Zusatzinformationen | |
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Materie: | Organisation |
betroffene Normen: | AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975 |
Schlagworte: | Dienstvorschrift, Dienstanweisung, Ablauforganisation, Standards, Organisationshandbuch, OHB |
Verweise: | BMF 07.07.2008, BMF-280000/0021-IV/2/2008 |
8.13. Prüfungsdurchführung
Standard
Die Durchführung von Außenprüfungen hat entsprechend dem Grundsatz der amtswegigen Ermittlung der materiellen Wahrheit und dem Grundsatz der Verfahrensökonomie zu erfolgen. Die jeweils anzuwendende Prüfungstechnik obliegt der individuellen Auswahl des/der Prüfers/Prüferin.
Die verfahrensökonomische Durchführung von Außenprüfungen bietet auch die Möglichkeit des Abbruchs jener Verfahren, bei denen keine wesentliche Abweichung von den bisherigen Besteuerungsgrundlagen zu erwarten ist.
Betriebsprüfung-Zoll Prüfungsdurchführung
Standard
Ausgenommen von der Anwendung dieser Möglichkeit sind Prüfungen bzw. Nachschauen durch die Betriebsprüfung-Zoll im Rahmen von Amts- und Rechtshilfeersuchen sowie Prüfungen im Rahmen der VO (EWG) Nr. 485/2008 und der gesamte Bereich der EU-Eigenmittel bei Feststellung von Abgabenbeträgen, die über der Bagatellgrenze liegen.
8.13.1. Prüfungsbeginn
Definition
Unter Prüfungsbeginn wird jener Zeitpunkt verstanden, zu dem der/die Prüfer/in den/der Abgabepflichtigen/ Dienstgeber/in nach Vorweisung des Prüfungsauftrages zur Vorlage der notwendigen Bücher und Aufzeichnungen auffordert.
Standard
Zu Beginn der Amtshandlung hat sich der/die Prüfer/in mit dem/der Dienstausweis/Dienstkarte auszuweisen und den Prüfungsauftrag vorzuweisen. Dieser stellt die Legitimation für Art und Umfang der vorzunehmenden Prüfungshandlungen dar.
Dem/der Abgabepflichtigen/ Dienstgeber/in bzw. seinem/ihrem steuerlichen Vertreter ist eine Ausfertigung des Prüfungsauftrages nachweislich zur Kenntnis zu bringen und ein Exemplar auszufolgen.
Wird die Unterschrift verweigert, so ist dies unter Angabe der Gründe auf dem Prüfungsauftrag zu vermerken.
Der/die Außenprüfer/in hat das Datum und die Uhrzeit des tatsächlichen Prüfungsbeginnes durch seine/ihre Unterschrift auf dem Prüfungsauftrag zu dokumentieren.
Auf dem Prüfungsauftrag ist zu vermerken, ob der/die Abgabepflichtige oder dessen steuerlicher Vertreter/in bis zum Beginn der Außenprüfung eine Selbstanzeige im Sinne des § 29 FinStrG erstattet hat.
8.13.2. Selbstanzeige
Definition
Die rechtzeitige Erstattung einer Selbstanzeige bei Prüfungsbeginn kann bei vorsätzlichen Finanzvergehen strafbefreiende Wirkung entfalten. Der Zeitpunkt des tatsächlichen Prüfungsbeginns (Datum und Uhrzeit) ist daher am Prüfungsauftrag vom Prüfungsorgan unter Beisetzung seiner Unterschrift zu dokumentieren.
Die Beurteilung der Wirksamkeit einer Selbstanzeige obliegt dem Fachbereich Strafsachen.
Standard
Vor Beginn der Prüfung ist der/die Abgabenpflichtige/ Dienstgeber/in auf die Möglichkeit der Erstattung einer Selbstanzeige gemäß § 29 FinStrG und deren Folgen hinzuweisen. Eine Selbstanzeige hat die Darlegung der Verfehlung und die unverzügliche vollständige Offenlegung der für die Feststellung der Verkürzung bedeutsamen Umstände zu enthalten.
Die Selbstanzeige muss an eine der zur Handhabung der verletzten Gesetzesstelle sachlich und örtlich zuständige Behörde oder an eine sachlich zuständige Finanzstrafbehörde gerichtet sein. Die Selbstanzeige wirkt nur für die Person, für die sie erstattet wurde.
Wird eine Selbstanzeige mündlich erstattet oder werden mündliche Ergänzungen vorgebracht, so ist darüber eine Niederschrift aufzunehmen.
