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Frage der Ansässigkeit eines Angehörigen der spanischen OSZE-Vertretung in Österreich

BMFBMF-010221/0220-VI/8/20157.8.20152015

EAS 3364

Gemäß § 4 des BG über die Rechtsstellung von Einrichtungen der OSZE in Österreich, BGBl. Nr. 511/1993 idF BGBl. Nr. 735/1995, werden den ständigen ausländischen Vertretungen oder Delegationen der OSZE-Mitgliedstaaten zu den in § 1 genannten Einrichtungen sowie deren Mitgliedern Privilegien und Immunitäten im gleichen Umfang eingeräumt, wie sie für die Ständigen Vertretungen und ihre Mitglieder bei den Vereinten Nationen in Wien auf Grund staatsvertraglicher oder gesetzlicher Regelungen bestehen. Gemäß Art. XI Abschnitt 32 lit. a des Abkommens zwischen der Republik Österreich und den Vereinten Nationen über den Amtssitz der Vereinten Nationen in Wien, BGBl. III Nr. 99/1998, genießen Mitglieder von Ständigen Vertretungen, die bei den Vereinten Nationen beglaubigt sind, die gleichen Privilegien und Immunitäten, wie sie die Regierung den Mitgliedern vergleichbaren Ranges der in der Republik Österreich beglaubigten diplomatischen Vertretungsbehörden einräumt. Gemäß Art. 34 des Wiener Übereinkommens vom 18. April 1961, BGBl. Nr. 66/1966, über diplomatische Beziehungen (Wiener Diplomatenkonvention) ist der Diplomat von allen staatlichen, regionalen und kommunalen Personal- und Realsteuern oder -abgaben mit Ausnahme der in den lit. a bis f genannten ortsbezogenen oder dienstleistungsbedingten Steuern und Abgaben befreit. Gemäß Art. 37 Abs. 2 der Wiener Diplomatenkonvention genießen Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals der Mission und die zu ihrem Haushalt gehörenden Familienmitglieder, wenn sie weder Angehörige des Empfangsstaats noch in demselben ständig ansässig sind, die in den Artikeln 29 bis 35 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten. Dies hat zur Folge, dass bei diesem Personenkreis, sofern nicht die einschränkenden Regelungen über das sur-place-Personal greifen, sowohl die vom ausländischen Staat bezogenen Gehälter als auch alle übrigen, aus Drittstaaten stammenden Einkünfte dem österreichischen Besteuerungsanspruch entzogen sind.

Aus der Sicht des internationalen Steuerrechts bewirkt diese Einschränkung des österreichischen Besteuerungsanspruchs auf bestimmte, aus inländischen Quellen stammende Einkünfte den Verlust des Status der "Ansässigkeit" gemäß den dem Art. 4 Abs. 1 des OECD-Musterabkommens auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen nachgebildeten Doppelbesteuerungsabkommen, da dieser Ausdruck gemäß dem letzten Satz dieses Absatzes nicht eine Person umfasst, "die in diesem Staat nur mit Einkünften aus Quellen in diesem Staat oder mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist". Rz 8.1 des OECD-Kommentars zu Art. 4 OECD-MA in der geltenden Fassung weist in diesem Zusammenhang, wie im Übrigen im Wesentlichen auch bereits Rz 8 des Kommentars zu Art. 4 des Musterabkommens 1977, ausdrücklich darauf hin, dass diese Situation in einigen Staaten insbesondere bei ausländischen Diplomaten und Konsularbeamten, die im Hoheitsgebiet dieser Staaten Dienst tun, besteht. Diese Situation trifft zweifellos auch für Österreich zu, zumal der VwGH diesen Personenkreis ungeachtet des Vorliegens eines für die Begründung der inländischen "unbeschränkten" Steuerpflicht maßgeblichen inländischen Wohnsitzes als "beschränkt" steuerpflichtig wertet (vgl. VwGH vom 29.1.1965, 0202/63).

Das DBA Österreich - Spanien, BGBl. Nr. 395/1967 idF BGBl. Nr. 709/1995, folgt in seinem Art. 4 Abs. 1 zwar noch dem Musterabkommen aus 1963 und enthält daher noch nicht den erstmals im Musterabkommen 1977 eingeführten letzten Satz, der ausdrücklich auf den Ausschluss von Personen, die nur mit Einkünften aus Quellen dieses Staates steuerpflichtig sind, hinweist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit eine andere als die den ab 1977 geltenden Abkommensregeln zu Grunde liegende Interpretation intendiert war. Abs. 10 des Kommentars zu Art. 4 des Musterabkommens 1963, dem das österreichisch - spanische DBA nachgebildet ist, kommt auf dem Boden der verkürzten Fassung von Abs. 1 ebenfalls zum Schluss, dass eine Person dann nicht als "in einem Vertragsstaat ansässig" anzusehen ist, wenn sie zwar nach innerstaatlichem Recht als ansässig angesehen wird, in diesem Staat allerdings nur der auf Inlandseinkünfte beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Im Lichte der vorzitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kann daher kein Zweifel daran bestehen, dass auch auf der Grundlage des DBA Österreich - Spanien die in Rede stehende Person nicht als in Österreich ansässig angesehen werden kann.

 

Bundesministerium für Finanzen, 7. August 2015

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 1 Rechtsstellung von Einrichtungen der OSZE in Österreich, BGBl. Nr. 511/1993
§ 4 Rechtsstellung von Einrichtungen der OSZE in Österreich, BGBl. Nr. 511/1993
Art. 32 lit. a Amtssitz - Vereinten Nationen in Wien, BGBl. III Nr. 99/1998
Art. 29 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 30 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 31 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 32 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 33 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 34 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 35 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 37 Abs. 2 Wiener Diplomatenkonvention, BGBl. Nr. 66/1966
Art. 4 Abs. 1 OECD-MA, OECD-Musterabkommen
Art. 4 Abs. 1 DBA E (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Spanien (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. Nr. 395/1967

Schlagworte:

OSZE, Ständige Vertretungen, Diplomatenkonvention, Vereinte Nationen, Ansässigkeit

Verweise:

VwGH 29.01.1965, 0202/63

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