Im Rahmen der Entschuldungsmaßnahmen für Griechenland wurden im März 2012 bestehende griechische Staatsanleihen gegen neue Wertpapiere eingetauscht. Dieser Tausch gründet sich auf nationales griechisches Recht, das auch für österreichische Erwerber Anwendung findet. Dieses Rechtsgeschäft erfolgt zwangsweise und daher auch dann, wenn der Anleger nicht den Willen zum Umtausch hat. Wirtschaftlich betrachtet liegt eine Neuregelung der Fälligkeit verbunden mit einem teilweisen Erlass der der Anleihe zugrundeliegenden Forderung vor. Dies führt zu folgenden ertragsteuerlichen Konsequenzen:
Nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen stellt ein Tausch eine steuerpflichtige Realisierung dar (§ 6 Z 14 EStG 1988). Dieser allgemeine Grundsatz wird allerdings an mehreren Stellen durchbrochen. So stellen etwa umgründungsbedingte Tauschvorgänge im Anwendungsbereich des UmgrStG keine steuerpflichtige Realisation dar. Ebenso wenig stellen Tausch- und andere Realisierungsvorgänge im Zusammenhang mit Grundstücken, aufgrund eines hoheitlichen Eingriffs oder zur Vermeidung eines drohenden hoheitlichen Eingriffs steuerpflichtige Vorgänge dar.
Der Zwangsumtausch griechischer Staatsanleihen erfolgt in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ebenso aufgrund eines hoheitlichen Eingriffs; dabei handelt es sich um eine teilweise Enteignung der Anleihegläubiger. Daher erscheint es gerechtfertigt, die genannten Grundsätze bei Grundstücksrealisationsvorgängen aufgrund hoheitlicher Eingriffe auch auf den vorliegenden Fall des Zwangsumtauschs anzuwenden.
Daraus folgt, dass der Zwangsumtausch griechischer Staatsanleihen gegen andere Wertpapiere vor dem 1.4.2012 keine Realisierung (Spekulationsgeschäft) iSd § 30 EStG 1988 idF vor dem BBG 2011 darstellt. Dabei handelt es sich weder um eine Veräußerung der alten Anleihen, noch um eine Anschaffung jeder Wertpapiere, die den Gläubigern als Ersatz zugewiesen wurden. In analoger Anwendung der Bestimmungen der Kapitalmaßnahmenverordnung, BGBl. II Nr. 322/2011 (§ 2 Abs. 2 und § 3), die grundsätzlich nur für Kapitalvermögen zur Anwendung kommt, das dem KESt-neu Besteuerungsregime unterliegt, sind auch für die erhaltenen Wertpapiere der Anschaffungszeitpunkt und die Anschaffungskosten der hingegebenen Anleihen relevant.
Staatsanleihen, für die der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag gemäß § 10 EStG 1988 geltend gemacht wurde, gelten durch den Zwangsumtausch nicht als aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden (§ 10 Abs. 5 EStG 1988); es kommt daher im Jahr des Zwangsumtauschs zu keiner Nachversteuerung. Für Zwecke einer allfälligen späteren Nachversteuerung oder Ersatzanschaffung gemäß § 10 Abs. 5 Z 2 oder 3 EStG 1988 ist der für die hingegebenen Staatsanleihen geltend gemachte investitionsbedingte Gewinnfreibetrag auf die erhaltenen Wertpapiere im Verhältnis ihrer Nennbeträge aufzuteilen.
Bei Staatsanleihen, die für Zwecke der Deckung von Pensionsrückstellungen gemäß § 14 Abs. 7 EStG 1988 angeschafft wurden, ist hinsichtlich der Deckungshöhe auf den geringeren Nennbetrag der im Zuge des Zwangsumtauschs erhaltenen Wertpapiere abzustellen.
Bundesministerium für Finanzen, 22. Mai 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | § 6 Z 14 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | griechische Staatsanleihen, Zwangsumtausch |