20.2.1.10.1 Steuerpflichtige Einkünfte
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählen auch bestimmte Vorteile im Zusammenhang mit Versicherungsleistungen, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind:- Es handelt sich um sogenannte "Einmalerlagsversicherungen", dh. im Versicherungsvertrag sind nicht laufende, im Wesentlichen gleichbleibende Prämienzahlungen vereinbart.
- Die Höchstlaufzeit des Versicherungsvertrages beträgt weniger als fünfzehn Jahre (für Abschlüsse nach 31. Dezember 2010 gemäß § 124b Z 179 EStG 1988; davor: zehn Jahre). Für nach dem 28. Februar 2014 abgeschlossene Verträge ist eine Höchstlaufzeit von weniger als zehn Jahren maßgeblich, wenn sowohl der Versicherungsnehmer als auch die versicherten Personen natürliche Personen sind und im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrages jeweils das 50. Lebensjahr vollendet haben.
- Es handelt sich um Versicherungsleistungen aus einer Erlebensversicherung oder aus dem Rückkauf einer auf den Erlebensfall oder Er- und Ablebensfall abgeschlossenen Kapitalversicherung oder im Falle einer Kapitalabfindung oder eines Rückkaufs einer Rentenversicherung, bei der der Beginn der Rentenzahlungen vor Ablauf von zehn bzw. fünfzehn Jahren ab Vertragsabschluss vereinbart ist.
Fehlt eine der drei Voraussetzungen, so ergibt sich aus § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 keine Steuerpflicht. Eine Kapital-Er- und Ablebensversicherung mit Einmalerlag und Einmalauszahlung löst keine Steuerpflicht aus, wenn die Laufzeit des Versicherungsvertrages mindestens zehn bzw. fünfzehn Jahre beträgt. Bei einer Rentenversicherung kann sich eine Steuerpflicht aus dem Titel des wiederkehrenden Bezuges gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 ergeben, sofern die Auszahlung der Versicherungssumme in Rentenform erfolgt und die Rentenzahlungen jenen Betrag überschreiten, der zu Beginn der Rentenleistung als Einmalzahlung zum Erwerb des Rentenstammrechtes zu leisten wäre (idR der Endwert der Ansparphase, siehe Rz 7018).
Übersteigen Gewinnausschüttungen aus einer steuerpflichtigen Einmalerlagsversicherung insgesamt noch nicht den Einmalerlag, tritt die Steuerpflicht erst mit der Auszahlung der Versicherungssumme nach Ablauf des Vertrages ein.
Werden bei einem Versicherungsvertrag, bei dem die Laufzeit des Vertrages mindestens 10 bzw. 15 Jahre beträgt, vor Ablauf der zehn- bzw. fünfzehnjährigen Laufzeit Teilauszahlungen vorgenommen, führen derartige Teilauszahlungen dann zur Steuerpflicht nach § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 in Bezug auf sämtliche aus dem Vertrag erfolgende Auszahlungen, wenn die vor Ablauf der Zehn- bzw. Fünfzehnjahresfrist erfolgenden Teilauszahlungen nicht bloß geringfügig sind. Bloß geringfügige Teilauszahlungen liegen vor, wenn die vor Ablauf der Zehn- bzw. Fünfzehnjahresfrist erfolgenden Teilauszahlungen insgesamt 25% der ursprünglichen Versicherungssumme nicht übersteigen. Somit gilt: Vorzeitige (vor Ablauf der Zehn- bzw. Fünfzehnjahresfrist erfolgende) Teilauszahlungen sind einkommensteuerlich unschädlich, wenn sie insgesamt 25% der ursprünglichen Versicherungssumme nicht übersteigen. Vorzeitige (vor Ablauf der Zehn- bzw. Fünfzehnjahresfrist erfolgende) Teilauszahlungen, die hingegen in Summe 25% der ursprünglichen Versicherungssumme übersteigen, führen zur Steuerpflicht nach § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 in Bezug auf sämtliche Auszahlungen aus dem Vertrag.Ebenso sind Vorauszahlungen bei einem steuerpflichtigen Versicherungsvertrag nach Maßgabe ihres Zuflusses steuerpflichtig, sobald sie die eingezahlte Versicherungsprämie überstiegen haben. Solange die Vorauszahlungen die eingezahlte Versicherungsprämie nicht übersteigen, sind sie steuerlich nicht zu erfassen. Allfällige Rückzahlungen einer Vorauszahlung stellen im Hinblick auf ihre private Veranlassung keine Werbungskosten gemäß § 16 Abs. 2 EStG 1988 dar.Beispiele:
1. Einmalerlag (Jahr 01) | 100 | |
Versicherungsleistung (fällig im Jahr 09) | 200 | |
