4.1. Anteile im Privatvermögen
4.1.1. Unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Personen
4.1.1.1. Allgemeines
4.1.1.1.1. Modifiziertes Transparenzprinzip
Wie auch bei Investmentfonds erfolgt die steuerliche Erfassung von Erträgen aus Immobilienfonds dem sog. "Transparenzprinzip", nach dem der Immobilienfonds selbst kein eigenes Ertragssteuersubjekt ist, sondern die steuerliche Erfassung der Erträge aus einem Immobilienfonds unmittelbar beim Anteilinhaber zu erfolgen hat (Durchgriff; siehe dazu auch Rz 146 ff).Als Besonderheit sieht die Regelung des § 40 ImmoInvFG eine Transformation der Einkünfte vor: Es kommt zu einer Umqualifizierung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. der Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen gemäß § 30 EStG 1988 in Einkünfte aus Kapitalvermögen. Werden die Anteile in einem Betriebsvermögen gehalten, liegen betriebliche Einkünfte in der jeweiligen Einkunftsart vor. Werden die Anteile im Betriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft (OG, KG) gehalten, deren Gesellschafter natürliche Personen sind, erzielen die Gesellschafter Einkünfte in der jeweiligen betrieblichen Einkunftsart. Daher fällt im Falle der Veräußerung von Immobilien durch den Fonds keine Immobilienertragsteuer an - weder auf Ebene des Anteilinhabers, noch auf Ebene des Immobilienfonds. Diese Besteuerungslogik wurde auch im allgemeinen Investmentfondsbesteuerungsregime übernommen, wenn in einem AIF Einkünfte aus Immobilien enthalten sind (§ 186 Abs. 5 Z 1 InvFG 2011).4.1.1.1.2. Öffentliches Angebot
Wird ein Anteilschein an einem Immobilienfonds öffentlich angeboten (§ 27a Abs. 2 Z 2 zweiter Teilstrich EStG 1988), dann unterliegen alle Kapitalerträge (Ausschüttungen und ausschüttungsgleiche Erträge) aus diesem Immobilienfonds dem Sondersteuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG 1988. Wurde dagegen ein Anteil an einem Immobilienfonds nicht öffentlich angeboten, ändert dies nichts an der Transformation der Einkünfte in Einkünfte aus Kapitalvermögen, allerdings ist der besondere Steuersatz nicht anwendbar.Zu den Auswirkungen eines mangelnden öffentlichen Angebots auf den Aufwertungsgewinn siehe Rz 390.
Zum Sondersteuersatz auf den Gewinn aus der Veräußerung eines Immobilienfonds siehe unten, Rz 398.
4.1.1.1.3. Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinne, Wertpapier- und Liquidationsgewinne
Abweichend von den Bestimmungen für Wertpapierfonds normiert § 14 ImmoInvFG einen Gewinnbegriff sui generis und zum Teil eigenständige Gewinnermittlungsvorschriften. Eine Unterscheidung in ordentliche und außerordentliche Erträge kennt das Immobilien-Investmentfondsgesetz nicht. Der ausschüttbare Jahresgewinn eines Immobilienfonds setzt sich aus folgenden Gewinnarten zusammen (taxative Aufzählung):- dem Bewirtschaftungsgewinn,
- dem Aufwertungsgewinn,
- dem Wertpapier- und Liquiditätsgewinn und
- Gewinnausschüttungen von inländischen Grundstücks-(Kapital)gesellschaften, soweit diese nicht auf Veräußerungsgewinne von Immobilienveräußerungen zurückzuführen sind.
Gemäß § 14 Abs. 1 dritter Satz ImmoInvFG fällt ein Ertragsausgleich nur für Bewirtschaftungs- sowie Wertpapier- und Liquiditätsgewinne, nicht jedoch für Aufwertungsgewinne an.
Bei Immobilienfonds wird zwischen Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinnen unterschieden:- Der Bewirtschaftungsgewinn ist der Gewinn aus der Vermietung bzw. Verpachtung des Immobilienvermögens im Sinne des § 21 ImmoInvFG und aller Gegenstände, die zur Bewirtschaftung der Immobilien erforderlich sind. Dieser ermittelt sich aus den erzielten Mieterträgen abzüglich der damit im Zusammenhang stehenden Aufwendungen (zB Kosten der laufenden Verwaltung). Der Abzug von im Zusammenhang mit Mietaufwendungen stehenden Aufwendungen hat laufend zu erfolgen und ist bei jeder Neuveröffentlichung des Ausgabe- bzw. Rücknahmepreises zu aktualisieren. Abschreibungen gemäß § 204 UGB (entspricht steuerlich der AfA und den Teilwertabschreibungen) dürfen nicht als Aufwendungen berücksichtigt werden. Ebenso mindern Aufwendungen, für die Instandhaltungsrücklagen zu bilden sind, in keinem Fall den Bewirtschaftungsgewinn. An Stelle von Abschreibungen ist gemäß § 14 Abs. 3 ImmoInvFG zwingend eine Instandhaltungsrücklage zu bilden, die den Bewirtschaftungsgewinn mindert. Hinsichtlich der Höhe dieser Rücklage besteht ein Wahlrecht, das sich in einer Bandbreite von 10% bis 20% der Nettomieteinnahmen bewegt. Nettomieteinnahmen sind sämtliche für die entgeltliche Überlassung von Immobilien und sonstigen Gegenständen (zB Einrichtung usw.) zum Gebrauch und/oder zur Nutzung vom Nutzer geleistete Zahlungen (einschließlich Betriebskostenakonti uä.) vermindert um Eigentümer-/Leerstehungsaufwand sowie Betriebskosten, wobei eine allfällige Umsatzsteuer außer Ansatz bleibt. Mietvorauszahlungen und Veränderungen von rückzahlbaren Baukostenbeiträgen sind periodengerecht verteilt zu berücksichtigen. Lediglich kleinere Instandhaltungsaufwendungen dürfen sofort abgezogen werden. Wird eine Immobilie fremdfinanziert angeschafft, mindern die Zinsen und Spesen die Bewirtschaftungsgewinne der jeweiligen Immobilie. Werden mit Hilfe der Kredite oder Darlehen Instandhaltungen getätigt, für die eine Instandhaltungsrücklage zu verwenden ist, sind die Zinsen und Spesen mit bestehenden Instandhaltungsrücklagen zu verrechnen. Sind Instandhaltungsrücklagen nicht in ausreichendem Ausmaß vorhanden, mindern sie den Aufwertungsgewinn der betreffenden Immobilie.
