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16.2.4 Krankenanstalten

BMFBMF-010203/0252-VI/6/201314.12.2011

Rz 5227
Der Betrieb von Krankenanstalten oder Kliniken durch einen Arzt ist dann als freiberufliche Tätigkeit anzusehen, wenn es sich hiebei um ein notwendiges Hilfsmittel für die ärztliche Tätigkeit handelt. Dies ist anzunehmen, wenn der vom Arzt erstrebte Heil- oder Forschungszweck die Unterbringung in einer derartigen Anstalt erforderlich macht.

Rz 5228
Krankenanstalten bedürfen zur Ausübung ihrer Tätigkeit einer Bewilligung der zuständigen Landesregierung. Die Abgrenzung zwischen freiberuflich ärztlicher Tätigkeit und gewerblicher Krankenanstalt richtet sich nach dem Auftreten im Außenverhältnis, der Einrichtung der Praxis und insbesonders danach, ob der Arzt bzw. die Ärzte eigenverantwortlich, leitend und persönlich tätig werden (eingeschränkte Vervielfältigungstheorie).

Rz 5229
Gewerbliche Einkünfte liegen vor, wenn neben dem Heil- bzw. Forschungszweck aus der Beherbergung und Verpflegung der Kranken ein besonderer Gewinn angestrebt wird, der Betrieb der Klinik also eine besondere Einnahmsquelle neben dem ärztlichen Beruf bildet. Dies ist im allgemeinen dann nicht anzunehmen, wenn die Einnahmen aus dem Anstaltsbetrieb nur die Kosten der Anstalt (einschließlich Absetzung für Abnutzung) decken oder, falls die ärztliche Behandlung im Verpflegssatz inbegriffen ist, wenn die erzielten Überschüsse das Maß der üblichen Vergütung für geleistete ärztliche Dienste nicht übersteigen.

Rz 5230
Kurheime, Erholungsheime und dgl. gelten im allgemeinen als Gewerbebetrieb. Tritt ein Sanatorium bzw. Kurheim mit gewerblichen Fremdenverkehrsunternehmen in Wettbewerb, sind die Einkünfte daraus gewerblich; dies ist der Fall, wenn die Anstalt nicht bloß eine Ergänzung zur ärztlichen Tätigkeit darstellt, sondern neben Patienten auch andere Gäste gegen Entgelt beherbergt werden (VwGH 6.5.1980, 0442/79).

Rz 5231
Kliniken, die als Belegspitäler im Wesentlichen nur die Infrastruktur und Pflegeleistungen zur Verfügung stellen, sind gewerblich, da der Schwerpunkt der ärztlichen Leistungen von einem nicht betriebszugehörigen Arzt erbracht wird.

16.2.5 Wissenschaft

Rz 5232
Eine Tätigkeit ist nicht schon dann wissenschaftlich, wenn sie auf Erkenntnissen der Wissenschaft aufbaut, diese verwertet und sich wissenschaftlicher Methoden bedient, sondern erst, wenn sie ausschließlich oder nahezu ausschließlich der Forschung, somit dem Erringen neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, oder/und der Lehre, somit der Vermittlung einer Wissenschaft an andere (Lernende) zum Zwecke der Erweiterung ihres Wissensstandes dient. Bei Auswertung einer wissenschaftlichen Tätigkeit zu wirtschaftlichen Zwecken ist Voraussetzung, dass die Gewinnung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und nicht deren wirtschaftliche Verwertung den Schwerpunkt der betreffenden Tätigkeit darstellt. Die aus der Tätigkeit erzielten Einnahmen müssen vorrangig als Entgelt für den wissenschaftlichen Gehalt anzusehen sein (zB VwGH 28.10.1997, 93/14/0146).

Rz 5233
Angewandte Wissenschaft wird erst dann zu einer wissenschaftlichen Tätigkeit, wenn grundsätzlich Fragen oder konkrete Vorgänge methodisch nach streng objektiven und sachlichen Gesichtspunkten in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden, wozu auch gehört, dass die Tätigkeit von der Methodik her nachprüfbar und nachvollziehbar ist (VwGH 4.10.1983, 82/14/0304).

Rz 5234
Es ist für die Wissenschaft charakteristisch, dass sie sich die Vermehrung des menschlichen Wissens im Interesse der Allgemeinheit zum Ziel setzt; daher sind nicht wissenschaftlich tätig Personalberater, Betriebspsychologen oder Grafologen (VwGH 6.4.1988, 87/13/0210; VwGH 4.10.1983, 82/14/0304; VwGH 12.4.1983, 82/14/0215).

Rz 5235
Planmäßige mit wissenschaftlicher Methode ausgeübte Erfindertätigkeit, insbesondere von technischen Neuerungen, ist idR eine wissenschaftliche Tätigkeit. Erfindungen, die nicht im Rahmen einer Erfindertätigkeit anfallen, wie insbesondere Zufallserfindungen oder Erfindungen, die als Nebenprodukt aus einer anderen Tätigkeit anfallen, können für sich nicht Einkünfte aus selbständiger Arbeit begründen (VwGH 25.11.1980, 2737/79§ 29 Z 3 EStG 1988; die Verwertung patentrechtlich geschützter Zufallserfindungen durch Dritte gegen laufende Vergütung (Lizenzen) stellen Einkünfte aus der Überlassung von Schutzrechten gemäß § 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988 dar. Zur Veräußerung einer privaten Zufallserfindung siehe Rz 6416. Die Zufallserfindung wird dann dem betrieblichen Bereich zuzuordnen sein, wenn der Erfinder noch weitere umfangreiche und planmäßige Maßnahmen zur Auswertung seiner Erfindung treffen muss, sodass nicht mehr von einer gelegentlichen Tätigkeit gesprochen werden kann (VwGH 28.10.2010, 2007/15/0191).

Rz 5236
Bei der eigenbetrieblichen Verwertung bzw. der Verwertung durch Vergabe von Lizenzen ist wie in den folgenden Beispielen dargestellt zu unterscheiden:

Beispiel 1:

Zahnärztin benützt von ihr erfundenen Bohrer selbst: Schlägt sich in den Einkünften nicht gesondert nieder.

Beispiel 2:

Zahnärztin vergibt Lizenz, zufolge der auch Dritte den erfundenen Bohrer benützen dürfen: Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Beispiel 3:

Zahnärztin produziert selbst Bohrer und vertreibt ihn: Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Beispiel 4:

Zahnärztin erfindet Rasenmäher (kein Zusammenhang mit den betrieblichen Einkünften) und vergibt Lizenz: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 28 Abs. 1 Z 3 EStG 1988).

Beispiel 5:

Assistent der Zahnärztin erfindet Bohrer, der von der Zahnärztin vermarktet wird: Beim Assistenten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Diensterfindung, LStR 2002 RZ 1094 ff).

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