Vorauszahlung (Jahr 06) | 150 | |
Auszahlung (Jahr 09) | 50 | |
2. Einmalerlag (Jahr 01) | 100 | |
Versicherungsleistung (fällig im Jahr 09) | 200 | |
Vorauszahlung (Jahr 06) | 50 | |
Auszahlung (Jahr 09) | 150 | |
3. Einmalerlag (Jahr 01) | 100 | |
Versicherungsleistung (fällig im Jahr 09) | 200 | |
Vorauszahlung (Jahr 06) | 150 | |
Rückzahlung der Vorauszahlung (Jahr 07) | 120 | |
Auszahlung (Jahr 09) | 170 | |
Gemäß § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 sind steuerpflichtig: | ||
Fall 1: | Im Jahr 06: | 50 |
Im Jahr 09: | 50 | |
Fall 2: | Im Jahr 06: | 0 |
Im Jahr 09: | 100 | |
Fall 3: | Im Jahr 06: | 50 |
Im Jahr 09: | 50 |
20.2.1.10.2 Laufende Prämienzahlungen
Die Abgrenzung zwischen einer laufenden Prämienzahlung und einer bloß ratenweisen Entrichtung einer Einmalprämie hat nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Laufende Prämienzahlungen liegen dann vor, wenn während der gesamten Versicherungsdauer die Prämien mindestens einmal jährlich zu zahlen sind. Der Anspruch auf die Versicherungsleistung darf somit nicht später als ein Jahr nach der letzten Prämienfälligkeit entstehen. Nach dem 31. Dezember 2007 erfolgte Prämienfreistellungen, die nicht von vornherein vertraglich fixiert sind, sind unschädlich.20.2.1.10.3 Höhe der Einkünfte und Zurechnung
Die gemäß § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 steuerpflichtigen Kapitaleinkünfte bestehen in der rechnerischen Differenz zwischen eingezahlter Versicherungsprämie und Versicherungsleistung. Besteht die Versicherungsleistung nicht in Geld, ist ihr Geldwert mit dem "üblichen Endpreis des Abgabeortes" anzusetzen. Werden dem Versicherungsnehmer im Leistungsfall Fondsanteile übertragen, ist deren Geldwert als für die Ermittlung der Einkünfte maßgebender Wert anzusetzen.Der Kapitalertrag ist aus jenem Versicherungsvertrag steuerpflichtig, der dem Steuerpflichtigen zum Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung zuzurechnen ist. Eine Vertragsübernahme gegen Ablösezahlung stellt zivilrechtlich und wirtschaftlich den Abschluss eines neuen Vertrages dar. Soweit die Ablösesumme die bis zum Zeitpunkt der Abtretung angewachsenen Ansprüche auf die Versicherungsleistung abgilt, stellt die Ablösesumme wirtschaftlich eine (zeitanteilige) Versicherungsleistung dar: Der aus diesem Vertrag dem Steuerpflichtigen zufließende Ertrag ist daher in Höhe der Differenz zwischen Ablösesumme und eigener Prämienleistung beim Übernehmer des Vertrages steuerpflichtig. Die Abtretung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag gegen Ablöse stellt beim Abtretenden in Höhe der Differenz zwischen Ablösesumme und eigener Prämienleistung dem Grunde nach Einkünfte aus realisierten Wertsteigerungen gemäß § 27 Abs. 3 EStG 1988 dar.Werden die Rechte aus einem Ablebensversicherungsvertrag bezüglich eines todkranken Versicherten erworben, dann ist dieser Wechsel der begünstigten Person als Novation zu werten, und es beginnt eine neue Versicherungslaufzeit. Infolge der nur mehr einige Jahre betragenden Lebenserwartung des Versicherten ist dabei von einer Versicherungsdauer von weniger als zehn- bzw. fünfzehn Jahren auszugehen. Allfällig weiterbezahlte Prämien können die Steuerpflicht nach § 27 Abs. 5 Z 3 EStG 1988 nicht vermeiden, weil durch den idR höheren Einmalbetrag in wirtschaftlicher Betrachtung keine "laufende Prämienzahlung" (siehe Abschnitt 20.2.1.10.2) gegeben ist.20.2.1.10.4 Erhöhung der Versicherungssumme und Verlängerung der Laufzeit
Jede Erhöhung der Versicherungssumme im Rahmen eines bestehenden Vertrages auf insgesamt mehr als das Zweifache der ursprünglichen Versicherungssumme gegen eine nicht laufende, im Wesentlichen gleichbleibende Prämienzahlung wird wie ein neuer Versicherungsvertragsabschluss gewertet.Hingegen stellt eine ausschließliche Verlängerung der Laufzeit eines Versicherungsvertrages vor Ablauf der ursprünglich vereinbarten Dauer keine Änderung des Vertrages dar, weshalb keine neue Versicherungslaufzeit beginnt.