19.6.1 Bezüge im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988
Unter freiwilliger Abfertigung ist eine Leistung des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verstehen, auf die weder aus gesetzlichen noch aus kollektivvertraglichen Regelungen ein Anspruch besteht. Schriftlichkeit (zB im Dienstvertrag) ist dabei nicht erforderlich.Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 erstreckt sich nur auf Bezüge, die mit der Auflösung des Dienstverhältnisses im ursächlichen Zusammenhang stehen und aus diesem Grund anfallen. Es muss sich demnach um solche sonstigen Bezüge handeln, die für die Auflösung des Dienstverhältnisses typisch sind (VwGH 08.04.1986, 85/14/0162). Werden Bezüge an sich unabhängig von der Beendigung des Dienstverhältnisses ausbezahlt und der Stichtag der Auszahlung lediglich mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses vorverlegt, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nicht zu (zB Jubiläumszuwendungen im öffentlichen Dienst). Belohnungen, Treuegelder und Jubiläumszuwendungen der Beamten anlässlich des Übertritts in den Ruhestand sind daher nach § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern (VwGH 09.11.1994, 92/13/0279). Ebenso liegt keine freiwillige Abfertigung vor, wenn dadurch andere arbeitsrechtliche Ansprüche (zB nicht verbrauchter Urlaub, Zahlung für den Verzicht auf Arbeitsleistung künftiger Lohnzahlungszeiträume, Vergleichszahlung, usw.) abgegolten werden.
Erfolgt ein Arbeitgeberwechsel im Rahmen der Bestimmungen des AVRAG und werden die gesetzlichen Abfertigungs- und Urlaubsansprüche vom neuen Arbeitgeber übernommen (und nicht an den Arbeitnehmer ausgezahlt), wird das Dienstverhältnis nicht aufgelöst. Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 für eine ausgezahlte freiwillige Abfertigung kann in diesem Fall nicht angewendet werden.
Siehe auch Beispiel Rz 11084.
Das Gesetz nennt als Beispiele die freiwillige Abfertigung und Abfindung. Hinsichtlich Sterbegelder und Todfallsbeiträge siehe Rz 1085a.Tantiemen, Pensionsabfindungen, Umsatzbeteiligungen, Gewinnbeteiligungen, Bilanzremunerationen, Leistungsprämien, eine auf den Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses vorverlegte Jubiläumsgabe, oder die Weiterbezahlung der Bezüge eines verstorbenen Arbeitnehmers bis Monatsende zählen nicht zu solchen Bezügen (VwGH 5.3.1969, 1866/67; VwGH 31.10.2000, 98/15/0122). Ebenso sind Zahlungen für den Verzicht auf Arbeitsleistungen für zukünftige Lohnzahlungszeiträume nicht unter § 67 Abs. 6 EStG 1988 zu subsumieren (vgl. VwGH vom 15.09.2011, 2007/15/0231 sowie die Klarstellung durch das Budgetbegleitgesetz 2014, BGBl. I Nr. 40/2014).
Wird im Fall des Todes eines aktiven Arbeitnehmers Sterbegeld ausbezahlt und erhält der Rechtsnachfolger keine Bezüge (Aktiv- oder Pensionsbezüge) vom Arbeitgeber des Verstorbenen, ist das Sterbegeld gemäß § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 6 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu versteuern. Ist § 67 Abs. 6 EStG 1988 auf Grund der Z 7 nicht mehr anwendbar, hat die Besteuerung des Sterbegeldes gemäß § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu erfolgen. Der Lohnzettel ist auf den verstorbenen Arbeitnehmer auszustellen, da gemäß § 32 Z 2 EStG 1988 solche Bezüge bei der Veranlagung der Einkommensteuer des verstorbenen Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind.Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen (Firmen-)Pensionisten eine (Firmen-)Pension (Hinterbliebenenversorgung) und hat der Rechtsnachfolger auch Anspruch auf das Sterbegeld, ist dieses beim Rechtsnachfolger gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.
Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen Pensionskassenpensionisten Pensionskassenleistungen (Hinterbliebenenversorgung oder Eigenbezüge) und hat der Rechtsnachfolger auch Anspruch auf das Sterbegeld, ist dieses beim Rechtsnachfolger gem. § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 zu versteuern.
Erhält der Rechtsnachfolger nach einem verstorbenen Firmenpensionisten keine Firmenpension (Hinterbliebenenversorgung), sondern nur ein Sterbegeld, ist dieses gem. § 32 EStG 1988 in Verbindung mit § 67 Abs. 1 und 2 EStG 1988 beim Rechtsnachfolger nach den Besteuerungsmerkmalen des Verstorbenen zu versteuern. § 67 Abs. 6 EStG 1988 kann nicht angewendet werden, weil der Bezug einer Firmenpension kein Dienstverhältnis gem. § 47 Abs. 2 EStG 1988 begründet.
Als Rechtsnachfolger gilt jede Person, an die Sterbegeld ausgezahlt wird, wobei kein Unterschied besteht, ob das Sterbegeld nach den Bezügen des Verstorbenen bemessen wird, einen vereinbarten Absolutbetrag darstellt oder sich nach der Höhe der tatsächlichen Kosten des Begräbnisses orientiert.