Wurden keine mündlichen Ergänzungen gemacht, ist darüber ein Aktenvermerk aufzunehmen.
Eine Selbstanzeige ist bei Prüfungsbeginn dann verspätet, wenn davor Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind oder wenn das Finanzvergehen bereits entdeckt und dies auch dem/der Abgabepflichtigen bekannt wurde. In einem Aktenvermerk ist daher festzuhalten, ob und welche Prüfungshandlungen, die als Verfolgungshandlungen im Sinne des § 14 Abs. 3 FinStrG anzusehen sind, bereits im Zuge der Prüfungsvorbereitung gesetzt wurden.
Von der Erstattung einer Selbstanzeige ist der Fachbereich Strafsachen bzw. die Abteilung Strafsachen unverzüglich in Kenntnis zu setzen. Dieser entscheidet auch ausschließlich über ihre Wirksamkeit. Die Prüfung hinsichtlich des Sachverhaltes, der vom Tatverdacht betroffen ist, ist in Absprache mit der Finanzstrafbehörde allenfalls gem. § 99 Abs. 2 FinStrG durchzuführen.
Der/Die Abgabepflichtige begibt sich nicht der Möglichkeit der Selbstanzeige, wenn er/sie prüfungsrelevante Unterlagen über Aufforderung vor Kenntnisnahme des Prüfungsauftrages und Prüfungsbeginn (Druck- bzw. Export-Dateien - ACL) übersendet. Entsteht auf Grund der Sichtung dieser Unterlagen während der Prüfungsvorbereitung der Verdacht auf Abgabenhinterziehung so ist Kontakt mit dem Fachbereich Strafsachen aufzunehmen und mit diesem die weitere Vorgangsweise abzustimmen.
Bei fahrlässigen Finanzvergehen ist eine Selbstanzeige auch noch während der Prüfung möglich.
8.13.3. Vorlage der Bücher und Aufzeichnungen
Standard
Zur Gewährleistung eines zügigen Prüfungsablaufes ist die Vorlage aller zur Durchführung einer Außenprüfung benötigten Bücher, Aufzeichnungen, sonstigen Unterlagen und elektronischer Daten entsprechend zu verlangen.
Wird das Rechnungswesen ganz oder teilweise automationsgestützt geführt, so sind die entsprechenden Dokumentationsunterlagen (zB Benutzerhandbücher, Programmumstellungen, Stammdatenänderungen, IKS- Verfahrensdokumentation, etc.) den Büchern und Aufzeichnungen gleichzuhalten und können bei Bedarf angefordert werden.
8.13.4. Organisation des Rechnungswesens
Standard
Zu Prüfungsbeginn sind das System und die Organisation des Rechnungswesens zu prüfen. Die Prüfung des Rechnungswesens hat auch die Frage der Ordnungsmäßigkeit und der Beweiskraft der Bücher und Aufzeichnungen zu umfassen, zB sollte eine progressive Prüfung (vom Beleg über Grundaufzeichnung, Konto, Bilanz/V&G Rechnung oder Aufzeichnungen zu den Erklärungsdaten) und eine regressive Prüfung (in umgekehrter Reihenfolge) leicht möglich sein. Bevor die Überprüfung einzelner Geschäftsfälle beginnen kann, ist zu klären, wie die durch die Abwicklung der Geschäftsfälle anfallenden Daten erfasst und verarbeitet werden. Diese Überprüfung (Außenprüfung und Nachschau) hat sich sowohl auf den Prüfungszeitraum, als auch auf den Prüfungszeitpunkt (Zeitgerechtheit) zu erstrecken.
8.13.5. Unterbrechung einer Außenprüfung
Standard
Der/die Abgabepflichtige/ Dienstgeber/in bzw. sein/ihre steuerliche/r Vertreter/in ist über die Unterbrechung und deren voraussichtliche Dauer zu informieren.
8.13.6. Beschlagnahme von Beweismitteln
Standard
Die Beschlagnahme von Gegenständen (Geschäftsbücher, Aufzeichnungen, Belege usw.), die als Beweismittel in Betracht kommen, hat gemäß § 89 Abs. 1 FinStrG durch Bescheid der Finanzstrafbehörde (Fachbereich Strafsachen) zu erfolgen. Der Bescheid ist anlässlich der Beschlagnahme zuzustellen.
Bei Gefahr im Verzug sind jedoch gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG alle Organe der Abgabenbehörden also auch Außenprüfern/innen berechtigt, Gegenstände, die als Beweismittel in Betracht kommen, ohne bescheidmäßige Anordnung der Finanzstrafbehörde zu beschlagnahmen.
