Großes Können und eine persönliche Note machen aus einer handwerklichen noch keine künstlerische Tätigkeit1) (VwGH 21.7.1993, 91/13/0231).
1) Redaktionelle Anmerkung: Im Rahmen einer Korrektur am 20. Oktober 2014 wurde "Täigkeit" auf "Tätigkeit" richtiggestellt.
Der Umstand, dass der in einem Werk dargestellte Gegenstand ein althergebrachtes Volksmotiv ist, ist für die Frage des Vorliegens eines Kunstwerkes ohne Bedeutung, weil es keine Motive gibt, die von vornherein ungeeignet wären, als Vorlage oder Ausgangspunkt für ein Kunstwerk zu dienen: Dies gilt auch für die Anzahl von Repliken, die ein Künstler von einem seiner selbstgeschaffenen Kunstwerke anfertigt, weil dadurch nichts an der für das Kunstwerk aufgewendeten eigenschöpferischen Leistung geändert wird (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043).Die Eignung eines Gegenstandes zum praktischen Gebrauch oder zu wirtschaftlichen Zwecken schließt nicht aus, dass die in der Herstellung dieses Gegenstandes bestehende Tätigkeit künstlerisch ist (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043; VwGH 7.9.1990, 90/14/0075; VwGH 15.9.1993, 91/13/0237; VwGH 27.9.1995, 92/15/0086).Die Abgrenzung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit ist in erster Linie anhand jener Kriterien zu treffen, die Schrifttum und Rechtsprechung zum Steuerrecht entwickelt haben. Lexika und ähnlichen Nachschlagewerken ist zwar die Eignung, zum Verständnis des Kunstbegriffes beizutragen, nicht abzusprechen, sie haben aber nicht die durch das Steuerrecht vorgegebene Abgrenzung zwischen künstlerischer und gewerblicher Tätigkeit zum Ziel (VwGH 18.9.1991, 91/13/0054).Auch die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes können nicht zur Auslegung des Begriffs der künstlerischen Tätigkeit herangezogen werden (VwGH 21.7.1993, 91/13/0231). Ebenso kann das Führen eines Künstlernamens nicht als Beweis künstlerischer Tätigkeit angesehen werden, weil das Urheberrechtsgesetz, das Decknamen und Künstlerzeichen kennt (§ 12 Urheberrechtsgesetz) auch Werke des Kunstgewerbes und deren Urheber schützt (VwGH 2.12.1966, 1516/65). Der künstlerische Ruf und die erfolgreiche Teilnahme an Wettbewerben sind für die Frage der Einkunftsart ohne Bedeutung (VwGH 27.9.1995, 92/15/0086). Die Anwendbarkeit der Gewerbeordnung ist ebenfalls nicht maßgeblich (VwGH 29.11.1988, 88/14/0201), sie hat allenfalls Indizwirkung.Die Zugehörigkeit zum Bund der österreichischen Gebrauchsgrafiker oder zur Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs sagt über die Künstlereigenschaft des Mitglieds dieser Vereinigungen nichts aus, weil diesen Vereinigungen nicht nur Künstler, sondern auch Kunsthandwerker angehören (VwGH 4.10.1983, 83/14/0043; VwGH 21.1.1986, 84/14/0017; VwGH 18.9.1991, 91/13/0054). Die Ergänzung eines durch den Künstler unvollendet gebliebenen Werkes durch einen anderen Künstler kann ebenso ein eigenschöpferisches Kunstwerk sein wie die Wiederherstellung eines weitgehend zerstörten Kunstwerkes durch einen Restaurator, dessen Arbeit eine Neuschöpfung (wenn auch im Geiste der verloren gegangenen Werke) darstellt. Dabei ist es gleich, ob es sich um ein Werk der Musik oder der Architektur handelt (VwGH 14.1.1992, 91/14/0204; VwGH 22.3.1995, 92/13/0005).Bei der Tätigkeit eines Grafikers muss stets zwischen künstlerischer Grafik und gewerblicher Grafik unterschieden werden. Arbeiten, die sich als Fotomontagen, einfache Ornamentik, Schriftenmalerei oder ähnliches darstellen, und somit das Niveau einer erlernbaren Technik nicht überschreiten, sind dem Kunstgewerbe zuzurechnen (VwGH 31. 5. 1963, 1967/62, VwGH 5.6.1964, 0756/63; VwGH 23.9.1982, 82/15/0041; VwGH 27.9.1995, 92/15/0086).Der Umstand, dass es sich bei Gebrauchsgrafiken um eigentümliche geistige Schöpfungen des Grafikers handelt, genügt allein nicht, um eine Tätigkeit zur künstlerischen zu machen, da auch der Kunsthandwerker, ja jeder qualifizierte Handwerker, der in seinem Gewerbe neue Wege geht, eigentümliche geistige Schöpfungen hervorbringt, ohne dass man ihn deshalb als Künstler bezeichnen kann (VwGH 26.11.1985, 83/14/0249; VwGH 23.10.1990, 90/14/0035; VwGH 25.1.1994, 90/14/0092). Sie kann aber bei entsprechender künstlerischer Qualität künstlerisch sein. Das gleiche gilt für die Schauraumgestaltung (VwGH 24.1.1964, 0460/63).Voraussetzung für das Vorliegen einer künstlerischen Tätigkeit im Falle der Musik ist auch hier einerseits die Befähigung des Ausübenden und anderseits die Art der Tätigkeit. Hinsichtlich der Befähigung gilt auch hier die