Die Haftung des Arbeitgebers erstreckt sich auf sämtliche durch Lohnsteuerabzug zu erhebende Beträge, also sowohl auf die Lohnsteuer von laufenden Bezügen als auch auf die Lohnsteuer von sonstigen Bezügen. Hat der Arbeitgeber Abfertigungsverpflichtungen (Jubiläumsgeldverpflichtungen) ausgegliedert, haftet er dennoch für die Lohnsteuerabfuhr (Rz 1183). Die Haftung betrifft auch jene Vergütungen, die im Rahmen des Dienstverhältnisses von einem Dritten geleistet werden, wenn der Arbeitgeber weiß oder wissen muss, dass derartige Vergütungen geleistet werden (
§ 78 Abs. 1 EStG 1988).
Eine Haftung des Arbeitgebers besteht nur insoweit, als die Lohnsteuer nach Maßgabe der Verhältnisse, wie sie dem Arbeitgeber beim Steuerabzug erkennbar waren, unrichtig berechnet wurde. Hat daher der Arbeitgeber die Lohnsteuer unter Berücksichtigung von Freibetragsbescheiden bzw. Erklärungen des Arbeitnehmers über die Berücksichtigung des Alleinverdiener-(Alleinerzieher-)Absetzbetrages, des Familienbonus Plus oder eines Pendlerpauschales richtig berechnet und einbehalten, führt eine nachträgliche Berichtigung nicht zur Annahme einer unrichtigen Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer (vgl. VwGH 12.7.1962, 1592/59). Hinsichtlich der Berücksichtigung von Pendlerpauschale und Pendlereuro durch den Arbeitgeber siehe Rz 273 und 274. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Familienbonus Plus siehe auch Rz 785.
Ist die Berechnung der Lohnsteuer unrichtig, so ist die Haftung des Arbeitgebers auch dann gegeben, wenn ihn an der unrichtigen Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 22.1.1986, 84/13/0013). Weder Zahlungsschwierigkeiten noch die Erklärung eines Arbeitnehmers, er würde die vom Arbeitgeber erhaltenen Bezüge zur Einkommensteuer erklären, befreien den Arbeitgeber - bei Vorliegen eines Dienstverhältnisses - von der Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer (vgl. VwGH 24.9.1954, 0137/52; VwGH 17.12.1957, 3094/55). Reichen die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die vollständige Entrichtung der darauf entfallenden Lohnsteuer aus, darf gemäß
§ 78 Abs. 3 und
4 EStG 1988 nur ein Betrag zur Auszahlung gelangen, der die Abfuhr der Lohnsteuer erlaubt (vgl.
VwGH 28.2.1995, 91/14/0255).
Hat der Arbeitnehmer bereits im Rahmen der Veranlagung oder im Wege von Vorauszahlungen gemäß
§ 45 EStG 1988 eine nicht einbehaltene Lohnsteuer entrichtet, so kann der Arbeitgeber dafür nicht mehr in Anspruch genommen werden (vgl. VwGH 13.09.1972, 2218/71). Die bloße Behauptung des Arbeitgebers, die Steuerschuld wäre durch Zahlung des Arbeitnehmers bereits erloschen, genügt nicht; der Arbeitgeber muss diese Behauptung beweisen oder der Abgabenbehörde jene Daten bekannt geben, die erforderlich sind, eine solche Behauptung ohne Aufwand zu überprüfen (vgl.
VwGH 10.04.1985, 84/13/0004). Der Umstand, dass die Voraussetzungen des
§ 83 Abs. 2 Z 1 und
4 oder
Abs. 3 EStG 1988 vorliegen (Veranlagungstatbestände), steht einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers nicht entgegen. Vom Arbeitgeber nachgeforderte Lohnsteuer kann erst dann bei der Veranlagung des Arbeitnehmers angerechnet werden, wenn diese tatsächlich (wirtschaftlich gesehen) vom Arbeitnehmer getragen wurde.
Die Inanspruchnahme des Arbeitgebers erfolgt mit Haftungsbescheid. Es bedarf keiner Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn der Arbeitgeber in einem Haftungsbescheid für die Lohnsteuer eines Arbeitnehmers für mehrere Monate oder auch mehrere Arbeitnehmer und in einem späteren Haftungsbescheid für die Lohnsteuer anderer (weiterer) Arbeitnehmer in Anspruch genommen wird (vgl.
VwGH 17.12.1996, 92/14/0214).