15.7.2.1 Allgemeines
Für Beteiligungen an betriebsführenden inländischen Gruppenmitgliedern, die vor dem 1. März 2014 angeschafft wurden, sieht § 9 Abs. 7 KStG 1988 eine als Firmenwertabschreibung bezeichnete, rein steuerbilanzmäßige Abschreibung bzw. bei negativen Komponenten eine Zuschreibung auf 15 Jahre vor. Aufgrund der unionsrechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49 iVm Art. 54 AEUV) steht die Firmenwertabschreibung iSd § 9 Abs. 7 KStG 1988 bei Erfüllen der übrigen Voraussetzungen auch für Beteiligungen an im EU-/EWR-Ausland ansässigen Gruppenmitgliedern zu (siehe Rz 1129), die vor dem 1. März 2014 angeschafft wurden. Eine Firmenwertzuschreibung aufgrund eines negativen Firmenwerts hat bei Beteiligungen an ausländischen Gruppenmitgliedern jedoch nicht zu erfolgen (siehe Rz 1143). Für Beteiligungen, die nach dem 28. Februar 2014 angeschafft wurden, kann gemäß § 9 Abs. 7 iVm § 26c Z 47 KStG 1988 idF AbgÄG 2014 keine Firmenwertabschreibung vorgenommen werden (zum Anschaffungszeitpunkt siehe Rz 1139).Mit der Firmenwertabschreibung wird in der Unternehmensgruppe der "share deal" einem "asset deal" angenähert. Die Firmenwertabschreibung bzw. -zuschreibung ist bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zwingend vorzunehmen, ist zeitlich auf die Anschaffung bezogen und auf die Dauer der Gruppenzugehörigkeit beschränkt.
Noch offene Fünfzehntel (siehe Rz 1116) aus der Firmenwertabschreibung für Beteiligungen, die bereits vor dem 1. März 2014 angeschafft wurden, können aus Gründen des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes weiter abgesetzt werden, wenn- sich der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung beim ursprünglichen Erwerb der Beteiligung auf die Kaufpreisbemessung auswirken konnte (siehe insbesondere VfGH 3.3.2000, G 172/99) und
- die Einbeziehung der Körperschaft in eine Unternehmensgruppe spätestens für ein Wirtschaftsjahr dieser Körperschaft erfolgt, das im Kalenderjahr 2015 endet (siehe § 26c Z 47 KStG 1988).
Der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung konnte sich insbesondere dann auf den Kaufpreis auswirken, wenn die Beteiligung innerhalb von 3 Jahren ab Erwerb in eine Unternehmensgruppe einbezogen wurde. Ein konkreter Nachweis, inwieweit der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung in den Kaufpreis eingepreist wurde, ist in diesen Fällen nicht erforderlich.
Erfolgt eine Einbeziehung hingegen nicht innerhalb dieser Zeitspanne, ist der Einfluss des steuerlichen Vorteils in die Kaufpreisüberlegungen nachzuweisen.
Wird zunächst eine maximal 50-prozentige Beteiligung (in einer oder mehreren Tranche/n) und in einem späteren Jahr eine zusätzliche Beteiligungstranche, mit der die maßgebliche Beteiligung iSd § 9 Abs. 4 KStG 1988 gegeben ist, angeschafft, ist hinsichtlich der Fortführung der Firmenwertabschreibung eine geteilte Betrachtung für die unterschiedlichen Beteiligungstranchen(-quoten) anzustellen (siehe zur geteilten Ermittlung der Firmenwertabschreibung Rz 1120).Für die zusätzliche Beteiligungstranche, mit der die maßgebliche Beteiligung iSd Abs. 4 erreicht wird, gilt hinsichtlich der Fortführung einer Firmenwertabschreibung auf diese Beteiligungstranche die 3-Jahresfrist gemäß Rz 1110a. Für die davor erworbenen Beteiligungstranchen gilt ebenfalls Rz 1110a sinngemäß, wobei die 3-Jahresfrist auf den Zeitraum zwischen Erwerb der jeweiligen Beteiligungstranche und erstmaliger Einbeziehung der Beteiligung in die Unternehmensgruppe zu beziehen ist.
Erfolgt eine Einbeziehung in die Unternehmensgruppe außerhalb dieser 3-Jahresfrist, bedarf es eines konkreten Nachweises, dass der steuerliche Vorteil aus der Firmenwertabschreibung in den Kaufpreis der jeweiligen Beteiligungstranche eingepreist wurde (siehe Rz 1110a).
Beispiel:
Die inländische Kapitalgesellschaft A kauft 40% der Anteile an der inländischen Kapitalgesellschaft B
a) im Jahr 2006,
b) im Jahr 2009.
