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Erlass zur Besteuerung von Kapitalvermögen

BMFBMF-010203/0107-VI/6/20121.4.20122012Erlass zur Besteuerung von Kapitalvermögen

Es ist geplant, den Erlass im Zuge des EStR-Wartungserlasses 2012 in die EStR 2000 zu überführen, wobei Abschnitt 1 des Erlasses an Stelle des Abschnittes 20 und Abschnitt 2 an Stelle des Abschnittes 29 treten soll.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 94 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 97 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

2.5.3. Kapitalertragsteuer bei verschiedenen Produktgruppen

Der Kapitalertragsteuerabzug bei verschiedenen Produktgruppen wird direkt im Anschluss an die Beschreibung und steuerliche Würdigung der einzelnen Produktgruppen in Abschnitt 1.2.4. dargestellt.

2.5.4. Nachträglich gekürzte Kapitalerträge

Werden Zinsen gutgeschrieben, ist von diesen Kapitalertragsteuer einzubehalten, unabhängig davon, wann eine Auszahlung erfolgt. Kapitalertragsteuer ist somit immer dann einzubehalten, wenn ein Rechtsanspruch auf die Zinsen vorliegt. Ist der Rechtsanspruch mit einem bestimmten Verhalten des Anlegers gekoppelt, das in der Folge nicht eingehalten wird und daher zu einem Wegfall dieses Rechtsanspruchs führt, liegt eine auflösende Bedingung vor. Dies führt dazu, dass die KESt solange einzubehalten ist, als die auflösende Bedingung nicht eingetreten ist. Bei Eintritt dieser auflösenden Bedingung sind die Zinsen vom Anleger wieder zurückzuerstatten, was im Ergebnis zu einer nachträglichen Kürzung von Kapitalerträgen führt. Die für diese - nachträglich gekürzten Kapitalerträge - einbehaltene KESt ist wieder gutzuschreiben.

Beispiel:

Ein Sparbuch mit Anfangskapital von 1 000 mit 5% p.a. verzinst. Der Zinssatz ist jedoch daran gekoppelt, dass das Kapital 5 Jahre nicht behoben wird. Wird es früher behoben, sinkt der Zinssatz auf 2%, Es fallen somit für das Jahr 01 50 an Zinsen an, wovon 12,5 an KESt einzubehalten und abzuführen ist. Im Jahr 02 wird ein Betrag von 1037,5 (1000+50-12,5) verzinst; Die Zinsen betragen 51,875, wovon 12,97 an KESt einzubehalten ist. Nach zwei Jahren wird jedoch das Kapital behoben und der Zinssatz sinkt auf 2%, was dazu führt, dass 3% an Zinsen wieder rückgängig gemacht werden. Das ist für das Jahr 01 ein Betrag von 30 an Zinsen mit 7,5 an KESt sowie für das Jahr 02 ein Betrag von 31,125 (1 037,5 x 3%) mit 7,78 an KESt. Insgesamt ist somit ein Betrag von 15,28 an KESt zu erstatten.

§ 95 Abs. 5 EStG 1988 soll ausschließlich die bewährte, anlegerfreundliche Praxis der Gutschrift der Kapitalertragsteuer bei Vorschusszinsen, Prämiensparen und ähnlichen Produkten ermöglichen, wenn durch Eintritt der auflösenden Bestimmung bereits gewährte Kapitalerträge wieder gekürzt werden. Über § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist aber bei Aktienanleihen (cash-or-share-Anleihen) kein Ausgleich der im Zuge der Andienung der Aktien erlittenen Verluste mit den zuvor gutgeschriebenen Zinsen möglich. Zu vor dem 1.4.2012 entgeltlich erworbenen Aktienanleihen siehe Abschnitt 1.2.4.3.1.