Es ist stets zu prüfen, ob die zu beschlagnahmenden Gegenstände einer Beschlagnahmebeschränkung oder einem Beschlagnahmeverbot im Sinne des § 89 Abs. 3 bis 5 FinStrG unterliegen.
Kommt eine Beschlagnahme nicht in Betracht, so ist bei der Bearbeitung von Unterlagen, die vom geprüften Unternehmen zur Verfügung gestellt wurden, jede Handlung zu unterlassen, die den Eindruck einer Beschlagnahme hervorrufen könnte. Solche Unterlagen dürfen daher nur mit Zustimmung des/der Abgabepflichtigen/ Dienstgebers/in aus dem Betrieb entfernt werden.
Betriebsprüfung-Zoll Beschlagnahme von Beweismitteln
Standard
Im Rahmen der Tätigkeit der Betriebsprüfung-Zoll sind zusätzlich die Bestimmungen des § 26 ZollR-DG zu beachten, wonach bei Gefahr im Verzug die Beschlagnahme von Gegenständen und somit auch von Aufzeichnungen, Unterlagen und Belegen von Zollorganen vorzunehmen ist.
Arbeitsbehelf
Verletzung des Glücksspielmonopols - Beschlagnahmen
Für Verfahren nach § 50 GSpG können sich die Behörden auch der Organe der Abgabenbehörden bedienen. Als Organe der öffentlichen Aufsicht können diese auch Glücksspielapparate, Geldspielautomaten oder sonstige Eingriffgegenstände, mit denen in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wird, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 53 GSpG beschlagnahmen. Dem/der anwesenden Inhaber/in der Beweismittel sind die Gründe für die Beschlagnahme und für die Annahme von Gefahr im Verzug mündlich bekannt zu geben; darüber ist eine Niederschrift aufzunehmen. Die beschlagnahmten Gegenstände sind unverzüglich an den Fachbereich Strafsachen abzuführen.
8.13.7. Sicherstellungsaufträge
Standard
Werden anlässlich der Durchführung einer Außenprüfung Tatsachen bekannt, die den objektiven Tatbestand einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung von im Prüfungsverfahren zu erwartenden Abgabennachforderungen erkennen lassen, die sich voraussichtlich durch das Außenprüfungsverfahren ergeben werden und bei denen der Abgabenanspruch bereits entstanden ist, dann ist ein Sicherstellungsauftrag gemäß § 232 BAO zu erlassen.
Die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages (Ermessensentscheidung bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen) ist zwischen der Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen (Entstehung des Abgabenanspruches gemäß § 4 BAO) und dem Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO) zulässig.
Darin sind anzuführen:
- die voraussichtliche Höhe der Abgabennachforderung,
- die Gründe, die eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung vermuten lassen,
- der Vermerk, dass die Anordnung sofort vollzogen werden kann sowie
- die Bestimmung des Betrages, bei dessen Hinterlegung der Vollzug unterbleibt.
Dabei ist eine Aufgliederung der Beträge nach Abgabenarten und Zeiträumen vorzunehmen. Die bloße Anführung einer Pauschalsumme ist unzulässig.
Für die Durchführung gelten die im finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren anzuwendenden Grundsätze. Bei beweglich körperlichen Sachen ist auch die Verwahrung zulässig. Eine Verwertung des Pfandrechtes kommt im Sicherungsverfahren nicht in Betracht, der begründete Pfandrang bleibt aber für das Verwertungsverfahren gewahrt.
Nach Eintritt der Vollstreckbarkeit gem. § 226 BAO und Ausstellung eines Rückstandsausweises gem. § 229 BAO geht das Sicherungsverfahren in ein Exekutionsverfahren über.
Anmerkungen:
Im Abschnitt 3 "Bereichsübergreifende Themen", Unterabschnitt 3.1. "Telefon/Kundenverkehr/Auskunft" und im Abschnitt 6 "Familienlastenausgleich-Beihilfen", Unterabschnitt 6.2. "Erledigung im Bereich Familienbeihilfe" wurden Ergänzungen vorgenommen. Ansonsten handelt es sich um eine unveränderte Wiederverlautbarung des BMF-Erlasses vom 08.10.2008.
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betroffene Normen: | AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975 |
Schlagworte: | Dienstvorschrift, Dienstanweisung, Ablauforganisation, Standards, Organisationshandbuch, OHB |
Verweise: | BMF 07.07.2008, BMF-280000/0021-IV/2/2008 |