- Aufwertungsgewinne resultieren aus der zumindest einmal jährlich, nach den allgemein anerkannten Bewertungsgrundsätzen, stattfindenden Bewertung der im Fondsvermögen befindlichen Liegenschaften; gemäß § 14 Abs. 4 ImmoInvFG sind 80% der Bewertungsdifferenzen auf der Grundlage korrekter Bewertungen gemäß § 29 ImmoInvFG abzüglich damit im Zusammenhang stehender Aufwendungen steuerpflichtig. Werden die Anteile am Immobilienfonds nicht in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht an einen unbestimmten Personenkreis angeboten, ist der Aufwertungsgewinn um ein Viertel zu erhöhen. Somit unterliegen 100% der Bewertungsdifferenzen der Besteuerung. Ebenso mindern Anschaffungsnebenkosten den Aufwertungsgewinn, wobei eine Verteilung auf einen in den Fondsbestimmungen festgelegten Zeitraum (höchstens jedoch auf 10 Jahre) zu erfolgen hat. Wird die Immobilie veräußert, erfolgt anlässlich der Veräußerung eine abschließende Bewertung (§ 29 Abs. 2 ImmoInvFG). Weicht der Veräußerungserlös von der Bewertung ab, ist dies ein Indiz dafür, dass die Bewertung nicht korrekt war, weshalb dieser Wert für die Gewinnermittlung heranzuziehen ist.
- Inländische Grundstücks-Gesellschaft als Kapitalgesellschaft (GmbH oder AG):
Wird die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gewählt, fließen erst die tatsächlich ausgeschütteten Gewinne der Grundstücks-Gesellschaft dem Fonds zu. Ertragsteuerlich bleibt die Grundstücks-Kapitalgesellschaft Körperschaftsteuersubjekt und körperschaftsteuerpflichtig. Derartige Ausschüttungen an einen inländischen Immobilienfonds aus einer Grundstücks-Gesellschaft iSd §§ 23 ff ImmoInvFG sind KESt-befreit, soweit die Ausschüttungen auf Veräußerungsgewinne aus Immobilienveräußerungen zurückzuführen sind (siehe EStR 2000 Rz 7774).
Die Wertschwankungen der Immobilien (Aufwertungsgewinne bzw. -verluste aufgrund von Bewertungen gemäß § 29 ImmoInvFG) in der inländischen Grundstücks-Gesellschaft sind, aliquot dem Beteiligungsverhältnis, direkt dem Fonds zuzurechnen. Der Wert dieser Immobilien geht, aliquot dem Beteiligungsverhältnis, in vollem Umfang in den Rücknahme- und Ausgabepreis des Anteils ein und bildet ebenfalls ausschüttungsfähige und steuerpflichtige Aufwertungsgewinne im Sinne des § 14 ImmoInvFG.
- Inländische Grundstücks-Gesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co KG:
Es ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass eine Grundstücks-Gesellschaft die Rechtsform einer GmbH & Co KG hat und ein Immobilienfonds eine Kommanditbeteiligung eingeht. Die Beteiligung an einer Grundstücks-Gesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co KG entspricht der Beteiligung des Immobilienfonds an einer Immobilie als Miteigentümer. Da Ausschüttungen im Sinne des § 14 Abs. 2 ImmoInvFG begrifflich nur solche von Körperschaften sein können, sind die Immobilienerträge der Kommanditgesellschaft (Bewirtschaftungs- und Aufwertungsgewinne) - anders als bei Grundstücks-Gesellschaften in der Rechtsform einer Körperschaft (zB GmbH) - direkt dem Immobilienfonds zuzurechnen. Daraus ergibt sich weiters, dass in der gemäß § 13 Abs. 2 ImmoInvFG für den Rechenschaftsbericht zu erstellenden Vermögensaufstellung die Immobilie und nicht die Kommanditbeteiligung auszuweisen ist. Einkünfte einer Grundstücksgesellschaft in Form einer GmbH & Co KG sind nicht gemäß § 188 BAO festzustellen.
- Ausländische Grundstücks-Gesellschaft:
Bei ausländischen Grundstücks-Gesellschaften ist das Transparenzprinzip anzuwenden. Werden Immobilien über ausländische Grundstücks-Gesellschaften erworben, sind die daraus erzielten Gewinne gemäß § 14 Abs. 2 ImmoInvFG so zu behandeln, als würde der Immobilienfonds die Immobilie direkt halten. Erträge und Aufwendungen sowie die Wertschwankungen der Immobilien sind unmittelbar dem Immobilienfonds zuzurechnen. In der Vermögensaufstellung des Rechenschaftsberichtes (§ 13 Abs. 2 ImmoInvFG) ist die Immobilie und nicht die Beteiligung an der Grundstücksgesellschaft auszuweisen. Ausschüttungen aus ausländischen Grundstücksgesellschaften an den Fonds sind demnach erfolgsneutral umzubuchen.