2.5.5. Ausländische Anleger

2.5.5.1. Beschränkte Steuerpflicht

Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, unterliegen mit Kapitalerträgen im Sinne des § 27 EStG 1988 nach Maßgabe des § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 der beschränkten Steuerpflicht. Diese erstreckt sich auf

Zinsen aus Einlagen bei Kreditinstituten und aus Forderungswertpapieren sowie Einkünfte gemäß § 27 Abs. 3 und 4 EStG 1988 Erträge aus Kapitalanlagefonds unterliegen nicht der beschränkten Steuerpflicht. Beschränkte Steuerpflicht könnte in diesen Fällen nur dann gegeben sein, wenn eine Besicherung durch inländische Grundstücke vorliegt. Derart besicherte Forderungswertpapiere (Pfandbriefe) sind allerdings ausdrücklich von der beschränkten Steuerpflicht ausgenommen.

2.5.5.2. Doppelwohnsitz

Haben Personen neben ihrem ausländischen Wohnsitz einen weiteren österreichischen Wohnsitz, so unterliegen sie - ungeachtet einer nach Doppelbesteuerungsabkommen allenfalls gegebenen ausländischen Ansässigkeit - innerstaatlich der unbeschränkten Steuerpflicht. § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 ist auf sie nicht anwendbar. Eine Befreiung von der Kapitalertragsteuerpflicht kann daher niemals auf Basis dieser Bestimmung zum Zuge kommen, sondern nur auf Grund von Doppelbesteuerungsabkommen (allenfalls auf Grund von Maßnahmen nach § 103 EStG 1988 oder § 48 BAO). Dies gilt auch für Staatsbürger der nicht an Österreich angrenzenden Staaten.

2.5.5.3. Zweitwohnsitz

Personen, die sich länger als fünf Kalenderjahre im Ausland befinden und im Inland lediglich über einen mit einem Zweitwohnsitz verfügen, den sie allein oder gemeinsam mit anderen inländischen Wohnungen nicht länger als 70 Tage pro Jahr benützen (§ 1 Abs. 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003), haben keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988 und unterliegen daher nicht der unbeschränkten sondern der beschränkten Steuerpflicht. Die Bank ist im Zusammenhang mit der Kapitalertragsteuer-Erhebung nicht verpflichtet, das Vorliegen der Verordnungsvoraussetzungen (Vorlage des gemäß § 1 Abs. 2 Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003 zu führende Verzeichnis über die Tage der inländischen Wohnungsbenützung) zu prüfen, wenn vom Anleger eine entsprechende Erklärung abgegeben wird. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung liegt beim Anleger. Ergeben sich jedoch auf Grund der nach dem BWG durchzuführenden Prüfungen oder aus sonstigen Gründen Zweifel daran, sind diese Erkenntnisse auch für steuerliche Zwecke zu verwerten. Bis zur endgültigen Klärung des Sachverhalts ist jedenfalls ein KESt-Abzug vorzunehmen.

2.5.5.4. Nachweis der beschränkten Steuerpflicht

2.5.5.4.1. Nachweis allgemein

Unterliegen Kapitalerträge ausländischer Anleger nicht der beschränkten Steuerpflicht, so kann unter bestimmten Voraussetzungen von der Vornahme eines Steuerabzugs abgesehen werden. Der Steuerabzug darf nur dann unterbleiben, wenn der Anleger dem Kreditinstitut (auszahlende Stelle) seine Ausländereigenschaft nachweist bzw. glaubhaft macht. Es ist der Umstand nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass der Anleger im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dazu ist es erforderlich, dass der Anleger einen amtlichen Lichtbildausweis iSd § 40 BWG vorlegt, aus dem seine Identität zweifelsfrei hervorgeht. Das Kreditinstitut (der Emittent) muss den Namen des Anlegers, die ausstellende Behörde und die amtliche Nummer des Lichtbildausweises in geeigneter Form festhalten und diese Angaben nach den Regelungen des BWG überprüfen. Überdies muss der Anleger - gleichgültig, ob er ausländischer oder österreichischer Staatsbürger ist - seine Adresse angeben; auch diese ist in geeigneter Form festzuhalten.

