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Rulinganträge gemäß § 118 BAO mit internationalen Bezügen

BMFBMF-010221/0787-VI/8/201423.12.20142014

Rulinganträge mit internationalen Bezügen betreffen vielfach - neben der Frage der anzuwendenden Verrechnungspreismethode - implizit auch Fragen der unilateralen Anerkennung der vom Antragsteller dargestellten Konstruktion an sich (zB hybride Finanzierungen mit potentiellen Qualifikationskonflikten; Nutzung des österreichischen DBA-Netzwerkes) sowie der vorgenommenen Funktionsanalyse (zB bei Verlagerung von bestehenden Tätigkeiten oder Rechten ins Inland). Im Sinne der Gleichmäßigkeit der Vollziehung sollen solche Rulinganträge mit internationalen Bezügen einem einheitlichen Prüfschema unterzogen werden:

1) Wirtschaftliche Substanz der in Österreich begründeten Tätigkeit

Die Anerkennung einer Konstruktion setzt stets auch ein Mindestmaß an wirtschaftlicher Substanz voraus. Das bedeutet:

Geht aus der Sachverhaltsdarstellung im Rulingantrag das erforderliche Mindestmaß an wirtschaftlicher Substanz nicht hervor, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine nach steuerlichen Vorschriften nicht anzuerkennende Konstruktion (vgl. OECD-Verrechnungspreisgrundsätze 2010, Rz 1.65) oder zumindest eine aus internationaler Sicht potentiell schädliche Gestaltung vorliegt. Da in diesen Fällen für eine abschließende Beurteilung dieser Frage die Sachverhaltsdarstellung im Rulingantrag idR nicht ausreichend sein wird, ist je nach Lage des Falles entweder der Rulingantrag zurückzuweisen oder dem Antragsteller die Mängelbehebung aufzutragen.

2) Verhältnis zum Ausland

Bei Fragen der Anwendbarkeit von DBA einschließlich Qualifikationskonflikten kann sich die Frage stellen, inwieweit Österreich die Verpflichtung oder auch die Möglichkeit hat, andere betroffene Staaten von einem Ruling zu informieren. Dabei ist zu unterscheiden:

3) Indizien für unerwünschte Gestaltungen

Aufgrund der praktischen Erfahrungen mit bisher eingegangenen Rulinganträgen und Treu-und-Glauben-Anfragen erscheinen insbesondere folgende Indizien praktisch bedeutsam:

Entspricht die zu beurteilende Gestaltung den im österreichischen Steuerrecht und in den Verrechnungspreispreisrichtlinien 2010 enthaltenen Rechtsgrundsätzen, die den von der OECD entwickelten internationalen Standards folgen, kann allein aus dem Umstand, dass durch Unterschiede in der Rechtsordnung oder der Verwaltungspraxis des anderen betroffenen Staates steuerliche Vorteile generiert werden, kein allgemeiner Schluss gezogen werden, dass eine Gestaltung unerwünscht ist.

Die Beurteilung, ob eine unerwünschte Gestaltung vorliegt, hat anhand des Gesamtbildes der Verhältnisse zu erfolgen. Insbesondere in Fällen, in denen ein Zusammenhang mit Straftaten nicht ausgeschlossen werden kann, wird davon auszugehen sein, dass kein besonderes Interesse "in Hinblick auf die erheblichen abgabenrechtlichen Auswirkungen" besteht und damit eine Anwendungsvoraussetzung des § 118 BAO nicht erfüllt ist. Ein entsprechender Rulingantrag ist daher zurückzuweisen.

In Fällen, in denen nicht bloß Indizien sondern bereits ein Verdacht einer Straftat vorliegt, ist der Rulingantrag zurückzuweisen und die Anzeigepflicht nach § 78 StPO zu beachten.

Bei Verdacht auf Geldwäsche ist die Abteilung für Betrugsbekämpfung Steuer und Zoll des BMF, Post.IV-3@bmf.gv.at per Email zu kontaktieren (Formular unter http://www.bmi.gv.at/cms/BK/meldestellen/geldwaesche/start.aspx ).

Bundesministerium für Finanzen, 23. Dezember 2014

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 118 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 78 StPO, Strafprozeßordnung 1975, BGBl. Nr. 631/1975

Schlagworte:

Ruling, Verrechnungspreise

Verweise:

VPR 2010, Verrechnungspreisrichtlinien 2010

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