EAS 3248
Fließt einem nach Österreich zugezogenen Geschäftsführer einer deutschen GmbH aus Anlass der Lösung des Dienstverhältnisses eine Abfindung seiner Pensionsansprüche gegenüber der Gesellschaft zu, dann unterliegt diese gemäß Art. 18 DBA-Deutschland der österreichischen Besteuerung. Denn Ruhegehälter werden von Artikel 18 nicht nur dann erfasst, wenn sie laufend zur Auszahlung gelangen; vielmehr unterliegt auch eine Einmalzahlung (Abfindungszahlung) der Zuteilungsregel des Art. 18 (EAS 860 und Z 5 OECD-Kommentar zu Art. 18 OECD-MA).
Da die zitierte Bestimmung des OECD-Kommentars nicht darnach unterscheidet, ob der Empfänger der Abfindung bereits die Altersgrenze für eine laufende Pensionszahlung erreicht hat oder nicht, wurde nach der österreichischen Verwaltungspraxis auch eine Pensionsabfindung vor Erreichung des Pensionsantrittsalters der DBA-Zuteilungsregel für Pensionen unterstellt (EAS 1320, EAS 1448, EAS 1767, EAS 2173, EAS 2715, EAS 3123).
Im Rahmen jüngster OECD-Arbeiten hat sich indessen gezeigt, dass viele Staaten die Zuteilungsregel des Art. 18 OECD-MA nur dann auf Pensionsabfindungen anwenden, wenn das Pensionsalter erreicht ist. Bei einer derart restriktiven Auslegung von Art. 18 stellt sich aber die Frage, ob diesfalls das Besteuerungsrecht nach Art. 15 OECD-MA dem Kausalitätsprinzip folgend jenen Staaten zusteht, in denen die zum Anwachsen der Pensionsansprüche führende Arbeit ausgeübt wurde oder ob das Besteuerungsrecht dennoch dem Ansässigkeitsstaat zusteht, weil die Abfindung zwar zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehört, aber nicht mehr als Entgelt für die im Tätigkeitsstaat ausgeübte Arbeit gezahlt wird (Rechtsprechungstendenz des BFH, siehe zB Urteil vom 02.09.2009, I R 111/08). Es gibt auch Länder, die auf vorzeitige Pensionsabfindungen Artikel 15 überhaupt nicht als anwendbar ansehen und das Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates auf Artikel 21 OECD-MA gründen. Im Verhältnis zu Deutschland tritt die weitere Besonderheit hinzu, dass bei Nichtanwendung von Art. 18 ein Rückfall nicht nur in Art. 15, sondern auch in Art. 16 Abs. 2 des Abkommens stattfinden könnte.
Unter diesen Gegebenheiten werden Pensionsabfindungen an in Österreich ansässige Geschäftsführer ausländischer Gesellschaften bis zur internationalen Klärung auf OECD-Ebene weiterhin nach der bisherigen Verwaltungspraxis der österreichischen Besteuerung zu unterziehen sein. Im Hinblick auf die zu Tage getretenen internationalen Auffassungsunterschiede müssen aber abweichende Auslegungsergebnisse in internationalen Verständigungsverfahren vorbehalten werden.
Die vorliegende EAS befasst sich im Übrigen nur mit der steuerlichen Vorgangsweise bei inbound-Pensionsabfindungen, nicht aber mit der Frage, wie in reziproken Fällen vorzugehen ist, wenn österreichische Pensionsabfindungen an im Ausland ansässig gewordene Geschäftsführer gezahlt werden.
Bundesministerium für Finanzen, 13. Oktober 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer |
betroffene Normen: | Art. 18 DBA D (E, V), Doppelbesteuerungsabkommen Bundesrepublik Deutschland (Einkommen- u. Vermögenssteuern), BGBl. III Nr. 182/2002 |
Schlagworte: | Pensionsabfindungen, Pensionsantrittsalter |
Verweise: | BFH 02.09.2009, I R 111/08 |