2.5.5.4.2. Nachweis der beschränkten Steuerpflicht für österreichische Staatsbürger oder Staatsbürger der Nachbarstaaten Österreichs im Besonderen

Anleger, die österreichische Staatsbürger oder Staatsbürger der Nachbarstaaten Österreichs sind, müssen zusätzlich schriftlich erklären, dass sie in Österreich keinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Sinne des § 26 BAO haben. An die Stelle dieser Erklärung kann auch eine Erklärung des Anlegers treten, dass dieser ausschließlich über eine oder mehrere inländische Wohnungen verfügt, die gemäß § 1 der Zweitwohnsitzverordnung, BGBl. II Nr. 528/2003, keinen Wohnsitz im Sinne des § 1 EStG 1988 begründen. Darüber hinaus darf vom Steuerabzug nur abgesehen werden, wenn sich das betreffende Forderungswertpapier auf dem Depot einer inländischen Bank befindet.

Die Erklärung ist bei Änderung von einer ausländischen auf eine inländische Zustelladresse erneut vom Anleger abzuverlangen.

2.5.5.5. Betriebsvermögen

Ist das betreffende Kapitalvermögen dem Betriebsvermögen des Anlegers zuzurechnen, ist folgendermaßen vorzugehen:

Gehört das Kapitalvermögen zu einem ausländischen Betriebsvermögen, sind die Kapitalerträge aus innerstaatlicher Sicht solche im Sinne des § 27 EStG 1988. Eine Freistellung vom Steuerabzug ergibt sich aus § 98 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 (siehe oben). Ist das Kapitalvermögen Teil eines inländischen Betriebsvermögens, unterliegen die Kapitalerträge der beschränkten Steuerpflicht nach § 98 Abs. 1 Z 3 EStG 1988. Eine Freistellung vom Steuerabzug kann aber durch Abgabe einer Befreiungserklärung im Sinne des § 94 Z 5 EStG 1988 erreicht werden. Bei erbrachtem Nachweis der Ausländereigenschaft wirkt die Freistellung vom Steuerabzug auch ohne Abgabe einer Befreiungserklärung. Beim Nachweis der Ausländereigenschaft ist Abschnitt 2.5.5.4. sinngemäß anzuwenden.

2.5.5.6. Zurechnung zu ausländischen Körperschaften

2.5.5.6.1. Zurechnung zu ausländischen Körperschaften allgemein

Für ausländische Körperschaften sind zusätzlich auf Grund einer Identitätsprüfung iSd § 40 BWG schriftlich festzuhalten:

Die kuponauszahlende Stelle hat mit der ihr zumutbaren Sorgfalt die gemachten Angaben zu überprüfen. Zumutbar sind immer die im BWG enthaltenen Sorgfaltspflichten, die Ergebnisse von Prüfungen auf Grund des BWG sind daher stets auch für Zwecke des KESt-Abzuges zu verwenden.

Ergeben sich Anhaltspunkte, dass nicht die Körperschaft, sondern eine dahinter stehende dritte Person Zurechnungsempfänger der Kapitalerträge ist (insbesondere bei einer als transparent anzusehenden ausländischen Stiftung), darf ein Kapitalertragsteuerabzug nur dann unterbleiben, wenn die dahinter stehende Person identifiziert wird und die Voraussetzungen für das Unterbleiben des Steuerabzuges bei dieser Person vorliegen.

Gemäß § 38 Abs. 3 BWG befreit das Bankgeheimnis ein Kreditinstitut nicht, sämtliche für den KESt-Abzug relevanten Unterlagen bei einer KESt-Nachschau den prüfenden Organen der Finanzverwaltung vorzulegen. Durch das Bankgeheimnis entsteht für Zwecke der KESt-Befreiung vielmehr eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Kreditinstitutes, die zu dieser Vorlageverpflichtung führt. Das Bankgeheimnis steht jedoch einer weiteren Verwertung von daraus gewonnenen Erkenntnissen in anderen Verfahren entgegen, es sei denn, es liegt eine der Ausnahmen des § 38 Abs. 2 BWG vor.

