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Steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen sowie Evidenzierung von Einlagen und Innenfinanzierung gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 (Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass)

BMFBMF-010203/0309-IV/6/201727.9.20172017Steuerliche Behandlung von Einlagenrückzahlungen sowie Evidenzierung von Einlagen und Innenfinanzierung gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 (Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass)

Mit dem AbgÄG 2015, BGBl. I Nr. 163/2015, wurden die steuerlichen Rahmenbedingungen für Einlagenrückzahlungen und offene Ausschüttungen neu geregelt. Das Bundesministerium für Finanzen legt im vorliegenden Erlass seine Rechtsansicht zur Auslegung von § 4 Abs. 12 EStG 1988 idF AbgÄG 2015, BGBl. I Nr. 163/2016, dar. Zudem werden mit diesem Erlass der bisherige Einlagenrückzahlungserlass vom 31.03.1998, 06 0257/1-IV/6/98 und die bisherige Information des BMF zur erstmaligen Ermittlung des Standes der Innenfinanzierung von Kapitalgesellschaften vom 04.11.2016, BMF-010203/0359-VI/6/2016, aufgehoben. Die Rechtsansicht des Bundesministeriums für Finanzen zu den Auswirkungen von Umgründungen auf die Innenfinanzierung gemäß der Innenfinanzierungsverordnung (IF-VO), BGBl. II Nr. 90/2016, wird in den Umgründungssteuerrichtlinien 2002 dargelegt und ist nicht Gegenstand dieses Erlasses.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 124b Z 279 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass, Einlagen, Innenfinanzierung, Evidenzkonto, Evidenzkonten, Einlagenrückzahlung, Einlagenevidenzkonto

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002
BMF 31.03.1998, 06 0257/1-IV/6/98
BMF 04.11.2016, BMF-010203/0359-VI/6/2016

6.3. Erstmalige Ermittlung des Standes der Innenfinanzierung

6.3.1. Zeitpunkt der erstmaligen Ermittlung

Gemäß § 124b Z 279 lit. a EStG 1988 ist der Stand der Innenfinanzierung erstmalig zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. August 2015 zu ermitteln; bei Körperschaften mit einem Regelwirtschaftsjahr hat diese erstmalige Ermittlung somit per 31.12.2014 zu erfolgen.

6.3.2. Pauschale Ermittlungsmethode

Aus Vereinfachungsgründen sieht § 124b Z 279 lit. a EStG 1988 vor, dass die erstmalige Ermittlung der Innenfinanzierung pauschal durch Gegenüberstellung des unternehmensrechtlichen Eigenkapitals gemäß § 224 Abs. 3 UGB und des steuerlichen Einlagenstandes gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. August 2015 erfolgen kann (pauschale Ermittlungsmethode).

Das unternehmensrechtliche Eigenkapital gemäß § 224 Abs. 3 UGB setzt sich aus dem Nennkapital, den Kapitalrücklagen, den Gewinnrücklagen und dem Bilanzgewinn/Bilanzverlust zusammen. In der Bilanz zum Ermittlungsstichtag ausgewiesene unversteuerte Rücklagen sind für Zwecke der erstmaligen Ermittlung der Innenfinanzierung zur Gänze als Teil der Gewinnrücklagen zu behandeln.

Soweit steuerliches Surrogatkapital oder verdecktes Eigenkapital unternehmensrechtlich als Fremdkapital oder in einem Sonderposten zwischen Eigen- und Fremdkapital ausgewiesen wurde, kann dies für Zwecke der erstmaligen Ermittlung des Innenfinanzierungsstandes durch Verminderung des steuerlichen Einlagenevidenzkontos berücksichtigt werden.

Der gemäß § 124b Z 279 lit. a EStG 1988 pauschal ermittelte erstmalige Stand der Innenfinanzierung ist jedoch gemäß lit. b um umgründungsbedingte Differenzbeträge gemäß § 4 Abs. 12 Z 3 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 aus nach dem 31.05.2015 beschlossenen Umgründungen zu kürzen, weil diese Beträge nach dem StRefG 2015/2016 noch gesondert in einem Evidenzkonto zu erfassen waren. Davon erfasst ist der Differenzbetrag zwischen den unternehmensrechtlich angesetzten beizulegenden Werten und den steuerrechtlichen Buchwerten bei sogenannten "Aufwertungsumgründungen". Solche Beträge berühren den (erstmalig ermittelten) Stand der Innenfinanzierung daher nicht.

