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16.2.6 Künstler

BMF06 0104/9-IV/6/0022.3.2005

Rz 5237
Als Künstler kann nur derjenige angesehen werden, der eine persönliche eigenschöpferische Tätigkeit in einem umfassenden (anerkannten) Kunstfach auf Grund künstlerischer Begabung entfaltet (vgl. VwGH 20.11.1989, 88/14/0211; VwGH 30.6.1994, 94/15/0090). Seine Tätigkeit darf sich nicht darauf beschränken, Erlernbares oder Erlerntes wiederzugeben (VwGH 25.3.1960, 1313/57). Das Vorliegen einer künstlerischen Begabung ist idR bei einer abgeschlossenen künstlerischen Hochschulbildung anzunehmen (zB Akademie der bildenden Künste, Hochschule für Musik und darstellende Kunst), daraus folgt aber nicht, dass der künstlerische Wert einer Tätigkeit nicht nachgeprüft werden muss (VwGH 20.2.1996, 92/14/0084). Fehlt eine Hochschulbildung oder sonstige vollwertige künstlerische Ausbildung, muss die Finanzbehörde die Künstlereigenschaft auf Grund der von ihm entfalteten Tätigkeit prüfen. Die Merkmale sind von der Behörde unter Berücksichtigung eines repräsentativen Querschnittes der Arbeiten, die die steuerlich relevante Tätigkeit bilden, zu beurteilen (VwGH 25.1.1994, 90/14/0092; VwGH 15.1.1997, 94/13/0002).

Rz 5238
Neben der Künstlereigenschaft ist die Art der Tätigkeit für die Zuordnung zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit maßgebend (VwGH 24.2.1970, 0528/69). Denn nicht jede beruflich entfaltete Tätigkeit einer Person, deren Künstlereigenschaft außer Zweifel steht, ist künstlerisch (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043; VwGH 20.2.1996, 92/13/0084). Maßgebend für die Beurteilung einer in der Herstellung eines Gegenstandes bestehenden Tätigkeit ist ausschließlich die Art und Weise seiner Gestaltung. Erfolgt sie nach für ein umfassendes Kunstfach (zB Malerei, Bildhauerei, Architektur) charakteristischen Gestaltungsprinzipien oder ist sie auf dieselbe Stufe zu stellen wie diese, weil die Tätigkeit eine vergleichbar weit reichende künstlerische Ausbildung und Begabung erfordert, dann ist diese Tätigkeit als künstlerisch anzusehen (VwGH 21.1.1986, 84/14/0017; VwGH 5.7.1994, 94/14/0032).

Rz 5239
Tätigkeiten sind nur dann als künstlerisch iSd abgabenrechtlichen Vorschriften anzunehmen, wenn sie einen gewissen Qualitätsstandard nicht unterschreiten (VwGH 23.10.1984, 84/14/0083). Darbietungen primitivster Art sind ungeachtet ihres kommerziellen Erfolges nicht künstlerisch (VwGH 23.10.1984, 84/14/0083, betr. Kinderstimmenimitator).

Großes Können und eine persönliche Note machen aus einer handwerklichen noch keine künstlerische Tätigkeit1) (VwGH 21.7.1993, 91/13/0231).

1) Redaktionelle Anmerkung: Im Rahmen einer Korrektur am 20. Oktober 2014 wurde "Täigkeit" auf "Tätigkeit" richtiggestellt.

Rz 5240
Der Umstand, dass der in einem Werk dargestellte Gegenstand ein althergebrachtes Volksmotiv ist, ist für die Frage des Vorliegens eines Kunstwerkes ohne Bedeutung, weil es keine Motive gibt, die von vornherein ungeeignet wären, als Vorlage oder Ausgangspunkt für ein Kunstwerk zu dienen: Dies gilt auch für die Anzahl von Repliken, die ein Künstler von einem seiner selbstgeschaffenen Kunstwerke anfertigt, weil dadurch nichts an der für das Kunstwerk aufgewendeten eigenschöpferischen Leistung geändert wird (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043).

Rz 5241
Die Eignung eines Gegenstandes zum praktischen Gebrauch oder zu wirtschaftlichen Zwecken schließt nicht aus, dass die in der Herstellung dieses Gegenstandes bestehende Tätigkeit künstlerisch ist (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043; VwGH 7.9.1990, 90/14/0075; VwGH 15.9.1993, 91/13/0237; VwGH 27.9.1995, 92/15/0086).

