- Der Kaufvertrag bildet mit dem Werkvertrag über die Errichtung einer Baulichkeit wirtschaftlich eine Einheit (vgl. dazu VwGH 8.10.1990, 89/15/0112). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vertragswille auf den Erwerb eines fertigen Objekts gerichtet ist (VwGH 17.11.1983, 81/16/0242). In diesem Zusammenhang stellt es ein gewichtiges Indiz gegen die Bauherreneigenschaft dar, wenn der Veräußerer gegenüber der Baubehörde als Bauwerber auftritt oder wenn beim Erwerb von Liegenschaftsanteilen, mit denen das Wohnungseigentum verbunden werden soll, nicht von vornherein ein gemeinsamer Beschluss der Eigentümergemeinschaft vorliegt, der auf die Errichtung einer Wohnhausanlage abzielt (zB VwGH 13.12.1984, 82/16/0114 und 82/16/0116).
- Der Bauinteressent kann die Verträge mit Ausnahme unbedeutender Änderungen (Änderung der Raumaufteilung innerhalb der geplanten Wohneinheiten, Änderung der Raumausstattung, vgl. zB VwGH 20.1.1983, 81/16/0171, VwGH 24.3.1983, 82/15/0017) praktisch nur zur Gänze annehmen oder zur Gänze ablehnen; maßgebend ist der wirtschaftliche Gehalt eines Modells, sodass bloß formal eingefügten Vertragsklauseln über den Bauinteressenten eingeräumte "endgültige Gestaltungsmöglichkeiten" und ähnlichem in wirtschaftlicher Betrachtungsweise keine Bedeutung zukommt.
- Der Bauinteressent trägt nicht das finanzielle Risiko, sondern hat bloß einen Fixpreis zu zahlen, der ihm das Risiko des Tragens aller Kostensteigerungen nimmt (VwGH 8.10.1990, 89/15/0112).
21.5.4 Rechtsfolgen fehlender oder bestehender Bauherrneigenschaft
Ist der Steuerpflichtige nicht als Bauherr iSd Rz 6492 ff anzusehen, liegt kein Herstellungsvorgang, sondern ein Anschaffungsvorgang vor. In diesem Fall sind die Aufwendungen, die mit der Übertragung des Grundstücks unmittelbar verbunden sind und nicht zu den Aufwendungen im Sinne des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 gehören, grundsätzlich als Anschaffungskosten des Gebäudes zu werten. Dies gilt insbesondere für:- Ausarbeitung der Grundkonzeption des Projektes, soweit es sich nicht um Baunebenkosten handelt,
- Steuerberatungs- und Treuhandtätigkeit des Treuhänders,
- Beratung über die Einkunftserzielung,
- Überwachung des Zahlungsstroms,
- Projektbetreuung, soweit es sich nicht um Baunebenkosten handelt,
- Finanzierungsgarantien,
- Vermittlung zum Bauherrenmodell,
- Finanzierungsvermittlung,
- Bearbeitungsgebühren, Platzierungsgarantiegebühren, Werbung von Bauinteressenten.
Bei fehlender Bauherreneigenschaft gelten diese Aufwendungen nämlich als Kosten (Kostenfaktoren) des Herstellers, die bei Weiterverrechnung an den Erwerber bloß Teil seiner Anschaffungskosten sind.
Die oben genannten Kosten sind Anschaffungskosten und gemäß § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 ohne weiteren Nachweis einer anderen Nutzungsdauer mit einem AfA-Satz von 1,5% abzuschreiben. Es bestehen zur Vermeidung von Abgrenzungsproblemen keine Bedenken, diese Aufwendungen in einem Ausmaß von 25% der Instandsetzungs- und Herstellungskosten gemäß § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 in die Fünfzehntel-/Zehntel- bzw. Zehntel- bis Fünfzehntelabsetzung (gegebenenfalls aliquot) einzubeziehen.Beispiel 1:
Im Rahmen eines Bauherrenmodells, bei dem die Bauherreneigenschaft gemäß Rz 6496 nicht gegeben ist, fallen 2002 folgende Aufwendungen an:
Anschaffungskosten (AK) bebautes Grundstück | 500.000 Euro |
Herstellungskosten (HK) außerhalb § 28 Abs. 3 EStG 1988 (das Objekt fällt somit nicht in den Vollanwendbarkeitsbereich des MRG) | 300.000 Euro |
Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 | 400.000 Euro |
Beratung über Einkunftserzielung | 160.000 Euro |
Finanzierungskosten (inkl. Zinsenvorauszahlung für 5 Jahre samt Finanzierungsvermittlung) | 600.000 Euro |
Kosten für Konzeption und Betreuung (zB Honorare, Garantien) | 280.000 Euro |
2.240.000 Euro |
Die Anschaffungskosten des bebauten Grundstückes sind im Verhältnis 80% zu 20% auf Gebäude und Grund und Boden aufzuteilen.
