vorheriges Dokument
nächstes Dokument

6.1.3.2. Grenzüberschreitende Beförderungen und andere sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr beziehen

BMFBMF-010219/0375-IV/4/20175.12.2017

6.1.3.2.1. Umfang der Steuerbefreiung

Rz 712
Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 setzt voraus, dass die sonstigen Leistungen ihrem Gegenstand nach zur tatsächlichen Durchführung einer Ausfuhr oder Durchfuhr beitragen, und dass diese unmittelbar an den Versender (zB den liefernden Unternehmer) oder den Empfänger der Gegenstände, auf die sich diese Bestimmung bezieht, erbracht werden (vgl. EuGH 29.6.2017, Rs C-288/16 , "L.Č." IK).

Diese Steuerbefreiung kommt nur für solche sonstigen Leistungen in Betracht, die unmittelbar im Zusammenhang mit der Warenbewegung selbst stehen (vgl. VwGH 22.3.2010, 2007/15/0310). Ab 1.1.2019 gilt als zusätzliche Voraussetzung, dass diese Leistungen unmittelbar an den Versender oder den Empfänger der Waren erbracht werden (vgl. EuGH 29.6.2017, Rs C-288/16 , "L.Č." IK).

Bis 31.12.2018 kann diese Steuerbefreiung auch dann angewendet werden, wenn diese Leistungen an Subunternehmer wie zB Unterfrachtführer erbracht werden.

Insbesondere kommt diese Steuerbefreiung für folgende sonstige Leistungen in Betracht:

Rz 713
Die Steuerbefreiung hängt nicht davon ab, dass die Leistungen an ausländische Auftraggeber bewirkt werden. Die Leistungen müssen sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr beziehen (VwGH 22.03.2010, 2007/15/0310). Der Begriff der Ausfuhr umfasst auch Vorgänge, die nicht gemäß § 7 UStG 1994 steuerfrei sind (zB rechtsgeschäftsloses Verbringen, Ausfuhr durch Nichtunternehmer).

Es ist unbeachtlich, ob es sich um eine Beförderung, einen Umschlag oder eine Lagerung oder um eine handelsübliche Nebenleistung zu diesen Leistungen handelt.

Rz 714
Verrechnet der Transportunternehmer die Kosten für an ihn ausgegebene CARNET TIR (mit diesem übernimmt ein bürgender Verband die Haftung für bestimmte Abgaben bzw. Zölle, die dem Transportunternehmer vorgeschrieben werden) seinem Auftraggeber weiter, so handelt es sich dabei nicht um eine eigene Leistung des Unternehmers an den Auftraggeber, sondern um einen Teil des Entgelts, das der Transportunternehmer für seine Transportleistung erhält.

Rz 715
Folgende sonstige Leistungen sind nicht als Leistungen anzusehen, die sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr beziehen:

Rz 716
Als Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr sind auch solche Gegenstände anzusehen, die sich vor der Ausfuhr im Rahmen einer Bearbeitung oder Verarbeitung im Sinne des § 7 Abs. 1 UStG 1994 vorletzter Satz oder einer Lohnveredlung im Sinne des § 8 UStG 1994 befinden. Die Steuerbefreiung erstreckt sich somit auch auf sonstige Leistungen, die sich unmittelbar auf diese Gegenstände beziehen.