2.5.5.6.2. Zurechnung zu ausländischen Stiftungen (Anstalten und Trusts)

Bei ausländischen Stiftungen (Anstalten oder Trusts) darf ein KESt-Abzug nur unterbleiben, wenn diese als intransparent anzusehen sind (vgl. dazu insbesondere StiftR 2009 Rz 21). Damit die kuponauszahlende Stelle feststellen kann, ob die ausländische Stiftung (Anstalt oder Trust) steuerlich als intransparent zu behandeln ist, gilt (nur) für Zwecke des KESt-Abzuges Folgendes: Der Stiftungsvorstand (bzw. das zur Vertretung befugte äquivalente Verwaltungsorgan) hat gegenüber der kuponauszahlenden Stelle eine schriftliche (Anleger-)Erklärung abzugeben. Aus dieser muss zweifelsfrei hervorgehen, dass der Stiftungsvorstand (bzw. das zur Vertretung befugte äquivalente Verwaltungsorgan) die ausschließliche Dispositionsbefugnis über das gesamte Vermögen der Stiftung (Anstalt oder Trust) hat und diese unbeeinflusst von Weisungen Dritter ausübt. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung liegt beim Anleger; ergeben sich jedoch für die kuponauszahlende Stelle insbesondere auf Grund der nach dem BWG durchzuführenden Prüfungen berechtigte Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, ist ein KESt-Abzug solange vorzunehmen, solange die Voraussetzungen für das Unterbleiben des KESt-Abzuges nicht einwandfrei vorliegen.

Werden Sparkonten (Sparbücher), andere Konten und Depots nach dem 31.12.2009 eröffnet, muss die schriftliche (Anleger-)Erklärung bereits bei Eröffnung abgegeben werden.

Für zum 31.12.2009 schon bestehende Sparkonten (Sparbücher), andere Konten und Depots muss die schriftliche (Anleger-)Erklärung bis längstens 30.6.2010 abgegeben werden. Unterbleibt dies, hat ein KESt-Abzug zu erfolgen.

2.5.5.7. Einsichtnahme in die Aufzeichnungen der Kreditinstitute

Die Abgabenbehörden können die unter Abschnitt 2.5.5.1. bis 2.5.5.6. angeführten Aufzeichnungen dann einsehen, wenn ein Finanzstrafverfahren wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten, eingeleitet worden ist (§ 38 Abs. 2 BWG). Überdies können die Abgabenbehörden jederzeit prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Unterbleiben des Steuerabzugs dem Grunde nach gegeben sind (§ 38 Abs. 3 BWG). Das Kreditinstitut hat den Abgabenbehörden die Überprüfung zu ermöglichen, ob für die einzelnen Einlagen- und Depotkonten überhaupt Aufzeichnungen geführt werden. Es steht den Kreditinstituten frei, Vorkehrungen zu treffen, dass bei der Überprüfung der festgehaltenen Aufzeichnungen eine Zuordnung zu den einzelnen Einlagen- und Depotkonten für die Abgabenbehörden nicht möglich ist (insb. durch jeweiliges Abdecken bestimmter Teile der Aufzeichnungen). Sollte es der Abgabenbehörde durch diese Vorkehrungen jedoch nicht möglich sein, zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für ein Unterbleiben des Steuerabzugs dem Grunde nach gegeben sind, entfällt die Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug. Soweit dadurch der Abgabenbehörde abgabenrechtlich relevante Umstände, die über Zwecke der Kapitalertragsteuerüberprüfung hinausgehen, bekannt werden, dürfen diese für ein anderes Abgabenverfahren weder weitergegeben noch verwendet werden. Es dürfen auch keine Abschriften oder Kopien der Unterlagen von Kreditinstituten angefertigt werden.

Anmerkungen:
In EStR 2000 eingearbeitet.

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 27a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 94 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 95 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 96 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 97 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988

Schlagworte:

KESt-Erlass, KESt-neu-Erlass, Kapitalvermögen

Verweise:

EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000

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