 

Unternehmensrechtliches Eigenkapital

Nennkapital

Kapitalrücklagen

Gewinnrücklagen (+ unversteuerte Rücklagen)

Bilanzgewinn/Bilanzverlust

-

Stand am steuerlichen Einlagenevidenzkonto

=

Erstmaliger Stand der Innenfinanzierung nach der pauschalen Ermittlungsmethode gemäß § 124b Z 279 lit. a EStG 1988

-

Umgründungsbedingte Differenzbeträge aus Umgründungen, die nach dem 31.05.2015 beschlossen wurden (§ 124b Z 279 lit. b EStG 1988)

Die pauschale Ermittlungsweise dient der Vereinfachung, kann jedoch unter Umständen zu Abweichungen im Vergleich zur exakten erstmaligen Ermittlung der Innenfinanzierung führen. Es steht der Körperschaft daher offen, die Innenfinanzierung exakt zu ermitteln (Wahlrecht).

Auch bei der erstmaligen pauschalen Ermittlung des Standes der Innenfinanzierung ist eine Aufteilung zwischen der disponiblen und indisponiblen Innenfinanzierung vorzunehmen. Der in der Bilanz zum Ermittlungsstichtag ausgewiesene Stand der gebundenen Gewinnrücklage ist für steuerliche Zwecke als indisponible Innenfinanzierung zu behandeln, soweit der Abgabepflichtige nichts anderes nachweist. Darüber hinaus ist der so ermittelte erstmalige Stand der indisponiblen Innenfinanzierung mit dem insgesamt pauschal ermittelten Stand der Innenfinanzierung begrenzt. Ist die erstmalig ermittelte Innenfinanzierung insgesamt negativ, liegt zur Gänze eine negative disponible Innenfinanzierung vor; der Stand der indisponiblen Innenfinanzierung ist in diesem Fall Null.

6.3.3. Pauschale Ermittlung bei Körperschaften ohne UGB-Bilanz

Sofern rückzahlungsfähige Körperschaften rechnungslegungsrechtlichen Sonderbestimmungen unterliegen, auf Grund derer § 224 Abs. 3 UGB nicht anzuwenden ist (zB Kreditinstitute gemäß § 43 Abs. 1 BWG), haben diese bei Inanspruchnahme der pauschalen erstmaligen Ermittlung der Innenfinanzierung die nach den jeweiligen Sondervorschriften ermittelte Passivseite der Bilanz sinngemäß in eine nach dem UGB ermittelte Passivseite überzuleiten und sohin die als unternehmensrechtliches Eigenkapital qualifizierten Positionen für die pauschale Ermittlung der Innenfinanzierung heranzuziehen. Davon abzuziehen ist der steuerliche Einlagenstand gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988; zu steuerlichem Surrogatkapital und verdecktem Eigenkapital, das unternehmensrechtlich als Fremdkapital oder als Sonderposten zwischen Eigen- und Fremdkapital ausgewiesen wurde siehe Abschnitt 6.3.2.

6.3.4. Exakte Ermittlungsmethode

Die exakte Ermittlung des erstmaligen Standes der Innenfinanzierung zum letzten Bilanzstichtag vor dem 01.08.2015 hat auf Grundlage der historischen Jahresabschlüsse nach Unternehmensrecht unter Berücksichtigung der in § 4 Abs. 12 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 vorgesehenen Grundsätze zur laufenden Ermittlung der Innenfinanzierung zu erfolgen (exakte Ermittlungsmethode). Im Unterschied zur pauschalen Ermittlungsmethode, die statisch an die Bilanz zum maßgeblichen Stichtag anknüpft, muss nach der exakten Ermittlungsmethode die Innenfinanzierung seit der Gründung der Körperschaft ausgehend von den jährlichen unternehmensrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnungen der Körperschaft dynamisch ermittelt werden. Folglich setzt sich der exakt ermittelte erstmalige Stand der Innenfinanzierung in einer Totalbetrachtung aus den über die Jahre seit der Gründung der Körperschaft aufsummierten unternehmensrechtlichen Jahresüberschüssen und Jahresfehlbeträgen iSd UGB zusammen.

Von diesem Gesamtbetrag sind die in diesem Zeitraum aufsummierten offenen Ausschüttungen der Körperschaft abzuziehen. Entsprechend den laufenden Ermittlungsgrundsätzen nach § 4 Abs. 12 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 sind darüber hinaus von diesem Gesamtbetrag die in diesem Zeitraum erfolgten aufsummierten verdeckten Einlagen sowie die erhaltenen Einlagenrückzahlungen abzuziehen, sofern diese den unternehmensrechtlichen Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag der Körperschaft erhöht haben.

Die in § 4 Abs. 12 Z 3 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 noch vorgesehene Regelung für umgründungsbedingte Differenzbeträge, welche den Stand der Innenfinanzierung zunächst nicht berühren sollen, hat im Rahmen der exakten erstmaligen Ermittlung der Innenfinanzierung zum letzten Bilanzstichtag vor dem 01.08.2015 wie auch bei der pauschalen Ermittlungsmethode nur insoweit Bedeutung, als solche umgründungsbedingten Differenzbeträge nach dem 31.05.2015 beschlossene Umgründungen betreffen.

