Dabei ist vorgesehen, dass wenn dem Abzugsverpflichteten die Anschaffungskosten der genannten Wertpapiere zum 1.4.2012 nicht bekannt sind, zwingend ein vom gemeinen Wert zum 1.4.2012 abgeleiteter Wert als Anschaffungskosten anzusetzen ist. Nach § 1 Wertpapier-Anschaffungskosten-VO gelten die tatsächlichen Anschaffungskosten auch dann als nicht bekannt, wenn sie von der depotführenden Stelle nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand ermittelt werden können. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die steuerlichen Anschaffungskosten nicht vollautomatisch ohne Adaptierungen verarbeitet werden können.
Die Stichtagsbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 EStG 1988 kommt somit
- einmalig am 1.4.2012,
- auf zu diesem Zeitpunkt auf einem Depot verwahrte,
- nach dem 31.12.2010 angeschaffte Anteile an Körperschaften und Anteilscheine an Investment- und Immobilienfonds (§ 124b Z 185 zweiter und dritter Teilstrich EStG 1988)
zur Anwendung.
Als Anschaffungskosten hat die depotführende Stelle den gemeinen Wert des Wertpapieres zum 1.4.2012 anzusetzen. Um auch jene Fälle zu erfassen, in denen der gemeine Wert zum 1.4.2012 nicht bekannt, allerdings im Zeitpunkt eines späteren Realisierungsvorganges ein Wert vorhanden ist, sind die Bestimmungen des § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 sinngemäß anzuwenden, womit die Anschaffungskosten von einem im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Depot bekannten Wert abgeleitet werden können.Beispiel 1:
A erwirbt am 1.6.2011 über seine depotführende Hausbank eine börsennotierte Aktie. Die Anschaffungskosten können von der Hausbank aus technischen Gründen noch nicht aufgezeichnet werden. Es kommt die Pauschalbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 zur Anwendung. Die Anschaffungskosten werden mit dem Kurswert am 1.4.2012, vermindert um den in der Wertpapier-Anschaffungskosten-Verordnung vorgesehenen Wert fingiert.
Beispiel 2:
A erwirbt am 1.6.2011 über seine depotführende Hausbank eine börsennotierte Aktie. Die Anschaffungskosten können von der Hausbank aus technischen Gründen noch nicht aufgezeichnet werden und A hebt die ihm übermittelte Transaktionsbestätigung nicht auf. Die Börsennotierung wird kurze Zeit nach dem Erwerb beendet.
Am 1.4.2012 sind der Hausbank die Anschaffungskosten nicht bekannt und können auch nicht von A nachgewiesen werden. Aufgrund der fehlenden Börsennotierung kann der gemeine Wert am 1.4.2012 ebenso nicht festgestellt werden, womit die Pauschalbewertungsvorschrift des § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 nicht zur Anwendung kommen kann. Die Anschaffungskosten werden daher gemäß § 93 Abs. 4 dritter und vierter Satz EStG 1988 erst im Zeitpunkt einer späteren Realisierung ermittelt werden können.
Die gemäß § 124b Z 185 EStG 1988 abgeleiteten Anschaffungskosten sind einem späteren Kapitalertragsteuerabzug zugrunde zu legen, wobei die Abgeltungswirkung gemäß § 97 Abs. 1 EStG 1988 zum Tragen kommt. Der Nachweis der tatsächlichen Anschaffungskosten kann allerdings im Wege der Veranlagung erfolgen. Für diesen Zweck haben die Steuerpflichtigen im Rahmen der Veranlagung die tatsächliche Höhe der Einkünfte (ermittelt anhand der tatsächlichen Anschaffungskosten) und die bereits einbehaltene KESt anzugeben. Beträgt die von der depotführenden Stelle einbehaltene KESt mehr als 27,5% (bis 31.12.2015 25%) der tatsächlichen Einkünfte, wird der übersteigende Betrag rückerstattet. Die gemäß § 124b Z 185 lit. a EStG 1988 abgeleiteten Anschaffungskosten gehen zudem in die Bildung des gleitenden Durchschnittspreises gemäß § 27 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 ein.