Rz 717
Bei grenzüberschreitenden Güterbeförderungen und anderen sonstigen Leistungen, einschließlich Besorgungsleistungen, die sich unmittelbar auf Gegenstände der Ausfuhr oder der Durchfuhr beziehen, ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass der leistende Unternehmer die Ausfuhr oder Wiederausfuhr der Gegenstände eindeutig und leicht nachprüfbar buchmäßig nachweist (§ 18 Abs. 8 UStG 1994). Bei grenzüberschreitenden Güterbeförderungen können insbesondere die vorgeschriebenen Frachturkunden (zB Frachtbrief, Konnossement), der schriftliche Speditionsauftrag, das im Speditionsgewerbe übliche Bordero oder ein Doppel des Versandscheins als Nachweisbelege in Betracht kommen. Bei anderen sonstigen Leistungen kommen als Ausfuhrbelege insbesondere Belege mit einer Ausfuhrbestätigung der den Ausgang aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft überwachenden Grenzzollstelle, Versendungsbelege oder sonstige handelsübliche Belege in Betracht. Die sonstigen handelsüblichen Belege können auch von den Unternehmern ausgestellt werden, die für die Lieferung die Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen (§ 6 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 7 UStG 1994) oder für die Bearbeitung oder Verarbeitung die Steuerbefreiung für Lohnveredlungen an Gegenständen der Ausfuhr (§ 6 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 8 UStG 1994) in Anspruch nehmen. Diese Unternehmer müssen für die Inanspruchnahme der vorbezeichneten Steuerbefreiungen die Ausfuhr der Gegenstände nachweisen. Anhand der bei ihnen vorhandenen Unterlagen können sie deshalb einen sonstigen handelsüblichen Beleg, zB für einen Frachtführer, Umschlagbetrieb oder Lagerhalter, ausstellen.

Rz 718
Bei Vortransporten, die mit Beförderungen im Luftfrachtverkehr aus dem Inland in das Drittlandsgebiet verbunden sind, ist der Nachweis der Ausfuhr oder Wiederausfuhr als erfüllt anzusehen, wenn sich aus den Unterlagen des Unternehmers eindeutig und leicht nachprüfbar ergibt, dass im Einzelfall

Rz 719
Hat bei einer Beförderung im Eisenbahnfrachtverkehr, die einer grenzüberschreitenden Beförderung oder einer Beförderung im internationalen Eisenbahnfrachtverkehr vorausgeht, der Empfänger oder der Absender seinen Sitz (Wohnsitz) im Ausland und werden die Beförderungskosten von diesem Empfänger oder Absender bezahlt, so kann die Ausfuhr oder Wiederausfuhr aus Vereinfachungsgründen durch folgende Bescheinigung auf dem Frachtbrief nachgewiesen werden:

Der in der vorbezeichneten Bescheinigung angegebene ausländische Empfänger oder Absender muss der im Frachtbrief angegebene Empfänger oder Absender sein.

Rz 720
Eine grenzüberschreitende Beförderung zwischen dem Inland und einem Drittland liegt auch vor, wenn die Güterbeförderung vom Inland über einen anderen Mitgliedstaat in ein Drittland durchgeführt wird. Befördert in diesem Fall ein Unternehmer die Güter auf einer Teilstrecke vom Inland in das übrige Gemeinschaftsgebiet, kann diese Leistung ab 1.1.2019 nur mehr dann nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 steuerfrei sein, wenn diese Beförderungsleistung unmittelbar an den Versender oder Empfänger (= Lieferer oder Abnehmer iSd § 3 Abs. 8 UStG 1994) der Güter erbracht wird (vgl. EuGH 29.6.2017, Rs C-288/16 , "L.Č." IK). Der Unternehmer hat die Ausfuhr der Güter nachzuweisen (vgl. § 6 Abs. 1 Z 3 letzter Satz in Verbindung mit § 18 Abs. 8 UStG 1994). Wird der Nachweis nicht erbracht oder ab 1.1.2019 die Beförderungsleistung nicht unmittelbar an den Versender oder Empfänger ausgeführt, ist die Leistung nicht nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 befreit.

Beispiel 1:

Der österreichische Unternehmer U (= Versender) beauftragt den österreichischen Frachtführer F, Güter von Innsbruck nach Bern (Schweiz) zu befördern. F beauftragt den österreichischen Unterfrachtführer F1 mit der Beförderung von Innsbruck nach Bozen (Italien) und den italienischen Unterfrachtführer F2 mit der Beförderung von Bozen nach Bern. Dabei können F und F2 die Ausfuhr in die Schweiz , F1 nicht.

Lösung bis 31.12.2018:

Die Beförderungsleistung des F an § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Österreich) steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 von der Umsatzsteuer befreit.

