13.1.7.1 Abgrenzung zum Missbrauchstatbestand
Die Missbrauchsbestimmung des § 22 BAO und das Institut der verdeckten Ausschüttung haben zwar gewisse Gemeinsamkeiten, sind aber keineswegs so miteinander verknüpft, dass sich bei Beurteilung eines Sachverhaltes als Missbrauch jede weitere Begründung zur Annahme einer verdeckten Ausschüttung erübrigt. Im Fall eines Formen- und Gestaltungsmissbrauches sind nach § 22 Abs. 2 BAO die wirtschaftlichen Vorgänge, Tatsachen und Verhältnisse und deren angemessene rechtliche Gestaltung festzustellen. Es kann nun sein, dass eine derartige angemessene rechtliche Gestaltung in einer Einkommensverteilung der juristischen Person an einen ihrer Anteilsinhaber zu sehen ist. Nur in diesem Fall wird auch von einer verdeckten Ausschüttung an den betreffenden Anteilsinhaber auszugehen sein (vgl. VwGH 20.4.1995, 94/13/0228).Beispiel:
Vermietet der Arbeitnehmer und Anteilsinhaber ein ihm gehörendes Einfamilienhaus oder eine ihm gehörende Eigentumswohnung der Arbeitgeber-Körperschaft und bekommt er diese(s) vom Arbeitgeber wieder als Dienstwohnung zur Verfügung gestellt, wird durch einen solchen Vorgang der Missbrauchstatbestand im Sinne des § 22 BAO erfüllt. Damit ist der Abzug des angefallenen Mietaufwandes als Betriebsausgabe (vgl. VwGH 13.10.1999, 96/13/0113) und die Besteuerung eines Sachbezugs ausgeschlossen.
Unabhängig von dieser ungewöhnlichen Gestaltung ist auf Seiten des Anteilsinhabers zu prüfen, ob die Mietaufwendungen der Körperschaft verdeckte Ausschüttungen (diesfalls KESt-Pflicht) oder einen Teil des angemessenen, wenn auch unter falschem Rechtstitel ausbezahlten Leistungsentgelts (diesfalls Lohnsteuerpflicht) darstellen.
13.1.7.2 Abgrenzung zu den nichtabzugsfähigen Aufwendungen
Im Bereich der verdeckten Ausschüttungen kommt es auf die Frage des Aufteilungsverbotes (siehe EStR 2000 Rz 4707) im Sinne des § 20 EStG 1988 nicht an. Insoweit Aufwendungen der Körperschaft - wenn auch allenfalls nur in untergeordnetem Ausmaß - betrieblich und nicht durch ein Naheverhältnis zwischen der Körperschaft und dem Vorteilsempfänger veranlasst sind, bleibt für die Annahme einer verdeckten Ausschüttung in Höhe der gesamten Aufwendungen kein Raum. Es ist aber jedenfalls zu prüfen, inwieweit die Zahlungen tatsächlich betrieblich veranlasst waren (VwGH 23.1.1996, 92/14/0034).Beispiel:
Sponsorzahlungen an einen Sportler, die zwar einem Fremdvergleich nicht standhalten, die aber doch geeignet sind, eine Werbewirkung zu entfalten (VwGH 23.1.1996, 92/14/0034);
Einrichtung einer Sauna oder eines Schwimmbades in einem betrieblich genutzten Gebäude für den Anteilsinhaber löst in Höhe der Herstellungskosten eine verdeckte Ausschüttung aus.
- Aufwendungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 KStG 1988 für die Erfüllung von Zwecken, die durch Stiftung, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind, fallen deshalb unter das Abzugsverbot, weil eine freiwillige Bindung für einen außerbetrieblichen Zweck die Abzugsfähigkeit nicht begründen kann. Wird im Rahmen der Zweckerfüllung der Eigentümer begünstigt, wird infolge der außerbetrieblichen Zuwendung eine verdeckte Ausschüttung nicht entstehen.
- Repräsentationsaufwendungen und nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. b EStG 1988 unangemessene Aufwendungen im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 2 und Z 3 KStG 1988 werden vom Gesetzgeber als außerbetrieblich veranlasste Aufwendungen der juristischen Person angesehen. Verdeckte Ausschüttungen sind jedenfalls auszuschließen, wenn dem Anteilsinhaber kein geldwerter Vorteil zugewendet wird.
- Geld- oder Sachzuwendungen, deren Gewährung oder Annahme mit gerichtlicher Strafe bedroht sind ("Schmiergelder" im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 4 lit. a KStG 1988 sind dem Grunde nach betrieblich veranlasste Aufwendungen. Eine verdeckte Ausschüttung ist grundsätzlich nicht anzunehmen.
- Spenden im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 5 KStG 1988 sind an sich Einkommensverwendung der juristischen Person. Eine verdeckte Ausschüttung im Empfängerbereich wäre aber dann denkbar, wenn die Spenden an einen Anteilsinhaber oder eine dieser nahe stehenden Person fließen und auf Grund besonderer Umstände nur durch die Eigentümerstellung erklärbar sind. Unentgeltliche Zuwendungen einer Körperschaft an ein Museum ihres Alleingesellschafters (einer Körperschaft öffentlichen Rechts) sind aber nicht verdeckte Ausschüttungen, sondern nach Maßgabe der Spezialbestimmung des § 4a EStG 1988 als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (VwGH 28.4.2004, 2001/14/0166). Die Abzugsfähigkeit iSd § 4a EStG 1988 setzt jedoch voraus, dass es sich um eine freigebige Zuwendung handelt. Von einer solchen ist dann nicht auszugehen, wenn das Gesellschaftsverhältnis einen maßgeblichen Einfluss des Anteilsinhabers auf die Körperschaft begründet (siehe EStR 2000 Rz 1330b).
- Aufsichtsratsvergütungen im Sinn des § 12 Abs. 1 Z 7 KStG 1988 sind unternehmensrechtlich durch den Betrieb der juristischen Person veranlasst, abgabenrechtlich als Aufwendungen im Interesse der Eigentümer zur Hälfte vom Abzug ausgeschlossen. Ist das überwachende Organ auch Eigentümer, kann sich aus überhöhten Bezügen unter Umständen eine verdeckte Ausschüttung ergeben.