Freiwillige Zahlungen anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses sind auch dann begünstigt, wenn sie neben laufenden Bezügen (zB sofort anfallende Pension) sowie weiterlaufenden anderen Vorteilen aus dem Dienstverhältnis (zB vom Arbeitgeber weiter bezahlte Zusatzkrankenversicherung, Weiterbenutzung der bisherigen Dienstwohnung) zufließen.Sonstige Bezüge gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 müssen bei oder nach Beendigung des Dienstverhältnisses anfallen und durch die Beendigung des Dienstverhältnisses (siehe Rz 1070a) verursacht sein. Ebenso wie bei gesetzlichen Abfertigungen nach § 67 Abs. 3 EStG 1988 ist der Anspruch auf die steuerliche Begünstigung zwingend an die Auflösung des Dienstverhältnisses geknüpft. Freiwillige Abfertigungen udgl. können auch nach Beendigung des Dienstverhältnisses steuerbegünstigt behandelt werden, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt (spätestens zwölf Monate nach Beendigung des Dienstverhältnisses) anfallen.Bei Vereinbarung einer Altersteilzeit ist die Besteuerung einer freiwilligen Abfertigung im Sinne des § 67 Abs. 6 EStG 1988 erst bei tatsächlicher Beendigung des Dienstverhältnisses zulässig.
Gemäß § 67 Abs. 6 Z 7 EStG 1988 gelten die Bestimmungen des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur für jene Zeiträume, für die keine Anwartschaften gegenüber einer Betrieblichen Vorsorgekasse bestehen. Die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 kommt nicht zum Tragen, wenn für neue Dienstverhältnisse ab 1. Jänner 2003 laufende Beiträge nach dem neuen System in eine Betriebliche Vorsorgekasse gezahlt werden (dies bezieht sich auch auf die Bestimmung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 im Zusammenhang mit einem Sozialplan).Wird bei Dienstverhältnissen, die vor dem 1. Jänner 2003 begonnen wurden, eine freiwillige Abfertigung ausbezahlt, steht die Begünstigung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nach Maßgabe der Rz 1087b ff zu.
Wird das "alte" Abfertigungssystem für die volle Dauer des Dienstverhältnisses weiter geführt, gilt § 67 Abs. 6 EStG 1988 für freiwillig bezahlte Abfertigungen unverändert weiter.Wird das "alte" Abfertigungssystem für Anwartschaftszeiträume bis zu einem bestimmten Übertrittsstichtag weiter geführt, die gesamten Altabfertigungsansprüche eingefroren und lediglich für künftige Anwartschaftszeiträume das neue System gewählt, sind für die Anwendung des § 67 Abs. 6 EStG 1988 nur Zeiträume bis zum Übertrittsstichtag maßgeblich (hinsichtlich der Berücksichtigung der Vordienstzeiten siehe Rz 1087f).Beispiel:
Am 1. März 2003 erfolgt der Übertritt in das neue System. Das Dienstverhältnis hat am 1. Februar 1992 begonnen und wird am 15. Februar 2014 beendet. Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind nur Zeiten bis zum 1. März 2003 zu berücksichtigen (ohne Vordienstzeiten 11 Jahre, 1 Monat).
Wird bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine freiwillige Abfertigung gezahlt, ist davon gemäß § 67 Abs. 6 Z 1 und 2 EStG 1988 mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis vom 1. Februar 1992 bis 1. März 2003 = 11 Jahre)
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis vom 1. Februar 1992 bis 1. März 2003 = 11 Jahre); höchstens 4 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG.
Beispiel:
Der Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Übertragung beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Es wird der gesamte gesetzliche Abfertigungsanspruch im Ausmaß von 4 Monatsentgelten in eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen.
Wird bei Beendigung des Dienstverhältnisses eine freiwillige Abfertigung gezahlt, ist davon gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate, höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG mit 6% zu versteuern (siehe Rz 1087a).
Beispiel:
Der Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt der Übertragung beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Übertragen werden 60% dieses fiktiven Anspruches. Der Arbeitgeber ist vertraglich verpflichtet 40% dieses fiktiven Anspruches als freiwillige Abfertigung zu leisten, wenn der Arbeitnehmer innerhalb von 5 Jahren nach der Übertragung gekündigt wird.
Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis elf Jahre); abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 4/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens 4 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
Beispiel:
Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren mit 1. März 2003 den Übertritt in das neue System. Der gesetzliche Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers zum Zeitpunkt des Übertritts beträgt 4 Monatsentgelte (die bisherige Dauer des Dienstverhältnisses beträgt 11 Jahre). Zur Anwartschaftsabfindung (für die Dauer des bisherigen Dienstverhältnisses) werden für einen Zeitraum von fünf Jahren drei Monatsentgelte in eine Betriebliche Vorsorgekasse übertragen. Bei Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis wird eine freiwillige Abfertigung im Ausmaß von 6 Monatsentgelten gewährt, die dem Arbeitnehmer als Anrechnung von Vordienstzeiten zugesichert wurde. Der Arbeitnehmer weist Dienstzeiten im Ausmaß von 8 Jahren nach - für diesen Zeitraum wurde bisher keine Abfertigungszahlung geleistet.
Gemäß § 67 Abs. 6 EStG 1988 sind bei Beendigung des Dienstverhältnisses mit 6% zu versteuern:
Bei Auszahlung vor dem 01.03.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (siehe Rz 1087a)
- zuzüglich 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis 11 Jahre, Vordienstzeiten 8 Jahre, zusammen 19 Jahre); abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.
Bei Auszahlung nach dem 28.02.2014:
- ein Viertel der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate; höchstens das Neunfache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG
- zuzüglich 6/12 der laufenden Bezüge der letzten 12 Monate (Dienstverhältnis 11 Jahre, Vordienstzeiten 8 Jahre, zusammen 19 Jahre); höchstens 6 mal das Dreifache der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 ASVG; abzüglich des Betrages, der zur Übertragung von Altabfertigungsansprüchen in die Betriebliche Vorsorgekasse geleistet wurde.