Die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F1 an den Frachtführer F ist § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Österreich) steuerbar, jedoch nicht steuerfrei nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994, da F1 keinen Nachweis erbringen kann, dass die Ausfuhr in einen Drittstaat erfolgte.

Die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F2 an den Frachtführer F ist ebenfalls gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Österreich) steuerbar und nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 steuerfrei, wenn er die Ausfuhr durch Belege nachweist.

Lösung ab 1.1.2019:

Die Beförderungsleistung des F an U von Innsbruck nach Bern ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort (Österreich) steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 steuerfrei.

Die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F1 an den Frachtführer F von Innsbruck nach Bozen ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 am Empfängerort in Österreich steuerbar. Sie ist zwar Teil einer grenzüberschreitenden Güterbeförderung in die Schweiz, jedoch selbst bei Nachweis der Ausfuhr der Güter in die Schweiz nicht nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 befreit. Dies deshalb, weil die Beförderungsleistung nicht unmittelbar an den Unternehmer U erbracht wird. Gleiches gilt für die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F2, bei dem es zusätzlich zum Übergang der Steuerschuld auf F kommen kann.

Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, jedoch weist F1 die Ausfuhr der Güter in die Schweiz nach.

Lösung bis 31.12.2018:

Die Beförderungsleistung des F an U von Innsbruck nach Bern ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 in Österreich steuerbar und gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 steuerfrei.

Die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F1 an den Frachtführer F von Innsbruck nach Bozen ist gemäß § 3a Abs. 6 UStG 1994 § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a sublit. bb UStG 1994 in Österreich von der Umsatzsteuer befreit. Gleiches gilt für die Beförderungsleistung des Unterfrachtführers F2.

Lösung ab 1.1.2019:

Wie Beispiel 1.

Rz 721
Beziehen sich die Leistungen auf Seetransportbehälter ausländischer Auftraggeber, so kann der Unternehmer den Nachweis der Ausfuhr oder Wiederausfuhr aus Vereinfachungsgründen dadurch erbringen, dass er Folgendes aufzeichnet:

6.1.3.2.2. Ausnahmen von der Steuerbefreiung

Rz 722
Die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a bis c UStG 1994 ist ausgeschlossen für die in § 6 Abs. 1 Z 8, 9 lit. c und Z 13 UStG 1994 bezeichneten Umsätze. Dadurch wird bei Umsätzen des Geld- und Kapitalverkehrs und bei Versicherungsumsätzen eine Steuerbefreiung mit Vorsteuerabzug in anderen als in den in § 12 Abs. 3 lit. a UStG 1994 bezeichneten Fällen vermieden. Die Regelung hat jedoch nur Bedeutung für umsatzsteuerrechtlich selbständige Leistungen. Eine selbständige Leistung liegt zB bei der Besorgung der Versicherung von zu befördernden Gegenständen nicht vor, wenn die Versicherung durch denjenigen Unternehmer besorgt wird, der auch die Beförderung der versicherten Gegenstände durchführt oder besorgt. Die Besorgung der Versicherung stellt hier vielmehr eine unselbständige Nebenleistung zu der Beförderung oder der Besorgung der Beförderung als Hauptleistung dar. Der Vorsteuerabzug beurteilt sich deshalb in diesen Fällen nach der Hauptleistung der Beförderung oder der Besorgung der Beförderung.

Rz 723
Von der Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 lit. a bis c UStG 1994 sind ferner Bearbeitungen oder Verarbeitungen von Gegenständen einschließlich Werkleistungen im Sinne des § 3a Abs. 3 UStG 1994 ausgeschlossen. Diese Leistungen können jedoch zB unter den Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 8 UStG 1994 steuerfrei sein.

Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, kann in jenen Fällen, in denen ein Gegenstand vor der Einfuhr im Ausland be- oder verarbeitet wird, von einer Besteuerung der Be- oder Verarbeitungsleistung im Inland Abstand genommen werden, wenn die Kosten für diese Leistung in der Bemessungsgrundlage für die EUSt enthalten sind (vgl. Rz 707).

Stichworte