EAS 3282
Der Begriff der Bauausführung wird in einem sehr weiten Sinn verstanden und umfasst nicht nur die physische Bauführung, sondern auch die damit im Zusammenhang stehende Bauüberwachung. Unter EAS 2867 wurden als Mitwirkung an der Bauausführung auch Aufträge angesehen, deren Inhalt bloß darauf ausgerichtet war, Mehrkostenforderungen und Nachträge aus zusätzlichen oder geänderten Leistungen zu ermitteln und zu bewerten sowie Vorschläge für Nachbelastungen bei gestörten Bauabläufen zu erstellen. Unter EAS 3155 wurden allerdings auch gewisse Grenzen aufgezeichnet, wonach die Mitwirkung zumindest eine Einflussnahme auf die Bauausführung erfordert; der bloße Zusammenhang einer Leistung mit der Bauausführung alleine genügt noch nicht.
Wird eine österreichische Kapitalgesellschaft von einem deutschen Unternehmen beauftragt, im Zuge eines mehrjährigen Kraftwerksbaues in Finnland zunächst für 12 Monate das kaufmännische Projekt-Controlling (Erfassung der Abrechnungen der einzelnen Mitarbeiter des Auftraggebers bzw. der von diesem beauftragen Subunternehmer, Erstellung von Plan-Ist-Vergleichen und Anfertigung von Abrechnungsunterlagen für den Bauherrn) vor Ort in Finnland zu übernehmen, so könnte dies noch als Mitwirkung an der Bauausführung angesehen werden, weil vermutlich Erkenntnissen aus diesen Prüfungen gewisse fördernde und gestaltende Auswirkungen auf den Baufortgang nicht abzusprechen sind.
Für den angefragten Sachverhalt dürfte diese Frage aber kaum relevant sein, weil dem mit der Prüfungsarbeit betrauten Mitarbeiter der österreichischen Kapitalgesellschaft Arbeitsräumlichkeiten in Finnland zur Verfügung gestellt werden. Sollte daher auf finnischer Seite keine Mitwirkung an der Bauausführung als gegeben angenommen werden, dann würde für die österreichische Kapitalgesellschaft bereits nach 6-monatiger Nutzung dieser Arbeitsräume eine finnische Betriebstätte entstehen, und zwar rückwirkend ab Beginn der Betriebstättennutzung. Würde hingegen Finnland das Vorliegen einer Mitwirkung an der Bauausführung bejahen, dann dürfte Finnland nur dann besteuern, wenn die Bauführungsfrist von 12 Monaten überschritten wird (ebenfalls rückwirkend ab dem ersten Mitwirkungstag).
Für die Besteuerung auf österreichischer Seite sind diese Fragen nur von marginaler Bedeutung, da im DBA-Finnland das Anrechnungsverfahren für die Vermeidung der Doppelbesteuerung vorgesehen ist. Sollte Finnland keine Baubetriebstätte, sondern eine örtliche Betriebstätte in den zur Verfügung gestellten Arbeitsräumen annehmen, dann wäre die finnische Steuer unter den gegebenen Umständen jedenfalls selbst dann in Österreich anrechenbar, wenn die Prüfungstätigkeit nicht 12 Monate überschreitet.
Bundesministerium für Finanzen, 20. April 2012
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 5 DBA FIN (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Finnland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 42/2001 |
Schlagworte: | Baubetriebstätte, Mitwirkung an einer Bauausführung, kommerzielle Bauüberwachung, Projekt-Controlling |
Verweise: |