Rz 5242
Die Abgrenzung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit ist in erster Linie anhand jener Kriterien zu treffen, die Schrifttum und Rechtsprechung zum Steuerrecht entwickelt haben. Lexika und ähnlichen Nachschlagewerken ist zwar die Eignung, zum Verständnis des Kunstbegriffes beizutragen, nicht abzusprechen, sie haben aber nicht die durch das Steuerrecht vorgegebene Abgrenzung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit zum Ziel (VwGH 18.9.1991, 91/13/0054).

Rz 5243
Auch die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes können nicht zur Auslegung des Begriffs der künstlerischen Tätigkeit herangezogen werden (VwGH 21.7.1993, 91/13/0231). Ebenso kann das Führen eines Künstlernamens nicht als Beweis künstlerischer Tätigkeit angesehen werden, weil das Urheberrechtsgesetz, das Decknamen und Künstlerzeichen kennt (§ 12 Urheberrechtsgesetz) auch Werke des Kunstgewerbes und deren Urheber schützt (VwGH 2.12.1966, 1516/65). Der künstlerische Ruf und die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben sind für die Frage der Einkunftsart ohne Bedeutung (VwGH 27.9.1995, 92/15/0086). Die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung ist ebenfalls nicht maßgeblich (VwGH 29.11.1988, 88/14/0201), sie hat allenfalls Indizwirkung.

Rz 5244
Die Zugehörigkeit zum Bund der österreichischen Gebrauchsgrafiker oder zur Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs sagt über die Künstlereigenschaft des Mitglieds dieser Vereinigungen nichts aus, weil diesen Vereinigungen nicht nur Künstler, sondern auch Kunsthandwerker angehören (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043; VwGH 21.1.1986, 84/14/0017; VwGH 18.9.1991, 91/13/0054). Die Ergänzung eines durch den Künstler unvollendet gebliebenen Werkes durch einen anderen Künstler kann ebenso ein eigenschöpferisches Kunstwerk sein wie die Wiederherstellung eines weitgehend zerstörten Kunstwerkes durch einen Restaurator, dessen Arbeit eine Neuschöpfung (wenn auch im Geiste der verloren gegangenen Werke) darstellt. Dabei ist es gleich, ob es sich um ein Werk der Musik oder der Architektur handelt (VwGH 14.1.1992, 91/14/0204; VwGH 22.3.1995, 92/13/0005).

Rz 5245
Bei der Tätigkeit eines Grafikers muss stets zwischen künstlerischer Grafik und gewerblicher Grafik unterschieden werden. Arbeiten, die sich als Fotomontagen, einfache Ornamentik, Schriftenmalerei oder ähnliches darstellen, und somit das Niveau einer erlernbaren Technik nicht überschreiten, sind dem Kunstgewerbe zuzurechnen (VwGH 31. 5. 1963, 1967/62, VwGH 5.6.1964, 0756/63; VwGH 23.9.1982, 82/15/0041; VwGH 27.9.1995, 92/15/0086).

Rz 5246
Der Umstand, dass es sich bei Gebrauchsgrafiken um eigentümliche geistige Schöpfungen des Grafikers handelt, genügt allein nicht, um eine Tätigkeit zur künstlerischen zu machen, da auch der Kunsthandwerker, ja jeder qualifizierte Handwerker, der in seinem Gewerbe neue Wege geht, eigentümliche geistige Schöpfungen hervorbringt, ohne dass man ihn deshalb als Künstler bezeichnen kann (VwGH 26.11.1985, 83/14/0249; VwGH 23.10.1990, 90/14/0035; VwGH 25.1.1994, 90/14/0092). Sie kann aber bei entsprechender künstlerischer Qualität künstlerisch sein. Das gleiche gilt für die Schauraumgestaltung (VwGH 24.1.1964, 0460/63).

Rz 5247
Voraussetzung für das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit im Falle der Musik ist auch hier einerseits die Befähigung des Ausübenden und anderseits die Art der Tätigkeit. Hinsichtlich der Befähigung gilt auch hier die abgeschlossene künstlerische Hochschulausbildung als Nachweis der Künstlereigenschaft, sie ist jedoch nicht unbedingte Voraussetzung, wenn eine entsprechende Begabung vorliegt. Musikalische Tätigkeit ist nur dann als künstlerisch anzusehen, wenn sie einen bestimmten, durch das jeweilige Kunstverständnis vorgegebenen Qualitätsstandard nicht unterschreitet. Maßgeblich dafür ist die Qualität des musikalischen Vortrages und nicht die Art des Musikstückes (siehe VwGH 7.6.1983, 82/14/0323; VwGH 7.6.1983, 83/14/0018; VwGH 29.5.1990, 89/14/0022; VwGH 12.12.1995, 94/14/0060).

