich einen wesentlichen und maßgeblichen Teil der Tätigkeit des Gesamtunternehmens ausmacht.

16.2.4. Kein Besteuerungsrecht am Unternehmensgewinn

Rz 189

Trotz Vorliegens einer inländischen Betriebsstätte iSd § 4 KommStG 1993 iVm BAO und des DBA fällt dann keine KommSt an, wenn Österreich kein Besteuerungsrecht am Unternehmensgewinn hat und die Gewerbesteuer im Abkommen angeführt ist.

Beispiele

16.2.5. Bauausführungen

16.2.5.1. Bundesabgabenordnung (BAO)

Rz 190

Gemäß § 29 Abs. 2 lit. c BAO begründen Bauausführungen, deren Dauer 6 Monate überstiegen hat oder voraussichtlich übersteigen wird, eine Betriebsstätte.

16.2.5.2. DBA ist maßgebend

Rz 191

Nur wenn die Gewerbesteuer (dazu zählt auch die Lohnsummensteuer) bei den unter das Abkommen fallenden Abgaben aufgezählt ist, ist der Betriebsstättenbegriff des DBA bei Beurteilung einer Kommunalsteuerpflicht heranzuziehen (DBA mit Anpassungsklausel).

16.2.5.2.1. Ausländisches Unternehmen

Rz 192

Für ein ausländisches Unternehmen besteht keine KommSt-Pflicht,

Beispiel

Nach DBA-Deutschland ist eine Bauausführung oder Montage nur dann eine Betriebsstätte, wenn ihre Dauer zwölf Monate überschreitet.

Daraus folgt für ein deutsches Unternehmen:

16.2.5.2.2. Inländisches Unternehmen

Rz 193

Für ein inländisches Unternehmen besteht für eine ausländische Bauausführung keine KommSt-Pflicht,

Beispiel

Die Bauausführung des österreichischen Unternehmens in Deutschland beträgt

Rz 194

Für ein inländisches Unternehmen besteht für eine ausländische Bauausführung KommSt-Pflicht,

Beispiel

16.2.6. DBA sind nicht maßgebend

16.2.6.1. Betriebsstättenbegriff iSd § 4 KommStG 1993

Rz 195

Fällt die Gewerbesteuer (dazu zählt auch die Lohnsummensteuer) und damit die KommSt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich eines DBA, ist ausschließlich der Betriebsstättenbegriff iSd § 4 KommStG 1993 iVm BAO maßgebend.

Beispiele

16.2.6.2. Beschränkung auf Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer

Rz 196

Die KommSt wird von Abkommen, die den Anwendungsbereich hinsichtlich der Steuern vom Einkommen nur auf die Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer beschränken und die Gewerbesteuer einschließlich der Lohnsummensteuer ausschließen, nicht berührt. Die KommSt fällt nicht in den sachlichen Anwendungsbereich dieser Abkommen. Dazu gehören bspw. Finnland, Indien, Norwegen, Pakistan, Philippinen, Südafrika, USA.

16.2.7. § 48 BAO-Bescheide

Rz 197

Bescheide, mit denen eine Befreiung von der Gewerbesteuer zuerkannt wurde, entfalten für die KommSt keine Wirkung. Die Beurteilung, ob Arbeitslöhne oder Gestellungsentgelte, die in einer inländischen Einrichtung des ausländischen Unternehmens anfallen, der KommSt unterliegen, hat ausschließlich nach den Bestimmungen des KommStG 1993 zu erfolgen. Im Übrigen ist § 48 BAO nur für Abgaben anwendbar, die durch Abgabenbehörden des Bundes eingehoben werden.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993

Schlagworte:

Kommunalsteuer, KommSt, Kommunalsteuergesetz, KommStG

Verweise:

VwGH 19.04.2018, Ro 2018/15/0003

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