Steuerliche Behandlung:
a) Höhe der in Zehntelbeträgen abzusetzenden Instandsetzungsaufwendungen:
Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen | 400.000 Euro |
+ 25% | 100.000 Euro |
Summe gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 | 500.000 Euro |
b) Höhe der Anschaffungskosten:
AK bebautes Grundstück | 500.000 Euro | |
HK außerhalb § 28 Abs. 3 | 300.000 Euro | |
Beratungskosten | 160.000 Euro | |
Konzeptionskosten usw. | 280.000 Euro | |
440.000 Euro | ||
abzüglich als § 28 Abs. 2 zu behandeln | - 100.000 Euro | 340.000 Euro |
Anschaffungskosten | 1.140.000 Euro |
c) Werbungskosten (nach Maßgabe des § 19 Abs. 3 EStG 1988):
Finanzierungskosten | 600.000 Euro |
davon 1/5, weil 5 Jahre betreffend | 120.000 Euro |
Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:
1/10 von 500.000 Euro (lit. a) | 50.000 Euro |
AfA 1,5% (80% Gebäudeanteil von 500.000 Euro) | 6.000 Euro |
AfA 1,5% (lit. b ausgenommen Altbestand) | 9.600 Euro |
Finanzierungskosten 1/5 von 600.000 Euro (lit. c) | 120.000 Euro |
Summe der 2002 abzugsfähigen Aufwendungen | 185.600 Euro |
Liegt kein Instandsetzungs- oder Herstellungsvorgang iSd § 28 Abs. 2 oder 3 EStG 1988 vor, gehören die in Rz 6497 aufgezählten Kosten zu den Anschaffungskosten des Gebäudes.
Beispiel 2:
Angaben wie in Beispiel 1. Die Erwerber tätigen weder Herstellungskosten gemäß § 28 Abs.3 EStG 1988 noch Instandsetzungskosten iSd § 28 Abs. 2 EStG 1988, sondern führen einen Dachbodenausbau durch. Die Kosten dafür betragen 1.000.000 Euro.
Der Herstellungsaufwand des Dachbodenausbaues ist auf die Restnutzungsdauer des Gebäudes zu verteilen. Dies werden im Regelfall 67 Jahre sein. Gleiches gilt für die laut Rz 6497 aufgezählten "Nebenkosten" der Anschaffung.
Anschaffungskosten bebautes Grundstück | 500.000 Euro |
Anschaffungsnebenkosten: | |
Beratung über Einkünfteermittlung | 160.000 Euro |
Kosten der Konzeption und Beratung | 280.000 Euro |
Anschaffungskosten gesamt | 940.000 Euro |
Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:
AfA Gebäude (siehe oben) | 6.000 Euro |
1,5% AfA von den Anschaffffungsnebenkosten (Beratungs- und Konzeptionskosten) | 6.600 Euro |
1,5% AfA von den HK des Dachbodenausbaues | 15.000 Euro |
Finanzierungskosten | 120.000 Euro |
Aufwendungen gesamt | 147.600 Euro |
Beispiel:
Angaben wie Beispiel 1 in Rz 6498. Die Herstellungskosten sind jedoch innerhalb des § 28 Abs. 3 EStG 1988 angefallen (das Mietobjekt unterliegt dem Vollanwendbarkeitsbereich des MRG oder es liegt eine Förderzusicherung iSd gesetzlichen Bestimmungen vor). Die Bauherreneigenschaft des Vermieters (Rz 6496) ist gegeben.
Steuerliche Behandlung:
Anschaffungskosten bebautes Grundstück | 500.000 Euro |
Herstellungskosten innerhalb § 28 Abs. 3 EStG | 300.000 Euro |
Nachgeholte Instandsetzungsaufwendungen gemäß § 28 Abs. 2 EStG 1988 | 400.000 Euro |
Summe | 1.200.000 Euro |
Von den "Nebenkosten" können 25% von 1.200.000 Euro, das sind 300.000 Euro sofort als Werbungskosten abgezogen werden. | |
Beratung über Einkünfteermittlung | 160.000 Euro |
Konzeptionskosten usw. | 280.000 Euro |
Summe | 440.000 Euro |
abzüglich 300.000 Euro (siehe oben) | -300.000 Euro |
als Herstellungskosten zu behandeln | 140.000 Euro |
Die abzugsfähigen Aufwendungen des Jahres 2002 betragen:
AfA Gebäude (siehe Rz 6498) | 6.000,00 Euro | |
1/10 von Instandsetzung | 40.000,00 Euro | |
1/15 Herstellungskosten (HK) | ||
echte HK | 300.000 Euro | |
verdeckte HK | 140.000 Euro | |
HK gesamt | 440.000 Euro | |
davon 1/15 | 29.333,33 Euro | |
Kosten gemäß Rz 6497 | 300.000,00 Euro | |
Finanzierungskosten | 120.000,00 Euro | |
Aufwendungen gesamt | 495.333,33 Euro |
- nicht zu den Instandsetzungs- und Herstellungsaufwendungen im Sinne des § 28 Abs. 2 und 3 EStG 1988 gehören und
- keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Übertragung des Grundstücks aufweisen,
sind jedenfalls, das heißt auch bei Fehlen der Bauherreneigenschaft gemäß Rz 6496 nach Maßgabe des § 19 EStG 1988 als Werbungskosten der Bauinteressenten absetzbar. Zu diesen Kosten gehören insbesondere die Zinsen für Darlehen zur Finanzierung des Bauvorhabens, Kosten für die steuerliche Beratung nach Fertigstellung des Projekts sowie Kosten für Mietgarantien. § 19 Abs. 3 EStG 1988 ist jedoch auch in diesen Fällen zu beachten.