Auch die erst mit § 4 Abs. 12 Z 4 dritter Satz EStG 1988 idF AbgÄG 2015 vorgesehene Regelung für umgründungsbedingte Aufwertungsgewinne, welche die Innenfinanzierung erst in jenem Zeitpunkt und Ausmaß erhöhen, indem sie nach den Vorschriften des UGB ausgeschüttet werden können, hat für die exakte erstmalige Ermittlung der Innenfinanzierung keine Bedeutung, da hierfür ausschließlich die in § 4 Abs. 12 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016 vorgesehenen Grundsätze der laufenden Innenfinanzierungsermittlung heranzuziehen sind.

Daher sind bei der erstmaligen exakten Ermittlung die Umgründungen grundsätzlich in Abhängigkeit von der unternehmensrechtlichen Auswirkung auf den unternehmensrechtlichen Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag der Jahre bis zum Ermittlungsstichtag unmittelbar innenfinanzierungswirksam, ohne dass es hierfür einer Korrektur bedarf. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Körperschaft gemäß § 3 zweiter Satz IF-VO für Zwecke der erstmaligen Ermittlung der Innenfinanzierung diese VO auf Umgründungen anwendet, die vor dem 31. Mai 2015 beschlossen wurden (siehe dazu UmgrStR 2002 Rz 379 ff).

Gründung Körperschaft (= Innenfinanzierungsstand 0)

+/-

Summe der jährlichen Jahresüberschüsse/Jahresfehlbeträge iSd UGB

-

Summe der offenen Ausschüttungen

-

Summe der verdeckten Einlagen und erhaltenen Einlagenrückzahlungen

=

Erstmaliger Stand der Innenfinanzierung nach der exakten Ermittlungsmethode (§ 4 Abs. 12 EStG 1988 idF StRefG 2015/2016)

-

Umgründungsbedingte Differenzbeträge aus Umgründungen, die nach dem 31.05.2015 beschlossen wurden (§ 124b Z 279 lit. b EStG 1988)

6.3.5. Vereinfachte exakte Ermittlungsmethode

In der Praxis hat sich gezeigt, dass die pauschale Ermittlungsmethode teilweise zu nicht sachgerechten Ergebnissen führen kann, da sie die tatsächlich vorhandene Innenfinanzierung einer Kapitalgesellschaft auf Grund mancher in der Vergangenheit verwirklichter Sachverhalte möglicherweise nicht adäquat wiedergibt (insbesondere bei nicht durchgebuchten Großmütterzuschüssen, , Aufwertungsumgründungen mit steuerlicher Buchwertfortführung oder bei unternehmensrechtlich als Beteiligungsertrag verbuchten Einlagenrückzahlungen). Gleichzeitig ist es für schon seit mehreren Jahrzehnten bestehende Kapitalgesellschaften mangels vorhandener Unterlagen oftmals nicht möglich, den Stand der Innenfinanzierung von der Gründung der Gesellschaft an nach der in Abschnitt 6.3.4. beschriebenen Methode genau zu entwickeln.

Es bestehen daher keine Bedenken, bei Inanspruchnahme der genauen Ermittlungsmethode durch die Kapitalgesellschaft den erstmaligen Stand der Innenfinanzierung mittels § 124b Z 279 EStG 1988 zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. August 2006 entsprechend der in Abschnitt 6.3.2. beschriebenen pauschalen Ermittlungsmethode zu ermitteln und in weiterer Folge nach der in Abschnitt 6.3.4. beschriebenen exakten Ermittlungsmethode bis zum letzten Bilanzstichtag vor dem 1. August 2015 weiter zu entwickeln.

Da der Gesetzgeber ein Wahlrecht zwischen zwei Ermittlungsmethoden vorsieht und der pauschalen Methode bereits ein Schätzungscharakter immanent ist, bleibt für eine darüberhinausgehende Schätzung iSd § 184 BAO kein Raum.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 4 Abs. 12 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 8 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988
§ 124b Z 279 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

Einlagenrückzahlungs- und Innenfinanzierungserlass, Einlagen, Innenfinanzierung, Evidenzkonto, Evidenzkonten, Einlagenrückzahlung, Einlagenevidenzkonto

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000
KStR 2013, Körperschaftsteuerrichtlinien 2013
UmgrStR 2002, Umgründungssteuerrichtlinien 2002
BMF 31.03.1998, 06 0257/1-IV/6/98
BMF 04.11.2016, BMF-010203/0359-VI/6/2016

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