Rz 5248
Der kunstvolle Vortrag eines Musikstückes verliert auch dann nicht den Charakter einer künstlerischen Tätigkeit, wenn er um der Stimmung willen geboten wird (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022, verstärkter Senat). Das Spielen von Volksmusikinstrumenten, wie zB Gitarre, Akkordeon (VwGH 7.4.1961, 0616/60), Zither, Knopfgriffharmonika, Mandoline und Blockflöte (VwGH 23.9.1964, 1319/63), wird idR nicht zur Ausübung der Kunst gerechnet. Das Gleiche gilt für das Singen von volkstümlichen Liedern und Jodlern und die Zusammenstellung und Vorführung von Volkstänzen. Aber auch der Vortrag von Volksmusik ist Kunst, wenn er einen bestimmten Qualitätsstandard nicht unterschreitet (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022, verstärkter Senat).

Rz 5249
Wenn das dargebotene Musikstück nicht als Kunst anzusehen ist, spricht der Anschein für das Fehlen künstlerischen Charakters der Darbietung. In einem solchen Fall müssten besondere Umstände für den künstlerischen Charakter des Vortrages sprechen (VwGH 12.12.1995, 94/14/0060; VwGH 23.1.1996, 93/14/0083; VwGH 26.5.1998, 97/14/0038). Volksmusik wird demnach in vielen Fällen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Ein Gewerbebetrieb liegt jedenfalls aber dann vor, wenn Volksmusik durch publikumswirksame Effekte verfälscht wird (VwGH 23.1.1996, 93/14/0083, betr. Volksmusik auf Tiroler Abenden).

Rz 5250
Dem konkreten Zweck einer künstlerischen Tätigkeit kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Liegt eine künstlerische Tätigkeit vor, so behält sie diese Eigenschaft auch dann, wenn sie nicht des Kunstgenusses wegen ausgeübt wird. Der Einsatz künstlerischen Tätigwerdens für Zwecke der Werbung ist daher kein Grund, der Tätigkeit ihren künstlerischen Wert abzusprechen (VwGH 20.4.1995, 92/13/0082).

Rz 5251
Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Künstler im Rahmen von Veranstaltungen tätig wird, denen die für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Eigenschaften fehlen, bspw. Gesangseinlagen bei Modeschauen, politischen und anderen Werbeveranstaltungen. Ein Friedhofsänger, der auch als Sänger im Zusatzchor der Wiener Staatsoper tätig ist, übt eine künstlerische Tätigkeit aus. (VwGH 18.3.1987, 86/13/0009; VwGH 18.3.1987, 86/13/0135; VwGH 14.9.1988, 86/13/0101 verstärkter Senat). Der Komponist wird idR künstlerisch tätig. Aber auch der Arrangeur, dessen Aufgabe darin besteht, ein Tonstück für eine andere Besetzung, als sie der Komponist vorgeschrieben hat, zu bearbeiten, ist idR künstlerisch tätig. Das gilt auch für die Instrumentierung eines Musikwerkes, namentlich dann, wenn die Partitur nur in großen Umrissen skizziert ist, sodass die qualifizierte künstlerische Tätigkeit die rein mechanische Abschreibarbeit überwiegt (VwGH 15.2.1963, 0922/62).

Rz 5252
Die Tätigkeit eines Musikproduzenten ("Musikproducer", "Musikregisseur") - nämlich Erarbeiten der endgültigen Form einer Komposition gemeinsam mit dem Komponisten, Eingreifen in die Gestaltung der Texte, Besorgung des Musikarrangements und Übernahme jener Aufgaben im Rahmen der Tonaufnahme, welche beim klassischen Orchester dem Dirigenten obliegen - kann künstlerischen Charakter haben, wenn es sich bei den produzierten Musikwerken um Werke handelt, deren Schaffung als künstlerische Arbeit zu werten ist. Wird neben der künstlerischen Tätigkeit auch eine gewerbliche ausgeübt, ohne dass eine Trennung möglich ist, sind die Einkünfte aus einer solchen in sich geschlossenen einheitlichen Tätigkeit, je nach dem, ob die Merkmale des § 22 EStG 1988 oder jene des § 23 EStG 1988 überwiegen, entweder dem § 22 oder § 23 EStG 1988 zuzuordnen.

Rz 5253
Die Provisionen aus dem Verkauf von auf Tonträgern aufgenommenen Darbietungen sind ebenso zu behandeln wie die Einkünfte aus den Darbietungen selbst (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022; VwGH 7.6.1983, 83/14/0018; VwGH 7.6.1983, 82/14/0323).

Ein Kabarettist oder Schauspieler ist idR künstlerisch tätig.

Rz 5254
Keine künstlerischen Tätigkeiten üben zB aus bzw. stellen dar:

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