abgeschlossene künstlerische Hochschulausbildung als Nachweis der Künstlereigenschaft, sie ist jedoch nicht unbedingte Voraussetzung, wenn eine entsprechende Begabung vorliegt. Musikalische Tätigkeit ist nur dann als künstlerisch anzusehen, wenn sie einen bestimmten, durch das jeweilige Kunstverständnis vorgegebenen Qualitätsstandard nicht unterschreitet. Maßgeblich dafür ist die Qualität des musikalischen Vortrages und nicht die Art des Musikstückes (siehe VwGH 7.6.1983, 82/14/0323; VwGH 7.6.1983, 83/14/0018; VwGH 29.5.1990, 89/14/0022; VwGH 12.12.1995, 94/14/0060).Der kunstvolle Vortrag eines Musikstückes verliert auch dann nicht den Charakter einer künstlerischen Tätigkeit, wenn er um der Stimmung willen geboten wird (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022, verstärkter Senat). Das Spielen von Volksmusikinstrumenten, wie zB Gitarre, Akkordeon (VwGH 7.4.1961, 0616/60), Zither, Knopfgriffharmonika, Mandoline und Blockflöte (VwGH 23.9.1964, 1319/63), wird idR nicht zur Ausübung der Kunst gerechnet. Das Gleiche gilt für das Singen von volkstümlichen Liedern und Jodlern und die Zusammenstellung und Vorführung von Volkstänzen. Aber auch der Vortrag von Volksmusik ist Kunst, wenn er einen bestimmten Qualitätsstandard nicht unterschreitet (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022, verstärkter Senat).Wenn das dargebotene Musikstück nicht als Kunst anzusehen ist, spricht der Anschein für das Fehlen künstlerischen Charakters der Darbietung. In einem solchen Fall müssten besondere Umstände für den künstlerischen Charakter des Vortrages sprechen (VwGH 12.12.1995, 94/14/0060; VwGH 23.1.1996, 93/14/0083; VwGH 26.5.1998, 97/14/0038). Volksmusik wird demnach in vielen Fällen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Ein Gewerbebetrieb liegt jedenfalls aber dann vor, wenn Volksmusik durch publikumswirksame Effekte verfälscht wird (VwGH 23.1.1996, 93/14/0083, betr. Volksmusik auf Tiroler Abenden).Dem konkreten Zweck einer künstlerischen Tätigkeit kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Liegt eine künstlerische Tätigkeit vor, so behält sie diese Eigenschaft auch dann, wenn sie nicht des Kunstgenusses wegen ausgeübt wird. Der Einsatz künstlerischen Tätigwerdens für Zwecke der Werbung ist daher kein Grund, der Tätigkeit ihren künstlerischen Wert abzusprechen (VwGH 20.4.1995, 92/13/0082).Eine freiberufliche Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn ein Künstler im Rahmen von Veranstaltungen tätig wird, denen die für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit erforderlichen Eigenschaften fehlen, bspw. Gesangseinlagen bei Modeschauen, politischen und anderen Werbeveranstaltungen. Ein Friedhofsänger, der auch als Sänger im Zusatzchor der Wiener Staatsoper tätig ist, übt eine künstlerische Tätigkeit aus. (VwGH 18.3.1987, 86/13/0009; VwGH 18.3.1987, 86/13/0135; VwGH 14.9.1988, 86/13/0101 verstärkter Senat). Der Komponist wird idR künstlerisch tätig. Aber auch der Arrangeur, dessen Aufgabe darin besteht, ein Tonstück für eine andere Besetzung, als sie der Komponist vorgeschrieben hat, zu bearbeiten, ist idR künstlerisch tätig. Das gilt auch für die Instrumentierung eines Musikwerkes, namentlich dann, wenn die Partitur nur in großen Umrissen skizziert ist, sodass die qualifizierte künstlerische Tätigkeit die rein mechanische Abschreibarbeit überwiegt (VwGH 15.2.1963, 0922/62).Die Tätigkeit eines Musikproduzenten ("Musikproducer", "Musikregisseur") - nämlich Erarbeiten der endgültigen Form einer Komposition gemeinsam mit dem Komponisten, Eingreifen in die Gestaltung der Texte, Besorgung des Musikarrangements und Übernahme jener Aufgaben im Rahmen der Tonaufnahme, welche beim klassischen Orchester dem Dirigenten obliegen - kann künstlerischen Charakter haben, wenn es sich bei den produzierten Musikwerken um Werke handelt, deren Schaffung als künstlerische Arbeit zu werten ist. Wird neben der künstlerischen Tätigkeit auch eine gewerbliche ausgeübt, ohne dass eine Trennung möglich ist, sind die Einkünfte aus einer solchen in sich geschlossenen einheitlichen Tätigkeit, je nach dem, ob die Merkmale des § 22 EStG 1988 oder jene des § 23 EStG 1988 überwiegen, entweder dem § 22 oder § 23 EStG 1988 zuzuordnen.Die Provisionen aus dem Verkauf von auf Tonträgern aufgenommenen Darbietungen sind ebenso zu behandeln wie die Einkünfte aus den Darbietungen selbst (VwGH 29.5.1990, 89/14/0022; VwGH 7.6.1983, 83/14/0018; VwGH 7.6.1983, 82/14/0323).Ein Kabarettist oder Schauspieler ist idR künstlerisch tätig.