Im Jahr 2010 erwirbt A die restlichen 60% der Anteile an B und bezieht B im Jahr 2011 in ihre Unternehmensgruppe ein.
Im Fall a) kann A die Firmenwertabschreibung hinsichtlich der in 2010 erworbenen 60-prozentigen Beteiligungstranche fortführen; hinsichtlich der in 2006 erworbenen 40-prozentigen Beteiligungstranche ist eine Fortführung der Firmenwertabschreibung jedoch ohne konkreten Nachweis des Einflusses des steuerlichen Vorteils der Firmenwertabschreibung in die Kaufpreisüberlegungen bei Erwerb der 40-prozentigen Beteiligung nicht möglich.
Im Falle b) kann A die Firmenwertabschreibung auf beide Beteiligungstranchen fortführen.
15.7.2.2 Firmenwertermittlung
15.7.2.2.1 Allgemeines
Der der Ab- oder Zuschreibung unterliegende Firmenwert ergibt sich aus den Anschaffungskosten abzüglich des anteiligen unternehmensrechtlichen Eigenkapitals und abzüglich der anteiligen unternehmensrechtlichen stillen Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen, ist aber mit 50% der Anschaffungskosten begrenzt.Der abschreibbare Firmenwert ermittelt sich danach wie folgt:
Anschaffungskosten |
- anteiligem unternehmensrechtlichen Eigenkapital |
- anteiligen stillen Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen |
abschreibbarer Firmenwert (höchstens 50% der Anschaffungskosten) |
Übersteigen die abzuziehenden Eigenkapitalpositionen die Anschaffungskosten, liegt ein negativer Firmenwert vor, der zur Zuschreibung führt. Auch in diesem Fall ist der Firmenwert mit 50% der Anschaffungskosten gedeckelt.
Beispiel:
Der Gruppenträger erwirbt alle Anteile an der X-GmbH um 100. Die X-GmbH weist ein buchmäßiges Eigenkapital in Höhe von 100 sowie stille Reserven im nicht abnutzbaren Anlagevermögen in Höhe von 750 auf.
Basis für die Firmenwertzuschreibung ist ein negativer Firmenwert von 50; daraus ergibt sich eine jährliche steuerwirksame Zuschreibung in Höhe von 3,33.
15.7.2.2.2 Abweichen des Anschaffungszeitpunktes vom Bilanzstichtag der erworbenen Körperschaft
Die in Rz 1111 f beschriebene Vorgehensweise ist in idealer Weise erfüllt, wenn die Anschaffung der Beteiligung mit Ablauf des letzten Tages des Wirtschaftsjahres der erworbenen Körperschaft erfolgt (siehe Rz 1055). Der Erwerb bis zum Ablauf des ersten Tages des Wirtschaftsjahres ist aber ausreichend.Sollte der Anschaffungszeitpunkt nicht mit dem Bilanzstichtag der erworbenen Körperschaft übereinstimmen, ist eine "Fortschreibung" der unternehmensrechtlichen Eigenkapitalstände zum letzten Bilanzstichtag vor dem Anschaffungszeitpunkt hinsichtlich der unternehmensrechtlich wirksamen Eigenkapitalveränderungen vorzunehmen. Gewinn- oder Verlusterwartungen bleiben unberücksichtigt. An Stelle der Fortschreibung kann auch ein Zwischenabschluss zum Anschaffungszeitpunkt aufgestellt werden.Beispiel:
Die GmbH-A erwirbt am 1.10.01 75% der Anteile an der GmbH-B um 850.000. Bilanzstichtag beider GmbHs ist der 31.12. 75% des unternehmensrechtlichen Eigenkapitals laut letztem Jahresabschluss zum 31.12.00 beträgt 180.000. Nach dem Bilanzstichtag ist am 10.5.01 eine offene Ausschüttung in Höhe von 50.000 beschlossen worden. Ferner wurde am 25.9.01 ein Gesellschafterzuschuss in Höhe von 200.000 vorgenommen. Das Eigenkapital von 180.000 beträgt daher im Anschaffungszeitpunkt der Anteile 292.500 (180.000 - 75% der Ausschüttung + 75% des Zuschusses). Die stillen Reserven im nichtabnutzbaren Anlagevermögen sind zum Anschaffungszeitpunkt mit 400.000 ermittelt worden. Von den AK in Höhe von 850.000 sind das Eigenkapital in Höhe von 292.500 und 75% der stillen Reserven i.e. 300.000 abzuziehen. Die Bemessungsgrundlage für die Firmenwertabschreibung beträgt 257.500.