Keine künstlerischen Tätigkeiten üben zB aus bzw. stellen dar:- Artist (VwGH 20.11.1989, 88/14/0211),
- Ausstellungsgestalter (VwGH 5.5.1970, 1894/68),
- Bauchredner (VwGH 20.11.1989, 88/14/0211),
- Dekorieren von Schaufenstern und Verkaufskojen (VwGH 26.3.1969, 1320/68),
- Drehbuchautor in der Werbung, sofern nicht insgesamt künstlerische Tätigkeit (VwGH 24.9.1986, 85/13/0132),
- Entwerfen von Geschenkpapier und Papierservietten (VwGH 31.10.1972, 0863/72); von Industrieerzeugnissen (industrial designing, VwGH 5.7.1994, 94/14/0032; VwGH 2.12.1966, 1516/65, Brillendesigner); von Textilmustern (VwGH 18.3.1975, 0119/73),
- Filmproduzent,
- Fotograf, in Ausnahmefällen künstlerisch,
- Garten-, Landschaftsarchitekt,
- Grafiker (Werbe-), der sich nicht überwiegend mit rein künstlerischen Arbeiten befasst (VwGH 13.7.1962, 0438/62; VwGH 27.9.1995, 92/15/0086); ebenso ein Grafiker, der Trickfilme herstellt (VwGH 3.3.1967, 1772/66),
- Entwurf und Herstellung von Geschenkpapier und Papierservietten (VwGH 31.10.1972, 0863/72),
- Herstellung von Goldschmuck (VwGH 7.10.1964, 2378/63), von Stofftieren als Spielzeug und Zimmerschmuck (VwGH 26.3.1965, 2127/64), von Teppichen (VwGH 5.4.1963, 0739/61), von Textildrucken, Textilmustern nach eigenen Entwürfen (VwGH 19.6.1964, 1155/62, VwGH 18.3.1975, 0119/73),
- Holzbildhauer, wenn der Anteil der nichtkünstlerischen Tätigkeit bei einheitlicher Betrachtung überwiegt (VwGH 20.11.1989, 89/14/0142),
- Humorist (VwGH 23.10.1984, 84/14/0083),
- Illusionist,
- Klavierstimmer,
- Konzertmanager (Impresario) Conferencier, Moderator (VwGH 30.6.1961, 2004/59),
- Kostümberater (VwGH 18.6.1962, 2407/59),
- Kunsthandwerker (VwGH 18.9.1991, 91/13/0054; VwGH 9.6.1961, 0162/61),
- künstlerischer Berater, Kunstkritiker (VwGH 7.3.1984, 82/13/0180),
- Leiter eines Theaterbetriebes (VwGH 13.5.1960, 1009/57),
- Magier (VwGH 12.12.1988, 87/15/0002),
- Möbeldesigner,
- Musikinstrumentenbau, weil handwerkliche Tätigkeit im Vordergrund steht,
- Notenkopist. Die Richtigstellung falsch gesetzter Vorzeichen oder dynamischer Zeichen bei Notenabschreibarbeiten, die Transponierung von Arrangements in andere Tonarten und die Erstellung von Stimmen für einzelne Instrumente erfordern zwar große Aufmerksamkeit und Genauigkeit sowie musikalisches Einfühlungsvermögen, sie setzen aber keine persönliche eigenschöpferische Befähigung voraus (VwGH 14.1.1964, 1241/62).
- Reliefkartenentwurfherstellung (VwGH 28.1.1976, 1318/74),
- Restauratoren, soweit sie nur Reinigungs- und Konservierungsarbeiten durchführen, es sei denn, das Kunstwerk ist so stark beschädigt, dass es wiederhergestellt bzw. ergänzt werden muss (VwGH 22.3.1995, 92/13/0005),
- Technische Zeichner, die Dokumentationszeichnungen und Schaubilder herstellen (VwGH 15.9.1993, 91/13/0237),
- Tonstudio, Tontechniker (VwGH 18.1.1989, 88/13/0169),
- Unterhaltungsdarbietungen, die keinem Kunstfach zugeordnet werden können, sind gewerblich (VwGH 13.11.1985, 84/13/0077; VwGH 30.6.1994, 94/15/0090),
- Varieté-, Zauberkünstler (VwGH 20.11.1989, 88/14/0211; VwGH 30.6.1994, 94/15/0090).